„Verlust und Gewinn von Heimat..."
... Migrationsbewegungen in Vergangenheit und Gegenwart“ ist der Titel des Seminarkurses, den Dr. Katrin Knopp an der Akademie für Kommunikation in Stuttgart im Schuljahr 2023/24 anbietet. Sie führt ihn zusammen mit ihrem Vater Dr. Hartmut Knopp, dem Vorsitzenden des Bessarabiendeutschen Vereins in Stuttgart, durch. Das HdH BW organisiert Veranstaltungen und Begegnungen zum Thema.
Auf die Vermittlung der historischen und sozialen Hintergründe ist im zweiten Kurshalbjahr eine praktische, kreative Arbeitsphase gefolgt. Eine Gruppe betätigte sich künstlerisch mit dem „Verlust und Gewinn von Heimat“ und setzte Arbeiten als Kohle-/Graphitzeichnung, als Malerei mit Acryl sowie in Form von Collagen um. Eine zweite legte den Schwerpunkt auf architektonische Modelle und materielle Relikte von Flucht und Vertreibung. Eine dritte führte Interviews mit drei Zeitzeuginnen und zeichnete Podcasts auf. Zu Wort kamen die in Sibirien geborenen Künstlerin Lisa Harms, die Autorin des Bestsellers „In den Häusern der anderen“ Karolina Kuszyk, und die Zeitzeugin Brigitte Gothe, die 1950 aus Schlesien nach Stuttgart kam.
Die Ergebnisse – Podcasts, Bilder und Dokumentationen architektonischer Ideen – werden zum Abschluss des Kurses im Stuttgarter Rathaus der Öffentlichkeit präsentiert. Die Vernissage fand am 11. Juni statt, zu sehen sind die Werke noch bis zum 12. Juli, jeweils Montag bis Freitag zwischen 8:00 und 18:00 Uhr.
Ausstellungseröffnung





Vermittlung der Grundlagen

Schreibworkshop mit Thomas Perle
Bericht von Prof. Dr. Katrin Knopp, Akademie für Kommunikation Baden-Württemberg:
Die Welt wird zunehmend komplexer und stellt uns alle, insbesondere jedoch die jüngeren Generationen, vor große Herausforderungen, auf die es schlichtweg keine einfachen Antworten gibt. Die Frage nach der eigenen Zugehörigkeit und Identität ist in diesem Zusammenhang ebenfalls oft eine komplexe. Der Autor Thomas Perle verdeutlicht in seinem preisgekrönten Theaterstück „Karpatenflecken“, wie in einer Person verschiedene Stränge europäischer Geschichte zusammenfließen können.
In Kooperation mit dem Haus der Heimat hatten unsere Schülerinnen und Schüler des Sozialwissenschaftlichen Gymnasiums der Jahrgangsstufe I die Gelegenheit, an einem Workshop mit Thomas Perle teilzunehmen. Dabei ging es nicht nur ums Schreiben, sondern auch darum, sich der eigenen Geschichte anzunähern und das Schreiben als Reflexionswerkzeug zu nutzen.
Workshop: Schreiben und Identität
Thomas Perle teilte zu Beginn des Workshops seine eigene Lebensgeschichte und erzählte, wie er im Alter von vier Jahren nach Deutschland kam und dreisprachig aufwuchs. Nach einer kurzen Lesung aus seinem Theaterstück „Karpatenflecken“ sammelte er gemeinsam mit den Teilnehmenden Gedanken über Herkunft und Heimat. Die Schüler*innen wurden zu einer kurzen Schreibübung angeleitet, um ihre Gedanken festzuhalten. In der Gruppe teilten sie ihre Erfahrungen und Gefühle während des Schreibens.
Nach einer Pause folgte eine Gruppenaufstellung basierend auf Herkunft, Elterngeneration und Großeltern. Die Schüler*innen reflektierten über Emotionen und die Bedeutung von Heimat und Herkunft für die eigene Identität. Sie verfassten anschließend Reflektionen und kleine Geschichten zu diesen Gedanken. In einer Abschlussrunde las jeder Teilnehmer seinen Text vor. Die Atmosphäre des Workshops war geprägt von Vertrauen und Offenheit. Thomas Perle schaffte es durch seine charismatische und zugewandte Art, das Schreiben und das Teilen der Geschichten zu einer tiefgreifenden und persönlichen Erfahrung zu machen.

Karolina Kuszyk: „In den Häusern der anderen“
Bei der Lesung aus ihrem Buch „In den Häusern der anderen. Spuren deutscher Vergangenheit in Westpolen“ vermittelte die Autorin Karolina Kuszyk den Jugendlichen, wie eng Verlust und Gewinn zusammenhängen können: Ihre Aufhänger sind Orte, Häuser und Gegenstände, die von Deutschen zurückgelassen wurden, als sie Ende des Zweiten Weltkriegs Richtung Westen flüchteten oder vertrieben wurden, und die wiederum für aus dem Osten Polens Vertriebene und Umgesiedelte den Beginn zum Aufbau einer neuen Heimat darstellten.
Heute begibt sich oft die Enkelgeneration – zu der sich auch Kuszyk zählt – auf die Suche nach der eigenen Identität in der Auseinandersetzung mit der deutschen und der polnischen Kultur. Angeregt von Kuszyks Gedanken wird der Kurs die Beziehungen zwischen Objekten und Gefühlswelten noch genauer in den Blick nehmen.

„Migration und Wohnungsbau“
Ende Oktober 2023 besuchten die Schülerinnen und Schüler die Ausstellung „Migration und Wohnungsbau. Lebensgeschichten aus Stuttgart-Rot“ im HdH BW. Der Kurator Rainer Bobon gab einen Überblick über die Entwicklung des Stadtteils und stellte exemplarisch Porträts dortiger Bewohnerinnen und Bewohnern vor. Die Jugendlichen erfuhren, dass die Siedlung von donauschwäbischen Flüchtlingen aus dem Lager Schlotwiese gegründet wurde und im Laufe der Zeit für im Krieg wohnungslos gewordene Stuttgarter ebenso wie für Vertriebene, aus der DDR Geflohene, Arbeitsmigranten, Bürgerkriegsflüchtlinge und Asylsuchende zum neuen Zuhause wurde.
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