Buchtipp des Monats
2022

Sven Pfizenmaier
Draußen feiern die Leute
Roman
Ein ganz normales Dorf in Deutschland: in der Mitte ein Kreisel, daneben die Volksbank und im September das alljährliche Zwiebelfest. Aber nicht alle hier können sich dem Dorfgefüge anpassen – Timo, Valerie und Richard sind seit ihrer Geburt Außenseiter. Als allmählich immer mehr junge Leute im ganzen Land spurlos verschwinden und in den Familien große Lücken hinterlassen, machen sie sich auf die Suche nach den Vermissten. Das Leben der drei ist schon immer besonders gewesen, doch sie haben keine Vorstellung davon, was sie mit ihrer Suche lostreten. Ein überbordender, mutiger und schriller Roman über die deutsche Provinz und das Anderssein in einem Umfeld, in dem Anderssein nicht vorgesehen ist.
aspekte Literaturpreis 2022
Pressestimmen
Pfizenmaier erzählt Dorfpossen mit der distanzierten Freude eines Ameisenforschers und filmischem Witz, nimmt aber die doppelte Heimatlosigkeit der Deutschrussen genauso ernst wie das Schuldgefühl der Einsamen und die Verzerrung, die ein jugendlicher Brennglasblick auf Ich, Körper und Außenwelt erzeugt.
Badische Zeitung
Pfizenmaier findet starke, aberwitzige Bilder für die Sorgen der Heranwachsenden. Einfühlsam und humorvoll beschreibt er das Gefühl ihrer körperlichen Entfremdung und ihrer Identitätskrisen.
Kulturtipp
Hinter dem Slapstick [schimmert] eine sehr sensible Auseinandersetzung mit vermeintlich vorgezeichneten Lebensläufen und Vorurteilen durch.
kulturnews
Pfizenmaier besitzt ein feinsinniges Gespür für Rhythmus und Brüche, ebenso wie für ins Absurde geschraubte Pointen. Kein Gramm von biederem Kunsthandwerkfleiß steckt in diesem Buch, vielmehr ist es grundsätzliche Lässigkeit, die es vorantreibt, und seine stilsichere Komik.
Zeit online
Manche Sätze möchte man sich einrahmen.
FAZ
Eckdaten
Pfizenmaier, Sven: Draußen feiern die Leute: Roman.- Zürich: Kein und Aber, 2022. - 339 Seiten. - ISBN: 978-3-0369-5874-3
Quelle : Kein & Aber Verlag

Marina B.Neubert
Kaddisch für Babuschka
Roman
Spurensuche in Lemberg und ein Roman im Roman
Während der Arbeit an ihrem Roman Mutterstadt, in dem sie ihr Alter Ego Hannah nach Lemberg zu ihrer lange tot geglaubten Großmutter reisen lässt, erreicht die Ich-Erzählerin die Nachricht vom Tod der eigenen Großmutter.
Hals über Kopf steigt sie ins Flugzeug von Berlin nach Lemberg, ihre Heimatstadt, die sie in den 1990er Jahren fluchtartig verlassen hatte. Doch die Flucht gelang ihr nur halb. Je mehr sie versuchte, die Erinnerung an die Kindheit mit ihrer Großmutter zu verdrängen, desto mehr verstrickte sie sich in ein Labyrinth aus Schuld und Sehnsucht.
Vier Tage verbringt sie gemeinsam mit ihren Eltern in der letzten Wohnung der verstorbenen Großmutter, begibt sich auf die Suche nach Spuren, in denen ihr die geliebte, jetzt eigenartig fremd erscheinende Babuschka doch noch begegnen könnte. Sie sucht nach Bruchstücken der eigenen Geschichte.
Ihrer Romanfigur Hannah hingegen gelingt es, ihre Großmutter ausfindig zu machen. Doch auch ihre Begegnung mit der einst dem Vernichtungslager Belzec entkommenen Frau bleibt bruchstückhaft und ein ständiges Ringen um Nähe und Begreifen.
Pressestimmen
Marina B. Neubert ... hat einen hinreißenden, einfühlsamen und autobiographisch gestimmten Erinnerungsroman geschrieben, eine melancholische Hommage an ihre Großmutter, eine Aufarbeitung der Familiengeschichte, ein Andenken an das untergegangene Judentum in Lemberg und ein Versöhnungsbuch, das die lange Zeit stagnierende Mutter-Tochter-Entfremdung zu lösen scheint.
Wolfgang Schriek, Wostok
Marina B. Neuberts ›Kaddisch für Babuschka‹ ist ein wunderbar melancholischer Familienroman, der in die Vergangenheit nach Lemberg führt.
Volker Blech, Berliner Morgenpost
Der sichtlich autobiografisch geprägte Roman ist schlüssig aufgebaut und perfekt geschrieben, bleibt der Leser doch am Ende mit dem Gefühl der Leere zurück, die für das osteuropäische Judentum in weiten Teilen typisch geworden ist.
Nikoline Hansen, Jüdische Rundschau
Der Roman ›Kaddisch für Babuschka‹ zeigt damit eindrücklich, dass auch in der dritten Generation nach dem Holocaust diese Ereignisse noch ganz wesentlich und grundlegend die (Familien)geschichten der Opfer prägen und ihre Gegenwart bestimmen (können).
Charlotte Kitzinger, holocaustliteratur.de
Die erzählerische Dramaturgie hält die Waage zwischen beklemmenden Passagen und scheinbar Belanglosem - kleine Erzählsegmente und doch ein großer erzählerischer Bogen - ein graziler und zugleich starker, beeindruckender Roman über eine jüdische Familie.
Karl Müller, Chilufim
Eckdaten
Neubert, Marina B.: Kaddisch für Babuschk: Roman. - Berlin: AviVa, 2021. – 192 Seiten. - ISBN: 978-3-932338-70-0
Quelle : AvivA-Verlag

Elina Penner
Nachtbeeren
Roman
In ihrem Debütroman erzählt Elina Penner von Nelli, die als kleines Mädchen als Russlanddeutsche nach Minden kommt. Sie spricht Plautdietsch und isst Tweeback und versucht, in der Provinz und dem neuen deutschen Leben anzukommen. Aber die Geschichten über ihr früheres Leben lassen sie nicht los, und als ihre geliebte Oma stirbt, gerät in Nelli etwas durcheinander. Ihr Mann Kornelius eröffnet ihr, sie für eine andere zu verlassen. Und Nelli ist sich am nächsten Morgen nicht sicher, ob sie ihn nicht aus Versehen umgebracht hat...
Elina Penner erzählt mit Komik und dunklem Humor von einer Gemeinschaft von Menschen, die aneinander festhalten, weil sie nichts anderes haben. Mittendrin eine junge Frau, die zusammenbricht – und ihren eigenen Weg sucht.
Pressestimmen
Elina Penners „Nachtbeeren“ ist ein tragischer, ein lustiger, ein unterhaltsamer und ein lehrreicher Roman.
Frankfurter Rundschau
Mit Sprachwitz und einem Sinn fürs Absurde erzählt Elina Penner in ihrem zum Teil autobiografischen Debüt von der Suche einer Russlanddeutschen nach ihren Wurzeln und einem Boden, der sie trägt.
Brigitte Woman
Es ist ein sprachliches Vergnügen, wie sie [Elina Penner] Wörter ihrer Muttersprache einstreut.
Zeit Magazin
Vieles vom Vokabular, von den Gebräuchen und Glaubenssätzen wird im Buch beiläufig erklärt, manches auch nicht. Das geht nie zu Lasten der Verständlichkeit, erzeugt aber beim nicht eingeweihten Leser ein fasziniertes Befremden. Das dass genau so gewollt, erweist sich schon in den allerersten Sätzen.
WDR5 Scala
Ein ungewöhnliches Debüt. Sie schafft unvergessliche Charaktere und unvergleichliche Szenen, fein austariert zwischen zarter Tragik und dunkler Komik.
Emotion
Immer lustig und gefährlich zugleich. Elina Penner hält uns in stetiger Spannung, was als nächstes passiert, immer zwischen Schock, Lachen und tiefer Rührung. Ein bittersüßes Debüt.
Christian Dittloff
Ein Roman über eine junge Frau, die ihren eigenen Weg geht – schräg, dunkel und so gut.
Laura Karasek
Eckdaten
Elina Penner: Nachtbeeren: Roman. - Berlin: Aufbau Verlag, 2022. - 248 Seiten. - ISBN 978-3-351-03936-3
Quelle : Aufbau Verlage

Dörthe Binkert
Vergiss kein einziges Wort
Roman
In den Geschichten von Martha, Maria und Magda im schlesischen Gleiwitz spiegelt sich die Geschichte einer Grenzregion wider: die Geschicke von Deutschen, Polen und Tschechen, Christen und Juden, die liebten und hassten, Familien gründeten und einander verließen, vertrieben wurden und sich wiederbegegneten. Gekonnt spannt Dörthe Binkert den großen Bogen von den 20er- bis zu den ausgehenden 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Mit viel Einfühlungsvermögen zeichnet sie das Porträt einer Zeit und einer Region, in der Freude und Leid nur einen Wimpernschlag voneinander entfernt waren.
Pressestimmen
Sie macht Geschichtswissen an menschlichen Schicksalen erlebbar, greifbar und begreifbar.
Ute Krebs, Freie Presse
Die fesselnde Geschichte einer schlesischen Familie, die von starken Frauen getragen wird, und verwoben ist mit der dramatischen Geschichte (Ober-)Schlesiens, ist ebenso lehrreich wie packend.
Freiburger Wochenbericht
Mit viel Gespür und noch mehr Herzblut zeichnet sie das Porträt einer Zeit und einer Region, in der Freude und Leid nur einen Wimpernschlag voneinander entfernt waren.
Passauer Neue Presse
Die Autorin spannt gekonnt den Bogen von den 20er- bis zu den ausgehenden 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts - ein fesselndes Zeitporträt.
Doris Wassermann, Westfalen-Blatt
Eckdaten
Dörthe Binkert: Vergiss kein einziges Wort: Roman. - dtv, 2020. - ISBN: 978-3-423-26280-4
Quelle: www.dtv.de

Alma M. Karlin
Einsame Weltreise
'Es war eine ungemein stürmische Zeit, zu der Leute ohne Entzündung der Einbildungsnerven wohl zu Hause geblieben wären.'
Am 24.11.1919 bricht Alma Karlin zu ihrer Weltreise auf, die sie in den folgenden acht Jahren durch fünf Kontinente führen sollte.
Durch ihre Reiseerlebnisbücher, die sie nach ihrer Heimkehr nach Cilli (slowenisch Celje) verfasst, wird sie zu einer der berühmtesten und meistbewunderten europäischen Reiseschriftstellerinnen.
In »Einsame Weltreise« beschreibt Karlin die ersten vier Jahren ihrer Weltumrundung. Von Europa aus fährt sie – ihre Schreibmaschine »Erika« im Gepäck – nach Südamerika, von dort über Kalifornien und Hawaii nach Japan, dem erklärten Ziel ihrer Reise, und weiter nach China.
Im Gegensatz zu anderen Reisenden hat sie kein Vermögen, aus dem sie ihre Reise finanzieren könnte; sie arbeitet unterwegs als Dolmetscherin und Sprachlehrerin und lebt in einfachen Unterkünften abseits der damals für Europäer_innen üblichen Ziele. Ihr ironisch-kritischer Ton und ihr Blick für den Alltag und die sozialen Gefüge der von ihr besuchten Länder zeichnen Karlins Reisebuch aus.
Pressestimmen
Diese Expedition ins Ungewisse genau einhundert Jahre nach Karlins Einschiffung in Genua nacherleben zu können, bedeutet nicht weniger als ein Lektüreglück.
Katrin Hillgruber, Deutschlandfunk
Karlin schreibt in leichtem, plastischem, oft selbstironischem, aber nie beschönigendem Ton über Naturbeobachtungen, über Menschen, denen sie begegnet, und über die Faszination für alles Neue.
Annina Bachmeier, taz
Es ist eine historische Schatzsuche, dieses Buch zu lesen.
Katharina Döbler, rbb Kultur
Ihre unterhaltsamen, oft ironischen Schilderungen machten Karlin später zu einer der meistgelesenen Reiseautorinnen in Europa (...). Fantasievoll beschrieb sie ihre Eindrücke von Menschen, Städten und exotischen Landschaften.
Corina Kolbe, Spiegel Online
Dass sie ohne finanzielle Absicherung reist, ohne Begleitung, oft dem Tod nahekommt und trotzdem, voller Wissensdurst, weiterzieht, macht Alma Karlin zu einer Art Free Solo Ikone unter den Weltreisenden, damals wie heute.
Marija Bakker, wdr5
Dieses Buch habe ich richtig gerne gelesen (…), weil die Frau wirklich so gut schreibt, für mich in einer Klasse (mit) Tucholsky und Polgar – da muss man sie etwa ansiedeln – farbig, detalliert, eine eigene Sprech- und Sprachhaltung – wunderbar!
Ferdinand Quante, wdr5
Sie zahlt keinen geringen Preis für ihre Extravaganz und die Verweigerung des Pauschaltourismus.
Jamal Tuschick, der Freitag
Eine alleinreisende Frau war 1919 in vielerlei Hinsicht ein Unikum. Nicht nur das macht die Berichte der Alma M. Karlin zum Vergnügen. (...) Wie gut, dass ihre Bücher nun wieder zu lesen sind.
Barbara Schaefer, mare
Sie war eine Pionierin und ihr Buch liest sich immer noch wie frisch geschrieben.
Mario Pschera, neues deutschland
Eckdaten
Karlin, Alma M.: Einsame Weltreise. Herausgegeben von Jerneja Jezernik. Einführung von Britta Jürgs. - Berlin: Verlag AvivA, 2022. – 400 Seiten. - ISBN-978-3-932338-75-5
Quelle: www.aviva-verlag.de

Anne Stern
Meine Freundin Lotte
Roman
Berlin, 1921: Lotte Laserstein will Malerin werden. Aber die Tore der Kunstakademie haben sich für Frauen gerade erst geöffnet. Und Lotte muss kämpfen – gegen die Ressentiments männlicher Lehrer und Kritiker und für ihre Leidenschaft, die Malerei. In der jungen Fotografin Traute findet sie eine Seelenverwandte, denn Traute ist mit ihrem Typus der Neuen Frau und ihrer Begeisterung für die Kunst das perfekte Modell für Lotte. Eine ganz besondere Beziehung entsteht. Bis die politische Situation in Deutschland für jüdische Künstlerinnen immer unerträglicher wird und Lotte schließlich fliehen muss.
Kalmar, 1961: Es ist ein warmer Altweibersommer in Südschweden, den Lotte Laserstein und Traute Rose zusammen verbringen. Doch Vorwürfe und Missklang hängen zwischen ihnen, und schon bald brechen alte Wunden auf. Plötzlich können die beiden Frauen den drängenden Fragen nicht mehr entkommen. Sie müssen sich ihrer Vergangenheit stellen, in der es für sie einst um alles oder nichts ging – als Künstlerinnen und als Freundinnen.
Pressestimmen
Ein Roman über zwei starke Frauen, ihre Beziehung und Freundschaft, über Kunst und die Kunst stark zu sein.
Antenne Saar
Die Berliner Autorin Anne Stern erzählt berührend von der jüdischen Malerin Lotte Laserstein und deren Kunstgefährtin Traute Rose ... Der Roman zeichnet in einer bildhaften und zugleich angenehm lakonischen Sprache eine von dramatischen Umständen geprägte Verbindung. Mal erzählt das sanfte Modell, mal die herbe, oft ruppige Malerin selbst.
Ingeborg Ruthe, Berliner Zeitung
Ein wirklich beeindruckender Roman.
RBB Fernsehen "ZIBB"
Ein feinsinniges Porträt zweier Künstlerinnen.
buchsichten.de
Anne Stern hat für beide Frauen eine eigene Stimme gefunden und ihnen ein literarisches Denkmal gesetzt.
NDR Kultur "Neue Bücher"
Ein eindrücklicher Roman, der auf das faszinierende Leben einer bemerkenswerten Künstlerin blickt, zugleich aber auch von der prekären Arbeitssituation freischaffender Künstlerinnen und Künstler erzählt, vom männlich dominierten Kunstbetrieb und der zunehmenden Ächtung jüdischer Menschen, die bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten spürbar war.
Mein Viertel Stadtmagazin (mein/4)
Anne Stern versteht es fesselnd und einfühlsam zu erzählen. Ein literarisches Denkmal für zwei starke Frauen.
Ruhr Nachrichten
Eckdaten
Anne Stern: Meine Freundin Lotte Roman. Hamburg, Rowohlt, 2022. – 364 Seiten. - ISBN 9783463000268
Quelle : Rowolth-Verlag

Aharon Appelfeld
Sommernächte
Roman
Mitten im Zweiten Weltkrieg: Der elfjährige Michael bleibt auf der Flucht bei Sergei zurück, einem Freund seines Vaters. Der ukrainische Veteran zieht als Landstreicher umher, seit er sein Augenlicht verloren hat. Doch Sergei kümmert sich um den Jungen, nun Janek genannt. Er bringt ihm alles bei, was er weiß, auch, wie man sein eigenes Leben schützt, mit Angst, Hunger und Kälte lebt. Sie ziehen von Dorf zu Dorf, müssen sich durchschlagen, werden von Bauern angegriffen. Doch zusammen überstehen der Junge und der alte Mann jede Gefahr, und sie erleben auch Freuden – Janek träumt von einem Mädchen, eine zarte Liebe. Auf ihrem Weg durch Nacht und Wälder lernen sie, mit der Vergangenheit umzugehen, ohne sich von ihr überwältigen zu lassen, Janek vom Judenhass, den er erleben musste, Sergei von der Erinnerung an eine Frau, die er einst liebte und verließ.
Einer der letzten großen Romane aus dem Alterswerk Aharon Appelfelds. Über eine Reise voller Schrecken und Abenteuer, über Freundschaft und Nähe und darüber, wie man allem Dunklen trotzt, so mitreißend wie eindringlich erzählt. Ein Junge, ein alter Mann – eine Lebensreise.
Pressestimmen
Aharon Appelfeld gehört zu den großen Humanisten, denen die Jahre des Todes zu einer Lehrzeit des Lebens geworden sind ... eine Bildungsreise der besonderen Art.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. Januar 2022
Ein reifes Stück aus der erschreckend wachen und zeitlosen Literatur Aharon Appelfelds.
Neue Zürcher Zeitung, 16. Februar 2022
Appelfeld hat für diese Parabel über die Menschlichkeit eine strenge und sehr melodiöse Sprache gefunden ... An Franz Kafka erinnert der Ton mitunter.
Berliner Zeitung, 17. Februar 2022
Hier zeigt sich noch einmal die literarische Kraft dieses Ausnahmeautors.
Deutschlandfunk Kultur, 15. Februar 2022
Der illusionslose und doch grundgütige Aharon Appelfeld hat diese Welt weit mehr als nur ein klein wenig besser gemacht.
Jüdische Allgemeine, 10. Februar 2022
Sehr dicht und in fast nüchterner Sprache nimmt er seine Leser mit auf diese Wanderung, die trotz allem eine Botschaft für das Leben ist.
Neue Presse, 8. Februar 2022
'Sommernächte' … liest sich wie ein philosophisches Bekenntnis. Wie eine Legende von tiefer Trauer und tiefer Demut getragen. Am Ende erweist sich der Roman als Requiem auf eine untergegangene Welt.
Saarländischer Rundfunk SR 2, 7. Februar 2022
Die einfachsten Einsichten sind oft die tiefsten. Und Aharon Appelfeld findet klare Bilder dafür sowie eine schöne, schlichte Sprache. Und natürlich ist der Roman auch ein Gleichnis: über das Leben.
NDR Kultur "Neue Bücher", 27. Januar 2022
Appelfelds Romane sind Oden an das Leben, getränkt vom Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Süddeutsche Zeitung
Mit diesem bezaubernden Roman über das Heranwachsen hilft uns Aharon Appelfeld, dessen Kindheit jener Janeks ähnelt, das Leben zu verstehen. Was kann man mehr von der Literatur verlangen?
Livres Hebdo
Eckdaten
Appelfeld, Aharon: Sommernächte: Roman / Aus dem Hebräischen von Gundula Schiffer.- Berlin: Rowohlt, 2022. – 221 Seiten .- ISBN 9783737101240
Quelle : rowohlt.de

Ioana Pârvulescu
Wo die Hunde in drei Sprachen bellen
Roman
Das Tor ist der Mund, die Fenster sind die Augen – in der Vorstellung der kleinen Ana bekommt das Haus in der einstmaligen Johannisgasse im siebenbürgischen Kronstadt ein Gesicht, hat Gedanken und Gefühle. Zwei Erdbeben, zwei Weltkriege und einen Bombenangriff hat es heldenhaft überlebt und das Verschwinden seiner „Geschwister“ vis-à-vis auf Kosten eines Plattenbauhotels. Von den Bewohnern dieses Hauses über mehrere Generationen und mit mehreren Nationalitäten erzählt die gebürtige Kronstädterin Ioana Pȃrvulescu in ihrem ersten auf Deutsch veröffentlichtem Roman, dem es spielerisch gelingt, eine freudlose Zeit in einem permanenten Glanz erscheinen zu lassen.
Pressestimmen
Beiläufig und mit bezaubernder Leichtigkeit erzählt hier eine rumänische Autorin von der Geschichte und der Vergänglichkeit des multikulturellen Lebens in einer Stadt, die einst ein Zentrum siebenbürgisch-sächsischen Lebens war. Ein wunderbarer Roman ist Pârvulescu da gelungen, durch den man gehen kann wie durch ein literarisches Stadtmuseum.
Mirko Schwanitz, BR Diwan
Mit Witz und Intelligenz, sinnlicher Prägnanz und vor allem mit Wärme konterkariert Pârvulescu poetische Kindheitserinnerungen der sechziger Jahre auf versteckt sarkastische Weise mit der historischen Wirklichkeit des Kommunismus.
Jan Koneffke, Neue Zürcher Zeitung
Von Seite zu Seite empfindet man mehr Vergnügen beim Lesen dieses Buches, wachsen einem die Menschen, von denen es erzählt, enger ans Herz. Man möchte mit ihnen wohnen in diesem großen, alten Haus im siebenbürgischen Brasov (Kronstadt).
Jutta Czeguhn, Süddeutsche Zeitung
Auch die Wörter selbst rutschten in Kronstadt von einer Sprache in die andere, mit hoher Geschwindigkeit und Grazie, als trügen sie Schlittschuhe…
Doris Roth, Siebenbürgische Zeitung
Eckdaten
Ioana Pârvulescu: Wo die Hunde in drei Sprachen bellen: Roman. Aus dem Rumänischen von Georg Aescht. - München: Hanser Literaturverlage, 2021. – 360 Seiten. – ISBN 9783552072282
Quelle : Hanser Literaturverlage

Herta Müller
Der Beamte sagte
Erzählung
Herta Müller erfindet eine neue literarische Form des Erzählens. Eine Geschichte in Collagen. Gezeigt werden Szenen im Auffanglager einer deutschen Kleinstadt. Einer der Beamten in der Erzählung ist ein gewisser Herr Fröhlich von der Prüfstelle B. Er kann es mit den berühmtesten Vorbildern seiner Art aufnehmen. Ein anderer breitet bei jeder Begegnung die Arme aus wie ein Vogel und sagt Oh, Oh, Oh. Aberwitzige Gespräche mit ihnen werden zu einem unfreiwillig komischen Schlagabtausch. Ihrer Ablehnung und Ahnungslosigkeit steht die Frage gegenüber, ob man nicht gerade durch Ehrlichkeit suspekt wird. Ist die eigene Biografie die Summe des Erlebten oder wird sie vor den Beamten zu einem Panoptikum der Tristesse und Ironie? Und dann ist da das Heimweh der Geflohenen, das immer größer wird und an den Himmel anwächst. Meisterlich versteht es Herta Müller, Bilder dafür zu finden, wie sich Ohnmacht anfühlt und was Willkür anrichtet. Sie sind rätselhaft, abgründig, manchmal auch komisch und immer hochpoetisch.
Pressestimmen
[Herta Müllers Poesie ist] eine Poesie, die die Grenzen der herkömmlichen Dichtung überschreitet und eine neue Gattung bildet: die Herta Müller-De-Kompositions-Wort-Bild-Poesie, in der die alten Wörter und Bilder zerstört, neu zusammengesetzt, dabei aber in einer künstlerischen Form aufgehoben und bewahrt werden.
Ruthard Stäblein, Deutschlandfunk Büchermarkt, 04.10.21
Aus schnell durchlaufenden Einzelbildern entsteht ein mitreißender Wörterfilm.
Herbert Wiesner, Die Welt, 29.09.21
Jede Collage ist zart komponiert, und erzählt doch gleichzeitig vom Schmerz und von der Angst der Exilantin.
Christina Harthauer, SWR2 lesenswert, 22.08.21
[E]in Buch aus 156 einzelnen Kunstwerken[, das einen] Kontrapunkt zu einem leicht konsumierbaren Erzählfluss [setzt.] Auf engstem Raum zieht Herta Müller alle Register: Beißende Ironie und stille Trauer, Träume und realistische Details […], der Schnee, der Himmel und das Heimweh leuchten schmerzlich aus dieser Erzählung, die sich mit allen Mitteln dagegen wehrt, in einem Zug gelesen zu werden – das Eigengewicht der Wörter, Sätze und Bilder ist zu stark.
Cornelius Hell, Die Presse, 21.08.21
Eckdaten
Müller, Herta: Der Beamte sagte. Erzählung. Berlin Hanser Verlag, 2021.- 164 Seiten. - ISBN 978-3-446-27082-4
Quelle : Hanser Literaturverlage

Susanne Abel
Stay away from Gretchen: eine unmögliche Liebe
Roman
Der bekannte Kölner Nachrichtenmoderator Tom Monderath macht sich Sorgen um seine 84-jährige Mutter Greta, die immer mehr vergisst. Als die Diagnose Demenz im Raum steht ist Tom entsetzt. Was anfangs ärgerlich für sein scheinbar so perfektes Leben ist, wird unerwartet zu einem Geschenk. Erstmals erzählt Greta aus ihrem Leben – von ihrer Kindheit in Preußisch Eylau mit den geliebten Großeltern, der Flucht aus Ostpreußen vor den russischen Soldaten im eisigen Winter, der Sehnsucht nach dem verschollenen Vater, ihren Erfolgen auf dem Schwarzmarkt in Heidelberg und ihrer Begegnung mit dem GI Robert Cooper. Als Tom jedoch auf das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut stößt, verstummt Greta. Ist all das der Schlüssel um Gretas Traurigkeit zu verstehen, die auch Toms Kindheit überschattet hat? Zum ersten Mal beginnt Tom, sich eingehender mit der Vergangenheit seiner Mutter zu befassen. Als Tom auf Briefe und Bilder aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stößt, kommt er einem unglaublichen Geheimnis auf die Spur. Wer ist das kleine Mädchen auf dem Foto, das Greta wie einen Schatz hütet? Mehr und mehr erkennt Tom, dass auch sein Lebensglück mit der Vergangenheit seiner Mutter verknüpft ist.
Pressestimmen
Grandios, packend und absolut glaubwürdig. Dieses Buch legt man erst aus der Hand, wenn man es ausgelesen hat.
WDR 5, Bücher
Dieser gut konstruierte Roman (…) erinnert daran, wie lang der Weg aus einem von Rassismus und Bigotterie geprägten Nachkriegsdeutschland war und welche Wegstrecke zu einer gerechteren Gesellschaft noch vor uns liegt.
Denis Scheck, ARD
›Stay away from Gretchen‹ erzählt die grosse Geschichte von Krieg, Flucht und Liebe.
Michel Wassner, Obersee Nachrichten
Susanne Abels ›Stay away from Gretchen‹ ist ein zutiefst berührender Roman über Liebe, Krieg – und das Glück, die eigene Vergangenheit kennenzulernen.
Freundin, Leseträume
Eckdaten
Susanne Abel: Stay away from Gretchen – Eine unmögliche Liebe. Roman. - München: dtv Belletristik, 2021.- 526 Seiten. - ISBN 978-3-423-28259-8
Quelle : Verlag

Tanja Langer
Meine kleine Großmutter & Mr. Thursday oder Die Erfindung der Erinnerung
Roman
Ich habe meine Großmutter gekannt, aber ich wusste nicht, dass sie es war.
Linda, Übersetzerin aus dem Persischen, lässt sich gern von ihren Träumen lenken, und so findet sie sich eines Tages in Lüneburg wieder: Dort lebte ihre kaum gekannte Großmutter Ida unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, geflohen aus Oberschlesien, verwitwet, mit fünf Kindern. Knapp eineinhalb Meter groß, arbeitete sie für den »Direktor des englischen Kinos«. Dieser Halbsatz entzündet Lindas Phantasie, und schon ist sie mitten in der Zeit der britischen Besatzung, von 1945 bis 1949: Ida verliert ihren Mann, Ida schrubbt Wäsche für die Tommys, und Ida begegnet Mr. Thursday. Sie fängt bei ihm im »Astra Cinema« an und merkt vor lauter Begeisterung für die Filme kaum, dass er sich in sie verliebt … Das Kino wird zum Gegenbild für die raue Wirklichkeit, durch die Ida und ihre kleine Rasselbande sich als »Flüchter« durchboxen, mit Einfallsreichtum, der Kraft der Träume und der Liebe, die sie verbindet. Indem Linda aus Sehnsucht nach der Großmutter, die sie nicht hatte, zu deren Erzählerin wird, verändert sie sich selbst – und erzählt noch dazu die Geschichte einer ganzen Epoche.
Pressestimmen
Durch die Lupe der Schriftstellerin werden die Personen groß und einzigartig. Das prachtvolle Spektrum menschlicher Empfindungen geht mit prägnant gezeichneten Aussagen einher.
Cornelia Ohst, Marbacher Zeitung
Dieses wunderschön gestaltete Buch hat bei mir nicht nur mit Vorurteilen aufgeräumt, sondern zeugt auch von Toleranz, Mut und Stärke, und es hat sich ohne Mühe dank seiner unglaublich starken – wenn auch kleinen – HeldinDieses wunderschön gestaltete Buch hat bei mir nicht nur mit Vorurteilen aufgeräumt, sondern zeugt auch von Toleranz, Mut und Stärke, und es hat sich ohne Mühe dank seiner unglaublich starken – wenn auch kleinen – Heldin Ida ruckzuck in mein Herz geschrieben! Einfach nur toll!
Tatjana Mayeres, Alliteratus
Ein bewegender Roman, der als spannende Spurensuche und anrührende Lebensgeschichte zugleich in den Bann zieht.
Beatrice le Coutre-Bick, Literaturhäuser Niedersachsen
Tanja Langer hat bemerkenswert viel zeitgeschichtliches Kolorit in ihren Roman geholt, sehr konkret, anschaulich, sinnlich.
Sächsische Zeitung
Die Geschichte einer starken Frau im Nachkriegsdeutschland ist fesselnd erzählt und enthält – sicherlich nicht unbeabsichtigt – starke Gegenwartsbezüge.
ekz Informationsdienst
Eckdaten
Tanja Langer: Meine kleine Großmutter & Mr Thursday oder Die Erfindung der Erinnerung.- Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag, 2019. – 415 Seiten. - ISBN 978-3-96311-181-5
Quelle : Verlag

Matthias Nawrat
Reise nach Maine
Roman
Ein Mann – er ist Schriftsteller von Beruf, nachdenklich und ein wenig konfliktscheu – will die USA bereisen. Zunächst nach New York City, dann weiter Richtung Maine. An seiner Seite eine meinungsstarke Osteuropäerin, die seit dreißig Jahren im Fränkischen zu Hause ist: seine Mutter.
Von Beginn an liegt ein Schatten auf der Unternehmung: Donald Trump ist seit kurzem Präsident der angeschlagenen Nation, und Celina hat ihrem Sohn kurz vor der Abreise eröffnet, dass sie, anstatt die zweite Reisewoche bei einem Jugendfreund in Texas zu verbringen, die ganze Zeit mit ihm zusammenbleiben wird. Dann hat sie auch noch einen Unfall. Mit gebrochener Nase und zwei blauschwarzen Veilchen zieht sie überall die Aufmerksamkeit wohlmeinender Fremder auf sich.
Der leise Ärger des Sohnes wird zunächst von Sorge überlagert. Auf der Autoreise an die Küste Neuenglands aber beginnt ein Konflikt aufzubrechen, der viel darüber verrät, wie Männer mit Frauen, wie Mütter mit Söhnen sprechen, ein Konflikt, der nicht nur das Leben der beiden und ihr Verhältnis zueinander prägt. Davon erzählt Matthias Nawrat in sehr komischen, fein austarierten Szenen – von den Ansichten und Einsichten einer Reise nach Maine. Immer im Hintergrund: America the beautiful, der derangierte Sehnsuchtsort.
Pressestimmen
Unter der schimmernden Sprache liegen heimliche Abgründe. Wenn man sich am Ende fragt, ob überhaupt etwas passiert ist, merkt man, dass im Grunde alles passiert ist, was unter Menschen passieren kann.
Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 26. Juli 2021
Spektakulär unspektakulär, wie Matthias Nawrat auf etwas mehr als zweihundert Seiten diese schwierige Beziehung schildert, die Biografie der Mutter erzählt, Akademikerin in Polen, in Deutschland dann erst mal Putzfrau, beschreibt, wie der Icherzähler hin- und hergerissen zwischen Sorge und Ärger die Distanz mal vergrößert, dann verkleinert, und wie er dabei en passant Landschaft und Menschen porträtiert.
Augsburger Allgemeine Zeitung, 22. September 2021
Es sind die unter der Oberfläche liegenden, oft unausgesprochenen Emotionen, die diesen ruhig erzählten, mal nachdenklichen, mal unterhaltsamen Roman prägen: Die Reise von Mutter und Sohn ist auch ein Experiment einer Beziehung und ein Stück Selbsterkenntnis.
Eva Krafczyk, Aachener Zeitung, 6. September 2021
Ein wunderschönes, kluges und komisches Roadmovie über Mütter und Söhne.
Stern, 5. August 2021
Absurde Dialoge ... stille Vorwürfe ... sehr humorvoll und sehr präzise erzählt ... Das ist große Literatur.
Katrin Schumacher, MDR Kultur, 23. Juli 2021
Ein famoser Roman. Humorvoll und genau beschreibt er die ritualisierten Reibereien zwischen Mutter und Sohn und die Vergeblichkeit, aus ihren Rollen aussteigen zu können.
Andrea Gerk, NDR Kultur "Neue Bücher", 21. Juli 2021
Matthias Nawrat erzählt mit feinem Gespür von Lebensgeschichten, die man hinter sich lassen kann, um einen neuen Weg einzuschlagen ... Mit «Reise nach Maine» bestätigt er den ausgezeichneten Ruf, den er sich seit seinem Debüt 2012 erschrieben hat.
Claudia Cosmo, WDR 5 "Lesefrucht", 24. Juli 2021
Eckdaten
Nawrat, Matthias: Reise nach Maine: Roman. - Hamburg: Rowohlt, 2021.- ISBN 9783498002312
Quelle : Rowolth Verlag