Schülerwettbewerb 2018/2019
Weggehen - Ankommen - Zurückkehren. Baden-Württemberg und das östliche Europa
Preisträgerfahrt nach Slowenien vom 17. bis zum 23. Juli 2019
Am 17. Juli 2019 war es endlich so weit. Direkt nach der festlichen Preisverleihung des Schülerwettbewerbs 2018/19 „Weggehen – Ankommen – Zurückkehren. Baden-Württemberg und das östliche Europa“ machten sich 15 Hauptpreisträgerinnen und Hauptpreisträger Richtung Slowenien auf, um unsere Nachbarn im Osten besser kennenzulernen. Nach fast neun Stunden Fahrt im Reisebus samt Kontrolle durch die österreichische Mautaufsicht erreichte die Gruppe spätabends schließlich die Unterkunft in Naklo.
Mit neuer Energie ging es am darauffolgenden Tag (18. Juli) zur ersten Station der Reise, in das malerische Städtchen Bled am Fuße des Triglav-Nationalparks. Der Triglav ist mit 2864 Metern Höhe der höchste Berg Sloweniens und mit seiner markanten Spitze auch als Nationalsymbol auf der Flagge des Landes abgebildet. Bei einem Spaziergang entlang des türkisfarbenen Bleder Sees lernten wir uns spielerisch besser kennen. Anschließend ging es mit der traditionellen Gondel, der Pletna, zur Marieninsel in der Mitte des spiegelglatten Sees. Beim Aussteigen galt es, abwechselnd von der linken und der rechten Bank aufzustehen, um das Boot nicht in eine Schieflage zu bringen. Am Nachmittag bestiegen wir den Bleder Hausberg Straža und besuchten den Hochseilgarten des „Pustolovski Park Bled“. Anstatt wieder herunterzugehen, brachten uns die Sommerrodelbahn und der Sessellift zeitsparend wieder an den Fuß des Berges. Abgerundet wurde der Tag mit einem landestypischen Abendessen in Bled.
Der 19. Juli stand ganz im Zeichen der slowenischen Hauptstadt Laibach/Ljubljana, die 2016 den Titel „grüne Metropole Europas“ erhielt. Von unserer dortigen Reiseleiterin erfuhren wir, dass einst angeblich auch der österreichisch-ungarische Kaiser Franz Josef in unserer Unterkunft in Naklo verweilte. Außerdem berichtete sie vom Namensstreit mit dem Nachbarland Österreich betreffend der Krainer Wurst, anschließend erreichten wir bereits das Stadtgebiet. Nach einer abwechslungsreichen Stadtrundfahrt, in welcher wir unter anderem lernten, dass nur ein Kindergarten die russische von der amerikanischen Botschaft vor Ort trennt, stiegen wir aus, um das verkehrsberuhigte Stadtzentrum zu besichtigen. Die einzigartige Architektur des slowenischen Architekten Jože Plečnik (1872–1957), der beispielsweise auch in Prag und Wien tätig war, begegnete uns auf Schritt und Tritt. Ein besonderer Höhepunkt war der Besuch des von März bis Oktober jeden Freitag stattfindenden Speisemarktes, der „Odprta kuhna“ beziehungsweise „Offenen Küche“, bei welchem Köche an rund dreißig Ständen ihre frisch zubereiteten Speisen anbieten. Hier war für jeden Geschmack etwas dabei. Nach einer Bootsfahrt auf der Lubljanica und einer weiteren Stadtführung betraten wir das „Museum der Illusionen“. Dort erwarteten uns viele unterschiedliche Sinnestäuschungen, die eine Teilnehmerin passend als ausgesprochen „freaky“ beschrieb. Den übrigen Nachmittag nutzte die Gruppe, um die Stadt in Kleingruppen zu erkunden, bevor wir uns auf die Weiterreise Richtung Portorož an der 47 Kilometer langen Adriaküste Sloweniens machten.
Am vierten Tag, dem 20. Juli, tauchten wir tief in das südliche Flair der slowenischen Mittelmeerküste ein. Nach der Besichtigung des Tartini-Platzes, der engen Gassen und der Uferpromenade im unverkennbar venezianisch geprägten Piran stand der Besuch der Secovlje-Salinen direkt an der Grenze zu Kroatien an, um den Hintergrund des lokalen Ausspruches „Piran ist auf dem Salz aufgewachsen“ kennenzulernen. Unsere fachkundige Führerin vermittelte uns zunächst die unterschiedlichen Schritte der traditionellen Salzgewinnung. So werden zum Beispiel 45 Liter Meerwasser benötigt, um ein Kilogramm Salz herzustellen. Darüber hinaus erfuhren wir aber auch einiges über die Bedeutung der zum Teil stillgelegten Salinen als Schutzraum für bedrohte Tier- und Pflanzenarten. Nach einem informativen Kurzfilm in einem schattigen und angenehm kühlen Innenraum deckten sich einige von uns noch mit dem berühmten Piraner Salz im Laden der Salinen ein. Den übrigen Nachmittag verbrachten wir noch mit einer sehr persönlichen und enthusiastischen Führung in der Hafenstadt Koper und einem stimmungsvollen Abendessen, welches gekonnt italienische, österreichische und jugoslawische Speisen mischte, bevor der mediterrane Abend frei gestaltet werden konnte.
Fahrtziel des nächsten Tages (21. Juli) war Marburg an der Drau/Maribor im Nordosten des Landes. Die Reise dorthin unterbrachen wir allerdings für mehrere Zwischenstopps. Zunächst besuchten wir die weltberühmten Tropfsteinhöhlen von Postojna, in welcher uns neben spektakulären Steinformationen und -einfärbungen bis dahin nicht gesehene Massen an Touristen erwarteten. Dabei handelt es sich aber keinesfalls um ein neues Phänomen, vielmehr ist die Höhle bereits seit dem 19. Jahrhundert ein Anziehungspunkt für Besucher. Anschließend legten wir einen kurzen Fotostopp bei der Felsenburg von Predjama ein und fuhren nachmittags zum nächsten Halt, der Burg Cilli/Celje. Zunächst musste unsere Burgführerin allerdings bei der Wegfindung des Busses zum Burgberg behilflich sein. Dort angekommen erwartete uns schließlich eine authentische Führung durch die im 15. Jahrhundert verlassene Stammburg der Grafen von Cilli, während im Hintergrund bei gespenstischer Stille ein Gewitter anrückte. Beim Ausblick über die Stadt erfuhren wir, dass diese aufgrund ihrer römischen Vergangenheit und der zahlreichen hiermit verbundenen Funde unter Einheimischen auch als „kleines Pompeij“ bekannt ist. Kurz bevor wir abfuhren, traf der Regen dann doch noch ein. In Maribor erwartete uns jedoch bereits ein lauer und milder Sommerabend. Eine ortskundige Stadtführerin brachte uns die vielen kleinen und großen Details der zweitgrößten Stadt des Landes näher, inklusive der ehemaligen Synagoge und der ältesten Weinrebe der Welt.
Der letzte Programmtag (22. Juli) war schließlich als Höhepunkt der Reise der Begegnung mit slowenischen Jugendlichen gewidmet. Zuerst besichtigten wir die Skiarena am Rand von Maribor, anschließend fuhren wir mit der Seilbahn auf den Hausberg der Stadt im Pohorje-Gebirge mehrere hunderte Meter hinauf. Oben angekommen waren wir sehr über die deutliche Abkühlung im Vergleich zu den fast 35 Grad im Stadtzentrum erfreut. Nach einem Spaziergang zu einem Aussichtsturm und mehreren lebhaften und interessanten Anekdoten unserer einheimischen Begleitung erreichten wir schließlich das Jugendhaus, in dem gerade ein Feriencamp für slowenische Kinder- und Jugendliche stattfand. Der dortige Koch sorgte zunächst gekonnt für die notwendige Stärkung, bevor sich die Hauptpreisträgerinnen und Hauptpreisträger mit den anderen Jugendlichen vertraut machten und individuellen Freizeitaktivitäten nachgingen. Neben Volley- und Basketball konnten Freundschaftsbänder angefertigt, eine Kletterwand bezwungen, erlebnispädagogische Herausforderungen gemeistert und sensorische Blindenpfade gemeinsam erlebt werden. Auf das vielfältige Programmangebot angesprochen, beschrieb eine Jugendliche das Ferienlager schlicht mit den Worten „it’s like the best camp ever“. Als am Abend unser Bus fast den gesamten Schotterweg zum Haus vorfuhr, wollten sich einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer gar nicht von ihren neugefunden Freunden trennen. Erschöpft und um zahlreiche neue Erlebnisse und Eindrücke reicher, ging es schließlich zurück nach Maribor. Am darauffolgenden Tag traten wir schlussendlich die fast elfstündige Rückfahrt nach Stuttgart an.
Am Ende der Reise bleibt der Eindruck, viel Neues über einen unserer nächsten – oft unterschätzten – Nachbarn im Osten gelernt zu haben. Einen Besuch in diesem grünen, gastfreundlichen und unglaublich vielseitigem Land können wir nur empfehlen.
Fest steht auf jeden Fall: Auch wir kommen gerne wieder.
Preisverleihung

Bei der feierlichen Preisverleihung in Stuttgart wurden die Gewinnerinnen und Gewinner der Studienfahrt nach Slowenien ausgezeichnet. Eine Ausstellung präsentierte ihre Zeichnungen, Collagen, Filme und Texte.
In seiner Festansprache betonte Ministerialdirigent Vittorio Lazaridis, wie wichtig die Verständigung der Menschen in Europa untereinander sei. Große Wanderbewegungen gehören seit Jahrhunderten zur Geschichte des Kontinents und seien auch heute ein brandaktuelles Thema. Historisches Forschen und direkte Begegnung bilden die Bausteine der Völkerverständigung – für beides gäbe der Schülerwettbewerb eine Chance, die die Gewinnerinnen und Gewinner mit Bravour aufgegriffen hätten.
Mit wie viel Engagement die Jugendlichen sich mit den Aufgaben beschäftigt hatten, schilderte beispielhaft Sarah Moritz vom Helmholtz-Gymnasium Karlsruhe. In ihrer Rede beschrieb sie, wie aufwändig die einzelnen Arbeitsschritte, wie intensiv die Beschäftigung mit den Fragen gewesen war. „Gehen oder bleiben? Eine Theaterszene“ lautete die Themenstellung des Wettbewerbs, für die sich Sarah Moritz, Jana Trietsch und Felix Franzreb als Gruppe entschieden hatten. Eine Grundidee für Form und Aussage musste gefunden, eine Storyline entworfen und schließlich das Drehbuch geschrieben werden. Dazu recherchierten die Jugendlichen, entwickelten die Rollen und deren Psychologie, suchten Locations und schließlich die passende filmische Umsetzung. „Flucht kann Lebensumstände verbessern. Aber Integration kann auch scheitern, und daran ist niemand schuld“, diese Botschaft vermittelt die Szene, in der als Hauptfiguren zwei Schwestern, die aus Polen nach Deutschland gekommen sind, in der neuen Heimat entgegengesetzte Erfahrungen machen.
Eine Papiertasche als Symbol für das Unterwegssein, darauf montiert Worte in Fetzen als Collage, ein tiefschwarzes Schiff auf bedrohlichem Ozean als Plastik, künstlerische Selbstportraits gezeichnet im Stil eines Lovis Corinth, Poetry Slams über das „Anderssein“, ein Redemanuskript über Vertriebenen-Denkmäler – die Ausstellung im HdH BW zeigte die ganze Bandbreite und das beeindruckende Niveau der eingereichten und prämierten Wettbewerbsbeiträge. Direkt im Anschluss an die Preisverleihung startete die Studienfahrt nach Slowenien.
Preisträgertag im Schwabenpark

Für insgesamt 31 Teilnehmende ging es am 3. Juli in den Schwaben Park in Kaisersbach. Den Preisträgertag hatten sie als einen der Hauptpreise beim Schülerwettbewerb 2018/19 gewonnen. Hierfür reisten sie aus allen Ecken des Bundeslandes, unter anderem aus Singen, Breisach am Rhein und Heidelberg an. Zunächst lernten sich alle spielerisch kennen, wobei sie beispielsweise die Hobbys und Lieblingsgerichte der Anderen erfuhren. Anschließend stürzten sich die Schülerinnen und Schüler hochmotiviert auf die zahlreichen Fahrgeschäfte und Attraktionen im Park. Nach dem gemeinsamen Mittagessen zogen besonders die Wildwasserrutsche und die Sommerrodelbahn viel Aufmerksamkeit auf sich. Nach einem abschließendem Gruppenfoto machten sich alle müde aber glücklich wieder auf den Heimweg in alle Ecken Baden-Württembergs.
Kleine Preisverleihung am Gymnasium in der Taus

Sowohl bei der Zahl der Einsendungen als auch bei der Zahl der Preisträger belegte das Gymnasium in der Taus in Backnang landesweit den ersten Platz. Grund genug für das Stuttgarter Haus der Heimat des Landes Baden-Württemberg, die Preise persönlich an der Schule zu überreichen.
Im Schuljahr 2018/19 stand der Wettbewerb unter dem Titel „Weggehen – Ankommen – Zurückkehren. Baden-Württemberg und das östliche Europa“ ganz im Zeichen individueller Fluchterfahrungen. Eine Aufgabe bestand beispielsweise darin, Geschichten aus der Perspektive eines aus Osteuropa mitgenommenen Gegenstandes zu schildern. Schülerinnen und Schüler der neunten Jahrgangsstufe haben in Anlehnung an die Schriftstellerin Herta Müller Worte zu Bildern werden lassen und eine Textcollage zu den Schlagworten „Weggehen – Ankommen – Zurückkehren“ gestaltet. Sechst- und Achtklässler setzten mit modellierten Schiffsplastiken dem Leid und der Hoffnung von Migranten, die in die neue Heimat aufbrechen, ein Denkmal.
Mit insgesamt 149 Einsendungen in den verschiedenen Wettbewerbskategorien, 199 teilnehmenden Schülerinnen und Schülern und 58 Preisträgern war das Gymnasium in der Taus in diesem Schuljahr außerordentlich erfolgreich.
