Schülerlesung & Diskussion
"Warum lesen Sie keine Geschichtsbücher?"
Die Frage des „verrückten, unerträglichen“ Winterberg an seinen Begleiter Jan Kraus musste Jaroslav Rudiš im HdH BW den Schülerinnen und Schülern eines Geschichts-LKs nicht stellen.
In einer Diskussion mit dem gemeinsamen Kurs von Friedrich-Eugens-Gymnasium, Dillmann-Gymnasium und Karls-Gymnasium sprach der Schriftsteller Jaroslav Rudiš über seinen für den Preis der Leipziger Buchmesse nominierten Roman Winterbergs letzte Reise. Schnell war klar, wie nah der Literat seiner Figur Winterberg ist – sie verbindet eine stürmische Passion für Geschichte.
Gewappnet mit dem Baedeker von 1913 macht sich die 99-jährige Romanfigur auf eine Eisenbahnreise quer durch Ost- und Mitteleuropa, begleitet vom geschichts-unkundigen jungen Altenpfleger, der, wie die Leser, Zuhörer von Winterbergs monologisierendem „historischen Durchschauen“ wird - nicht: „Durchblicken“, Achtung: Rudiš warnt vor Unzuverlässigkeiten. Denn ob es jetzt Rehe oder Wildschweine sind, die vom Waggonfenster aus beobachtet werden, ist unwichtiges Detail einer Realität, die Winterberg nicht interessiert. Er ist auf einer Suche, die den Spuren der böhmischen Jüdin Lenka folgt, die Stationen der deutsch-tschechischen Geschichte bereist.
Warum die literarische Form des Road-Movies, die Erzählung einer Eisenbahnfahrt? Die Schülerinnen und Schüler sammelten Assoziationen zum Zugfahren und stellen Fragen an den Geschichts-Enthusiasten und Schriftsteller, der auch erklärte, warum ihm selbst historisches Wissen so wichtig ist: Orte erzählen erst dann ihre eigenen Geschichten, wenn man in der Zeit zurückschaut und die überall präsenten Zusammenhänge kennt. Und als Literat, der Geschichten erzählt, müsse er auch zuhören können. Das liegt nicht weit entfernt von der Motivation, aus der heraus die Schülerinnen und Schüler ihren LK gewählt haben. Wie nahe sich Literatur und Geschichte kommen können, war für viele eine neue Erkenntnis.
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