Buchtipp des Monats
2018

Sofia Andruchowytsch
Der Papierjunge
Roman
Aus dem Ukrainischen übersetzt von Maria Weissenböck
Ein Buch wie eine Wunderkammer: "Der Papierjunge" erweckt eine vergangene Epoche zum Leben und erzählt von Verstrickung, Hingabe und Verrat.
Stanislau um 1900: eine galizische Kleinstadt am Rande der Monarchie. Adelja und Stefa, „miteinander verflochten wie die Stämme zweier Bäume“, einander stützend, einander die Luft zum Atmen nehmend, wachsen gemeinsam auf. Als Adelja den Steinmetz Petro heiratet, wird aus der engen Verstrickung ein Dreieck, aus dem Stefa sich vergeblich zu befreien trachtet. Und als der Magier Torn mit seinem Zirkus die Stadt besucht, taucht plötzlich der engelsgleiche Junge Felix in Petros Werkstatt auf – ein kleiner Schlangenmensch, sprachlos, biegsam und brüchig wie Papier. „Der Papierjunge“ bietet mehr als ein dichtes, mit sinnlichen Eindrücken und Details gesättigtes Bild einer Epoche, es ist eine drängend erzählte Geschichte von Liebe und Verrat.
Pressestimmen
Mit ihrer ausdrucksstarken Sprache zeichnet sie ein lebendiges Bild einer vergangenen Zeit voller gesellschaftlicher Zwänge, in der die Träume an der Realität scheitern. Ein Schicksalsroman, der nahegeht und berührt.
Michaela Grames, FRISCH GEWAGT
Mit ihrem historischen Galizien-Roman „Der Papierjunge“ hat Sofia Andruchowytsch ein kleines Meisterwerk vorgelegt.
Florian Baranyi, FALTER
Dass man Sofias Andruchowytschs Vorstellung gerne folgt, liegt an der Spannung und den bildstarken Szenen ihres Romans. Die Kulisse ist historisch, die Gefühle sind modern und die Spielfiguren wollen aus dem engen Korsett ihrer Rollen ausbrechen.
Natascha Freundel, NDR KULTUR
Die junge Ukrainerin Sofia Andruchowytsch spielt in ihrem historischen Galizien-Roman „Der Papierjunge“ meisterhaft mit Illusion und Wirklichkeit.
Karin Liebl, WELT DER FRAU
…eine, mit zarten mystischen Elementen bereicherte, sonderbare Liebesgeschichte. (…) Andruchowytsch lässt, indem sie ihre Personen in das Stanislau (heute IwanoFrankiwsk) des Jahres 1900 setzt, eindrucksvoll ein poetisches wie unsentimentales und, trotz des im Zusammenhang mit Galizien regelmäßig beschworenen Schlammes, farbenreiches Bild vom äußersten Rand des vergleichsweise fröhlichen kakanischen Völkerkerkers entstehen.
Bernadette Lietzow, TIROLER NACHRICHTEN
Magisch ist die Sprache, mit der Andruchowytsch Bilder evoziert, die Gemälden von Gustave Moreau oder Michail Alexandrowitsch Wrubel gleichen.
Susanne Rikl, KOMMBUCH
Die exzellente Übersetzung von Maria Weissenböck zeigt, dass dieser Roman über eine Sprache für die Atmosphäre einer vergangenen Welt ebenso verfügt wie für nüchterne Reflexionen oder religiöse Fantasien. Das derzeitige politisch bedingte Interesse an der Ukraine trägt sicher auch entscheidend dazu bei, dass der Roman von Sofia Andruchowytsch gerade in mehrere Sprachen übersetzt wird. „Der Papierjunge“ rechtfertigt das aber auch durch seine literarische Qualität und überzeugt durch die bewegende Verschränkung der Darstellung eines Individuums und einer Epoche und durch die Kongruenz von Stoff und Sprache.
Cornelius Hell, Ö1, EX LIBRIS
Ein Roman voller Impressionen, Gerüche und Magie, der einen so vollkommen in den Bann zieht, dass man Gefahr läuft, der trügerischen Illusion seiner Bilder zu verfallen.
Susanne Rikl, GUTE-BUECHER-LESEN.DE
Ein lesenswerter, viel beachteter, sozialgeschichtlich interessanter Roman.
Helmer Passon, BUCHPROFILE/MEDIENPROFILE
Dieses tiefgehende wunderbare Buch, dessen unaufgeregte, klare und anmutige Sprache beunruhigt und berührt, dessen feinsinniger Blick für Details und Wesentliches auffällt, ist besonders - ist zart und gewaltig.
Ines Hickmann, DREHPUNKT KULTUR
Überaus sinnlich und poetisch erzählt Sofia Andruchowytsch…
WDR, Mosaik
Eindringlich und detailreich erweckt Sofia Andruchowytsch eine vergangene Epoche zum Leben mit ihren Farben und Formen, Geräuschen und Gerüchen bis hin zu kulinarischen Details.
Moses Fendel, WDR 3
Die historische Kulisse der Kaiserzeit wird lebendig genau wie die Protagonisten, die versuchen, aus dem engen Korsett ihrer Rollen auszubrechen.
Kerstin Kempermann, EVANGELISCHE ZEITUNG
Mit „Der Papierjunge“ betritt eine bisher nur in ihrer Heimat bekannte Autorin die internationale Bühne, auf die alle sehnsüchtig gewartet haben, die wahre narrative Kunst schätzen.
Lilian-Astrid Geese, NEUES DEUTSCHLAND
Ein wunderbares Panorama aus einer versunkenen Epoche
Quelle: SALVE
Mit ihrem Roman „Der Papierjunge“ ist Sofia Andruchowytsch eine literarische Sensation gelungen.
Gerhard Zeillinger, DER STANDARD
Eckdaten
Andruchowytsch, Sofia: Der Papierjunge, Salzburg, Residenz, 2016, ISBN 9783701745227
Quelle : https://www.residenzverlag.com

Susanne Fritz
Wie kommt der Krieg ins Kind
Ein sehr persönliches Buch über das Schicksal der Mutter und der eigenen Familie. Spurensuche, deutsch-polnische Geschichtsschreibung und Erzählung in einem. Vierzehn Jahre alt ist die Mutter, als sie 1945 verhaftet und für Jahre ins polnische Arbeitslager Potulice gebracht wird. Der Grund: Sie hatte mit neun ein Formular unterschrieben, das sie in einem von Hitler überfallenen Gebiet als Deutsche auswies. Susanne Fritz erzählt ergreifend und ohne jede vorschnelle Schuldzuweisung von dem Schicksal ihrer Mutter und der ganzen Familie über mehrere Generationen. Sie fragt nach Menschlichkeit und Verrat, nach Identität und Sprache und zieht immer wieder historische Dokumente zu Rate. So leuchtet sie nicht nur die eigene Familiengeschichte aus, sondern das deutsch-polnische Verhältnis über zwei Weltkriege hinweg mit all den historischen Umwälzungen und ihren Auswirkungen auf jeden Einzelnen. Susanne Fritz führt ein tief lotendes Gespräch mit der Vergangenheit, sie tut es, weil sie die verborgenen Auswirkungen auf ihr eigenes Dasein verstehen will.
(Klappentext)
Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2018
Pressestimmen
Schwer vorstellbar, wie ein literarisches Werk dieser Tage tiefer in das Herz der Gegenwartsdebatten vordringen sollte als dieses.
Felix Stephan, Süddeutsche Zeitung
Ein beeindruckendes Buch
Anja Kümmel, ZEIT Online
ein sehr persönliches Buch, gleichwohl ein ungemein lehrreiches und politisch brisantes
Melanie Weidemüller, Deutschlandfunk Büchermarkt
klug und atmosphärisch dicht
Shelly Kupferberg, Deutschlandfunk Kultur Lesart
eine literarisch hoch interessante, sehr persönliche Auseinandersetzung mit Zeit- und Familiengeschichte
Tilla Fuchs, Saarländischer Rundfunk
sorgfältig, einfühlsam und – mit Schuldgefühlen
Eva Pfister, Lesart, 1/18
großartig, klug, schlicht ergreifend und unbedingt lesenswert!
Oliver Fründt, buechergilde-frankfurt.de
berührende Erkenntnisse
Sigrun Rehm, Badische Zeitung
Eckdaten
Susanne Fritz : Wie kommt der Krieg ins Kind. Göttingen, Wallstein, 2018.- ISBN: 978-3-8353-3244-7
Quelle: www.wallstein-verlag.de

Miljenko Jergović
Vater
Erinnerungen
Aus dem Kroatischen von Brigitte Döbert
"Wir standen uns nicht nah, obwohl es immer hieß, ich sei ganz der Vater."
Das letzte Telefonat zwischen Vater und Sohn löst eine Flut von Erinnerungen aus: In seinem neuen Buch taucht Miljenko Jergović in die Abgründe seiner eigenen Familie ein und beleuchtet die tragischen Verwicklungen seiner Heimat. Er beschreibt den Lebensweg seines Vaters, eines angesehenen Arztes und Experten für Leukämie, dessen Einsatz für die ländliche Bevölkerung und politische Haltung. Zugleich bezieht er kritisch Stellung zur kroatischen Geschichte und dem Umgang mit der faschistischen Vergangenheit.
Ohne Pathos, mit Witz und einer Portion Sarkasmus schildert Miljenko Jergović die jugoslawische Lebenswirklichkeit, die das Schicksal seines Vaters bestimmte und damit auch den Sohn prägte. Vater ist das literarische Dokument seiner Familie: Leidenschaftlich und pointiert erzählt er anhand ihrer Lebensstationen von den historischen Auseinandersetzungen auf dem Balkan und deren Auswirkungen bis heute.
Pressestimmen
Der groß angelegte Versuch, das familiäre und das nationale Schweigen zur Sprache zu bringen.
Jörg Magenau, Der Tagesspiegel
Kompromisslos, differenziert, in alle Richtungen. Ausgestattet mit Witz und Lakonie. (...) Ganz nebenbei ist es süffige Weltliteratur.
Katja Gasser, 3sat kulturzeit
Wer dumm und dumpf bleiben will, mache einen Bogen um dieses exorzistische Meisterwerk.
Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung
Mit scharfem Witz und kühler analytischer Präzision verdeutlicht Jergović, wie sehr die Geschichte seiner Familie mit der wechselvollen politischen Geschichte Jugoslawiens verschränkt ist
Sabine Doering, FAZ
Besticht gerade deshalb, weil durch die Brüchigkeit des Vaterbildes auch dem Begriff des Vaterlandes der Boden entzogen wird.
Christoph Vormweg, WDR3, Gutenbergs Welt
Ein (...) Buch, das in seiner Aussagekraft wie in seiner literarischen Meisterschaft weit bedeutender ist, als es sein Umfang vermuten lässt.
Cornelius Hell, Die Presse
Eckdaten
Jergović, Miljenko : Vater.
Frankfurt am Main: Schöffling & Co, 2015. – 200 S.
ISBN: 987-3-8961-395-1
Quelle : www.schoeffling.de

Frank Vorpahl
Der Welterkunder
Auf der Suche nach Georg Forster
Georg Forster ist eine der faszinierendsten Figuren der deutschen Geistesgeschichte. Er war Weltumsegler, Revolutionär, Freidenker, Naturkundler und Philosoph. Sein Leben ist so dramatisch wie reich, schon als junger Mann war er als Mitreisender bei James Cooks zweiter Weltumseglung dabei, als Revolutionär rief er die Mainzer Republik mit aus und organisierte – per Haftbefehl gesucht und von der vernichtenden Reichsacht bedroht – vom revolutionären Paris aus den Schutz der belagerten Stadt. Kein Wunder, dass er vor diesem Erfahrungshintergrund die Welt in vielem anders sah als seine Zeitgenossen. Seinen frühen Tod fand er in Paris, er starb ausgezehrt an einer Krankheit, um ihn herum tobte gerade der Terror der Guillotinen.
Frank Vorpahl war schon seit seiner frühen Kindheit von Georg Forster fasziniert – seit 20 Jahren intensiv. Seitdem besuchte er Archive in aller Welt und reiste systematisch an Orte, an denen Forster sich aufhielt. Er traf Reiseforscher wie Thor Heyerdahl, Geschichts- und Politkenner wie Klaus Harpprecht, Biologen, Ökologen, Sprachwissenschaftler, aber auch Fischer auf der Osterinsel, Bio-Drogen-Dealer auf Tonga und die angeblich letzten Kannibalen auf Tanna.
Mit einer von seinem Vorbild inspirierten Neugier suchte Vorpahl dort nach Spuren Forsters – und fand im Laufe der Jahre Erstaunliches: unbekanntes Archivmaterial, Reste der Cook’schen Expedition, Stellen, an denen Forster stand und mit deren Hilfe man Zeichnungen geographisch verorten kann; vergessene Texte, unbekannte Zeichnungen. Detailgenau registriert er, wie verschiedene Weltgegenden sich seit Forsters Zeiten änderten. Zudem bildet er sich sein ganz eigenes Bild des Autors.
In seinem Buch liefert Vorpahl uns nun den Bericht einer von Passion getragenen jahrzehntelangen Spurensuche rund um die Welt, bei der Georg Forster neu Gestalt annimmt.
Pressestimmen
Frank Vorpahl hat sich jahrzehntelang mit Forsters Reisen beschäftigt, folgte ihnen auf Papier und in der Wirklichkeit, (...) setzte sich auf Schiffe und stapfte durch Urwälder, um zu sehen, was sein Vorbild sah. Dabei machte er Entdeckungen, von denen er selbst nicht träumen konnte, führte das Erlebte und Recherchierte in einem Band zusammen, der derzeit überall auf Begeisterung stößt.
Cornelia Geißler, Berliner Zeitung
Ein Glücksfall ist, dass in Frank Vorpahls Buch journalistischer Reisebericht, historischer Rückblick und Forschungsarbeit kreativ zusammentreffen. (...) Eine lange Reise voller Entdeckungen (...), spannend und vergnüglich zu lesen.
Torsten Harmsen, Berliner Zeitung
Ein opulentes illustriertes Buch, in dem sich historische und ethnologische Forschung mit sehr persönlichen Reiseerlebnissen verbinden. (...) Vorpahls Kompass ist die Radikalität Forsters, dessen vorurteilsfreier Blick. Forster legt mit seinen Beobachtungen und Reflexionen den Grundstein für das, was das Wesen des Menschen ist. Bis dahin kannte man vor allem dessen europäische Variante.
Reinhold Jaretzky, 3sat kulturzeit
Ein Reisebuch fast um die Welt, eine Hommage an den großen Entdecker und Bruder im Geiste Georg Forster und gut lesbar gerade in diesen Zeiten, in denen es um Konflikte zwischen Kulturen geht, die sich fremd gegenüber stehen. Ein Buch voll Wärme und Klugheit.
Paul Stänner, Deutschlandfunk Kultur
Es ist eine Biografie, in der sich alle Umbrüche und Aufbrüche des 18. Jahrhunderts spiegeln. (...) Das reich bebilderte Buch ist ein Doppelbeleg für Neugier, Leidenschaft, Sachkenntnis und für die Aufgeschlossenheit gegenüber allem, was zunächst fremd erscheinen mag.
Karin Großmann, Sächsische Zeitung
Eckdaten
Vorpahl, Frank : Der Welterkunder. Auf der Suche nach Georg Forster.
Berlin: Galiani, 2018. – 544 S.
ISBN: 978-3-86971-149-2
Quelle : Kiwi-Verlag

Valentina Freimanel
Adieu, Atlantis
Erinnerungen
Aus dem Lettischen von Matthias Knoll
Die Lebensgeschichte Valentina Freimanes ist unauflöslich mit der Geschichte Lettlands und Europas verknüpft und eröffnet einen vielschichtigen Blick auf ein ganzes Jahrhundert.
Was für ein Leben! Die Kindheit der 1922 geborenen Autorin war eine ganz und gar kosmopolitische. Die eine Großmutter sprach Deutsch, die andere Russisch, und ständig pendelte die lettisch-jüdische Familie zwischen Riga, Paris und Berlin, wo man nahe dem Ku`damm in einer Pension wohnte, in der Schauspieler, Regisseure, Schriftsteller aus ganz Europa sich die Klinke in die Hand gaben und Neuigkeiten tauschten. Valentīna Freimane erzählt über diese Zeit aus der unbeschwerten Perspektive des heranwachsenden Mädchens und lässt ein grandioses Zeitgemälde entstehen, aber zugleich weiß die Autorin natürlich, dass sich wenige Jahre später alle Lebensumstände komplett änderten.
Die Familie muss nach Riga zurück und erlebt die Okkupation des Baltikums durch die Sowjetunion, 1941 den Einmarsch der Deutschen, dann gegen Kriegsende wieder die Rückkehr der Sowjets. Freimane erzählt mit Präzision und außerordentlich berührend über dieses dreifach zermalmende Rad des Schicksals, durch das sie beide Eltern, den Ehemann und fast alle weiteren Verwandten verlor. Sie selbst wurde gerettet durch Menschen, die sie unter höchstem Risiko versteckten - lettische, russische, deutsche, polnische Menschen, denen sie Dank abstattet. Ein tief berührendes Buch.
Pressestimmen
Wie geht das? Wie kann jemand seine dunkle Lebensgeschichte so hell erzählen - ohne jede Bitterkeit und voller Zuversicht?
Luzia Braun, ZDF aspekte
Valentina ist schön, klug, mutig und kämpferisch. Ich habe mich in sie verliebt. Was für ein dramatisches Leben, meinen großen Respekt.
Rosa von Praunheim, Filmregisseur
Valentina, die Schöne: Sie ist die kluge Königin, ungeheuer weiblich mit bestrickendem Charme, kosmopolitisch durch Herkunft, Erfahrung und Willen, dazu noch neugierig wie eine Ziege und scharfsichtig wie ein Adler. Es ist ein Geschenk, sie erleben zu dürfen.
Anita Kugler, Schriftstellerin
Es ist eine versunkene Welt, die dieser Bericht aus Atlantis beschreibt. Und ein Buch des Gedenkens.
Florian Balke, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Ein faszinierend anrührender Bericht über die versunkene Lebenswelt der deutsch-jüdischen Kultur im Baltikum.
Heidrun Helwig, Gießener Anzeiger
In ihrer Autobiographie widerspiegelt Frau Freimane die unvergleichliche Tragödie der modernen Weltgeschichte, die sich auf dem Territorium Europa abspielte, aus einem ganz persönlichen Winkel.
I. E. Elita Kuzma, Botschafterin der Republik Lettland in der Bundesrepublik Deutschland
Eckdaten
Valentina Freimane: Adieu, Atlantis Erinnerungen.
Aus dem Lettischen von Matthias Knoll. Göttingen: Wallstein Verlag, 2015
ISBN: 978-3-8353-1603-4
Quelle : Wallstein Verlag

Catalin Mihuleac
Oxenberg & Bernstein
Roman
Eine beeindruckende neue Stimme aus Rumänien: Catalin Mihuleac hat einen großen Familienroman geschrieben.
Die vermögende Dora Bernstein und ihr fünfzigjähriger Sohn Ben aus Amerika besuchen Iasi, die Wiege der rumänischen Kultur. Eine junge Frau, Suzy, zeigt ihnen die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wenig später macht Ben ihr einen Antrag. Sie heiraten, und Suzy fängt an, sich für die Geschichte ihrer neuen Familie und die ihrer alten Heimat genauer zu interessieren. Sie stößt auf ein Mädchen, das 1947 mit 17 Jahren nach Wien gekommen ist. Als Einzige einer angesehenen Familie ist es ihr gelungen, das Pogrom in Iasi und den Holocaust zu überleben. Im Wiener Rothschild-Spital findet sie Zuflucht und erweist sich als begabte Schneiderin. Dort trifft sie einen GI, der ihr den Hof macht. Mit diesem beeindruckenden Familienroman ist ein großartiger Erzähler zu entdecken.
Pressestimmen
Ein mitreißender Roman, schöpfend aus einem ungeheuren Sprachreichtum, in einzigartig schillernden, ebenso kraftvollen wie poetischen, vielfach auch sarkastischen Bildern, die staunen machen.
Friedemann Kluge, neues deutschland, 26.04.18
Ironie und Frivolität, beißende Kritik an den USA wie an Rumänien amalgamiert der Autor zu einem gerade für Deutsche tief bewegenden Versuch über den Holocaust.
Katrin Hillgruber, Der Tagesspiegel, 14.03.18
Oxenberg & Bernstein' bewährt sich als bewegtes Drama, anrührende Tragödie, unterkühltes Melodram, ironische Märchengeschichte.
Alfred Pfoser, Falter, 14.0318
Das alles liest sich unverschämt deftig und politisch unkorrekt, mitunter zotig. Doch Mihuleacs stilistische Gratwanderung, in der raumwandlerisch sicheren und gewandten Übersetzung Ernest Wichners, erscheint so kühn wie letztlich überzeugend: Gerade der scheinbar leichtfertige burleske Erzählton bringt das grauenvolle Geschehen umso beklemmender zum Vorschein.
Sigrid Löffler, Deutschlandradio,12.03.18
Mihuleac, der in der bestechenden Übersetzung von Ernest Wichner erstmals von einem deutschsprachigen Publikum entdeckt werden kann, schätzt die Zuspitzung, den manchmal frivolen, zuweilen derben Ton. Das Forcierte dieser Prosa ist jedoch kein Selbstzweck. Mihuleac taucht tief ein in die Atmosphäre einer Zeit, die bald von einer mörderischen Hetze beherrscht wird.
Holger Heimann, SWR2 Lesenswert, 11.03.18
Ein Überraschungserfolg: auch weil da ein Erzähler sein Handwerk beherrscht, trickreich mit doppelten Böden hantiert und Erheiterndes aus der Gegenwart (im Ausland „liebt man die Rumänen wie Salz in den Augen“) mit Erschütterndem aus der Vergangenheit verwebt.
Walter Mayr, Der Spiegel, 10.03.18
Eckdaten
Mihuleac, Catalin: Oxenberg & Bernstein Roman.
Übersetzt von Ernest Wichner. Wien: Zsolnay, 2018
ISBN 9783552058934
Quelle : Hanser Literaturverlage

Philippe Sands
Rückkehr nach Lemberg
Über die Ursprünge von Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Übersetzt von Reinhild Böhnke
Als der bekannte Anwalt für Menschenrechte Philippe Sands eine Einladung nach Lemberg erhält, ahnt er noch nicht, dass dies der Anfang einer erstaunlichen Reise ist, die ihn um die halbe Welt führen wird. Er kommt einem bewegenden Familiengeheimnis auf die Spur, und stößt auf die Geschichte zweier Männer, die angesichts der ungeheuren NS-Verbrechen alles daran setzten, diese juristisch zu fassen. Sie prägten die zentralen Begriffe, mit denen seitdem der Schrecken benannt und geahndet werden kann: 'Verbrechen gegen die Menschlichkeit' und 'Genozid'. Meisterhaft verwebt Philippe Sands die Geschichte von Tätern und Anklägern, von Strafe und Völkerrecht zu einer kraftvollen Erzählung darüber, wie Verbrechen und Schuld über Generationen fortwirken.
Rückkehr nach Lemberg wurde ausgezeichnet mit dem renommierten Baillie Gifford Prize und dem Wingate Literaturpreis 2016 und war Buch des Jahres bei den British Book Awards 2017.
Pressestimmen
Eines der spannendsten, lesbarsten, klügsten, bewegendsten - schlicht besten 'Sachbücher' [...] Mit anderen Worten: große Literatur.
Peter Rutkowski, Frankfurter Rundschau
Wie Sands in seinem Buch familien- und rechtshistorische Linien verwebt, [...] macht aus dem Kernstoff - der Familienrecherche - ein Dokument grosser emotionaler und politischer Kraft.
Thomas Wadmann, Basler Zeitung
Mit den Biografien dieser Menschen verwebt Philippe Sands die Geschichte eines Jahrhunderts. Er erzählt, wie Geschichte entsteht.
Elisabeth von Thadden, DIE ZEIT
Ein faszinierendes Buch, das auf ganz beiläufige Weise die Grundfragen unserer Existenz aufwirft.
Joachim Gaertner, Arte/Metropolis
Die meisterhaft verwobene Erzählung von Familiengeschichte und Rechtsgeschichte erstreckt sich über mehr als 100 Jahre. [...] Sands' persönlicher, ja intimer Ansatz berührt.
Katharina Stegelmann, Der SPIEGEL
Klug und sehr berührend.
Focus
Eckdaten
Sands, Philippe: Rückkehr nach Lemberg .
Über die Ursprünge von Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit / Böhnke, Reinhild (Übersetzt)
Verlag S. Fischer, 2018, ISBN-13 9783103973020
Quelle : Verlag S. Fischer

Jörg Armbruster
Willkommen im gelobten Land?
Deutschstämmige Juden in Israel
Jörg Armbruster ist durch Israel gereist, um mit möglichst vielen dieser heute um die neunzig Jahre alten Zeitzeugen zu reden. Hier ist er auf bewegende Lebensgeschichten gestoßen, die Überlebensgeschichten sind - bestimmt von dem Willen, sich gegen alle Widerstände zu behaupten. Und er erzählt davon, wie Herkunft und Erfahrungen der aus Deutschland vertriebenen Menschen deren Nachfahren in der zweiten und dritten Generation bis heute prägen. Ein Buch über die "immerwährende Gegenwart der Vergangenheit in Israel", ohne die ein Verständnis für das Geschehen im Nahen Osten unvollständig bleibt.
Pressestimmen
Es ist ein ungemein dicht erzähltes Buch geworden
Claudia Irle-Utsch, Siegener Zeitung
Ein interessanter Aspekt, den Armbruster in seinem Buch aufgreift: Viele deutschstämmige Einwanderer sprachen sich damals für eine binationalen jüdisch-arabischen Staat aus - ein Ziel, das heutzutage in immer weitere Ferne rückt.
Ina Frank, Schwarzwälder Bote
Eine wichtige Erkenntnis, die Armbruster aus den Gesprächen gewann, lautete, dass auch die Kinder der Holocaustüberlebenden Traumata davongetragen haben.
Dierk Hartleb, Westfälische Nachrichten
Auf der anderen Seite beginne die israelische Selbstgewisseheit zu bröckeln, einen moralisch und politisch besseren Staat gegründet zu haben. Auch das steht in Armbrusters wichtigem Buch.
Insa Wilke, Zeit Online
Eckdaten
Jörg Armbruster: Willkommen im Gelobten Land? ISBN:978-3-455-50417-0.
Hoffmann & Campe, 2016.- 288 S.
Quelle : Hoffmann und Campe

Irina Scherbakowa
Die Hände meines Vaters
Eine russische Familiengeschichte
Aus dem Russischen von Susanne Scholl
Die Hände meines Vaters ist eine epische russische Familiengeschichte vor dem Panorama der Oktoberrevolution, der Weltkriege wie des ganzen 20. Jahrhunderts.
Irina Scherbakowas jüdische Grossmutter hat die Pogrome, die Oktoberrevolution und den Bürgerkrieg von 1917/18 überlebt. Ihr Vater kämpfte als Offizier im Zweiten Weltkrieg vor Stalingrad. Und sie selbst wuchs zur Stalinzeit in Moskau auf: Irina Scherbakowa stammt aus einer Familie, die alle Schrecknisse des 20. Jahrhunderts miterlebt hat. Und doch empfindet die renommierte russische Publizistin ihre Familiengeschichte als eine glückliche - sind ihre Vorfahren und sie doch immer wider alle Wahrscheinlichkeit davongekommen. Und so wird Irina Scherbakowas Buch zu einem beeindruckenden Porträt nicht nur einer Familie, der es stets mit viel Glück gelang, düstere Zeiten zu überstehen, sondern auch und vor allem die mitreissende Geschichte eines bewegten Jahrhunderts.
Pressestimmen
Unzählige Leben in wenigen Zeilen
Die Wochenzeitung
[...]eine persönliche und detaillierte Antwort auf die Frage, wie der russische Staat im 20. Jahrhundert seine Bürger missbraucht hat und wie er das weiterhin tut, solange die alten Verbrechen nicht aufgearbeitet sind.
Süddeutsche Zeitung
Die Chronologie ist nicht stringent, Irina Scherbakowa erzählt mit zahlreichen Vor- und Rückgriffen. Aber sie schildert stets plastisch den sowjetischen Alltag, seine Tristesse und die allgegenwärtige Angst vor der Willkür des kommunistischen Regimes.
Sabine Adler, Deutschlandfunk
Eckdaten
Irina Scherbakowa: Die Hände meines Vaters - Eine russische Familiengeschichte.
Aus dem Russischen von Susanne Scholl, München: Droemer und Knaur, 2017, ISBN 9783426277102
Quelle : Droemer und Knaur

Philipp Ther
Die Außenseiter
Flucht, Flüchtlinge und Integration im modernen Europa
Flucht und Integration gehören zu den beherrschenden Themen der Gegenwart. Sie sind ein maßgeblicher Grund für den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien und drohen, die EU zu spalten. Ein Blick in die Tiefen der Geschichte relativiert allerdings die 'Flüchtlingskrise' des Jahres 2015. Seit 1492 die sephardischen Juden von der iberischen Halbinsel vertrieben wurden, ist Europa immer ein Kontinent der Flüchtlinge gewesen.
Historisch betrachtet, waren Flüchtlinge fast immer eine Bereicherung.
Pressestimmen
Ein Buch, das zeigt, wie wichtig der geschichtliche Blick ist, um das Heute gelassener zu analysieren. Eines der besten Sachbücher des Jahres.
Eva Thöne, SPIEGEL ONLINE
[Dieses Buch bringt] einen umfassenden Überblick über die Vielzahl selbst wenig bekannter Fluchtbewegungen sowie über die Härten und Risiken, denen Menschen auf der Flucht, aber auch noch danach ausgesetzt waren. [...] Ein Panorama also des Gestaltungsspielraums in der Flüchtlingsfrage, aber auch die Mahnung nicht immer wieder die gleichen Fehler zu machen.
Johanna Herzig, Deutschlandfunk
Der Text dieser Abhandlung ist gut lesbar und bietet auch dem interessierten Laien einen vielschichtigen und umfangreichen Zugang zur historischen Betrachtung jener Phänomene der Flucht und Migration, von denen viele heute denken, dass es sich um ganz neue Phänomene handelt. Wer dieses Buch gelesen hat, weiß es besser!
kulturbuchtipps.de
[...] ein europäisches Menschheits-Panorama. Klarer lässt sich eine Studie kaum bauen, angesichts der Abermillionen, die durch die Jahrhunderte wandern.
Elisabeth von Thadden, DIE ZEIT
Die Außenseiter ist eine ebenso informierte wie kluge Erkundung der Geschichte von Flucht und Integration in Europa seit dem Ende des 15. Jahrhunderts geworden.
Jens-Christian Rabe, Säddeutsche Zeitung
Eckdaten
Philipp Ther: Die Außenseiter - Flucht, Flüchtlinge und Integration im modernen Europa.
Berlin: Suhrkamp, 2017, ISBN 9783518427767
Quelle : Suhrkamp Verlag

Olga Martynova
Der Engelherd
Roman
Caspar Waidegger ist ein bekannter Schriftsteller, kühl und unnahbar und scheinbar arrogant. Er hat eine behinderte Tochter, die er regelmäßig im Pflegeheim besucht, und er hat eine junge Geliebte, die Literaturwisenschaftlerin Laura Schmitz, die über ihn ihre Doktorarbeit schreibt. Olga Martynovas neuer Roman erzählt vom Eigensinn und der Lebendigkeit dieser drei Menschen und von der schwierigen Liebe eines ungleichen Paars.
Parallel springt der Roman immer wieder in die Vergangenheit: Bei einem Treffen in Waideggers Haus entsteht die Idee, reihum eine Art Unterhaltungsroman mit dem Titel 'Zwischenfall am See' zu erzählen. Waidegger verfolgt die Idee alleine weiter, und was dabei entsteht, ist die Geschichte einer Schauspielerin, die im Nationalsozialismus Karriere macht und deren ebenfalls behinderte Tochter von Euthanasie-Ärzten ermordet wird. Doch die Geschichte hat mehr mit Waideggers Leben zu tun, als er denkt.
Und dann sind da immer wieder Engel, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbinden. Ein 'Engelsüchtiger' versucht, die Gespräche dieser Engel zu verstehen und zu übersetzen. Sie tummeln sich in einem Buch von Waideggers Tochter, und sie sind mitten unter uns. Todesengel manchmal. Vor allem aber Schutzengel, die ratlos und entsetzt auf unser Tun schauen - und uns nicht vor uns selbst beschützen können.
Es geht um die Liebe in Olga Martynovas neuem Roman. Es geht um die Frage, wie frei oder gefangen wir sind. Um Familie und Verantwortung also und die Frage, was normal ist und was verrückt. Und es geht um Engel, die entsetzt auf unsere Grausamkeit starren, die rätseln über unser Tun und uns nicht beschützen können. Es geht also um alles in Olga Martynovas neuem federleicht geschriebenen Roman. Und weil alles verloren wäre ohne die Literatur, geht es auch darum: das Wunder des Erzählens.
Pressestimmen
Kompliziert und aus schwerem Stoff, aber doch im Ergebnis von der Federleichtigkeit, die nur die Literatur so scheinbar ohne weiteres aufbauen kann [...] ein enormer Roman.
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau
Märchenhaft.[...] Es geht um Liebe, um Verantwortung, Schuld, um alles, vor allem aber geht es um Martynovas Dichtung und originellen Gedanken.
Peter Pisa, Kurier
Ein hochambitioniertes Projekt [...] Der literarische Aufwand, den Olga Martynova betreibt, ist beträchtlich.
Meike Fessmann, Der Tagesspiegel
[...]so leichtfüßig verspielt, so vielschichtig bildstark, so überirdisch irdisch [...]
Karin Waldner Petutschnig, Kleine Zeitung
Ein filigraner, dicht gewebter und raffiniert komponierter Roman, der Sensibilität und sprachliche Eleganz mit Sinnlichkeit und Ironie verbindet. [...] ungewöhnlich, originell und sehr poetisch.
Wolfgang Seibel, Österreichischer Rundfunk/Ö1/Ex libris
Eckdaten
Olga Martynova: Der Engelherd. Roman.
Frankfurt am Main: Fischer, 2016, ISBN: 978-3-10-002432-9
Quelle : Fischer Verlag

Ivan Ivanji
Schlussstrich
Roman
Rudolf von Radványi, ein ungarischer Jude, lebt im Belgrad des Jahres 1941 ein nicht ungefährliches Doppelleben: Zum einen ist er Dolmetscher der deutschen Intendantur, gedeckt von Oberst Martin Hellmer, mit dem ihn eine gemeinsame Vergangenheit verbindet, und zum anderen arbeitet er als Kommunist im Verborgenen gegen das nationalsozialistische Regime. Wie konnte es dazu kommen?
Meisterhaft komponiert Ivan Ivanji eine Familiensaga, die rund hundertfünfzig Jahre überspannt: Beginnend bei den Rotbarts in Betschkerek im Banat der 1880er Jahre, als der junge Leopold seinen Nachnamen in Radványi ändert und dann Tierarzt wird, über seinen Sohn Ferenc, genannt Ferko, den Arzt, und dessen Sohn Rudolf, die beide - ohne es voneinander zu ahnen - als Partisanen gegen die deutschen Truppen kämpfen, bis hin zu Goran, dem Nachkriegskind, der den Zerfall Jugoslawiens miterlebt und seine Zukunft jenseits der Heimat sieht.
Pressestimmen
Ivanji ist ein beachtliches Werk gelungen: Er verknüpft meisterhaft Schicksale, lässt Beziehungen glücken und scheitern, große und kleine Tragödien geschehen ... Er begleitet diese liebenswerten Menschen durch die sich verändernde Gesellschaft, von den Schrecken der Naziherrschaft bis hin zum Zerfall Jugoslawiens. Er malt das warmherzige Bild einer gleichsam selbstverständlich multikulturellen Welt.
Die Presse
... eine Art jüdischer Buddenbrooks
Illustrierte Neue Welt
Ein glänzendes Sitten- und Sippengemälde der Zeit vom 19. Jahrhundert bis zum Zerfall Jugoslawiens (...) Ein bemerkenswertes Buch!
bn.bibliotheksnachrichten
Eckdaten
Olga Martynova: Der Engelherd. Roman.
Frankfurt am Main: Fischer, 2016, ISBN: 978-3-10-002432-9
Quelle : Fischer Verlag