Die Gabe des Gedankenlesens erbt der kleine Anton vom Großvater, dem Gänsehirten − und er rettet damit das Leben seiner Mutter: Diese Erinnerung ist der Beginn der Geschichte des heute fast 80-jährigen Anton Busch. Geboren 1939 im pommerschen Schönow − als Kind einer Bauernfamilie aus dem Oldenburger Münsterland − erzählt er von seiner entbehrungsreichen Kindheit, von Krieg und Flucht. Er wird erwachsen in den Wirtschaftswunderjahren einer jungen BRD, arbeitet, heiratet, lernt und liebt. Sein hohes Alter ist geprägt von zwei Erkenntnissen: Jedes Leben ist einzigartig. Und kein Mensch lebt nur ein Leben. Manchmal sind es sogar ganz viele ...
Buchtipp des Monats
Anti Selart, Mati Laur
Dorpat/Tartu
Geschichte einer Europäischen Kulturhauptstadt
Als Bischofssitz gegründet, durch den Hansehandel mit Russland reich geworden, dank der Landesuniversität als „Embach-Athen“ gerühmt, sowjetisches Sperrgebiet: Dieses Buch führt seine Leserinnen und Leser durch die spannende und wechselhafte Geschichte der in Estland gelegenen Europäischen Kulturhauptstadt 2024.
Weit im Nordosten, nahe der russischen Grenze, scheint Dorpat/Tartu in Estland eine abgeschiedene Provinzstadt am Rande Europas zu sein. Dabei ist die Stadt am Embach/Emajōgi seit ihrer Gründung auf viele Weisen europäisch vernetzt: Zunächst als Bischofssitz im mittelalterlichen Livland (heute: Estland und Lettland) in die Strukturen der römischen Kirche. Als Hansestadt kontrollierte sie mit Riga und Reval/Tallinn den Handel zwischen Russland und dem übrigen Europa. Und seit der Neugründung der Universität 1802 waren ihre Absolventen weit über die Grenzen des russländischen Kaiserreichs gefragte Experten. Doch blieb Dorpat nicht allein Ausbildungsort der deutschbaltischen Eliten, sondern wurde zu einem Kristallisationspunkt der estnischen Nationalbewegung. Die wechselhafte Geschichte des „wohl besten Wohnorts in der Welt“ (Mati Laur), von Aufbau, Zerstörung und Wiederaufbau, schildern die Autoren mit wissenschaftlicher Expertise und estnischem Humor.
Eckdaten
Anti Selart und Mati Laur: Dorpat/Tartu – Geschichte einer Europäischen Kulturhauptstadt. - Wien: Böhlau Verlag, 2023. - 224 Seiten. - ISBN: 978-3-205-21826-5
Quelle : Böhlau Verlag
Dorothee Riese
Wir sind hier für die Stille
Roman
Die Geschichte einer Kindheit als soziales Experiment: Anfang der 1990er-Jahre wandert Judith mit ihren Eltern von Deutschland nach Rumänien aus. Ihr Ziel ist ein abgelegenes Dorf in Transsilvanien am Rande der Karpaten. Judith soll in einer ursprünglichen, vom Kapitalismus freien Gemeinschaft aufwachsen. Mit wachem Blick erkundet sie den Ort, seine Menschen, Geschichte und Sprache.
Sie wird zur Wahlenkelin der alten Siebenbürger Sächsin Lizitanti, von der sie einen Hahn geschenkt bekommt. Und sie lernt Irina kennen, die mit ihrer Ziege im Milchauto mitfährt. Irina ist eine Romni. Judith möchte das auch sein, Irina aber lehnt das kategorisch ab. Bald stellt der Widerspruch zwischen mitgebrachter Utopie und vorgefundener Realität die Familie vor immer größere Fragen.
Pressestimmen
Ist Fremdsein eine unüberwindbare Grenze – auch wenn man den Alltag miteinander teilt? Mit Dorothee Riese betritt eine Autorin die literarische Bühne, der es gelingt, mit den Mitteln der Sprache das, was hinter der Sprache liegt, spürbar zu machen.
Jenny Erpenbeck
Ein dichter, farbiger Roman, der die Grenzen auslotet zwischen West- und Osteuropa, zwischen Anspruch und Wirklichkeit, und der immer wieder von jenen Missverständnissen auf beiden Seiten erzählt, die nicht allein aus mangelnden Sprachkenntnissen entstehen. (…) Ein vielschichtiger und besonderer Debütroman!
BR24 „Neues vom Buchmarkt“
Vom Entwurzeltsein, der daraus folgenden Ohmacht und der Leere zeugt dieser tiefgründige Roman, der gerade in der jetzigen Zeit so wichtig ist, weil er trotz Brisanz unaufgeregt den Finger in die Wunde legt und die inneren Kämpfe vieler Menschen auf einfühlsame Weise reflektiert.
carpegusta-literatur.de
In gewisser Weise könnte so eine Geschichte auch hier bei uns passieren. Und passiert garantiert auch. Und sorgt dafür, dass Kinder früh schon lernen, wie sehr sich Gesellschaften an Grenzen und Vorurteilen festhalten, die eigentlich keinen Sinn ergeben.
Leipziger Zeitung online
Dorothee Riese stellt uns ihre Figuren von mehreren Seiten vor. Keine ist nur böse und rachsüchtig, keine nur edel und hilfreich (…) Manchmal muss man zurückblättern, um sich Angedeutetes zu vergegenwärtigen. Das Rätseln lohnt sich.
MDR Kultur „Unter Büchern“
Eckdaten
Dorothee Riese: Wir sind hier für die Stille : Roman. - Berlin: Berlin Verlag, 2024. – 230 Seiten. - ISBN 9783827014931
Quelle : Verlag
Mirjam Zadoff
Gewalt und Gedächtnis
Globale Erinnerung im 21. Jahrhundert
In heutigen Gesellschaften leben Menschen zusammen, deren Biografien durch unterschiedliche Erfahrungen von Krieg oder Diskriminierung geprägt sind – manchmal über Generationen hinweg. Können sie sich auf eine gemeinsame Erzählung verständigen? Mirjam Zadoff versteht Geschichte als Fähigkeit, Fragen der Gegenwart aus der Vergangenheit zu beantworten. Sie versammelt Beispiele aus aller Welt, wie in vielerlei Spielarten die Erinnerung an die Geschichte der Gewalt wachgehalten – oder vergessen – wird: in Italien an die Deportation der Juden, in Japan an die Zwangsprostituierten, in Johannesburg an die Opfer des Holocaust und des Kolonialismus. So knüpft sich eine globale Erinnerungskultur, die alle Menschen einschließt, in deren Leben die Geschichte eine Spur der Gewalt hinterlassen hat.
Gewalt darf nie vergessen werden: Mirjam Zadoff, Leiterin des Münchner NS-Dokumentationszentrums, versammelt Ideen für eine globale Erinnerungskultur.
Pressestimmen
Ein klug recherchiertes und immer wieder den persönlichen Eindrücken Raum gebendes Buch. Man liest es mit Gewinn, aber auch mit Sorge: Wurde und wird doch Geschichte immer wieder verfälscht…
Wolfgang Seibel, ORF Kontext
Kein leichter Stoff, gewiss. Allerdings gelingt es Zadoff, Jahrgang 1974, durch ihren Reportage-Stil ihr Anliegen eindrücklich zu vermitteln: Das Wissen um die Historie hilft uns beim Gestalten der Gegenwart.
Michael Schleicher, Münchner Merkur
…Die Geschichte von "Anne Frank Superstar" und ihren schillernden Off-Label-Nutzungen, die Mirjam Zadoff in ihrem Buch "Gewalt und Gedächtnis" erzählt, zeigt gut, was die Autorin in den 13 Essays beschäftigt, die sie hier versammelt: Zadoff schreibt darüber, wie an unterschiedlichsten Orten der Welt der Kriege, Massaker und Unterdrückungssysteme gedacht wird, welche nationalen Debatten die Gedenkstätten geformt haben, und wie diese Institutionen wiederum den Diskurs prägen.
Jörg Häntzschel, Süddeutsche Zeitung
Zadoffs Buch ist ein sehr persönliches Patchwork aus Beobachtungen, Erinnerungen und Reflexionen, das über 240 Seiten hinweg um eine einzige zentrale Frage kreist: Wie lässt sich demokratisches Erinnern organisieren. Darum geht es.
Günter Kaindlstorfer, Deutschlandfunk
Eckdaten
Mirjam Zadoff: Gewalt und Gedächtnis: Globale Erinnerung im 21. Jahrhundert. - München: Hanser, 2023. – 240 Seiten. - ISBN 9783446278073
Quelle : Hanser Verlag
Iris Wolff
Lichtungen
Roman
Zwischen Lev und Kato besteht seit ihren Kindertagen eine besondere Verbindung. Doch die Öffnung der europäischen Grenzen weitet ihre Lebensentwürfe und verändert ihre Beziehung für immer. Voller Schönheit und Hingabe erzählt Iris Wolff in ihrem großen neuen Roman von zeitloser Freundschaft und davon, was es braucht, um sich von den Prägungen der eigenen Herkunft zu lösen.
Als der elfjährige Lev über Wochen ans Bett gefesselt ist, wird ausgerechnet die gescheite, aber von allen gemiedene Kato zu ihm ans Krankenbett geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen dem ungleichen Paar entsteht eine unverbrüchliche Verbindung, die Lev aus seiner Versteinerung löst und den beiden Heranwachsenden im kommunistischen Vielvölkerstaat Rumänien einen Halt bietet. Ein halbes Leben später läuft Lev noch immer die Pfade ihrer Kindheit ab, während Kato schon vor Jahren in den Westen aufgebrochen ist. Geblieben sind Lev nur ihre gezeichneten Postkarten aus ganz Europa. Bis ihn eines Tages eine Karte aus Zürich erreicht, darauf nur ein einziger Satz: »Wann kommst du?« Kunstvoll und poetisch verwandelt Iris Wolff jenen Moment in Sprache, wenn ein Leben ans andere rührt, und zeichnet in ihrem großen europäischen Roman das Porträt einer berührenden Freundschaft, die sich als Reise in die Vergangenheit offenbart und deren Leuchten noch lange nachklingt.
Pressestimmen
Dieser Roman lebt von einer unglaublich zärtlichen Sprache, die einem unter die Haut geht. Das ist ein ganz großes literarisches Kunstwerk. […] [Das Literaturjahr 2024 beginnt] mit Iris Wolffs ›Lichtungen‹ wirklich mit einem Paukenschlag
Denis Scheck, WDR 3, 08. Januar 2024
›Lichtungen‹ ist mehr als ein weiterer Rumänien-Roman von Iris Wolff. Er ist das Psychogramm einer von unterschiedlichen Diktaturen versehrten Seele, die sich rettet, weil sie warten kann und am Schluss […] die gnadenloseste Diktatur abschüttelt: die des eigenen Gefühls, einem anderen Menschen nicht genug sein zu können. […] Ein großartig gegenwärtiges Buch.
Andreas Platthaus, FAZ, 13. Januar 2024
Vor dem Hintergrund politischer Umwälzungen in Osteuropa erzählt Iris Wolff in einer klaren, präzisen, bildstarken Sprache von der Kraft fester Bindungen und der Erfahrung von Fremdheit in der Heimat innerhalb einer brüchigen Kulturgesellschaft.«
SRF, 26. Januar 2024
Es ist ein ganz großartiges Buch in vielen Punkten. Es ist politisch, aber nicht aufdringlich. Die große Geschichte wird erzählt, indem Iris Wolff die privaten Schicksale, die Werdegänge der beiden Hauptfiguren in den Fokus nimmt und auch das rückwärts Erzählen ist unglaublich reizvoll. […] Es ist ein ganz poetisches und beglückendes Buch: klug und sprachlich […] sehr überzeugend.
Anne-Dore Krohn, rbb Kultur, 25. Januar 2024
Ihr altmeisterlicher, dabei schwebender Ton, ihre Arbeit mit Leitmotiven und Leerstellen, ihre Befähigung, die wichtigen, vielsagenden Details aufleuchten zu lassen, hat etwas magisch Bezwingendes.
Julia Schröder, SWR 2, 21. Januar 2024
Iris Wolff […] reißt keine alten Wunden auf, sondern pflegt die Narben mit dem Balsam der Literatur. Die Gedanken der Menschen und die Magie der Orte fließen in einer fast lyrisch anmutenden Sprache ineinander
Georg Leisten, Südwest Presse, 18. Januar 2024
Eckdaten
Iris Wolff: Lichtungen : Roman. - Stuttgart: Klett-Cotta, 2024. - 256 Seiten. - ISBN: 978-3-608-98770-6
Quelle : Klett-Cotta
Irene Langemann
Das Gedächtnis der Töchter
Roman
Eine Kleinstadt in Sibirien, 1969. Eisige Kälte. Die elfjährige Vera wird von ihren Mitschülern auf einer menschenleeren Straße angegriffen und als Faschistin beschimpft. Tief gedemütigt begibt das Mädchen sich auf die Suche nach ihren Wurzeln. Als ihre Mutter Anna sie in die Familiengeschichte einweiht, beginnt für Vera eine Reise in die Vergangenheit. Ihre Vorfahren, strenggläubige Mennoniten, sind Anfang des 19. Jahrhunderts aus Westpreußen nach Russland ausgewandert, in das Gebiet der heutigen Ostukraine. Vera erfährt die Geschichte ihrer Familie über sechs Generationen, packende Lebenswege, die sich durch die Jahrhunderte bis in die Jetztzeit spiegeln: vom bescheidenen Wohlstand der frommen Kolonisten in der Zarenzeit über unmenschliche Entbehrungen, existenzielle Not und Diskriminierung in der Sowjetdiktatur bis hin zum idyllischen Sommer an der Küste Georgiens in den Siebzigerjahren.
Die bewegende Geschichte einer deutschstämmigen Familie vom preußischen Staat bis in die Spätphase der Sowjetunion – Irene Langemann verwebt Zeithistorie und mitreißende persönliche Schicksale zu einem großen Familienroman.
Pressestimmen
…sensibel und anschaulich zeichnet Irene Langemann die Entwicklung und Identitätssuche ihrer Hauptfigur Vera nach. Zwischen erzählerischer Prosa, genau recherchiertem Faktenwissen und suchende Essayistik oszilliert die Sprache dieses knapp 500seitigen dichten komplexen Epos, das verschiedene Ebenen eindrücklich verschränkt. (…) Man muss davon ausgehen, dass hier nichts erfunden ist und das Schicksal der Familie für Hundertausende andere steht.
Olga Hochweis, Deutschlandfunk, Büchermarkt
„Das Gedächtnis der Töchter" ist Irene Langemanns mitreißende Chronik einer deutschen Mennoniten-Familie, die im 19. Jahrhundert auswandert und versucht, im krisengebeutelten Russland Wurzeln zu schlagen. (…) Es ist ein so packendes wie erschütterndes Sinnbild für das kollektive Trauma dieser Volksgruppe. Packend, weil man trotz all der geschilderten Grausamkeiten das Buch nicht weglegen kann und will, weil einem die Figuren so ans Herz wachsen, einen ihr Schicksal in den Bann zieht. Dazu trägt auch die klare und schlichte Sprache Langemanns bei.
Jonathan Böhm, SWR lesenswert Kritik
Es ist eine sehr sinnliche Beschreibung. Man hat wirklich das Gefühl, man riecht, man schmeckt, man fühlt die Gegend, die Materialien.
Claudia Dichter, Moderatorin WDR 5 Scala Gespräch
Eckdaten
Irene Langemann: Das Gedächtnis der Töchter: Roman. - Berlin: Friedenauer Presse, 2023. – 477 Seiten. - ISBN 978 3 7518 80008
Quelle : Verlag
Felix Heidenreich
Der Diener des Philosophen
Roman
Als der ehemalige Soldat Martin Lampe in den Dienst des jungen Philosophen Immanuel Kant tritt, beginnt ein Kampf zwischen Herr und Knecht. Lampe entwickelt eine eigenwillige Form des subtilen Widerstands: Nach außen gibt er den Trottel, doch in Wirklichkeit versucht er mit hinterhältigen Mitteln den Meisterphilosophen vorzuführen und treibt ihn allmählich in den Wahn. Schon bald werden der Diener Lampe und sein Herr zu einem skurrilen, stadtbekannten Paar.
Doch auch Kants guter Freund Ehregott Wasianski, der später als erster Biograph Kants berühmt werden wird, hat seine Pläne. Diese zielen vor allem darauf ab, die Gefahr einer Verheiratung Kants abzuwehren, denn dies würde das Ende der genialischen Arbeit Kants bedeuten.
Der Autor inszeniert ein Verwirrspiel, bei dem historische verbürgte Fakten und intertextuelle Überblendungen ineinander übergehen. Und so liefert dieser Roman nicht nur Unterhaltung, sondern zugleich einen philosophisch informierten Blick in die Abgründe der Aufklärung.
Pressestimmen
Heidenreich hat ein wundervoll hinterlistiges Buch über die Geburt der Aufklärung geschrieben, das mit philosophischem Wissen jongliert und zahlreiche historisch verbürgte Szenen in ein ganz neues, ausgedachtes und doch erhellendes Licht taucht. (…) Den zwischen milder Ironie und historischer Authentizität oszillierenden Ton trifft der Autor so perfekt, dass jeder Satz eine Freude ist. (…) hochkomisch und hellsichtig zugleich.
Oliver Jungen, FAZ
Man muss den echten Kant nicht kennen, um seine Freude an diesem Roman zu haben: Bei Felix Heidenreich macht sogar dieser Mann Sätze, die man versteht.
Daniel Di Falco, NZZ Geschichte
der vermutlich eigenwilligste und unterhaltsamste Beitrag zum anstehenden Kant-Jubiläum. (…) Felix Heidenreich hat (…) neue Maßstäbe gesetzt.
Marianna Lieder, Zeit Online
…eine sehr unterhaltsame Vorbereitung auf das große Kant-Jahr 2024
Markus Steinmayr, der Freitag
Intelligente Unterhaltung
Gudrun Hamböck, ORF Ex libris
Ein Verwirrspiel der Extraklasse.
Martina Gilica, NDR1
Eckdaten
Felix Heidenreich: Der Diener des Philosophen: Roman. - Göttingen: Wallstein Verlag, 2023. – 149 Seiten.- ISBN 978-3-8353-5530-9
Quelle : Wallstein Verlag
Joanna Bator
Bitternis
Roman
Eine deutsch-polnische Familiengeschichte, von 1938 bis heute.
Kalina Serce, jüngster Spross einer Frauendynastie, Erforscherin einer düsteren Familiengeschichte, betritt eine Villa, die lange Zeit unbewohnt war. Sie tastet nach dem Ebonit-Schalter aus der Vorkriegszeit, um Licht zu machen – eine Ankunft im Unvertrauten.
Mit diesem Haus, der früheren Pension Glück im schlesischen Langwaltersdorf, hat es seine eigene Bewandtnis. Hier traf sich Kalinas Urgroßmutter Berta mit ihrem Geliebten. Berta träumt von einer Flucht mit ihm nach Prag, die der Vater verhindert. Der Hass auf ihn wird so groß, dass sie zu einer ungeheuren Tat schreitet.
Joanna Bators neuer Roman erzählt von weiblichen Lebensentwürfen. Und wie sie scheitern. Im drängenden, sarkastischen, an Elfriede Jelinek erinnernden Ton entfaltet sich das Drama der zornigen Frauen, die ihr Geheimnis durch die Generationen weitergegeben haben. Krieg, Gewalt und privates Unglück haben die Angst und Bitternis hervorgebracht, aus deren Bannkreis erst die Jüngste, Kalina, heraustritt, indem sie davon erzählt. Mit Macht fordert sie das Glück ein, das den Frauen ihrer Familie versagt war.
Pressestimmen
Joanna Bator kehrt zurück zu den Schauplätzen ihrer Familienepen Sandberg und Wolkenfern, zurück zur großen Form – ihr ist ein ergreifendes Werk gelungen.
POLITYKA
In ihrem epochalen Roman 'Bitternis' erzählt die polnische Autorin Joanna Bator Weltgeschichte als Epos weiblichen Alltags.
Marie Schmidt, Süddeutsche Zeitung
'Bitternis‘ ist eine Familiensaga, die vier Frauengenerationen rund hundert Jahre folgt, geprägt von den dunklen Flecken ihrer Vergangenheit. Es ist düster, es ist bitter, es ist sarkastisch und mit 829 Seiten in jedem Wortsinn ein großes Werk.
Maja Beckers, DIE ZEIT
Doch wenngleich Joanna Bators Roman in seinen traum- und albtraumhaftesten Szenen etwas Märchenhaftes hat, so wirkt er doch zugleich extrem lebensnah, brennt sich ein ins Gedächtnis, ermöglicht ein beinahe rauschhaftes Leseerlebnis.
Beate Tröger, Deutschlandfunk Kultur
… starken polnischen Frauen begegnet man in Joanna Bators Buch. Sie erzählt von ihrer Emanzipation – ihrem Mut und ihrer Verzweiflung und das mit viel bösem Humor und Fantasie. Es ist wieder ein tolles Joanna Bator-Buch – nicht umsonst ist sie eine der wichtigsten Stimmen der polnischen Literatur.
Nathalie Daiber, rbb kultur
Ein Roman randvoll mit Emotionen.
VOGUE
Eckdaten
Joanna Bator: Bitternis: Roman. - Berlin: Suhrkamp, 2023. – 826 Seiten. - ISBN 978-3-518-43131-3
Quelle : Suhrkamp Verlag
Bernadette Conrad
Was dich spaltet
Roman
Warum bilden ausgerechnet Geschwisterbeziehungen den Schauplatz für Dramen, die eher zu den Eltern gehören als zu ihnen? Das fragt sich Kati, als zwischen ihr und ihrer jüngeren Schwester Eva aus kleinstem Anlass der Graben alten Schweigens wieder aufreißt. Zwar ist Eva mit Kati eng verbunden, aber sie steht anders zu den gemeinsamen Eltern. Dass Kati seit längerem der traumatischen, mit Krieg und Flucht verbundenen Geschichte des verstorbenen Vaters nachforscht, scheint den Graben eher zu vertiefen: Wer ist woran schuld? Und – geht es überhaupt um »Schuld«? Kann es in Familien unbelastete Nähe geben? Gibt es einen Weg aus dieser Blockade? Der Roman erzählt in prägnanter, empathischer Sprache ein Jahr in einer Familie, in die Geschichten aus vier Generationen hineinwirken.
Pressestimmen
Für mich ein sehr gelungenes Debüt. Bernadette Conrad ist Journalistin und dieses Handwerk klingt durch, sie kann sehr gut beobachten, hat ein starkes Gespür für nonverbale Kommunikation und beschreibt sehr schön, was so alles im Ungesagten mitschwingt, setzt die Dinge sehr gut miteinander ins Verhältnis und kann mit wenigen Worten die Aura einer Landschaft einfangen. Wenn sie menschliche Begegnungen schildert, dann bleibt sie auf das Wesentliche fokussiert, sie legt die Verhaltensmuster frei, die sich von einer Generation in die nächste verlängern. Sie versteht aber auch Situationskomik, die Sprache ist zärtlich und gleichzeitig gibt es das Beharren darauf den Dingen auf den Grund zu gehen.
Sigrid Brinkmann Deutschlandfunk Kultur
Bewegend –, ist dies doch ein Thema, das auf die ein oder andere Weise uns alle betrifft. Conrad findet eindringliche Worte, ihre bildhaften Beschreibungen machen das Buch auch sprachlich zu einem Genuss
Ursula Hoffmann Allgemeine Zeitung
Es geht um die Geschichte einer Frau, Kati, die dem Leben ihres verstorbenen Vaters nachspürt und mehr und mehr freilegt, was ihn, die Familie und sie selbst spaltet und wie Erlebnisse und Erfahrungen der Kriegsgeneration bis in die Gegenwart hinein wirken. »Es ist ein vielschichtiges Buch mit Tiefgang«
Petra Fietzek. Allgemeine Zeitung, Münsterland
Die Bücherfrage der Berliner Zeitung am 5. März 2023 geht an eine literarische Debütantin. Cornelia Geißler: »Bernadette Conrad, wie kommt es, dass Sie sich jetzt an diese Form gewagt haben?«
B.C.: »Es hat lange gedauert, bis ich die richtige Form gefunden habe. Der Roman entspricht meiner Suche danach, wie Dinge zusammenhängen. Wie sich also zum Beispiel Spannungen in Geschwisterbeziehungen entladen, wie transgenerationale Traumata wirken, kurz, es geht um die Frage: Wie geht eine jüngere Generation mit dem Erbe nicht verkrafteter und vielleicht nicht verkraftbarer Erfahrungen um?«
Cornelia Geißler, Berliner Zeitung
„Sie, als Autorin, fällen kein Urteil, Sie legen verschiedene Schichten bloß. Lassen das Rätsel auch Rätsel sein. Und was den Umgang mit dem Tabubruch anbelangt, da werden die Verhältnisse doch klar ausgesprochen. Es ist so, dass man in der privaten, intimen Geschichte Täter und Opfer ausmachen kann. Sie zeigen, dass eine Grenzüberschreitung eine ganze Familie zur Haltung zwingen sollte. Es erzählt sehr viel über die bundesdeutsche Nachkriegszeit.“
Mehr dazu im : Blog littéramours Folge 24, Sigrid Brinkmann im Gespräch mit Bernadette Conrad
Eckdaten
Bernadette Conrad: Was dich spaltet : Roman. - Berlin: Transit Verlag, 2023. – 215 Seiten. - ISBN 9783887473983
Quelle: Transit Verlag
Carsten Gansel
Kind einer schwierigen Zeit
Otfried Preußlers frühe Jahre
Otfried Preußler war ein deutscher Junge wie viele. Außer, dass er mit 17 anfing zu schreiben. Er kam mit 19 Jahren an die Ostfront und geriet in sowjetische Kriegsgefangenschaft. Dort rettete er sich – nicht zuletzt – durch das Schreiben. Was er dort erlebte, wie ihn diese Zeit prägte und welche Kämpfe Otfried Preußler mit sich selbst ausfocht, erzählt Carsten Gansel anhand aufsehenerregender Archivfunde und autobiographischer Texte.
Carsten Gansel zeigt, auf welche Weise seine Eltern und die böhmische Landschaft mit ihren Mythen, Sagen und Legenden, und wie Krieg und Gefangenschaft Otfried Preußler prägten und in spätere Werke wie etwa Krabat eingingen. Bei der biografischen Spurensuche hat er zahlreiche Dokumente aus schwer zugänglichen russischen Archiven aufgespürt und gänzlich unbekannte Texte von Otfried Preußler zutage gefördert.
Auch Teile eines Jahrzehnte später entstandenen Autobiografie-Projektes und eines unveröffentlichten Romanvorhabens liefern neben unbekannten Gedichten, Briefen, Notizen, Berichten ein eindrucksvolles Bild eines Autors, der wie viele andere seiner Generation auf existenzielle Weise in die Zeitläufte des 20. Jahrhunderts geriet und seinen eigenen Weg fand.
(Klappentext)
Pressestimmen
Carsten Gansel gelingt ein sehr persönliches, intimes Bild von Otfried Preußler. [...] die Fülle an Recherche, Dokumenten und unerwarteten Funden [ist] ein kostbares Geschenk des Autors an die Leser, die nun die bisher unveröffentlichten Texte Otfried Preußlers entdecken können.
Irène Bluche, rbb Kultur
Carsten Gansel ist es somit gelungen, mit mehreren Erstveröffentlichungen und mit spektakulären Aktenfunden einen neuen Blick auf das Leben des großen Schriftstellers Otfried Preußler zu werfen
Anke Jahns, NDR Kultur
Gansel ist einer der fähigsten Kontextualisierer in der kulturwissenschaftlich orientierten Germanistik. […] Das Ergebnis seiner Forschungen ist ein packendes und formal ungewöhnliches Buch: Es ist sowohl eine Biografie des jungen Preußler als auch eine Dokumentation samt Interpretation des unbekannten bzw. vergessenen Frühwerks.
Paul Michael Lützeler, Der Tagesspiegel
Carsten Gansel ist ein leidenschaftlicher Wissenschaftler, ein Wühler, der nicht im Elfenbeinturm sitzt, sondern lieber in öden Räumen und dort Berge von Dokumenten durchstöbert.
Thomas Schmoll, n-tv
Es ist eine deutsche Lebensgeschichte, von Glauben und falscher Treue geprägt und von dem Unvermögen, die Irrtümer und Einschnitte aus den frühen Erwachsenenjahren später zu bewerten.
Cornelia Geißler, Berliner Zeitung
Eckdaten
Carsten Gansel: Kind einer schwierigen Zeit : Otfried Preußlers frühen Jahre. - Berlin: Galiani Verlag, 2022. – 557 Seiten. -ISBN 9783869712505
Quelle: Galiani Verlag
Mariusz Hoffmann
Polnischer Abgang
Roman
Salesche, ein Dorf in Polen 1990: Jarek und seine Eltern packen ihre Sachen. Sie wollen nach Deutschland aussiedeln, so wie Oma Agnieszka, die acht Jahre zuvor die Flucht angetreten hatte. Doch wovor war sie wirklich geflohen? Niemand will es dem 14-Jährigen sagen. Als Jarek ins Schlepperauto steigt, das sie von Schlesien über die Grenze bringen soll, weiß er nur eins genau: Er wird nicht zurückkehren. Im sich wiedervereinigenden Deutschland, sagt man ihm, warte ein besseres Leben. Doch statt zu Agnieszka nach Hannover zu fahren, geht es für die Sobotas schnurstracks in die Aussiedlerlandestelle Hamm, um dort ihre Anträge zu stellen. Und auch nachdem sie die Aufnahmebestätigung in Deutschland erhalten, rückt das Wiedersehen mit der Großmutter in immer weitere Ferne. Jarek beginnt, dem Schweigen seiner Eltern zu misstrauen, bis sich am ersten Weihnachtsabend im „gelobten Land“ die Teile des Familienpuzzles plötzlich folgenreich ineinanderfügen.
Nominiert für den Literaturpreis Ruhr 2023
Pressestimmen
Mariusz Hoffmann gehört zu den interessanten jungen Stimmen in der deutschsprachigen Gegenwartsliteratur.
DFL "Büchermarkt"
Mariusz Hoffmann erzählt geradlinig und empathisch von Ankunft und Bleiben, Abschied und Wiederfinden. Eine zarte Komik schöpft er dabei aus der Absurdität der Ausgangssituation: Wie "beweist" man als Pole, dass man "eigentlich" Deutscher ist? Und was sagt es über ein Land aus, dass so ein Bekenntnis von Aussiedlern verlangt wird?
WDR 5 "Bücher"
'Polnischer Abgang' ist ein Buch über Fremdsein und Nähe, ein Buch über die große Frage, wer man eigentlich sein will und ob es wirklich so wichtig ist, „polnisch“ oder „deutsch“ in seinem Ausweis stehen zu haben.
Nico Bleutge Deutschlandfunk
'Polnischer Abgang' ist ein Buch, das sehr gut in unsere von Migration geprägte Gegenwart passt.
BR24 „Neues vom Buchmarkt“
Eine warmherzige , humorvolle Geschichte, die in einem Roadtrip von Oberschlesien bis nach Deutschland führt und die frei von Kitsch und in einer poetischen Sprache – mit liebenswerten Figuren - vom Suchen und Ankommen erzählt.
Pierre Jarawan
Eckdaten
Mariusz Hoffmann: Polnischer Abgang: Roman. - Berlin: Piper Verlag, 2023. – 238 Seiten. - ISBN-13 978-3-8270-1481-8
Quelle : Piper Verlag
Brita Steinwendtner
Gesicht im blinden Spiegel
Roman
Johannes ist jung, musikalisch und kriegsbegeistert. Mit sechzehn Jahren zieht er im Juli 1866 als Trompetenspieler in die Schlacht von Königgrätz zwischen der österreichischen und preußischen Armee. Verletzt überlebt er, fortan fehlt ihm jedoch ein Teil von Wange und Kinn. Der junge Mann lernt zu leben mit dem, was nicht mehr da ist. Er stellt sich Spott und Ablehnung, erlernt den Beruf des Kunstschmieds und stärkt sich an seinem handwerklichen und kaufmännischen Geschick. Halt findet er in der Musik – er hat zum Cello gewechselt – und bei Valerie, seiner Liebe, die ihm zunächst unerreichbar scheint. Mit großem Gespür für ihre Figuren erzählt Brita Steinwendtner in diesem atmosphärisch dichten Roman das zeitlose Schicksal eines Mannes, dem es gelingt, den widrigen Zeitläuften die Stirn zu bieten und seine pazifistische Haltung zu wahren. „Gesicht im blinden Spiegel“ entwirft das weit gespannte Panorama einer fesselnden Familien- und Zeitgeschichte über mehrere Jahrzehnte und führt in unterschiedliche Landschaften – vom „Böhmischen Paradies“ über das Sensengebiet des österreichischen Steyr-Tals bis in das „weiße Haus“ von Venedig. Es ist eine vielstimmig erzählte Geschichte von Krieg und trügerischem Frieden, neuen Lebensentwürfen in der Fremde und vom Heimkommen. Ein Roman über die Liebe und die Wiederkehr des Sommers.
Pressestimmen
Geduldig recherchiert, mit Empathie imaginiert: Brita Steinwendtner hat einen farbenreichen Roman vom versehrten Leben zwischen zwei Kriegen geschrieben — und ein großes Buch des Friedens, das zu Herzen geht.
Karl-Markus Gauß, Juni 2020
„Gesicht im blinden Spiegel“ ist ein großer historischer Roman, der politisches Problembewusstsein mit einfühlsamer Figurenzeichnung verbindet und dem Leser eine ermunternde Botschaft anbietet: Auch unter unglücklichen Zeitumständen ist ein geglücktes Leben möglich.
Christian Schacherreiter, Stifterhaus, Oktober 2020
Diese Sensibilität für den Einsatz der Sprache wird getragen von einer großen Empathiefähigkeit der Autorin; und so wird auch uns Leserinnen und Lesern das Schicksal des Johannes Czermak zur Herzensangelegenheit. Im Vergleich zu diesem großen Roman wirken viele andere aktuelle Bücher geradezu wie fast food. „Gesicht im blinden Spiegel“ ist nachhaltig und der bisher beste Roman von Brita Steinwendtner.
Karin Buttenhauser, ORF Radio Salzburg, 27.09.2020
Ein Fest ist das neue Buch von Brita Steinwendtner, ein Fest klingender Sprache für die Hoffnung und den Mut zu leben… Ja, in vielerlei Hinsicht ist dieses Buch ein großes Buch, es glänzt vor Rhythmus, Bildung und Erzählfreude, wechselt zwischen Lyrischem und Epischem wie Essayistischem …, punktgenau und klangvoll der literarische Ton, Hintergründe allein durch die sprachliche Prägnanz eröffnend, einfach ein Fest der schönen Literatur.
Peter Reutterer, Buchmagazin des Literaturhauses Wien, 02.09.2020
Inhaltlich und formal weiß Brita Steinwendtners Roman zu überzeugen. Und sprachlich? Ebenso beeindruckend. Besonders, wenn den Sinnen gefrönt wird: wenn etwa der Durft von Majoran in der morgendlichen Feuchtigkeit gerochen, wenn ein Kind unbefangen über Johannes‘ Narben streichelt oder wenn er sein Cello hervorholt und einfach drauflos spielt.
Matthias Part, Salzburger Nachrichten, 25.08.2020
Man kann noch viele Worte verlieren über diesen wunderschönen Text. Besser ist es aber, man liest ihn und fängt, wenn man damit fertig ist, gleich noch einmal von vorne an.
Katharina Bruckschwaiger, DrehPunktKultur, März 2021
Eckdaten
Steinwendtner, Brita: Gesicht im blinden Spiegel : Roman. - Salzburg: Otto Müller Verlag, 2020. – 380 Seiten.- ISBN 978-3-7013-1279-5
Quelle : Otto Müller Verlag
Ulrike Draesner
Die Verwandelten
Roman
Wir hielten uns an den Händen, für die Kraft. Jede brauchte einen Menschen.
Eine nationalsozialistische Vorzeigemutter, die anderen beibringt, wie Kinder zu erziehen sind, doch über das Wichtigste, was sie verloren hat, niemals spricht. Eine Köchin, die lieber Frauen geliebt hätte als den Dienstherrn, unterwegs durch das zerstörte Deutschland im Sommer 1945. Ein Mädchen in München Solln, geboren in einem Lebensbornheim der SS. Eine alleinerziehende Anwältin von heute, die nach dem Tod ihrer Mutter unverhofft eine Wohnung in Wrocław erbt – und einen polnischen Zweig der Familie entdeckt. Alle Figuren verbindet ein Jahrhundert von Krieg und Nachkrieg, Flucht und Vertreibung, von Gewalt. Was bedeutet es, in einem Staat zu leben, der Menschenzucht betreibt? Und wie darüber schreiben, was den Frauen im Krieg geschieht? Was ihnen die Sprache nimmt. Was sie für immer verwandelt. Und wie über die unsichtbare Kraft, die verhindert, dass sie daran zerbrechen?
Ulrike Draesner gibt den Verwandelten ihre Stimmen zurück. Sie erfinden sich neu, wechseln Sprache und Land, überraschen sich selbst mit ihrem Mut, ihrem Humor, ihrer Kraft. Die Bedeutung von Familie verändert sich, Freiräume entstehen. Ein erschütternder Roman, bewegend, aufwühlend, zärtlich, klug.
Pressestimmen
Draesners mitreißender Roman macht in seiner Atemdichte einen explosiven Eindruck, wie wenn, kaum dass das Wort ergriffen wurde, die ganze Geschichte mit einem Mal herausmusste und Satz für Satz sich sofort aneinanderfügte, leicht und souverän, geleitet von einem sicheren Gespür, das sich ganz selbst vertraut.
Eberhard Rathgeb, DIE ZEIT
Ulrike Draesner ist eine brillante Stilistin, sie fühlt den Puls jedes Wortes, bei ihr ist jeder Satz ein sprachlich sinnliches Erlebnis beim Lesen.
Thomas Böhm, RBB radioeins
Wie viel mehr Literatur zu leisten vermag als bloß zu unterhalten, das demonstriert Ulrike Draesners großer, aufklärerischer Roman: ein Buch, das bestimmte Geschichten endlich zu Ende erzählt – mutig und gegen die Macht der Verdrängung.
Peter Henning, SR 2 KulturRadio
Ulrike Draesner ist bei und in den Figuren, findet Worte für das Verstummen, das Zögern, das Aus-der-Welt-Fallen. Wieder und wieder zeigt sich dabei, dass sie auch Lyrikerin ist. Wie sie mit deutschen, polnischen, schlesischen Wörtern und Redewendungen spielt, ist virtuos.
Katja Weise, NDR Kultur
›Die Verwandelten‹ ist ein höchst anspruchsvoller Roman. Gleichzeitig von großer Intensität, der man sich kaum entziehen kann.
Angela Gutzeit, Deutschlandfunk Büchermarkt
... ein einfühlsamer wie sprachmächtiger Roman über das lange 20. Jahrhundert – und eines der wichtigsten Bücher in diesem Frühjahr.
Tino Dallmann, MDR Kultur
Da sind Worte, die leuchten wie Goldstaub im Text: erfundene, lyrische, zusammengeklebte, aus der polnischen, schlesischen oder aus Familiensprache.
Michael Hametner, Der Freitag
Eckdaten
Ulrike Draesner: Die Verwandelten : Roman. - München: Penguin Verlag, 2023.- 608 Seiten. - ISBN: 978-3-328-60172-2
Quelle : penguinrandomhouse
Andrzej Staksiuk
Grenzfahrt
Roman
Der Krieg ist nie zu Ende für jemanden, der ihn gesehen hat.
Juni 1941, wenige Tage vor dem Überfall der Wehrmacht auf die Sowjetunion. Im Dorf am Bug haben sich deutsche Besatzungssoldaten einquartiert, in der Nähe verstecken sich polnische Partisanen. Jeder hier weiß, dass Lubko, der Fährmann, gegen Geld Fliehende und Händler ans andere Ufer rudert. Doris und Maks, ein jüdisches Geschwisterpaar aus der Stadt, wollen sich vor Verfolgung retten – hinüber nach Russland, am besten bis an den Amur. Doch Lubko weigert sich. Was er tut, ist gefährlich, macht ihn erpressbar, und die Nächte in jenen Tagen sind mondlos.
Pressestimmen
Als Roman über Entwertung des Menschenlebens im Krieg, über Verrohung und die Auflösung der Moral hat Grenzfahrt schockierende Aktualität. Sein eigentlicher Protagonist ist die Landschaft selbst, die heute, etwas weiter im Osten, abermals zum blutigen Schindanger geworden ist.
Richard Kämmerlings, WELT AM SONNTAG
... die sinnliche Dichte, der Tonfall des Flüsterns, der bedrohliche Dämmerzustand[:] Man sitzt förmlich nachts an den klebrigen Küchentischen, raucht eine Zigarette mit.
Peter Helling, NDR
... die Schilderungen, die Stasiuk versucht, sind von poetischer Eleganz und zeigen eine neue, zusätzliche Facette dieses großartigen Schriftstellers.
Lothar Struck, Glanz&Elend
Mit Grenzfahrt hat Andrzej Stasiuk nicht nur sein bisher bestes, sondern auch sein spannendstes Buch geschrieben. Eine großartige Metapher über die Zweideutigkeit von Erinnerung und Geschichte.
Martina Boette- Sonner, Bayerischer Rundfunk
Grenzfahrt, in der hervorragenden Übersetzung von Renate Schmidgall, ist eine Lektüre, die den Leser nicht mehr loslässt.
Martin Sander, SWR2 lesenswert Kritik
Für seine Leserschaft gelingt Stasiuk ein ziemlicher Geniestreich. Denn er gibt jeder der sich befeindenden Parteien nicht eine, sondern mehrere Stimmen und zeigt, was unter dem dünnen zivilisatorischen Firnis lauert: Angst, Hunger, Gewalt, animalische Sexualität, Überlebenswille, Grausamkeit und bis in den Untergang die unerschütterliche Sturheit, jeweils im Recht zu sein.
Ellen Presser, Jüdische Allgemeine
Eckdaten
Andrzej Stasiuk: Grenzfahrt : Roman / aus dem Polnischen übersetzt von Renate Schmidgall. - Berlin: Suhrkamp, 2023. – 354 Seiten. - ISBN 978-3-518-43126-9
Quelle : Suhrkamp Verlag
Susanne Fritz
Heinrich
Roman
Wie sehr prägen uns Herkunft und Kindheit? Gibt es ein zweites Leben über die alten Erfahrungen hinaus? Eine Spurensuche.
Heinrich ist ein kreativer Kopf, erfolgreicher Architekt und Unternehmer. An seinem Zeichentisch entwickelt er zukunftsweisende Ideen.
Er stammt aus schwierigen Verhältnissen: Als einziges Kind einer geschiedenen Frau und Angehöriger der deutschen Minderheit wächst er in einem Armutsviertel einer polnischen Kleinstadt auf. Als die Deutschen im Herbst 1939 einmarschieren, eröffnen sich dem Jugendlichen Aufstiegschancen, die im Kriegseinsatz und russischer Gefangenschaft enden. 1949 gelangt er nach Westdeutschland, wo er eine Familie gründet und ihm eine schwindelerregende Karriere gelingt. Seine ungeliebte Herkunft aber verfolgt ihn über seine Erfolge hinaus.
Die Geschichte beginnt mit einem Unfall: Ein großer Spiegel geht zu Bruch. Kurz zuvor hatte der kleine Heinrich seine Zukunft darin erblickt, die nun verloren scheint. Es sei denn es gelänge, die Scherben wieder zu einem Ganzen zu fügen.
Susanne Fritz verbindet Traum und Erinnerung, Chronik und Fiktion zu einer faszinierenden Spurensuche. Es geht um nichts weniger als um das Rätsel Mensch: Was können wir über den anderen wissen, was über uns selbst?
Pressestimmen
Jede und jeder von uns findet einen Teil seiner Familiengeschichte wieder in diesem vorsichtig tastenden Vaterroman.[...] Ein aufrichtiger, sprachlich höchst feiner Roman, ein Vexierbild, nein, viele mögliche Vexierbilder eines Menschen, der nah war und doch so fern geblieben ist.
Susanne Riekl, kommbuch.com 15.3.23
(Am Ende sind) wir diesem Heinrich, diesem fernen, fremden Vater, dank Susanne Fritz Sprachkraft ein ganzes Stück nähergekommen. Ihre Prosa ist enorm musikalisch, von kunstvoller Rhythmik und voller intensiver Bilder. Auf diese Weise gelingt es ihr eindrücklich, die verschlungenen Wege des Erinnerns in der Form des Erzählens sichtbar werden zu lassen. „Heinrich“ unter den nicht wenigen Vater-Büchern, die in den letzten Jahren erschienen sind, eines der eigenwilligsten und interessantesten geworden.
Andreas Wirthensohn, WDR3 Lesestoff
Der Roman überzeugt nicht zuletzt durch das Wie der kompositorischen und sprachlichen Gestaltung. (…) Es ist eine langsame und eben deshalb intensive Lektüre, zu der ›Heinrich‹ uns einlädt. Eine Lektüre, die uns als Lesende auch nachdenken lässt über die eigene Herkunft, den eigenen Ort in der Welt.
Petra Nagenkögel, Ö1 Ex Libris
Indem Fritz die Biographie ihres Vaters multiperpektivisch beleuchtet, fiktionalisiert und auch in Phantasie- und Traumbildern schildert, entgeht sie nicht nur der Gefahr der Vaterverklärung oder -abrechnung, ihre Suche wird dabei auch immer mehr zu einer Selbstbefragung. (...) (E)ine lange( ) nachhallende( ) Lektüre.
Gisa Funck, DLF Büchermarkt
Wie Susanne Fritz diese Biografie spekulierend zusammensetzt, wie sie dabei die Ratlosigkeit der Nachfolgegeneration bewusst als Stilmittel nutzt und damit über das Dunkel der Vergangenheit siegt: Das ist ein beeindruckendes Stück Literatur.
Johannes Bruggaier, Südkurier
In knappen, kristallinen Sätzen fliegt Susanne Fritz ihrem Heinrich hinterher. Der Rhythmus ist treibend und wahrscheinlich der Musik geschuldet.
Wolfgang Popp, Ö1 Morgenjournal
Ein grandioser Roman, der keine einfachen Deutungen zulässt.
Silke Arning, SWR2 Literatur
Eckdaten
Fritz, Susanne: Heinrich : Roman. - Göttingen: Wallstein, 2023. - 211 Seiten. - ISBN 978-3-8353-5402-9
Quelle : Wallstein Verlag
Svenja Leiber
Kazimira
Roman
Ein abgelegener Ort am Baltischen Meer, Ende des 19. Jahrhunderts. Kazimira bringt ihrem Mann Antas angeschwemmten Bernstein vom Strand jenseits der Düne. Er ist der begabteste Dreher in der Gegend. Das weiß auch Moritz Hirschberg, Eigentümer des Bernsteinwerks am Weststrand. Antas wird einer seiner wichtigsten Arbeiter, Kazimira muss sich um Haus und Kind kümmern, obwohl sie arbeiten will wie ihr Mann. Als das Wagnis des Untertagebaus sich endlich auszahlt und die Grube zum Erfolg wird, werden jedoch nicht nur Neid und Missgunst, sondern auch Antisemitismus und Nationalismus laut im Kaiserreich. Und Kazimira muss erfahren, dass sie ihren Weg allein zu gehen hat, erst recht, als die Hirschbergs vertrieben werden und ihr Sohn am Ersten Weltkrieg zerbricht. Sie bleibt bei der leeren Grube, einst Ort des Wohlstands und Fortschritts, wohnen und wird Jahrzehnte später, am Ende des Zweiten Weltkriegs, letzte Zeugin deutscher Verbrechen.
In Kazimira erzählt Svenja Leiber vom größten Bernsteinabbau der Geschichte. Im Aufstieg und Verfall der »Annagrube« und in ihrem Nachwirken im heutigen Russland spiegeln sich drängende Fragen: Woher rühren Hass und Gewalt? Was geschieht, wenn Leben für unwert erklärt wird? Die Frauen, denen der Roman einfühlsam über fünf Generationen folgt, entwerfen eine Gegenwelt – im Mittelpunkt: Kazimira und ihr Ringen um Selbstbestimmung.
Pressestimmen
Ein vielschichtiger, sprachlich reizvoller Roman, der Spuren hinterlässt.
Gisela Fichtl, Münchner Feuilleton
Kazimira öffnet den Blick auf die Peripherie europäischer Geschichte ...
Paul Jandl, NZZ
... so wie im Bernstein Überreste der Vergangenheit eingeschlossen sind, bewahrt [Kazimira] Erinnerungen an zerstörte Orte, ermordete Menschen und vergangene Zeiten auf.
Hannoversche Allgemeine Zeitung
Virtuos übermittelt Svenja Leiber Anblicke, körperliche Empfindungen, Gerüche und Dialoge. … Wie mit einem Zoom zieht Svenja Leiber die Figuren dicht an sich heran und setzt aus subjektiver Perspektive Partikel der Wirklichkeit zusammen. Ein aufklärerisches Buch der schönen, rhythmisch geballten Sätze.
Christine Hamel, Diwan BR2
Geschichte und Gegenwart verlinkt die Autorin zu einer atmosphärisch dichten Erzählung und lässt die Parallelen zum erneut aufwuchernden Juden- und Fremdenhass erkennbar werden ...
Regine Ley, Lübecker Nachrichten
Mit sensibler Sprachmacht und angemessen großer Geste lässt Svenja Leiber in Kazimira die Vergangenheit lebendig werden …
Miriam Zeh, Deutschlandfunk Kultur
Eckdaten
Svenja Leiber: Kazimira: Roman. - Berlin: Suhrkamp Verlag, 2021. – 331 Seiten. - ISBN 978-3-518-47291-0
Quelle : Suhrkamp Verlag
Sabrina Janesch
Sibir
Roman
Furchterregend klingt das Wort, das der zehnjährige Josef Ambacher aufschnappt: Sibirien. Die Erwachsenen verwenden es für alles, was im fernen, fremden Osten liegt. Dorthin werden Hunderttausende deutscher Zivilisten – es ist das Jahr 1945 – von der Sowjetarmee verschleppt, unter ihnen auch Josef. Kasachstan ist das Ziel. Dort angekommen, findet er sich in einer harten, aber auch wundersamen, mythenvollen Welt wieder – und er lernt, sich gegen die Steppe und ihre Vorspiegelungen zu behaupten.
Mühlheide, 1990: Josef Ambacher wird mit seiner Vergangenheit konfrontiert, als nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion eine Woge von Aussiedlern die niedersächsische Kleinstadt erreicht. Seine Tochter Leila steht zwischen den Welten und muss vermitteln – und das zu einem Zeitpunkt, an dem sie selbst den Spuk der Geschichte zu begreifen und zu bannen versucht.
Sabrina Janesch erzählt mitreißend und in leuchtenden Farben die Geschichte zweier Kindheiten, einmal in Zentralasien nach dem Zweiten Weltkrieg, einmal fünfzig Jahre später in Norddeutschland. Dabei spannt sie meisterhaft einen Bogen, der unbekannte, unerzählte Kapitel der deutsch-russischen Geschichte miteinander verbindet. Ein großer Roman über die Suche nach Heimat, die Geister der Vergangenheit und die Liebe, die sie zu besiegen vermag.
Pressestimmen
Sabrina Janesch blättert mit poetischer Kraft ein unerzähltes Kapitel deutsch-russischer Geschichte auf.
WDR Fernsehen "Westart", 28. Januar 2023
Ein einfühlsamer und mitreißend erzählter Roman.
MDR Kultur "Unter Büchern", 25. Januar 2023
Sabrina Janesch hat eine Liebeserklärung an die Familie geschrieben, die weit über das einzelne Schicksal hinausreicht. Wir verdanken ihr einen erschütternden, unbedingt lesenswerten Einblick in ein Leben, über das die meisten Aussiedler geschwiegen haben.
NDR Kultur "Buch des Monats", 30. Januar 2023
Ein großes Kapitel deutsch-russischer Geschichte ... Episoden aus Josefs Vergangenheit werden mitreißend erzählt, historische Verwicklungen erschließen sich wie nebenbei, Leilas Coming-of-Age berührt.
Münchner Merkur, 31. Januar 2023
Sabrina Janesch erzählt faszinierend von deutscher Geschichte, die kaum jemand kennt.
Brigitte, 1. Februar 2023
Ein packender historischer Roman und eine tiefsinnige berührende Familiengeschichte, die mich vollkommen überzeugen und abholen konnte.
lovelybooks.de
Das Interessante und Schöne an dem Buch ist, wie Sabrina Janesch die historischen Fakten in Literatur verwandelt. Sie erzählt von einer deutschen Familie, die in Galizien gelebt hat und nach der Einnahme durch die Rote Armee nach Westpolen zog. Ihre Kunst besteht darin, dass sie dieses Thema anschaulich und erlebbar macht. Das gilt auch für die Zeitebenen. Sie wechselt zwischen dem Nachkriegsleben in der Heide in Niedersachsen zu Rückblenden in Kasachstan, wo die Menschen nur mit Mühe überlebten.
Olaf Kühl, Berliner Zeitung
Eckdaten
Sabrina Janesch: Sibir – Roman. Berlin, Rowohlt Verlag, 2023. – 352. – ISBN 978-3-7371-0149-3
Quelle : rowolth Berlin
Shelly Kupferberg
Isidor
ein jüdisches Leben
Dr. Isidor Geller hat es geschafft: Er ist Kommerzialrat, Berater des österreichischen Staates, Multimillionär, Opernfreund und Kunstsammler und nach zwei gescheiterten Ehen Liebhaber einer wunderschönen Sängerin. Weit ist der Weg, den er aus dem hintersten, ärmlichsten Winkel Galiziens zurückgelegt hat, vom Schtetl in die obersten Kreise Wiens. Ihm kann keiner etwas anhaben, davon ist Isidor überzeugt. Und schon gar nicht diese vulgären Nationalsozialisten.
»Was für Kunst hing im prachtvollen Wiener Domizil meines Urgroßonkels? Mit dieser Frage begann meine Recherche und mündete in eine ganz andere Frage: Was bleibt von einem Menschen übrig, wenn nichts von ihm übrigbleibt?« Anhand von Familienbriefen und Fotos, alten Dokumenten und Archivfunden zeichnet Shelly Kupferberg die Konturen eines erstaunlichen Werdegangs nach, eines rasanten gesellschaftlichen Aufstiegs. Urgroßonkel Isidor war eine schillernde Figur, ein Macher und ein Lebemann, der den Luxus, die Kunst und besonders die Oper liebte. Auf ihrer Spurensuche, die sie von Ostgalizien nach Wien, von Budapest nach Hollywood und Tel Aviv führt, stößt Shelly Kupferberg auf unzählige Geschichten: aufregende, verblüffende, komische und immer wieder tragische. Die Geschichte von Isidor und den Seinen – ein berührendes Buch über das Schicksal einer jüdischen Familie.
Pressestimmen
Shelly Kupferbergs Buch „Isidor: Ein jüdisches Leben“ ist von erschütternder Intensität. Besonders gut gelingt es ihr, Atmosphäre zu schaffen – zunächst von Wohlstand und gesellschaftlicher Anerkennung und dann von Elend und Verzweiflung. Das macht das Buch so aufwühlend. Der Roman ist ein wichtiges Buch, weil er zeigt, wie schnell in einem demokratischen System die Stimmung umschlagen und einer blutrünstigen Diktatur den Weg ebnen kann.
Eva Karnofsky, SWR2
Es ist erstaunlich, wie viel Beweismaterial in den Archiven schlummert. Ich bin die Treppe der Geschichte herabgestiegen. Wollte wissen, was sie mit Isidor und seinem Besitz gemacht haben. Im Judentum gibt es keine Missionierung. Aber ich spürte so etwas, wie eine Mission: meinem Urgroßonkel Isidor seine Geschichte zurückzugeben.
Shelly Kupferberg, Andreas Fanizadeh, Interview TAZ, Berlin
Kupferberg gelingt ein einfühlsam geschriebenes Lebensbild aus dieser Zeit der Schrecken. Dass sie vom Journalismus kommt, merkt man dem Roman auf wohltuende Weise an. Shelly Kupferbergs großes Verdienst besteht darin, mit «Isidor» Geschichte noch einmal neu begreifbar zu machen. In der Anschauung des Einzelschicksals wird das Unausdenkbare erschütternd fassbar.
Bernd Noack, NZZZitat
Ein bewegendes Debut.
Christian Berkel
Eckdaten
Kupferberg, Shelly: Isidor - Ein jüdisches Leben. Roman. Zürich: Diogenes, 2022. - 256 Seiten. - ISBN 978-3-257-07206-8
Quelle : Diogenes
Ilse Molzahn
Der schwarze Storch
Roman
Ein Kindheitsroman von bezwingender poetischer Kraft, dessen Handlung sich in den 1900er Jahre in der damaligen deutschen Provinz Posen abspielt. Ein kleines Mädchen, Katharina, etwa sechs Jahre alt, ist die Tochter eines Gutsbesitzers. Über dem Esstisch der Familie schwebt unheilvoll ein schwarzer ausgestopfter Storch. Katharina – ein ungewöhnliches Kind, ist selbst die Erzählerin.
Ilse Molzahn leiht ihr eine bezaubernde und einfache Sprache, die vieles offen lassen muss, denn das Mädchen ist mit einer Erwachsenenwelt und Vorgängen konfrontiert, die es nicht verstehen und nicht immer benennen kann: die scharfe Trennung von Herrschaft und Gesinde, das archaisch ländliche Leben, aber auch Missbrauch, Schwangerschaft, Abhängigkeiten, Rohheit und Gewalt. Von den Eltern, der fromm-bigotten Mutter und dem draufgängerischen Vater, ist keine Erklärung zu erwarten. Einzig in dem Dienstmädchen Helene findet Katharina eine Vertrauensperson. Doch Helene ist plötzlich verschwunden, gestorben bei einem Abtreibungsversuch.
Der Autorin ist etwas Seltenes gelungen: In einer verblüffend authentischen, zeitlosen Sprache erfasst sie die Welt des Kindes und sein magisch-inniges Erleben der Natur.
Der Roman erschien erstmals 1936, eine zweite Auflage wurde von den Nazis wegen »Herabsetzung des deutschen Junkertums« verhindert. Die Neuausgabe wird von Thomas Ehrsam mit einem umfangreichen Nachwort zur Entstehungs- und Publikationsgeschichte unter Berücksichtigung der Biografie der Autorin bereichert.
Pressestimmen
Das autobiografisch grundierte Werk fesselt durch seinen beklemmenden Inhalt ebenso wie durch seine literarische Sprache.
Manfred Papst, NZZ am Sonntag
Kunstvoll gehen ostpreußische Realität und kindliche Phantasie in Ilse Molzahns Roman ineinander über. Die Naivität des erzählenden Kindes ist rührend, aber auch schonungslos und das Mädchen Kater bleibt einem noch lange im Gedächtnis.
Bettina Baltschev, MDR Kultur
Bleibt zu wünschen, dass (...) der wundervolle Roman das verdiente Publikum findet.
Lerke von Saalfeld, FAZ
…ein bezwingendes, sinnliches und wunderbar lesbares Stück Literatur, ein expressionistisches Meisterwerk.
Ulrike Sárkány, Lesart 3/2022
Ein Buch voll Rauheit, Einsamkeit und doch weiter Schönheit.
Wulf D. Wagner, Preußische Allgemeine Zeitung
Eckdaten
Ilse Molzahn: Der schwarze Storch: Roman. - Göttingen: Wallstein Verlag, 2022. – 376 Seiten. - ISBN 978-3-8353-5135-6
Quelle : Wallstein Verlag
Sven Pfizenmaier
Draußen feiern die Leute
Roman
Ein ganz normales Dorf in Deutschland: in der Mitte ein Kreisel, daneben die Volksbank und im September das alljährliche Zwiebelfest. Aber nicht alle hier können sich dem Dorfgefüge anpassen – Timo, Valerie und Richard sind seit ihrer Geburt Außenseiter. Als allmählich immer mehr junge Leute im ganzen Land spurlos verschwinden und in den Familien große Lücken hinterlassen, machen sie sich auf die Suche nach den Vermissten. Das Leben der drei ist schon immer besonders gewesen, doch sie haben keine Vorstellung davon, was sie mit ihrer Suche lostreten. Ein überbordender, mutiger und schriller Roman über die deutsche Provinz und das Anderssein in einem Umfeld, in dem Anderssein nicht vorgesehen ist.
aspekte Literaturpreis 2022
Pressestimmen
Pfizenmaier erzählt Dorfpossen mit der distanzierten Freude eines Ameisenforschers und filmischem Witz, nimmt aber die doppelte Heimatlosigkeit der Deutschrussen genauso ernst wie das Schuldgefühl der Einsamen und die Verzerrung, die ein jugendlicher Brennglasblick auf Ich, Körper und Außenwelt erzeugt.
Badische Zeitung
Pfizenmaier findet starke, aberwitzige Bilder für die Sorgen der Heranwachsenden. Einfühlsam und humorvoll beschreibt er das Gefühl ihrer körperlichen Entfremdung und ihrer Identitätskrisen.
Kulturtipp
Hinter dem Slapstick [schimmert] eine sehr sensible Auseinandersetzung mit vermeintlich vorgezeichneten Lebensläufen und Vorurteilen durch.
kulturnews
Pfizenmaier besitzt ein feinsinniges Gespür für Rhythmus und Brüche, ebenso wie für ins Absurde geschraubte Pointen. Kein Gramm von biederem Kunsthandwerkfleiß steckt in diesem Buch, vielmehr ist es grundsätzliche Lässigkeit, die es vorantreibt, und seine stilsichere Komik.
Zeit online
Manche Sätze möchte man sich einrahmen.
FAZ
Eckdaten
Pfizenmaier, Sven: Draußen feiern die Leute: Roman.- Zürich: Kein und Aber, 2022. - 339 Seiten. - ISBN: 978-3-0369-5874-3
Quelle : Kein & Aber Verlag
Marina B.Neubert
Kaddisch für Babuschka
Roman
Spurensuche in Lemberg und ein Roman im Roman
Während der Arbeit an ihrem Roman Mutterstadt, in dem sie ihr Alter Ego Hannah nach Lemberg zu ihrer lange tot geglaubten Großmutter reisen lässt, erreicht die Ich-Erzählerin die Nachricht vom Tod der eigenen Großmutter.
Hals über Kopf steigt sie ins Flugzeug von Berlin nach Lemberg, ihre Heimatstadt, die sie in den 1990er Jahren fluchtartig verlassen hatte. Doch die Flucht gelang ihr nur halb. Je mehr sie versuchte, die Erinnerung an die Kindheit mit ihrer Großmutter zu verdrängen, desto mehr verstrickte sie sich in ein Labyrinth aus Schuld und Sehnsucht.
Vier Tage verbringt sie gemeinsam mit ihren Eltern in der letzten Wohnung der verstorbenen Großmutter, begibt sich auf die Suche nach Spuren, in denen ihr die geliebte, jetzt eigenartig fremd erscheinende Babuschka doch noch begegnen könnte. Sie sucht nach Bruchstücken der eigenen Geschichte.
Ihrer Romanfigur Hannah hingegen gelingt es, ihre Großmutter ausfindig zu machen. Doch auch ihre Begegnung mit der einst dem Vernichtungslager Belzec entkommenen Frau bleibt bruchstückhaft und ein ständiges Ringen um Nähe und Begreifen.
Pressestimmen
Marina B. Neubert ... hat einen hinreißenden, einfühlsamen und autobiographisch gestimmten Erinnerungsroman geschrieben, eine melancholische Hommage an ihre Großmutter, eine Aufarbeitung der Familiengeschichte, ein Andenken an das untergegangene Judentum in Lemberg und ein Versöhnungsbuch, das die lange Zeit stagnierende Mutter-Tochter-Entfremdung zu lösen scheint.
Wolfgang Schriek, Wostok
Marina B. Neuberts ›Kaddisch für Babuschka‹ ist ein wunderbar melancholischer Familienroman, der in die Vergangenheit nach Lemberg führt.
Volker Blech, Berliner Morgenpost
Der sichtlich autobiografisch geprägte Roman ist schlüssig aufgebaut und perfekt geschrieben, bleibt der Leser doch am Ende mit dem Gefühl der Leere zurück, die für das osteuropäische Judentum in weiten Teilen typisch geworden ist.
Nikoline Hansen, Jüdische Rundschau
Der Roman ›Kaddisch für Babuschka‹ zeigt damit eindrücklich, dass auch in der dritten Generation nach dem Holocaust diese Ereignisse noch ganz wesentlich und grundlegend die (Familien)geschichten der Opfer prägen und ihre Gegenwart bestimmen (können).
Charlotte Kitzinger, holocaustliteratur.de
Die erzählerische Dramaturgie hält die Waage zwischen beklemmenden Passagen und scheinbar Belanglosem - kleine Erzählsegmente und doch ein großer erzählerischer Bogen - ein graziler und zugleich starker, beeindruckender Roman über eine jüdische Familie.
Karl Müller, Chilufim
Eckdaten
Neubert, Marina B.: Kaddisch für Babuschk: Roman. - Berlin: AviVa, 2021. – 192 Seiten. - ISBN: 978-3-932338-70-0
Quelle : AvivA-Verlag
Elina Penner
Nachtbeeren
Roman
In ihrem Debütroman erzählt Elina Penner von Nelli, die als kleines Mädchen als Russlanddeutsche nach Minden kommt. Sie spricht Plautdietsch und isst Tweeback und versucht, in der Provinz und dem neuen deutschen Leben anzukommen. Aber die Geschichten über ihr früheres Leben lassen sie nicht los, und als ihre geliebte Oma stirbt, gerät in Nelli etwas durcheinander. Ihr Mann Kornelius eröffnet ihr, sie für eine andere zu verlassen. Und Nelli ist sich am nächsten Morgen nicht sicher, ob sie ihn nicht aus Versehen umgebracht hat...
Elina Penner erzählt mit Komik und dunklem Humor von einer Gemeinschaft von Menschen, die aneinander festhalten, weil sie nichts anderes haben. Mittendrin eine junge Frau, die zusammenbricht – und ihren eigenen Weg sucht.
Pressestimmen
Elina Penners „Nachtbeeren“ ist ein tragischer, ein lustiger, ein unterhaltsamer und ein lehrreicher Roman.
Frankfurter Rundschau
Mit Sprachwitz und einem Sinn fürs Absurde erzählt Elina Penner in ihrem zum Teil autobiografischen Debüt von der Suche einer Russlanddeutschen nach ihren Wurzeln und einem Boden, der sie trägt.
Brigitte Woman
Es ist ein sprachliches Vergnügen, wie sie [Elina Penner] Wörter ihrer Muttersprache einstreut.
Zeit Magazin
Vieles vom Vokabular, von den Gebräuchen und Glaubenssätzen wird im Buch beiläufig erklärt, manches auch nicht. Das geht nie zu Lasten der Verständlichkeit, erzeugt aber beim nicht eingeweihten Leser ein fasziniertes Befremden. Das dass genau so gewollt, erweist sich schon in den allerersten Sätzen.
WDR5 Scala
Ein ungewöhnliches Debüt. Sie schafft unvergessliche Charaktere und unvergleichliche Szenen, fein austariert zwischen zarter Tragik und dunkler Komik.
Emotion
Immer lustig und gefährlich zugleich. Elina Penner hält uns in stetiger Spannung, was als nächstes passiert, immer zwischen Schock, Lachen und tiefer Rührung. Ein bittersüßes Debüt.
Christian Dittloff
Ein Roman über eine junge Frau, die ihren eigenen Weg geht – schräg, dunkel und so gut.
Laura Karasek
Eckdaten
Elina Penner: Nachtbeeren: Roman. - Berlin: Aufbau Verlag, 2022. - 248 Seiten. - ISBN 978-3-351-03936-3
Quelle : Aufbau Verlage
Dörthe Binkert
Vergiss kein einziges Wort
Roman
In den Geschichten von Martha, Maria und Magda im schlesischen Gleiwitz spiegelt sich die Geschichte einer Grenzregion wider: die Geschicke von Deutschen, Polen und Tschechen, Christen und Juden, die liebten und hassten, Familien gründeten und einander verließen, vertrieben wurden und sich wiederbegegneten. Gekonnt spannt Dörthe Binkert den großen Bogen von den 20er- bis zu den ausgehenden 60er-Jahren des letzten Jahrhunderts. Mit viel Einfühlungsvermögen zeichnet sie das Porträt einer Zeit und einer Region, in der Freude und Leid nur einen Wimpernschlag voneinander entfernt waren.
Pressestimmen
Sie macht Geschichtswissen an menschlichen Schicksalen erlebbar, greifbar und begreifbar.
Ute Krebs, Freie Presse
Die fesselnde Geschichte einer schlesischen Familie, die von starken Frauen getragen wird, und verwoben ist mit der dramatischen Geschichte (Ober-)Schlesiens, ist ebenso lehrreich wie packend.
Freiburger Wochenbericht
Mit viel Gespür und noch mehr Herzblut zeichnet sie das Porträt einer Zeit und einer Region, in der Freude und Leid nur einen Wimpernschlag voneinander entfernt waren.
Passauer Neue Presse
Die Autorin spannt gekonnt den Bogen von den 20er- bis zu den ausgehenden 60er-Jahren des vergangenen Jahrhunderts - ein fesselndes Zeitporträt.
Doris Wassermann, Westfalen-Blatt
Eckdaten
Dörthe Binkert: Vergiss kein einziges Wort: Roman. - dtv, 2020. - ISBN: 978-3-423-26280-4
Quelle: www.dtv.de
Alma M. Karlin
Einsame Weltreise
'Es war eine ungemein stürmische Zeit, zu der Leute ohne Entzündung der Einbildungsnerven wohl zu Hause geblieben wären.'
Am 24.11.1919 bricht Alma Karlin zu ihrer Weltreise auf, die sie in den folgenden acht Jahren durch fünf Kontinente führen sollte.
Durch ihre Reiseerlebnisbücher, die sie nach ihrer Heimkehr nach Cilli (slowenisch Celje) verfasst, wird sie zu einer der berühmtesten und meistbewunderten europäischen Reiseschriftstellerinnen.
In »Einsame Weltreise« beschreibt Karlin die ersten vier Jahren ihrer Weltumrundung. Von Europa aus fährt sie – ihre Schreibmaschine »Erika« im Gepäck – nach Südamerika, von dort über Kalifornien und Hawaii nach Japan, dem erklärten Ziel ihrer Reise, und weiter nach China.
Im Gegensatz zu anderen Reisenden hat sie kein Vermögen, aus dem sie ihre Reise finanzieren könnte; sie arbeitet unterwegs als Dolmetscherin und Sprachlehrerin und lebt in einfachen Unterkünften abseits der damals für Europäer_innen üblichen Ziele. Ihr ironisch-kritischer Ton und ihr Blick für den Alltag und die sozialen Gefüge der von ihr besuchten Länder zeichnen Karlins Reisebuch aus.
Pressestimmen
Diese Expedition ins Ungewisse genau einhundert Jahre nach Karlins Einschiffung in Genua nacherleben zu können, bedeutet nicht weniger als ein Lektüreglück.
Katrin Hillgruber, Deutschlandfunk
Karlin schreibt in leichtem, plastischem, oft selbstironischem, aber nie beschönigendem Ton über Naturbeobachtungen, über Menschen, denen sie begegnet, und über die Faszination für alles Neue.
Annina Bachmeier, taz
Es ist eine historische Schatzsuche, dieses Buch zu lesen.
Katharina Döbler, rbb Kultur
Ihre unterhaltsamen, oft ironischen Schilderungen machten Karlin später zu einer der meistgelesenen Reiseautorinnen in Europa (...). Fantasievoll beschrieb sie ihre Eindrücke von Menschen, Städten und exotischen Landschaften.
Corina Kolbe, Spiegel Online
Dass sie ohne finanzielle Absicherung reist, ohne Begleitung, oft dem Tod nahekommt und trotzdem, voller Wissensdurst, weiterzieht, macht Alma Karlin zu einer Art Free Solo Ikone unter den Weltreisenden, damals wie heute.
Marija Bakker, wdr5
Dieses Buch habe ich richtig gerne gelesen (…), weil die Frau wirklich so gut schreibt, für mich in einer Klasse (mit) Tucholsky und Polgar – da muss man sie etwa ansiedeln – farbig, detalliert, eine eigene Sprech- und Sprachhaltung – wunderbar!
Ferdinand Quante, wdr5
Sie zahlt keinen geringen Preis für ihre Extravaganz und die Verweigerung des Pauschaltourismus.
Jamal Tuschick, der Freitag
Eine alleinreisende Frau war 1919 in vielerlei Hinsicht ein Unikum. Nicht nur das macht die Berichte der Alma M. Karlin zum Vergnügen. (...) Wie gut, dass ihre Bücher nun wieder zu lesen sind.
Barbara Schaefer, mare
Sie war eine Pionierin und ihr Buch liest sich immer noch wie frisch geschrieben.
Mario Pschera, neues deutschland
Eckdaten
Karlin, Alma M.: Einsame Weltreise. Herausgegeben von Jerneja Jezernik. Einführung von Britta Jürgs. - Berlin: Verlag AvivA, 2022. – 400 Seiten. - ISBN-978-3-932338-75-5
Quelle: www.aviva-verlag.de
Anne Stern
Meine Freundin Lotte
Roman
Berlin, 1921: Lotte Laserstein will Malerin werden. Aber die Tore der Kunstakademie haben sich für Frauen gerade erst geöffnet. Und Lotte muss kämpfen – gegen die Ressentiments männlicher Lehrer und Kritiker und für ihre Leidenschaft, die Malerei. In der jungen Fotografin Traute findet sie eine Seelenverwandte, denn Traute ist mit ihrem Typus der Neuen Frau und ihrer Begeisterung für die Kunst das perfekte Modell für Lotte. Eine ganz besondere Beziehung entsteht. Bis die politische Situation in Deutschland für jüdische Künstlerinnen immer unerträglicher wird und Lotte schließlich fliehen muss.
Kalmar, 1961: Es ist ein warmer Altweibersommer in Südschweden, den Lotte Laserstein und Traute Rose zusammen verbringen. Doch Vorwürfe und Missklang hängen zwischen ihnen, und schon bald brechen alte Wunden auf. Plötzlich können die beiden Frauen den drängenden Fragen nicht mehr entkommen. Sie müssen sich ihrer Vergangenheit stellen, in der es für sie einst um alles oder nichts ging – als Künstlerinnen und als Freundinnen.
Pressestimmen
Ein Roman über zwei starke Frauen, ihre Beziehung und Freundschaft, über Kunst und die Kunst stark zu sein.
Antenne Saar
Die Berliner Autorin Anne Stern erzählt berührend von der jüdischen Malerin Lotte Laserstein und deren Kunstgefährtin Traute Rose ... Der Roman zeichnet in einer bildhaften und zugleich angenehm lakonischen Sprache eine von dramatischen Umständen geprägte Verbindung. Mal erzählt das sanfte Modell, mal die herbe, oft ruppige Malerin selbst.
Ingeborg Ruthe, Berliner Zeitung
Ein wirklich beeindruckender Roman.
RBB Fernsehen "ZIBB"
Ein feinsinniges Porträt zweier Künstlerinnen.
buchsichten.de
Anne Stern hat für beide Frauen eine eigene Stimme gefunden und ihnen ein literarisches Denkmal gesetzt.
NDR Kultur "Neue Bücher"
Ein eindrücklicher Roman, der auf das faszinierende Leben einer bemerkenswerten Künstlerin blickt, zugleich aber auch von der prekären Arbeitssituation freischaffender Künstlerinnen und Künstler erzählt, vom männlich dominierten Kunstbetrieb und der zunehmenden Ächtung jüdischer Menschen, die bereits vor der Machtübernahme der Nationalsozialisten spürbar war.
Mein Viertel Stadtmagazin (mein/4)
Anne Stern versteht es fesselnd und einfühlsam zu erzählen. Ein literarisches Denkmal für zwei starke Frauen.
Ruhr Nachrichten
Eckdaten
Anne Stern: Meine Freundin Lotte Roman. Hamburg, Rowohlt, 2022. – 364 Seiten. - ISBN 9783463000268
Quelle : Rowolth-Verlag
Aharon Appelfeld
Sommernächte
Roman
Mitten im Zweiten Weltkrieg: Der elfjährige Michael bleibt auf der Flucht bei Sergei zurück, einem Freund seines Vaters. Der ukrainische Veteran zieht als Landstreicher umher, seit er sein Augenlicht verloren hat. Doch Sergei kümmert sich um den Jungen, nun Janek genannt. Er bringt ihm alles bei, was er weiß, auch, wie man sein eigenes Leben schützt, mit Angst, Hunger und Kälte lebt. Sie ziehen von Dorf zu Dorf, müssen sich durchschlagen, werden von Bauern angegriffen. Doch zusammen überstehen der Junge und der alte Mann jede Gefahr, und sie erleben auch Freuden – Janek träumt von einem Mädchen, eine zarte Liebe. Auf ihrem Weg durch Nacht und Wälder lernen sie, mit der Vergangenheit umzugehen, ohne sich von ihr überwältigen zu lassen, Janek vom Judenhass, den er erleben musste, Sergei von der Erinnerung an eine Frau, die er einst liebte und verließ.
Einer der letzten großen Romane aus dem Alterswerk Aharon Appelfelds. Über eine Reise voller Schrecken und Abenteuer, über Freundschaft und Nähe und darüber, wie man allem Dunklen trotzt, so mitreißend wie eindringlich erzählt. Ein Junge, ein alter Mann – eine Lebensreise.
Pressestimmen
Aharon Appelfeld gehört zu den großen Humanisten, denen die Jahre des Todes zu einer Lehrzeit des Lebens geworden sind ... eine Bildungsreise der besonderen Art.
Frankfurter Allgemeine Zeitung, 26. Januar 2022
Ein reifes Stück aus der erschreckend wachen und zeitlosen Literatur Aharon Appelfelds.
Neue Zürcher Zeitung, 16. Februar 2022
Appelfeld hat für diese Parabel über die Menschlichkeit eine strenge und sehr melodiöse Sprache gefunden ... An Franz Kafka erinnert der Ton mitunter.
Berliner Zeitung, 17. Februar 2022
Hier zeigt sich noch einmal die literarische Kraft dieses Ausnahmeautors.
Deutschlandfunk Kultur, 15. Februar 2022
Der illusionslose und doch grundgütige Aharon Appelfeld hat diese Welt weit mehr als nur ein klein wenig besser gemacht.
Jüdische Allgemeine, 10. Februar 2022
Sehr dicht und in fast nüchterner Sprache nimmt er seine Leser mit auf diese Wanderung, die trotz allem eine Botschaft für das Leben ist.
Neue Presse, 8. Februar 2022
'Sommernächte' … liest sich wie ein philosophisches Bekenntnis. Wie eine Legende von tiefer Trauer und tiefer Demut getragen. Am Ende erweist sich der Roman als Requiem auf eine untergegangene Welt.
Saarländischer Rundfunk SR 2, 7. Februar 2022
Die einfachsten Einsichten sind oft die tiefsten. Und Aharon Appelfeld findet klare Bilder dafür sowie eine schöne, schlichte Sprache. Und natürlich ist der Roman auch ein Gleichnis: über das Leben.
NDR Kultur "Neue Bücher", 27. Januar 2022
Appelfelds Romane sind Oden an das Leben, getränkt vom Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Süddeutsche Zeitung
Mit diesem bezaubernden Roman über das Heranwachsen hilft uns Aharon Appelfeld, dessen Kindheit jener Janeks ähnelt, das Leben zu verstehen. Was kann man mehr von der Literatur verlangen?
Livres Hebdo
Eckdaten
Appelfeld, Aharon: Sommernächte: Roman / Aus dem Hebräischen von Gundula Schiffer.- Berlin: Rowohlt, 2022. – 221 Seiten .- ISBN 9783737101240
Quelle : rowohlt.de
Ioana Pârvulescu
Wo die Hunde in drei Sprachen bellen
Roman
Das Tor ist der Mund, die Fenster sind die Augen – in der Vorstellung der kleinen Ana bekommt das Haus in der einstmaligen Johannisgasse im siebenbürgischen Kronstadt ein Gesicht, hat Gedanken und Gefühle. Zwei Erdbeben, zwei Weltkriege und einen Bombenangriff hat es heldenhaft überlebt und das Verschwinden seiner „Geschwister“ vis-à-vis auf Kosten eines Plattenbauhotels. Von den Bewohnern dieses Hauses über mehrere Generationen und mit mehreren Nationalitäten erzählt die gebürtige Kronstädterin Ioana Pȃrvulescu in ihrem ersten auf Deutsch veröffentlichtem Roman, dem es spielerisch gelingt, eine freudlose Zeit in einem permanenten Glanz erscheinen zu lassen.
Pressestimmen
Beiläufig und mit bezaubernder Leichtigkeit erzählt hier eine rumänische Autorin von der Geschichte und der Vergänglichkeit des multikulturellen Lebens in einer Stadt, die einst ein Zentrum siebenbürgisch-sächsischen Lebens war. Ein wunderbarer Roman ist Pârvulescu da gelungen, durch den man gehen kann wie durch ein literarisches Stadtmuseum.
Mirko Schwanitz, BR Diwan
Mit Witz und Intelligenz, sinnlicher Prägnanz und vor allem mit Wärme konterkariert Pârvulescu poetische Kindheitserinnerungen der sechziger Jahre auf versteckt sarkastische Weise mit der historischen Wirklichkeit des Kommunismus.
Jan Koneffke, Neue Zürcher Zeitung
Von Seite zu Seite empfindet man mehr Vergnügen beim Lesen dieses Buches, wachsen einem die Menschen, von denen es erzählt, enger ans Herz. Man möchte mit ihnen wohnen in diesem großen, alten Haus im siebenbürgischen Brasov (Kronstadt).
Jutta Czeguhn, Süddeutsche Zeitung
Auch die Wörter selbst rutschten in Kronstadt von einer Sprache in die andere, mit hoher Geschwindigkeit und Grazie, als trügen sie Schlittschuhe…
Doris Roth, Siebenbürgische Zeitung
Eckdaten
Ioana Pârvulescu: Wo die Hunde in drei Sprachen bellen: Roman. Aus dem Rumänischen von Georg Aescht. - München: Hanser Literaturverlage, 2021. – 360 Seiten. – ISBN 9783552072282
Quelle : Hanser Literaturverlage
Herta Müller
Der Beamte sagte
Erzählung
Herta Müller erfindet eine neue literarische Form des Erzählens. Eine Geschichte in Collagen. Gezeigt werden Szenen im Auffanglager einer deutschen Kleinstadt. Einer der Beamten in der Erzählung ist ein gewisser Herr Fröhlich von der Prüfstelle B. Er kann es mit den berühmtesten Vorbildern seiner Art aufnehmen. Ein anderer breitet bei jeder Begegnung die Arme aus wie ein Vogel und sagt Oh, Oh, Oh. Aberwitzige Gespräche mit ihnen werden zu einem unfreiwillig komischen Schlagabtausch. Ihrer Ablehnung und Ahnungslosigkeit steht die Frage gegenüber, ob man nicht gerade durch Ehrlichkeit suspekt wird. Ist die eigene Biografie die Summe des Erlebten oder wird sie vor den Beamten zu einem Panoptikum der Tristesse und Ironie? Und dann ist da das Heimweh der Geflohenen, das immer größer wird und an den Himmel anwächst. Meisterlich versteht es Herta Müller, Bilder dafür zu finden, wie sich Ohnmacht anfühlt und was Willkür anrichtet. Sie sind rätselhaft, abgründig, manchmal auch komisch und immer hochpoetisch.
Pressestimmen
[Herta Müllers Poesie ist] eine Poesie, die die Grenzen der herkömmlichen Dichtung überschreitet und eine neue Gattung bildet: die Herta Müller-De-Kompositions-Wort-Bild-Poesie, in der die alten Wörter und Bilder zerstört, neu zusammengesetzt, dabei aber in einer künstlerischen Form aufgehoben und bewahrt werden.
Ruthard Stäblein, Deutschlandfunk Büchermarkt, 04.10.21
Aus schnell durchlaufenden Einzelbildern entsteht ein mitreißender Wörterfilm.
Herbert Wiesner, Die Welt, 29.09.21
Jede Collage ist zart komponiert, und erzählt doch gleichzeitig vom Schmerz und von der Angst der Exilantin.
Christina Harthauer, SWR2 lesenswert, 22.08.21
[E]in Buch aus 156 einzelnen Kunstwerken[, das einen] Kontrapunkt zu einem leicht konsumierbaren Erzählfluss [setzt.] Auf engstem Raum zieht Herta Müller alle Register: Beißende Ironie und stille Trauer, Träume und realistische Details […], der Schnee, der Himmel und das Heimweh leuchten schmerzlich aus dieser Erzählung, die sich mit allen Mitteln dagegen wehrt, in einem Zug gelesen zu werden – das Eigengewicht der Wörter, Sätze und Bilder ist zu stark.
Cornelius Hell, Die Presse, 21.08.21
Eckdaten
Müller, Herta: Der Beamte sagte. Erzählung. Berlin Hanser Verlag, 2021.- 164 Seiten. - ISBN 978-3-446-27082-4
Quelle : Hanser Literaturverlage
Susanne Abel
Stay away from Gretchen: eine unmögliche Liebe
Roman
Der bekannte Kölner Nachrichtenmoderator Tom Monderath macht sich Sorgen um seine 84-jährige Mutter Greta, die immer mehr vergisst. Als die Diagnose Demenz im Raum steht ist Tom entsetzt. Was anfangs ärgerlich für sein scheinbar so perfektes Leben ist, wird unerwartet zu einem Geschenk. Erstmals erzählt Greta aus ihrem Leben – von ihrer Kindheit in Preußisch Eylau mit den geliebten Großeltern, der Flucht aus Ostpreußen vor den russischen Soldaten im eisigen Winter, der Sehnsucht nach dem verschollenen Vater, ihren Erfolgen auf dem Schwarzmarkt in Heidelberg und ihrer Begegnung mit dem GI Robert Cooper. Als Tom jedoch auf das Foto eines kleinen Mädchens mit dunkler Haut stößt, verstummt Greta. Ist all das der Schlüssel um Gretas Traurigkeit zu verstehen, die auch Toms Kindheit überschattet hat? Zum ersten Mal beginnt Tom, sich eingehender mit der Vergangenheit seiner Mutter zu befassen. Als Tom auf Briefe und Bilder aus der Zeit nach dem Zweiten Weltkrieg stößt, kommt er einem unglaublichen Geheimnis auf die Spur. Wer ist das kleine Mädchen auf dem Foto, das Greta wie einen Schatz hütet? Mehr und mehr erkennt Tom, dass auch sein Lebensglück mit der Vergangenheit seiner Mutter verknüpft ist.
Pressestimmen
Grandios, packend und absolut glaubwürdig. Dieses Buch legt man erst aus der Hand, wenn man es ausgelesen hat.
WDR 5, Bücher
Dieser gut konstruierte Roman (…) erinnert daran, wie lang der Weg aus einem von Rassismus und Bigotterie geprägten Nachkriegsdeutschland war und welche Wegstrecke zu einer gerechteren Gesellschaft noch vor uns liegt.
Denis Scheck, ARD
›Stay away from Gretchen‹ erzählt die grosse Geschichte von Krieg, Flucht und Liebe.
Michel Wassner, Obersee Nachrichten
Susanne Abels ›Stay away from Gretchen‹ ist ein zutiefst berührender Roman über Liebe, Krieg – und das Glück, die eigene Vergangenheit kennenzulernen.
Freundin, Leseträume
Eckdaten
Susanne Abel: Stay away from Gretchen – Eine unmögliche Liebe. Roman. - München: dtv Belletristik, 2021.- 526 Seiten. - ISBN 978-3-423-28259-8
Quelle : Verlag
Tanja Langer
Meine kleine Großmutter & Mr. Thursday oder Die Erfindung der Erinnerung
Roman
Ich habe meine Großmutter gekannt, aber ich wusste nicht, dass sie es war.
Linda, Übersetzerin aus dem Persischen, lässt sich gern von ihren Träumen lenken, und so findet sie sich eines Tages in Lüneburg wieder: Dort lebte ihre kaum gekannte Großmutter Ida unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg, geflohen aus Oberschlesien, verwitwet, mit fünf Kindern. Knapp eineinhalb Meter groß, arbeitete sie für den »Direktor des englischen Kinos«. Dieser Halbsatz entzündet Lindas Phantasie, und schon ist sie mitten in der Zeit der britischen Besatzung, von 1945 bis 1949: Ida verliert ihren Mann, Ida schrubbt Wäsche für die Tommys, und Ida begegnet Mr. Thursday. Sie fängt bei ihm im »Astra Cinema« an und merkt vor lauter Begeisterung für die Filme kaum, dass er sich in sie verliebt … Das Kino wird zum Gegenbild für die raue Wirklichkeit, durch die Ida und ihre kleine Rasselbande sich als »Flüchter« durchboxen, mit Einfallsreichtum, der Kraft der Träume und der Liebe, die sie verbindet. Indem Linda aus Sehnsucht nach der Großmutter, die sie nicht hatte, zu deren Erzählerin wird, verändert sie sich selbst – und erzählt noch dazu die Geschichte einer ganzen Epoche.
Pressestimmen
Durch die Lupe der Schriftstellerin werden die Personen groß und einzigartig. Das prachtvolle Spektrum menschlicher Empfindungen geht mit prägnant gezeichneten Aussagen einher.
Cornelia Ohst, Marbacher Zeitung
Dieses wunderschön gestaltete Buch hat bei mir nicht nur mit Vorurteilen aufgeräumt, sondern zeugt auch von Toleranz, Mut und Stärke, und es hat sich ohne Mühe dank seiner unglaublich starken – wenn auch kleinen – HeldinDieses wunderschön gestaltete Buch hat bei mir nicht nur mit Vorurteilen aufgeräumt, sondern zeugt auch von Toleranz, Mut und Stärke, und es hat sich ohne Mühe dank seiner unglaublich starken – wenn auch kleinen – Heldin Ida ruckzuck in mein Herz geschrieben! Einfach nur toll!
Tatjana Mayeres, Alliteratus
Ein bewegender Roman, der als spannende Spurensuche und anrührende Lebensgeschichte zugleich in den Bann zieht.
Beatrice le Coutre-Bick, Literaturhäuser Niedersachsen
Tanja Langer hat bemerkenswert viel zeitgeschichtliches Kolorit in ihren Roman geholt, sehr konkret, anschaulich, sinnlich.
Sächsische Zeitung
Die Geschichte einer starken Frau im Nachkriegsdeutschland ist fesselnd erzählt und enthält – sicherlich nicht unbeabsichtigt – starke Gegenwartsbezüge.
ekz Informationsdienst
Eckdaten
Tanja Langer: Meine kleine Großmutter & Mr Thursday oder Die Erfindung der Erinnerung.- Halle (Saale): Mitteldeutscher Verlag, 2019. – 415 Seiten. - ISBN 978-3-96311-181-5
Quelle : Verlag
Matthias Nawrat
Reise nach Maine
Roman
Ein Mann – er ist Schriftsteller von Beruf, nachdenklich und ein wenig konfliktscheu – will die USA bereisen. Zunächst nach New York City, dann weiter Richtung Maine. An seiner Seite eine meinungsstarke Osteuropäerin, die seit dreißig Jahren im Fränkischen zu Hause ist: seine Mutter.
Von Beginn an liegt ein Schatten auf der Unternehmung: Donald Trump ist seit kurzem Präsident der angeschlagenen Nation, und Celina hat ihrem Sohn kurz vor der Abreise eröffnet, dass sie, anstatt die zweite Reisewoche bei einem Jugendfreund in Texas zu verbringen, die ganze Zeit mit ihm zusammenbleiben wird. Dann hat sie auch noch einen Unfall. Mit gebrochener Nase und zwei blauschwarzen Veilchen zieht sie überall die Aufmerksamkeit wohlmeinender Fremder auf sich.
Der leise Ärger des Sohnes wird zunächst von Sorge überlagert. Auf der Autoreise an die Küste Neuenglands aber beginnt ein Konflikt aufzubrechen, der viel darüber verrät, wie Männer mit Frauen, wie Mütter mit Söhnen sprechen, ein Konflikt, der nicht nur das Leben der beiden und ihr Verhältnis zueinander prägt. Davon erzählt Matthias Nawrat in sehr komischen, fein austarierten Szenen – von den Ansichten und Einsichten einer Reise nach Maine. Immer im Hintergrund: America the beautiful, der derangierte Sehnsuchtsort.
Pressestimmen
Unter der schimmernden Sprache liegen heimliche Abgründe. Wenn man sich am Ende fragt, ob überhaupt etwas passiert ist, merkt man, dass im Grunde alles passiert ist, was unter Menschen passieren kann.
Paul Jandl, Neue Zürcher Zeitung, 26. Juli 2021
Spektakulär unspektakulär, wie Matthias Nawrat auf etwas mehr als zweihundert Seiten diese schwierige Beziehung schildert, die Biografie der Mutter erzählt, Akademikerin in Polen, in Deutschland dann erst mal Putzfrau, beschreibt, wie der Icherzähler hin- und hergerissen zwischen Sorge und Ärger die Distanz mal vergrößert, dann verkleinert, und wie er dabei en passant Landschaft und Menschen porträtiert.
Augsburger Allgemeine Zeitung, 22. September 2021
Es sind die unter der Oberfläche liegenden, oft unausgesprochenen Emotionen, die diesen ruhig erzählten, mal nachdenklichen, mal unterhaltsamen Roman prägen: Die Reise von Mutter und Sohn ist auch ein Experiment einer Beziehung und ein Stück Selbsterkenntnis.
Eva Krafczyk, Aachener Zeitung, 6. September 2021
Ein wunderschönes, kluges und komisches Roadmovie über Mütter und Söhne.
Stern, 5. August 2021
Absurde Dialoge ... stille Vorwürfe ... sehr humorvoll und sehr präzise erzählt ... Das ist große Literatur.
Katrin Schumacher, MDR Kultur, 23. Juli 2021
Ein famoser Roman. Humorvoll und genau beschreibt er die ritualisierten Reibereien zwischen Mutter und Sohn und die Vergeblichkeit, aus ihren Rollen aussteigen zu können.
Andrea Gerk, NDR Kultur "Neue Bücher", 21. Juli 2021
Matthias Nawrat erzählt mit feinem Gespür von Lebensgeschichten, die man hinter sich lassen kann, um einen neuen Weg einzuschlagen ... Mit «Reise nach Maine» bestätigt er den ausgezeichneten Ruf, den er sich seit seinem Debüt 2012 erschrieben hat.
Claudia Cosmo, WDR 5 "Lesefrucht", 24. Juli 2021
Eckdaten
Nawrat, Matthias: Reise nach Maine: Roman. - Hamburg: Rowohlt, 2021.- ISBN 9783498002312
Quelle : Rowolth Verlag
Sasha Marianna Salzmann
Im Menschen muss alles herrlich sein
Roman
Wie soll man »herrlich« sein in einem Land, in dem Korruption und Unterdrückung herrschen, in dem nur überlebt, wer sich einem restriktiven Regime unterwirft? Wie soll man diese Erfahrung überwinden, wenn darüber nicht gesprochen wird, auch nicht nach der Emigration und nicht einmal mit der eigenen Tochter? »Was sehen sie, wenn sie mit ihren Sowjetaugen durch die Gardinen in den Hof einer ostdeutschen Stadt schauen?«, fragt sich Nina, wenn sie an ihre Mutter Tatjana und deren Freundin Lena denkt, die Mitte der neunziger Jahre die Ukraine verließen, in Jena strandeten und dort noch einmal von vorne begannen. Lenas Tochter Edi hat längst aufgehört zu fragen, sie will mit ihrer Herkunft nichts zu tun haben. Bis Lenas fünfzigster Geburtstag die vier Frauen wieder zusammenbringt und sie erkennen müssen, dass sie alle eine Geschichte teilen.
In ihrem neuen Roman erzählt Sasha Marianna Salzmann von Umbruchzeiten, von der »Fleischwolf-Zeit« der Perestroika bis ins Deutschland der Gegenwart. Sie erzählt, wie Systeme zerfallen und Menschen vom Sog der Ereignisse mitgerissen werden. Dabei folgt sie vier Lebenswegen und spürt der unauflöslichen Verstrickung der Generationen nach, über Zeiten und Räume hinweg. Bildstark, voller Empathie und mit großer Intensität.
Pressestimmen
Zu loben ist die sinnlich konkrete Sprache, die der Fülle der Eindrücke und Gefühle jederzeit gerecht wird. Eigenwillige, allegorisch aufgeladene Bilder kehren wieder und prägen sich ein ... Zu Recht steht 'Im Menschen muss alles herrlich sein' auf der Longlist des Deutschen Buchpreises.
Wolfgang Schneider, Der Tagesspiegel
Die Multiperspektivität des Geschehens resultiert nicht in bloßer Abwechslung der Fokussierung, sondern in sich überlagernden Blickwinkeln, als setzte Salzmann bei der Inszenierung des Geschehens eine Drehbühne ein. Und je weiter das Buch fortschreitet, desto mehr Fahrt scheint diese Drehbühne aufzunehmen.
Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Schöner kann man vom Schmerz um Verlorenes nicht erzählen.
Maike Albath, Deutschlandfunk Kultur
Sasha Salzmann ist ein fulminantes Buch geglückt ... [das] vor Erzähllust nur so vibriert.
Rainer Moritz, Neue Zürcher Zeitung
[Salzmann] erzählt in einem breiten, zeitlos epischen Stil. Da gibt es eine ruhige Souveränität, die einen schwer hoffen lässt, hier eine der nächsten großen deutschen Erzählerinnen zu lesen.
Marie Schmidt, Süddeutsche Zeitung
[Sasha Marianna] Salzmann erzählt zugewandt, ihren Protagonistinnen wie dem Publikum gegenüber. Als würde sie aus der Einsamkeit, dem Idiosynkratischen des Schreibens ein großes soziales Vertrauen schöpfen.
Juliane Liebert, DIE ZEIT
Eckdaten
Salzmann: Sascha Maria: Im Menschen muss alles herrlich sein. Roman. - Berlin, Suhrkamp, 2021. - 384 Seiten. - ISBN 978-3-518-43010-1
Quelle: https://www.suhrkamp.de
Karl Friedrich Borée
Ein Abschied
Roman
Mitte Januar 1945 steht das schon zerbombte Königsberg kurz davor, von russischen Truppen erobert zu werden. Marian Burgers Hoffnung mitten in der Vernichtung ist ein Neuanfang in Freiheit. Aber dieses Ziel liegt vielleicht unerreichbar in der Ferne. Der Irrsinn der Diktatur bleibt bedrohlich, seine Frau soll noch auf bestmögliche Weise aus der Stadt kommen, eine alte Freundin nicht hilflos zurückgelassen werden. Und auf dem Weg zum rettenden Pillauer Hafen, von dem aus die letzten Schiffe abgehen, wird sein Verantwortungsgefühl noch einmal zusätzlich grausam herausgefordert.
Karl Friedrich Borée hat mit Ein Abschied einen seiner dichtesten Romane geschrieben: kompromisslos, antirevanchistisch und trotzdem melancholisch Abschied nehmend, nah am Zeitgeschehen und berührend. Erneut ein Werk dieses erstaunlichen Autors, das sich zu entdecken lohnt.
Pressestimmen
Karl Friedrich Borée ist wirklich ein ganz ungewöhnlich kluger und nachdenklicher Chronist seiner Zeit. … Und in einer so kruden Welt, in der wir gerade leben, wo uns diese Themen wie Anstand und Courage, Wahrheit und Rechtsstaat wirklich jeden Tag umtreiben, finde ich es wunderbar, dass es ihn wieder gibt und wir ihn wieder lesen können.
Gabriele von Arnim, Deutschlandfunk Kultur/Lesart
Es ist ein Geschenk, Borée entdecken zu können.
Caroline Fetscher, Der Tagesspiegel
Allein aus sprachlicher Sicht eine echte Entdeckung…
Anja Hirsch, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Zeitlos sind die zentralen Fragen, die dieser kluge Roman stellt: Wie verhalten sich Menschen, wenn sich in historischen Krisenzeiten die bürgerliche Ordnung um sie herum auflöst? Wie findet der Einzelne trotz Terrorregime einen moralisch vertretbaren Weg zwischen Anpassung und Aufbegehren? Wann kippt das persönliche Freiheitsbedürfnis in Verantwortungslosigkeit? Die geglückte Verbindung des Historisch-Dokumentarischen mit solchen bis heute hochaktuellen Fragestellungen und moralphilosophischen Erkundungen macht Ein Abschied zu einer sehr lesenswerten Wiederentdeckung.
Wolfgang Schneider, Deutschlandfunk/Büchermarkt
'Ein Abschied' verdient mehr als eine flüchtige posthume Würdigung, es ist ein zeitloser, starker Roman, nicht nur ein humanistisches Lehrstück. Der Roman stellt unbequeme Fragen, die nicht einfach beantwortet werden können, und ist gerade im Zeitalter des Populismus aktueller und wertvoller denn je.
Marcela Drumm, WDR 5/Scala
Die Romane von Karl Friedrich Borée dürften für alle Literaturliebhaber Schatzkisten sein. Beim Schmökern finden sich neben wertvollen Erinnerungen und sprachlichem Können auch humanistische Anschauungen, die inzwischen nicht mehr vorausgesetzt werden dürfen.
Sabine Bovenkerk-Müller, schreiblust-leselust.de
Es sind erschütternde Bilder und Szenen, die der Autor uns vor Augen führt. Eindringlich, unglaublich dicht und anschaulich schildert Borée die letzten Tage in Königsberg auf sehr hohem literarischen Niveau. Mit Karl Friedrich Borée hat der Düsseldorfer Lilienfeld Verlag einen ganz großartigen deutschen Erzähler wiederentdeckt. … Ich empfehle dieses Buch …, denn es vermittelt uns wieder einen Blick auf die wesentlichen Dinge des Lebens. Und ganz besonders ist die Lektüre auch für junge Menschen geeignet, die Krieg und Not eigentlich nur noch vom Hörensagen kennen … Prädikat: Ein ganz, ganz besonders Buch!
Katrin Bartsch, Leseempfehlung der Buchhandlung Goltsteinstraße Köln
Borées 'Ein Abschied' ist kein Geschenk, es ist ein Muss für jeden humanistisch denkenden und handeln-wollenden Menschen. … Seine ausgefeilte Sprache und die seinem Protagonisten Marian Burger auferlegten Gedanken sind ein ästhetisches und philosophisches Husarenstück. Ein Abschied, ein Roman, an dem sein Leser wächst! Einfach großartig und vielleicht gerade zur richtigen Zeit wieder veröffentlicht!
Joachim Warminski, Buchhandlung Friebe, Berlin
Eckdaten
Borée, Karl Friedrich: Ein Abschied. Roman. Mit einem zusätzlichen Text von Karl Friedrich Borée und einem Nachwort von Axel von Ernst. - Düsseldorf: Lilienfeld Verlag, 2019. – 184 Seiten. - ISBN 978-3-940357-77-9
Quelle: Lilienfeld Verlag
Martyna Bunda
Das Glück der kalten Jahre
Roman
Ob ihr Mann das Meer gesehen hat, bevor er 1932 auf der Großbaustelle der Hafenstadt Gdingen tödlich verunglückte, wird Rozela nie erfahren. Von der staatlichen Entschädigung baut sie für sich und die drei Töchter ein Steinhaus mit Doppelfenstern, im kaschubischen Dorf eine Sensation. Dort überstehen sie die Schrecken des Krieges. Als die sowjetische Armee gen Westen zieht, bietet das Haus keinen Schutz mehr. Im Keller versteckt, muss Gerta, die älteste, mit anhören, wie ihre Mutter von Soldaten vergewaltigt wird. Aber die Maxime der Mutter lautete stets: Kopf oben behalten, egal was passiert. Dies beherzigen auch die Töchter, allen voran die leidenschaftliche, lebenshungrige Truda, Sachbearbeiterin im Schifffahrtsamt, deren Mann für Jahre im Gefängnis des Geheimdiensts verschwindet. Ilda, Motorradfahrerin, arbeitet in der Umsiedlungsbehörde und liiert sich spät – mit einem Bildhauer, der ihr seine Ehe mit einer Deutschen verschweigt. Trotz gelegentlicher Ausbrüche, Zerwürfnisse, Trennungen sind Mutter und Töchter in entscheidenden Momenten füreinander da – vier starke Frauen, die in widrigen Zeiten wie Pech und Schwefel zusammenhalten.
Pressestimmen
Es ist faszinierend mitzuerleben, wie es der Autorin gelingt, uns beim Lesen die Dinge mit den
Augen der Figuren sehen zu lassen. Sie erzählt die Weltgeschichte aus dem vermeintlich Kleinen und
Alltäglichen. Ergreifend.
Magazin Märkische LebensArt
Martyna Bunda erfindet das Genre des Familienromans mit ihrem ›Glück der kalten Jahre‹ gewiss
nicht neu, aber sie liefert ein solides Stück zeitgeschichtlicher Literatur ab, das sich – ebenso gut wie
niveauvoll lesbar – über viele lebhafte Jahrzehnte polnischer Geschichte erstreckt. Dabei sind ihr mit
der Mutter und ihren drei Töchtern starke und prägnante Figuren gelungen. Und der eine oder
andere, geistreich verspielte Einfall bleiben gerne länger im Gedächtnis.
Tobias Wrany, Buchhandlung Jost, Bonn
Die so entstandenen Szenen, Miniaturen fast, sind prallvoll mit Leben und schönen Details. Sie
ziehen mitten hinein in eine fremde und doch vertraute Welt.
Stern
Martyna Bunda gelingt das Kunststück, das Private und das Öffentliche der schwierigen polnischen
Nachkriegszeit in einer Romanerzählung miteinander zu verschränken.«
Ulrich M. Schmid, Neue Zürcher Zeitung
Martyna Bunda zeigt in ihrer eindrucksvollen kaschubischen Frauensaga, wie Rozela und ihre
Töchter sich durchbeißen, wie sie die Herausforderungen des Lebens bestehen, ohne sich je zu
unterwerfen.
Günter Kaindlstorfer, ORF
Der Sog dieses Romans entsteht nicht aus der episodisch erzählten Handlung, sondern aus der
Sprache. Der Übersetzer Bernhard Hartmann hat in seiner sorgfältigen und farbigen Übersetzung
jeder Nuance nachgespürt.«
Sieglinde Geisel, SRF
Wer so erzählen kann, muss eine Menge vom Leben verstehen.
Monika Melchert, Sächsische Zeitung
Ein schönes, ein weises Buch.
Newsweek
Es gelingt ihr vortrefflich, einen leichten Ton voller Witz und Esprit anzuschlagen, aber auch dem
Grauen dieser Zeit eine Stimme zu verleihen. Zusätzlich erzeugen die wechselnden
Erzählperspektiven und Rückblenden gekonnt eine innere und äußere Spannung, die zu fesseln
vermag.
Gabriele Fachinger, ekz.bibliotheksservice
Mit ihrem Roman „Das Glück der kalten Jahre“ schildert Martyna Bunda die jüngste polnische
Geschichte dezidiert aus weiblicher Sicht. Damit widersetzt sie sich dem Frauen- und Familienbild der
nationalkonservativen Regierung, erschafft aber auch eine Art literarischer Programmmusik, in der
der Wille zum Positiven allzu deutlich dominiert.
Katrin Hillgruber, DLF
Eckdaten
Martyna Bunda: Das Glück der kalten Jahre : Roman. Aus dem Polnischen von Bernhard Hartmann. - Berlin: Suhrkamp, 2021.- 317 Seiten.- ISBN 978-3-518-42887-0
Quelle : suhrkamp.de
Dana Grigorcea
Die nicht sterben
Roman
Eine junge Bukarester Malerin kehrt nach ihrem Kunststudium in Paris in den Ferienort ihrer Kindheit an der Grenze zu Transsilvanien zurück. In der Kleinstadt B. hat sie bei ihrer großbürgerlichen Großtante unter Kronleuchtern und auf Perserteppichen die Sommerferien verbracht. Eine Insel, auf der die kommunistische Diktatur etwas war, das man verlachen konnte. „Uns kann niemand brechen“, pflegte ihre Großtante zu sagen. Inzwischen ist der Kommunismus Vergangenheit und B. hat seine besten Zeiten hinter sich. Für die Künstlerin ist es eine Rückkehr in eine fremd gewordene Welt, mit der sie nur noch wenige enge Freundschaften und die Fäden ihrer Familiengeschichte verbinden. Als auf dem Grab Vlad des Pfählers, als Dracula bekannt, eine geschändete Leiche gefunden wird, begreift sie, dass die Vergangenheit den Ort noch nicht losgelassen hat – und der Leitspruch ihrer Großtante zugleich der Draculas ist. Die Geschichte des grausamen Fürsten will sie erzählen. Am Anfang befürchtet sie, dass sie die Reihenfolge der Geschehnisse verwechseln könnte. Dann wird ihr klar: Jede Reihenfolge ergibt einen Sinn. Weil es in der Geschichte nicht um Ursache oder Wirkung geht, sondern nur um eines: Schicksal. Inzwischen aber ist es für jede Flucht zu spät.
Pressestimmen
Die nicht sterben, ein politischer Vampirroman. Für mich war‘s Liebe auf den ersten Biss.
Denis Scheck in "Druckfrisch" ARD
Dana Grigorcea ist ein unglaubliches schriftstellerisches Talent. Interessant ist nicht nur die Dracula-Geschichte, sondern auch die Szenen und Bilder, mit denen sie das postkommunistische Rumänien beschreibt. Und in was für einer unglaublich mystischen, physischen Sprache sie es beschreibt!
Milo Rau im Literaturclub des Schweizer Fernsehens
eine so verträumte wie beinharte Schauergeschichte (...) ein fantastischer, aber illusionsfreier, frei flottierender Blick auf Schrecken und Alltag der rumänischen Gesellschaft vor und nach Ceausescu
Judith von Sternburg , Frankfurter Rundschau
Diese Schriftstellerin hat Wichtiges zu erzählen, stochert nicht im Befindlichkeitsnebel der eigenen Identität herum (...) Grigorcea wirbelt vergangenen und aktuellen Horror so geschickt durcheinander, dass ihr literarisches Programm, das man vielleicht Subversion durch Affirmation nennen könnte, am Ende aufgeht.
Carsten Otte , Der Tagesspiegel
Es ist eine kunstvolle Dracula-Geschichte, ein Künstlerinnen-Roman, eine Farce, und das alles erzählt mit großer Sprachkraft.
Ulrich Rüdenauer , SWR 2
Im Vorübergehen zaubert sie eine neue literarische Gattung aus dem Hut, wobei es einen lediglich wundert, dass es sie noch nicht längst gibt: den politischen Schauerroman.
Roman Bucheli , Neue Zürcher Zeitung
(eine) schauerromantisch aufgeladene Groteske, in der die Vergangenheit und die Gegenwart kunstvoll und hochkomisch ineinander verwirbelt sind.
SWR Bestenliste, Mai 2021
Eckdaten
Dana Grigorcea: Die nicht sterben. Roman. – München: Penguin, 2021. - 260 Seiten. - ISBN 9783328601531
Quelle :Penguin Random House
Steffen Mensching
Schermanns Augen
Roman
Eben noch war Rafael Schermann in der Wiener Caféhaus-Szene ein bunter Hund, bekannt mit Gott und der Welt von Adolf Loos, Oskar Kokoschka, Magnus Hirschfeld bis zu Else Lasker-Schüler, Herwarth Walden, Ehrenstein, Döblin, Bruckner, Eisenstein, Stanislawski, Piscator… Selbst der scharfzüngige Karl Kraus erhoffte sich von Schermanns graphologischer Begabung beim Deuten von Briefhandschriften entscheidende Hilfe in seinem Liebeswerben um Sidonie Nádherný…
Und jetzt landet dieser schillernde Mann völlig abgerissen und todkrank als Gefangener am Ende der Welt, hundertfünfzig Kilometer östlich von Kotlas an der Bahntrasse nach Workuta im Lager Artek. Sofort zieht einer, der aus Handschriften Vorhersagen ableiten kann, außerordentliches Interesse auf sich, ob nun das des Lagerkommandanten (selbst der kann nicht sicher sein, ob er morgen Chef eines größeren Lagers sein oder man ihn erschießen wird) oder das seiner Mitgefangenen, »achthundert Männer, zweihundert Frauen. Eine echte sowjetische Großfamilie… jeder weiß alles vom anderen und wünscht ihm die Krätze an den Hals.« Und dann behauptet Schermann noch, kein Russisch zu können, und beansprucht einen Übersetzer. Steffen Mensching stellt ihm den jungen deutschen Kommunisten Otto Haferkorn an die Seite. Das ungleiche Paar, mal Herr und Knecht, mal Don Quijote und Sancho Pansa, kämpft ums Überleben unter brutalen, absurden Verhältnissen im mörderischen Räderwerk des zwanzigsten Jahrhunderts.
Zwölf Jahre hat Steffen Mensching an seinem opus magnum gearbeitet, es ist ein großer Wurf geworden.
(Klappentext)
Ein Gulag-Roman mit deutschen und österreichischen Protagonisten. Eine Rückschau ins Wien der zwanziger Jahre. Ein Roman, der ins Zentrum des 20. Jahrhunderts führt.
Pressestimmen
von einer Sprach- und Beschreibungsdichte, die man seit der „Ästhetik des Widerstands“ von Peter Weiss in der deutschsprachigen Belletristik nicht mehr gesehen hat
Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Ich stehe fassungslos vor dieser Leistung. (…) diese Fülle zu entdecken, aufzufinden und dann dieses riesige Wissen zu organisieren, das dann ein richtiger, ein wundervoller Roman wird – alle Preise der Welt gebühren dem Autor.
Christoph Hein, Autor
So gelingt es dem Text ein kulturell-politisches Sittenbild der Zeit zwischen den Kriegen zu zeichnen. Ein wunderbarer Roman
Hans-Michael Marten, MDR »artour«
Dem Leser steht eine faszinierende Lektüre bevor.
Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Mensching (triumphiert) als Erzähler
Christoph Dieckmann, Die ZEIT
Eine Wucht von einem Roman, der seine Leser anregend beschäftigt.
Cornelia Geißler, Frankfurter Rundschau
"Schermanns Augen" ist ein außergewöhnliches literarisches Ereignis.
Michael Opitz, Deutschlandfunk Kultur
Man wird dieses beeindruckende Werk so schnell nicht vergessen können.
Lothar Struck, SWR2 Lesenswert
Sowohl sprachlich als auch inhaltlich der ganz große Wurf.
Ulf Heise, MDR Kultur
Eckdaten
Steffen Mensching: Schermanns Augen. Roman. - Göttingen, Wallstein Verlag, 2018. - 820 Seiten. - ISBN 9783835333383
Quelle : Wallstein Verlag
Lena Gorelik
Wer wir sind
Sankt Petersburg/Ludwigsburg 1992. Ein Mädchen reist mit den Eltern, der Großmutter und ihrem Bruder nach Deutschland aus, in die Freiheit. Was sie dafür zurücklässt, sind ihre geliebte Hündin Asta, die Märchen-Telefonnummer und fast alles, was sie mit Djeduschka, Opa, verbindet – letztlich ihre Kindheit. Im Westen merkt die Elfjährige, dass sie jetzt eine andere und «die Fremde» ist. Ein Flüchtlingskind im selbstgeschneiderten Parka, das die Wörter so komisch ausspricht, dass andere lachen. Auch für die Eltern ist es schwer, im Sehnsuchtswesten wächst ihre russische Nostalgie; und die stolze Großmutter, die mal einen Betrieb leitete, ist hier einfach eine alte Frau ohne Sprache. Das erst fremde Deutsch kann dem Mädchen helfen – beim Erwachsenwerden, bei der Eroberung jenes erhofften Lebens. Aber die Vorstellungen, was Freiheit ist, was sie erlaubt, unterscheiden sich zwischen Eltern und Tochter immer mehr. Vor allem, als sie selbst eine Familie gründet und Entscheidungen treffen muss.
Ein autobiographischer Roman, der zeigt, dass die Identität gerade im Zwiespalt zwischen Stolz und Scham, Eigensinn und Anpassung, Fremdsein und allem Dazwischen stark wird. «Wer wir sind» erzählt, wie eine Frau zu sich findet – und wer wir im heutigen Deutschland sind.
Pressestimmen
Eine schwebende, oft beglückende Sprache.
ZDF "Das blaue Sofa Buchmesse", 27. Mai 2021
Es geschieht selten, sehr selten, dass ich ein Buch lese, das mich derart trifft, das so eine eigene Klangfarbe, so eine tiefe Klugheit hat, dass es einem den Atem verschlägt.
Carolin Emcke, Twitter, 20. Mai 2021
Wichtig, spannend und auf jeden Fall sehr lesenswert.
Die Presse, 5. Juni 2021
Lena Gorelik geht mutig und offen an ihre Schmerzstellen, erkundet in wunderbarer Sprache ihre Selbstwerdung, eine sehr persönliche und doch ungemein politische Geschichte.
3Sat "Kulturzeit", 28. Mai 2021
Lena Gorelik schreibt in eindrücklichen Bildern ... Gerade in dem Versuch, unterschiedliche Lebenserfahrungen miteinander in Bezug zu setzen und zu versöhnen, ist 'Wer wir sind' auch ein sehr aktuelles Buch.
MDR, 27. Mai 2021
Man hat das Gefühl, dabei gewesen zu sein, so knisternd beschreibt Lena Gorelik Familienszenen.
NDR Kultur "Neue Bücher", 19. Mai 2021
Was hält Familie zusammen, wenn Hoffnungen, Lebensumstände auseinanderdriften? Für Lena Gorelik sind es tiefe Gefühle, die irgendwann gepflanzt worden sind - und für immer bleiben.
Bayern 2, 19. Mai 2021
Voller Melancholie und auch Poesie ... ein Geschenk.
Bayern 2, 18. Mai 2021
Springt leichtfüßig zwischen zarter Melancholie und trocken-lakonischem Witz.
Münchner Merkur, 18. Mai 2021
Eine herausragende Romanautorin ... 'Wer wir sind' ist Lena Goreliks Geschichte. Sie schenkt sie uns.
Thibaud Schremser, Saarländischer Rundfunk SR 2 Kulturradio, 18. Mai 2021
Eine eigenwillige Liebeserklärung; an die Eltern, die Großeltern, den ertrunkenen Onkel. Gleichzeitig das Zeugnis einer Selbstermächtigung ... Ja, dieses sehr persönliche, in seinen vielen kreisenden Suchbewegungen berührende Buch ist auch eine Liebeserklärung an ein Leben zwischen zwei Sprachen.
SZ Extra, 12. Mai 2021
Lena Gorelik erzählt elegant, fließend und mit viel Witz und Tiefe und ragt aus der Schar der jungen, hervorragenden deutschen Autoren weit heraus.
WDR 5
Eckdaten
Lena Gorelik: Wer wir sind. Roman. - Berlin, Rowohlt Verlag, 2021. - 320 Seiten. - ISBN: 978-3-7371-0107-3
Quelle : rowohlt.de
Dmitrij Kapitelman
Eine Formalie in Kiew
Eine Formalie in Kiew ist die Geschichte einer Familie, die einst voller Hoffnung in die Fremde zog, um ein neues Leben zu beginnen, und am Ende ohne jede Heimat dasteht. Erzählt mit dem bittersüßen Humor eines Sohnes, der stoisch versucht, Deutscher zu werden. Dmitrij Kapitelman kann besser sächseln als die Beamtin, bei der er den deutschen Pass beantragt. Er ist dem deutschen Grundgesetz treuer als der Security-Nazi am Eingang der Behörde. Nach fünfundzwanzig Jahren als Landsmann, dem Großteil seines Lebens, wird es Zeit. Höchste Zeit sogar –was, wenn die Faschisten im Osten bald wieder regieren? Aber der Bürokratie ist keine Formalie zu klein, wenn es um Einwanderer geht. Die Beamtin verlangt eine Apostille aus Kiew. Also macht sich Kapitelmann auf die Reise in die Stadt, in der er zur Welt kam und mit der ihn nichts mehr verbindet, außer Kindheitserinnerungen. Schön sind diese Erinnerungen, warten doch darin liebende, unfehlbare Eltern. Und schwer, denn gegenwärtig ist die Familie zerstritten. Bis das Schicksal sie in Kiew wieder zusammenführt.
Pressestimmen
Erst durch dieses Buch ist das Verstehen der Migration, des Nicht-Dazugehörens und des Dazwischen möglich.
Olga Grjasnowa
Dmitrij Kapitelman schreibt über Liebe und Entwurzelung auf eine Art und Weise, die uns allen im Herzen vertraut ist.
Lilly Brett
Kapitelman hat einen wachen Blick und beweist in seinem Roman eine enorme Beobachtungsgabe. Dieses Buch zu lesen ist ein großes Vergnügen. ... ein großes Sprachtalent.
WDR2
Kapitelman verhandelt ... ein Bewusstsein für die Fluidität von Zugehörigkeiten, den Wandel und das Nebeneinander von Identitäten, für Widersprüche, die nur von außen wie Widersprüche wirken.
Sonja Zekri, Süddeutsche Zeitung
Das ist ungeheuer liebevoll ... es ist so, dass es einem die Tränen der Rührung in die Augen treibt. Man möchte diesem Autor danken für diesen wunderschönen Text.
Annemarie Stoltenberg, NDR Kultur
Es liest sich gut weg. Kapitelmann ... hat einen hat einen eingängigen Sound, den bewies er schon im wunderbaren Debüt "Das Lächeln meines unsichtbaren Vaters". Auch in der "Formalie" findet er an der richtigen Stelle zärtliche Worte.
Andreas Scheiner, Neue Zürcher Zeitung
Ein sprachliches Feuerwerk. ... Dmitrij Kapitelman erzählt mit viel Humor und sprachlicher Fantasie ...immer wieder erfrischend selbstironisch. ... Er vermittelt auf eindrückliche Weise die prekäre Situation des zwischen den Stühlen sitzenden Migranten, der dazu noch von den ambivalenten Gefühlen gegenüber seinen Eltern gebeutelt wird.
Fokke Joel, Die Tageszeitung
Zum Heulen witzig ... Dieses Buch nimmt mit auf eine sehr persönliche Reise in ein Land, das allen Klischees widerspricht, um einige dann doch, aber anders als erwartet, zu bestätigen. Es führt in eine vieldeutige Sprachwelt ein ... und ist vor allem eine Einladung zum Dialog.
Natascha Freundel, rbb Kulturradio
Solche Passagen, wie sie Kapitelman gelingen, kann kaum ein Gegenwartsautor in dieser heiteren Anmut und Zärtlichkeit unserer Sprache entlocken. ... Man begleitet diesen Helden und lässt sich verzaubern von einem schier unverwüstlich wirkenden Glauben an Menschlichkeit.
Annemarie Stoltenberg, NDR Kultur
Kapitelman erzählt voller Witz, Wärme und Esprit. ... Dmitrij Kapitelman schreibt witzig wie Saša Stanišic, zärtlich-sentimental wie Joseph Roth und ethnografisch genau wie Emilia Smechowski.
Marc Reichwein, Die Welt
Lehrreich, vor allem aber mit einem wunderbaren Humor beschrieben. Das macht stilistisch Freude, ist wortgewandt und gedankentief.
Matthias Schmidt, MDR Kultur
Es geht Kapitelman stark ums Sprachliche. Nicht nur, dass er sächsischen Zungenschlag gut schriftlich zu imitieren weiß, er liefert in seinem Buch auch eine Sprachphänomenologie des Postsozialismus. Und das nicht in platt denunziatorischer Weise, sondern satirisch zugespitzt vor allem über seine Eigenschaft als Doppelsprachler: ... So dient "Eine Formalie in Kiew" auf höchst intelligente Weise der Völkerverständigung – im buchstäblichen Sinne. Obwohl das Buch voller Klischees steckt, deren Richtigkeit es aber lustvoll zu belegen versteht.
Andreas Platthaus, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Kapitelman stößt eine Lachluke auf, durch die Licht in die düsteren Debatten unserer Zeit dringt. ... Erhat ein zärtliches Buch geschrieben: zärtlich seiner alten Heimat gegenüber und seiner neuen, seinem Vaterland und seiner Muttersprache, seinem Papa und seiner Mama. Ein Buch mit zärtlichem Humor vor allem, jeder Witz eine Liebkosung. Eine große Eltern-Sohn-Liebesgeschichte, ein Plädoyer für mehr Herz und weniger Formalien.
Tobias Becker, Spiegel Online
Ein wunderbar tragisch-komisches Buch über die Auswirkungen von Migration.
Mareike Ilsemann, WDR5
Dmitrij Kapitelman erzählt seelenvoll und produziert doch in keinem Moment Kitsch. Sein Roman ist eine ‚schmerzsozialisierte‘, dabei unverhohlen zärtliche Liebeserklärung an ein Elternpaar, dem es nicht gegeben war, in Deutschland heimisch zu werden. Dass Nationalitäten etwas Gleichgültiges sind und nicht wert, Bindungen zu ruinieren, ist das Resümee der meisterhaft unbeschwert erzählten und doch so traurigen Geschichte.
Sigrid Brinkmann, Deutschlandfunk Kultur
Eckdaten
Dmitrij Kapitelman: Eine Formalie in Kiew. Berlin; Hanser Verlag 2021. – ISBN 9783446269378
Quelle : Hanser Literaturverlage
Nadine Schneider
Drei Kilometer
Roman
Rumänien 1989: Die Hitze ist drückend, das Getreide steht hoch, sonst würde man bis zur Grenze sehen können. Der Gedanke an Flucht liegt verlockend und quälend nahe, noch weiß niemand, was kommt und was in ein paar Monaten Geschichte sein wird. In einem Dorf im Banat, weit weg von Bukarest, dem Machtzentrum des Ceaușescu-Regimes, erlebt Anna einen Spätsommer von dramatischer und doch stiller Intensität. Sie ist hin- und hergerissen, nicht zuletzt zwischen Hans, ihrem Geliebten und Misch, dem gemeinsamen Freund. Bei wem will sie bleiben? Mit wem will sie gehen? Und ist Hans tatsächlich ein Spitzel, wie Misch vermutet? Mit diesen Fragen bewegt sich Anna plötzlich gefährlich nahe an der Grenze zwischen Treue und Verrat.
Atmosphärisch dicht und schnörkellos erzählt Nadine Schneider von den persönlichen Verstrickungen in einer Zeit vor dem politischen Umsturz. Und davon, was es braucht, um zu bleiben – oder was es bedeutet, sein Land zu verlassen, für sich und die, die man zurücklässt.
Pressestimmen
Bei diesem Debüt ist das große Weltenbeben oft nicht mehr als ein Hintergrundrauschen, vor dem sich dennoch existenzielle Konflikte abspielen und Liebe und Loyalität, Zugehörigkeit und Identität oder einfach nur das Ende der Jugend mit einer souveränen Lässigkeit geschildert werden. Nadine Schneiders Roman ist wie ein Lied, das man nicht oft genug hören kann. Und daher will ich für die Zukunft nicht ausschließen, 'Drei Kilometer' noch ein viertes, fünftes oder sechstes Mal zu lesen.
Jan Brandt in seiner Laudatio zum Fuldaer Förderpreis
Noch ist die Zeit für den Aufstand nicht gekommen, doch die Risse sind unübersehbar für das Auge der sensiblen Erzählerin. Wie die Hunde im Roman hat sie ein außerordentliches Gespür für die zwischenmenschlichen Beziehungen, für die Zeichen eines kommenden Umsturzes. … Ein Roman, der weniger Schockwellen auslöst als vielmehr ein Gefühl der Unausweichlichkeit.
Elmar Schenkel, FAZ
Das Bestechende an "Drei Kilometer" ist der Umstand, dass seine Autorin nichts versucht, was sie nicht auch beherrscht. Das ambitionierte Metapherngedröhne, das so manches hoch gelobte deutschsprachige Debüt in diesem Jahr charakterisierte, fehlt bei Nadine Schneider ebenso wie staatstragende politische Eindeutigkeit. Schneiders Sprache ist durchsetzt und grundiert von poetisch aufgeladenen Beobachtungen und Beschreibungen, doch bleibt der Blick der Erzählerin stets auf die engen Verhältnisse fokussiert. Es zählt das, was gerade ist.
Christoph Schröder, Die Zeit
Ein unsentimentaler Ton, in den gerade so viel verhaltenes Gefühl gelegt wird, dass die erzählerische Distanz nie aufbricht. […] Nadine Schneider versteht es, mit Nuancen umzugehen, und bei der Lektüre vergisst man, dass es sich um ein Debüt handelt – so dicht und klar und souverän ist diese Prosa.
Gerhard Zeilinger, Der Standard
Sehr gelungen.
Gundula Ludwig, NZZ am Sonntag
Die in Berlin lebende Autorin hat ein schmales, aber beeindruckendes Romandebüt vorgelegt, das gerade aufgrund der sprachlichen Lakonie und der Zurück-genommenheit der Figuren atmosphärisch eine Situation auferstehen lässt, die fernab und im Wirbel der deutschen Wende untergegangen ist.
Ulrike Baureithel, Freitag
Mit diesem Roman ist Nadine Schneider ein fesselndes Sittengemälde des rumäniendeutschen Dorfes in der Endzeit des Sozialismus gelungen. Die Zerrissenheit der Helden zwischen Bleiben und Gehen bestimmt ihr Leben im Provisorium. Trotz gewissem Pathos kommt das schmale Bändchen mit einer gewinnenden Leichtigkeit daher […] ein gelungenes Debüt.
Edith Ottschofski, Deutschlandfunk
Anhand von Gesprächsthemen der Figuren oder Details aus dem Alltag […] wird die Geschichte historisch und kulturell eingebettet, ohne dass das Lokalkolorit aufdringlich würde […] Mit genauem Blick auf einen Augenblick der Weltgeschichte und ihrer unaufgeregten Erzählstimme gelingt der Autorin ein literarisches Zeitdokument, […] eine glaubhafte Geschichte über die Verflechtung persönlicher und politischer Umbrüche.
Veronika Zwing, Allgemeine Deutsche Zeitung für Rumänien
Dieser Roman sticht aus der literarischen Masse hervor, weil er auf laute Töne sowie epische Breite verzichtet – und dennoch einiges zu erzählen hat. […] Leise und mit präziser Bildsprache erzählt Nadine Schneider von dramatischen Zeiten. Und nicht zuletzt zeigt sie uns, dass gute Literatur auch berühren darf.
Begründung Shortlist "Das Debüt" 2020
Eckdaten
Nadine Schneider: Drei Kilometer. Roman. Salzburg: Verlag Jung und Jung, 2019. – 160 Seiten. - ISBN 978-3-99027-236-7
Quelle : Jung und Jung
Maya Lasker-Wallfisch
Briefe nach Breslau
Meine Geschichte über drei Generationen
Dort, wo Maya aufwächst, herrscht Schweigen. Die deutsche Vergangenheit, der Holocaust, den die Mutter als Cellistin im Orchester von Auschwitz überlebt – davon wird nicht gesprochen. Dennoch entkommt Maya den Verwundungen der Eltern nicht, ein stabiles Leben scheint unmöglich. Sie treibt durch das London der Siebziger. Zu lange Nächte, Drogen, Schulden, die falschen Typen, eine Flucht nach Jamaika, bei der sie fast stirbt ... Um zu überleben, das ist Maya schlagartig klar, muss sie das Schweigen überwinden. Sie beginnt zu schreiben: Briefe nach Breslau an die von den Nazis ermordeten Großeltern. Stück für Stück setzen ihre Worte eine Familie wieder zusammen, erzählen die Geschichte dreier Generationen im Spiegel der größten Katastrophe des 20. Jahrhunderts. Dieses Buch ist der Versuch einer Rettung. Maya Lasker-Wallfisch schreibt darin an gegen die Sprachlosigkeit, mutig und gefühlvoll. Sie macht erfahrbar, wie ein transgenerationales Trauma das eigene Leben bestimmt, wie die eigene Geschichte immer abhängt, von dem, was zuvor geschehen ist.
Pressestimmen
Maya Lasker-Wallfisch schreibt mit ihren Briefen nach Breslau eine ergreifende Familiengeschichte – und eine moderne Theorie der Erinnerung.
Manuel Brug, DIE WELT
Mayas mutiges Buch hat das Verständnis für transgenerationelle Übertragungen, den Blick auf mehrere Generationen in historischen Kontexten, stark bereichert. Es erinnert an die gefährlichen psychologischen und politischen Hinterlassenschaften der Nazi-Diktatur und beweist, dass der destruktive Bann der Vergangenheit gebrochen werden kann.
Alexandra Senfft, Der Freitag
... ein eindrucksvolles Buch.
Marta Kijowska, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Berührende Erzählung über das nachwirkende Trauma, die Schoah überlebt zu haben.
Focus
Sie schildert unumwunden die brüske Art ihrer Mutter und klagt dennoch nicht an. Es ist kein Buch der Wut, der Abrechnung, des Zorns, sondern eine Erzählung der Verzweiflung, der nachgetragenen Trauer, der Zärtlichkeit. Erst durch das Schreiben, sagt die 62-jährige Maya Lasker-Wallfisch, wisse sie, wer sie sei, erst jetzt könne sie sich sehen und werde gesehen.
Gabriele von Arnim, Deutschlandfunk Kultur
Familien‐Traumata vererben sich überall, auch an die Kriegskinder und Enkel in Deutschland und anderswo. Daher ist es für jeden Menschen, den die Entwicklung der kriegstraumatisierten Seelen interessiert, ein unbedingt empfehlenswertes Werk.
Maria Ossowski, rbb
Ihre klugen und nicht belehrenden Briefe nach Breslau verdienen viele Leser, die neue Eindrücke und manche Erklärungen über den Holocaust und seine Opfer gewinnen mögen und darüber hinaus eine einzigartige Familiengeschichte erzählt bekommen.
Hans Begerow, Nordwest-Zeitung
Ein hochinteressantes und tief berührendes Buch.
Münchner Merkur
Ein wichtiges Buch, das auf eindringliche Weise deutlich macht, wie sich der Holocaust nicht nur auf die Überlebenden, sondern auch auf die zweite Generation ausgewirkt hat, auf die Kinder der Überlebenden, die nichts über die Familiengeschichte wussten, da ihre Eltern sie vor dem Wissen um das Grauen der Shoah schützen wollten und daher lange Zeit geschwiegen haben.
Doris Hermanns, aviva-berlin
Briefe nach Breslau ist ein Buch, das berührt. Maya Lasker-Wallfisch schreibt einfühlsam und schafft es, ein sensibles Thema lebendig zu porträtieren.
Peter Sawicki, Deutschlandfunk
Eckdaten
Maya Lasker-Wallfisch: Briefe nach Breslau. Meine Geschichte über drei Generationen. Berlin: Insel Verlag, 2020. 254 Seiten ISBN 9783458178477
Quelle : Suhrkamp
Michael Eskin
"Schwerer werden. Leichter sein."
Gespräche um Paul Celan. Mit Durs Grünbein, Gerhard Falkner, Aris Fioretos und Ulrike Draesner
Aus dem Inhalt:
Das vorliegende Buch ist Frucht und Zeugnis meines Versuchs im Kreise Anderer mit und um Celan zu sprechen. Die Gespräche wurden schriftlich über einen Zeitraum von mehreren Monaten geführt. Alle Gesprächspartner sind Celan tief verbunden und sprechen ihn in den verschiedensten Registern und Tönen auf je eigene, besondere Weise weiter. (…) Mich zumal hat jedes Gespräch nicht nur Paul Celan neu sehen, hören und sprechen gelehrt… Möge es Ihnen ebenso ergehen.
Auf den Namen Celan stieß ich zum erste Mal bei dem Philosophen Adorno. (…) Als ich dann die „Todesfuge“ las, war ich überrascht, wie einfach er sich ausdrückte. Ich hatte, weiß Gott was erwartet, dunkle hermetische Texte, von enormem Schwierigkeitsgrad – und dann das. (…) was ich damals erfasste, war, dass es um eine Scham ging, um eine große Scham. Die Scham dessen, der er sich dafür schämte, dass offenbar kaum einer unter den Menschen seiner Zeit sich schämte. (…) Das Thema seiner Scham ist mir seither nicht mehr aus dem Kopf gegangen. Wieso schämte sich dieser feine Mensch so sehr für seine Mitmenschen, dass er immer dünnhäutiger wurde, immer misstrauischer auch, ja geradezu paranoid, bis er es schließlich nicht mehr aushielt und nur noch verschwinden wollte? Man konnte sein Werk aus mehreren Perspektiven lesen. Als eine Anklage der deutschen Judenmorde und der Verdrängung dieses Verbrechens nach dem Krieg. Als einen Versuch, vor dem schrecklichen Realitätsprinzip Geschichte in die Dichtung abzutauchen (…).
Sein ganzes Werk ist ein Momento mori - ein Zuruf an die Lebenden im Namen der Ermordeten und Verstoßenen. Geschichtsschreibung aus der Sicht der Verlierer, wie Walter Benjamin sie gefordert hat.
Ich war ein früher Leser Celans. Ich stieß auf ihn bereits Ende der Sechzigerjahre, (…) Der Eindruck dieser Gedichte war damals so stark, dass mir augenblicklich bewusstwurde, wie groß die Gefahr war, ihrer Ausdruckswelt zu nahe zu kommen, wo ich doch selbst gerade dabei war, eine eigene poetische Sprache zu entwickeln.
(…) die Unbedingtheit Celans in seiner Dichtung (wie in seinem Leben) ist evident: Da gibt es nirgends Kompromiss, keine Kniefälle vor dem Leser, keine Retouchen, keine Verhandlungsangebote. Celan bleibt immer im innersten Bezirk der Gefahrenzone von Sprache, bedingt durch die Erfahrung von Terror und Schmerz. Zum Thema Unbedingtheit schreibt Jaspers: "Nur wer sich in der Grenzsituation bedingungslos zur eigenen Existenz bekennt, erfährt die Unbedingtheit dieser Existenz und die Freiheit, die daraus entspringt und zum Selbstsein führt."
(…) wer vermöchte, von uns heutigen Dichtern, ein Urteil abzugeben über Paul Celan, der uns doch alle überragt, an Form und Imagination, an Schicksal und an Bedeutung, sowohl als Dichter als auch an Mensch.
Ich weiß von niemandem in der Nachkriegslyrik, der sich besser in der Philosophie und der Ästhetik, in der Sprach- und Literaturtheorie auskannte. Das macht es aber schwierig, Celan unvoreingenommen zu lesen. Auch gedanklich ist sein Dichten auf Augenhöhe mit den Texten der Denker.
Nimm den Farbenkreisel, den wir alle aus unserer Kindheit kennen. (…) Wenn der Kreisel sich schnell genug dreht, erscheinen die unterschiedlichen Farben fürs menschliche Auge als eine einzige, aus vielen Segmenten zusammengesetzte Mischfarbe – eben als Grau. Wenn die Rotationsgeschwindigkeit wieder sinkt, treten die einzelnen Töne und Schattierungen, die Nuancen und Übergänge, erneut hervor. Ich nehme Celans „graue Sprache“ gerne so wahr: als einen versteckten Regenbogen, der vom Leser Geduld und Feingefühl fordert. Wie sagte er einmal als man seiner Dichtung wieder mal Unverständnis vorwarf? – Lesen Sie! Immerzu lesen, das Verständnis kommt dann von selbst! – Celans sprach-spektrale Gebilde wollen irisieren.
(…), weil Buchstaben sowie einzelne Laute mich seit jeher anzogen. Ich bin Linkshänderin und lese oder schreibe gerne gleichermaßen von links oder rechts.So begann ich Celan zu lesen – und mochte was ich fand, mochte die Würfelform der Worte. Diese Dichte, jedes ein Planet, mit Schwerkraft – etwas was Licht biegt. Licht blitzte dort, leuchtete mir ein. War es doch verbunden mit nur gezeichneten, durch Licht kopierten Häusern, mit Geräuschen und ihren Veränderungen, mit dem Tragen von etwas, das nicht verloren gehen durfte, verbunden mit etwas das Heimat hieß, aber immer ein anderer Ort sein musste als jener, an dem man sich befand. Mich berührte ebenfalls, dass ich nicht "alles" verstand, aber immer nachdenken/nachhören konnte.
In der Begegnung mit Celans Sprach(en)welten verstand ich, dass es Möglichkeiten gibt, in das, was mich umgab (der Sprachgebrauch, die Normalität), Löcher zu schneiden. Festgefügtes in Bewegung zu setzten (Türme). Dafür den Wort-Schatz herzunehmen (Etymologie, Fachsprache). Und das eben dies, das Umdefinieren der Zeichen, das Neu-Beatmen, Poesie heißt
Pressestimmen
Eskins Gespräche (…) zeigen in ihrer sensiblen wie gelehrten Verspieltheit (…), wie lebendig Celan ist und wie produktiv der Umgang mit seinem Werk.
Jochen Hieber, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Eckdaten
Michael Eskin: „Schwerer werden. Leichter sein.“ Gespräche um Paul Celan. Mit Durs Grünbein, Gerhard Falkner, Aris Fioretos und Ulrike Draesner. - Göttingen: Wallstein Verlag, 2020.- 176 Seiten. - ISBN 9783835336315
Quelle : Wallstein Verlag
Helmut Böttiger
Celans Zerrissenheit
Ein jüdischer Dichter und der deutsche Geist
Helmut Böttiger wirft einen ganz neuen Blick auf den Dichter und räumt mit vielen Mythen und Vorurteilen rund um Celan auf. Von den Rechten, die ihn faszinierten, abgelehnt; von Linken bewundert, die ihn missverstanden. An kaum einem deutschsprachigen Autor zeigen sich die Verwerfungen der Nachkriegszeit deutlicher als an Celan. Während mit Heidegger, Jünger u.a., die konservativen Vertreter des Deutschen Geists Celan ablehnten, waren dessen Verehrer Böll, Grass, Enzensberger dem Dichter fremd. Auf Knüppelpfaden und Holzwegen war er unterwegs, der Ausnahmedichter Paul Celan. Bis heute ist das Bild, das man sich von ihm macht, geprägt von Missverständnissen, falschen Vorstellungen und heroischen Romantisierungen. Zum “Schmerzensmann” und in die Rolle des “jüdischen Opfers” stilisiert; wurde der Dichter auf vertrackte Weise ein “ideales Vehikel für die allgemeine Verdrängung”, so Helmut Böttiger. Seine Todesfuge avancierte zum Schulgedicht, der Rest des Werks trat dagegen zurück. Dass Celans Suche nach einer neuen dichterischen Sprache ihn paradoxerweise (vergeblich) die Nähe von Ernst Jünger, des von Celan “Denk-Herrn” genannten Martin Heidegger oder sogar Figuren wie Rolf Schroers suchen ließ, während er mit der Sprachhaltung seiner Förderer Böll und Grass wenig anfangen konnte, wurde dabei oft übersehen oder passte nicht ins Bild. Helmut Böttiger zeichnet Leben und Werk Celans auf dem Hintergrund des literarischen Betriebs seiner Zeit. Heraus kommt dabei ein ganz neuer Blick auf Celan.
Pressestimmen
Ein Essay, der auf 170 Seiten den verqueren Links-rechts-Magnetismus des Dichters zwischen den politisch-ästhetischen Nachkriegsfronten elegant und pointiert zusammenfasst. Man kann ihn mit Gewinn als Einführung in die Welt von Paul Celan überhaupt lesen.
Gregor Dotzauer, Der Tagesspiegel
Mitreißend geschrieben und im Detail von großer Plausibilität.
Ein tiefschürfender Essay, in dem Böttiger sich der vielen Ambivalenzen des Dichters widmet.
Thomas Plaul, Saarländischer Rundunk
Böttiger zeichnet Celan selbst als vielgestaltigen Charakter [...] Celan wird [...] weder zum Helden verklärt, noch auf eine Opferrolle reduziert. Sehr erhellend.
Jan Kuhlbrodt, Signaturen Magazin
Mit großer Eindringlichkeit zeichnet Helmut Böttiger den Spagat nach, den Celan als Holocaustüberlebender beim Verkehr mit Intellektuellen vollzog, die ungewollt oder gewollt in die Mühlen des Hitler-Regimes geraten waren. Er porträtiert ihn als tief verunsicherten Mann, der danach strebte, Brücken über ideologische Gräben zu schlagen. Dass Celan daran scheiterte, beweist sein Suizid.
Ulf Heise, MDR Kultur
Ein brillanter Essay über Deutschland und seine Dichter, auch eine beunruhigende Studie über Projektion als alltäglichen Betriebsunfall in der Literaturgeschichte.
Elke Schmitter, Der Spiegel
Helmut Böttiger, der schon in der Vergangenheit einige wegweisende Bücher über Celan geschrieben hat, gelingt es, mit Witz und Verve, mit Präzision und der Kunst der Verdichtung alle Fragen zu beantworten. (...) Glänzend arbeitet er die Widersprüche dieses Zerrissenen heraus.
Alexander Solloch, NDRkultur Neue Bücher
Aus dem Traum von einer gemeinsamen deutschen Überlieferung, das zeigt Böttiger sehr überzeugend, nährt sich Celans Missverständnis, im Kreis des über den Holocaust beharrlich schweigenden Schwarzwälder Kulturkonservatismus besser aufgehoben zu sein als an der Seite der kritischen deutschen Autoren, die der Dichter in völliger Verkehrung aller Proportionen für seine eigentlichen Feinde hält.
Iris Radisch, Die Zeit
Eckdaten
Helmut Böttiger: Celans Zerrissenheit. Ein jüdischer Dichter und der deutsche Geist. - Berlin: Galiani, 2020. - 199 Seiten. - ISBN 9783869712123
Quelle : Verlag Galiani Berlin
Yvonne Hergane
Die Chamäleondamen
Roman
Pressestimmen
Das Buch besticht durch großen Sprachzauber, viel Herz und eine mitreißende Geschichte. Unbedingt lesen!
Brigitte Wallinger
[Der Roman] bietet mit seiner mehrfach gebrochenen und letztlich zerrissenen migrantisch / postmigrantischen Perspektive ein fast durchgehend gestreutes Gefühl von Unbehaustheit. Nur durch Zusammenhalt, familiär und sozial, kann überhaupt eine Basis des Entgegentretens formuliert werden.
Jonis Hartmann auf fixpoetry
In Zeiten der Pandemie kommt Literatur eine erweiterte Bedeutung zu. Wem ist dieses Buch nahezulegen? Der ›Beipackzettel‹ des Rezensenten zu diesem Buch: Leser, die Tag täglich über ihr Schicksal seufzen, ist dieses Buch dringend empfohlen. Damen sollten es nicht zu hastig lesen – wegen möglichem Schluckauf beim Grinsen. Und Herren sollen sich nicht so anstellen – das Buch tut ihnen bestimmt auch gut. Die knappen Kapitel eignen sich sogar für die Lektüre zwischendurch, beispielsweise in der U-Bahn.
Ortwin-Rainer Bonfert auf dem Blog Sätze und Schätze
Eckdaten
Yvonne Hergane: Die Chamäleondamen: Roman. - Augsburg, MaroVerlag, 2020. - 240 Seiten. - ISBN 978-3-87512-493-4
Quelle : MaroVerlag
Marina Frenk
ewig her und gar nicht wahr
Roman
Kann man sich totstellen, um der sicheren Erschießung zu entkommen? Einen Fluch unschädlich machen, indem man die Tür verriegelt? Den Abschied vergessen und Gefühle auf Leinwand bannen? Kira erzählt ihre Familiengeschichte. Eine Geschichte von Aufbrüchen und Verwandlungen, von Krokodilen und Papierdrachen. Die junge Künstlerin Kira lebt mit Marc und dem gemeinsamen Sohn Karl in Berlin. Sie gibt Malkurse für Kinder, hat lange nicht ausgestellt, lange nichts gemalt – und zweifelt. Ihre Beziehung zu Marc ist sprach- und berührungslos. Ihre leicht verrückte Freundin Nele fragt manches, versteht viel und lacht gern, während Kira glaubt, in die Zukunft zu sehen und die Vergangenheit zu erfinden. In den neunziger Jahren ist sie mit ihren Eltern aus Moldawien nach Deutschland gezogen, irgendwo angekommen ist aber keiner in ihrer russisch-jüdischen Familie. Kira betrachtet nicht nur das eigene Leben, mitunter zynisch und distanziert, sondern auch das ihrer Vorfahren, die sie teilweise nur von Fotos kennt. Sie reist nach New York, Israel und Moldawien, versucht, die Geschichten zu begreifen und in ihren großformatigen Bildern zu verarbeiten.
Marina Frenk findet eine frische, bilderreiche und sehr körperliche Sprache. Ihr eindrückliches, raffiniert gebautes Debüt ist ein Buch über Familie und Herkunft, über Eltern- und Kindschaft. Es ist ein heutiger Künstlerinnenroman und vor allem auch der Roman einer Liebe.
Pressestimmen
Ein hinreißender Debütroman voller Liebe zu den Menschen, mit feinem Gespür für die Verwerfungen der Geschichte. Die aus Moldawien stammende Marina Frenk hat ein humorvolles und poetisches Buch geschrieben: über Herkunft, Liebe und das schmerzhafte Ankommen bei sich selbst.
Carsten Hueck, SWR2
Klar und unverschnörkelt erzählt sie eine nachdenkliche und psychologisch ausgeklügelte Geschichte, die zugleich von gieriger Lebensenergie zeugt. „ewig her und gar nicht wahr“ ist die Geschichte einer Migration, aber eben doch kein Migrationsroman (...) Dieser Debütroman ist erstaunlich, und er ist unbedingt lesenswert. Denn Marina Frenk hat eine Geschichte zu erzählen und die literarischenMittel, sie aufzuschreiben. Ganz ohne Nostalgie und Wehmut liefert sie einen intimenBericht darüber, wie ein Mensch trotz aller Zweifel und Konflikte einen Weg findet, die Bilder der Vergangenheit mit der gelebten Gegenwart zu verbinden.
Stilistisch bewundernswert schreibt sich die in Moldau geborene Autorin (Schauspielerin und Musikerin) Marina Frenk anhand ihrer eigenen Migrationsgeschichte an die alle Zugehörigkeiten kalt zermalmende Gewalt der jüngeren, fatal von Systemen, Nationalitäten und Rassen faszinierten Geschichte heran. Und das geschieht so spielerisch und leichtfüßig, dass wir es zunächst kaum bemerken, weil wir gebannt die höchst gegenwärtige Erzählung über die junge Berliner Malerin Kira verfolgen.
Oliver Jungen, FAZ
... ein mehrdimensionales Werk, dessen zentrale Themen sowohl Entwurzelung als auch Familie und die in der Familie freiwillig oder unfreiwillig geteilte Aufgabe der Erinnerung und Vergegenwärtigung der eigenen Herkunft sind. Herkunft kann dabei zwar an einen Ort gebunden sein, aber: „Das Wesentliche liegt irgendwo anders als in der Geographie“. Wie etwa Kiras Gespräche mit älteren Verwandten nahelegen, kann Herkunft vor allem auch bedeuten, eine geteilte Erinnerungsaufgabe anzunehmen.
Luisa Banki, Literaturkritik.de
Mit den Sprüngen zwischen Zeiten, Orten, unmittelbaren Ereignissen und Fantasien entsteht der Kritikerin zufolge eine außergewöhnliche Erzählung, die mal bitter und dann plötzlich "zärtlich, flink und komisch" sein kann. Ein starkes Debüt!
Behrendt, Tageszeitung
Marina Frenk schreibt dicht und plastisch, mit ungewöhnlichen Sprachbildern, dabei so, als würde sie ein detailreiches Gemälde verfertigen, passend zum Beruf ihrer Erzählerfigur. Es setzt sich zum Beispiel zusammen aus der Flucht von Bessarabien durch die Ukraine und einem traumatischen Kriegserlebnis 1941, aus peinlichen Begegnungen mit den lieben Verwandten in Chisinau 1948. (...)Dieser durch die Zeiten und über die Landstriche gewebte Roman hält durch seine Gedankenfülle in Atem.
Cornelia Geißler, Berliner Zeitung
Eckdaten
Marina Frenk: ewig her und gar nicht wahr. Berlin: Wagenbach Quartbuch, 2020. 240 Seiten. ISBN 978-3-8031-3319-9
Quelle : Verlag Klaus Wagenbach
Alexander Münninghoff
Der Stammhalter
Roman einer Familie
Der findige Großvater mit seiner Firma, ein lebenshungriger Sohn und ein Enkel, der Stammhalter, der entführt werden muss: Zwischen diesen Generationen entspinnt sich die wahre Geschichte vom Niedergang einer Familie im 20. Jahrhundert, nicht durch den Krieg, der gut für die Geschäfte ist, sondern weil jeder für den anderen «nur das Beste» will. Alexander Münninghoff hat aus den vielschichtigen Beziehungen einer Familie, aus der versunkenen Welt zwischen Riga und Den Haag, einen zauberhaften, bewegenden Roman geschaffen.
Der niederländische Kaufmann Joannes Münninghoff führt im baltischen Riga an der Seite seiner schönen russischen Gattin Erica ein mondänes Leben. Allmählich bahnt sich ein Drama an, das mit dem Krieg seinen Lauf nimmt: Sein Sohn Frans geht zur Waffen-SS, der alte Herr setzt sich nach Den Haag ab. Weil Frans nicht zum Erben taugt, gerät der Enkel als Stammhalter ins Visier, doch seine Mutter flieht mit ihm nach Deutschland …
Alexander Münninghoff hat mit dieser wahren Geschichte eine große Familiensaga geschrieben. Mit wunderbarer Leichtigkeit lässt er seine Figuren lebendig werden, beschreibt mit wenigen Strichen unvergessliche Szenen, immer so, dass ein leises Donnergrollen im Hintergrund hörbar ist. Es kündigt nicht die eine große Katastrophe an, sondern die fast unmerkliche Auflösung von Beziehungen, Hoffnungen und Leidenschaften.
Pressestimmen
Man muss unweigerlich an Thomas Manns Buddenbrooks denken. Die erschütterndsten Dramen werden in einem distanzierten Ton erzählt, einen Hauch amüsiert gar, (…) aber das ist sicher die beste Art, einer ergreifenden Familienvergangenheit gerecht zu werden, die reicher ist als jede romanhafte Fiktion.
Le Monde
Eine Geschichte, die schillernder und spannender nicht sein könnte und von Münninghoff trotzdem ganz unaufgeregt und schonungslos erzählt wird.
Roana Brogsitter, Bayern 5
Alexander Münninghoff hat aus den vielschichtigen Beziehungen einer Familie, aus der versunkenen Welt zwischen Riga und Den Haag, einen zauberhaften, bewegenden Roman geschaffen.
Passauer Neue Presse
Hinreißend erzählte Familiengeschichte (…) Lange Zeit nicht mehr so etwas Gutes gelesen.
Dresdner Morgenpost
Eine unglaubliche Geschichte
Nicolas Tribes, WDR 3
Eine solche Familiensaga kann sich ein Autor fiktiver Romane kaum ausdenken. Das muss man erlebt haben.
Saale Zeitung
Eine romanhafte, ganz außergewöhnliche Lebensgeschichte (…). Ein wahres Familiendrama vor den Tragödien europäischer Geschichte.
Südwest Presse
Ein überwältigendes Buch ... Ich habe es atemlos gelesen.
Anna Enquist
Eckdaten
Münnighoff, Alexander: Der Stammhalter. Roman einer Familie.- München: C.H.Beck, 2018.- 333 Seiten. ISBN 9783406727320
Quelle : C.H. Beck Verlag
Iris Wolff
Die Unschärfe der Welt
Roman
Iris Wolff erzählt die bewegte Geschichte einer Familie aus dem Banat, deren Bande so eng geknüpft sind, dass sie selbst über Grenzen hinweg nicht zerreißen. Ein Roman über Menschen aus vier Generationen, der auf berückend poetische Weise Verlust und Neuanfang miteinander in Beziehung setzt.
Hätten Florentine und Hannes den beiden jungen Reisenden auch dann ihre Tür geöffnet, wenn sie geahnt hätten, welche Rolle der Besuch aus der DDR im Leben der Banater Familie noch spielen wird? Hätte Samuel seinem besten Freund Oz auch dann rückhaltlos beigestanden, wenn er das Ausmaß seiner Entscheidung überblickt hätte? In »Die Unschärfe der Welt« verbinden sich die Lebenswege von sieben Personen, sieben Wahlverwandten, die sich trotz Schicksalsschlägen und räumlichen Distanzen unaufhörlich aufeinander zubewegen. So entsteht vor dem Hintergrund des zusammenbrechenden Ostblocks und der wechselvollen Geschichte des 20. Jahrhunderts ein großer Roman über Freundschaft und das, was wir bereit sind, für das Glück eines anderen aufzugeben. Kunstvoll und höchst präzise lotet Iris Wolff die Möglichkeiten und Grenzen von Sprache und Erinnerung aus – und von jenen Bildern, die sich andere von uns machen.
»Es gab Sehnsucht nach etwas, das verloren war, Sehnsucht nach etwas, das sich nicht erfüllt hatte, Sehnsucht danach, etwas zu finden, und manchmal auch danach, etwas zu verlieren.«
Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2020, den Bayerischen Buchpreis in der Kategorie Belletristik 2020 sowie den Wilhelm-Raabe-Literaturpreis 2020
Pressestimmen
So schön hat noch niemand Geschichte zum Schweben gebracht
Stefan Kister, Stuttgarter Zeitung
Es ist der Klang der Sprache, ein weiches Schwingen oft kurzer Sätze, das sofort für Die Unschärfe der Welt einnimmt. […] Er ist ein Zauberkunststück der Imagination, ohne ins Beliebige des bloß Vorgestellten abzudriften.
Meike Feßmann, Süddeutsche Zeitung, 09.09.2020
Jede der sieben Hauptfiguren wird zur Heldin ihrer eigenen, klug pointierten Episode. Das führt nicht nur gegenläufige Perspektiven zusammen, sondern beschert uns auch mit jedem Kapitel den Zauber eines neuen Anfangs.
Georg Leisten, Südwest Presse, 21.8.2020
Es ist der Ruf des Wassers, seine Freiheit, die die Menschen anlockt, und die Kunst, die alle Figuren bei Iris Wolff zu beherrschen lernen müssen, ist, diesem Lockruf nicht einfach zu folgen, den festen Boden der Herkunft nicht leichtfertig aufzugeben und ins funkelnde Unfassbare zu gehen – natürlich eine Metapher für die Ausreise, aber keine, die als Kritik an Menschen zu verstehen wäre, die dem Untragbaren nicht länger standhalten wollen, sondern eine, die jene seelische Last deutlich macht, die auch nach der Befreiung von der Tyrannei nicht abgeschüttelt werden kann.
Andreas Platthaus, FAZ, 27.8.2020
Iris Wolff verfügt über ein unglaublich raffiniertes psychologisches Besteck – ein Instrument mit dem sie ihre Figuren zeichnet. Das ist im Grunde wie Aquarell, aber hinterher hat man wirklich das Gefühl: Wow, das ist wirklich ein großes Panorama, das hier entworfen wurde«. Eine Autorin mit einem traumsicheren Sprachgefühl
Dennis Scheck, WDR2, 30.08.2020
Ihre große Qualität ist vielleicht das, was Peter Handke einmal bezogen auf den Autor Herrmann Lenz poetischen Geschichtsunterricht genannt hat. Das heißt sie hat eine Sprache gefunden, […] um Figuren aufblitzen zu lassen in dem was sie durchmachen müssen. […] Iris Wolff hat wieder einen großen Roman geschrieben.
Rainer Moritz, NDR, 01.09.2020
Iris Wolf erhält an den Rändern der politischen Systeme entlang und überschreitet diese. … Die Autorin erzählt anrührend und aufwühlend, weil sie oft den realen Hintergrund im Unscharfen, ihr Personal und dessen Erlebnisse äußerst plastisch erscheinen lässt.
Cornelia Geißler, Berliner Zeitung, 24.08.2020
Es sind … die Fäden, die sich unsichtbar zwischen den Menschen spannen, die das Buch so besonders machen.
Gabriele Weingartner, RHEINPFALZ, 24. 08. 2020
"Die Unschärfe der Welt" ist sicherlich einer der schönsten, mitreißendsten und feinsten Romane dieses Büchersommers, ja gar dieses Jahres.
Roland Freisitzer, Sand am Meer, 24. August 2020
Ein Glücksfall für die deutschsprachige Literatur.
Gérard Otremba, Sounds & Books, 22. August 2020
Iris Wolff schreibt Literatur, die sich Strömungen verweigert. Zeitlos und zauberhaft.
Jan Haag, Litos, 21. August 2020
Die Autorin erzählt anrührend und aufwühlend, weil sie oft den realen Hintergrund im Unscharfen, ihr Personal und dessen Erlebnisse äußerst plastisch erscheinen lässt. ... Es gibt unerwartete Wiederbegegnungen, manche zu schön, um wahr zu sein, aber der Roman hat seine eigene Wahrheit. Wie gut, dass er zu den Nominierten für den Deutschen Buchpreis gehört.
Cornelia Geißler, Berliner Zeitung, 24. August 2020
Iris Wolff hat Sprachvermögen, das aus den Quartieren ihrer Bildung sowie aus der deutsch-rumänischen Sprachbürgerschaft ein Buch entwickelt hat, das ihr und auch den Leser eine Heimstatt sein kann. Dies vermag nur Literatur von Rang.
Matthias Buth, Herrmannstädter Zeitung, 14. August 2020
Eckdaten
Wolf, Iris: Die Unschärfe der Welt. Roman. Stuttgart: Klett-Cotta, 2020. - 213 Seiten - ISBN 9783608983265
Quelle : Klett-Cotta
Reinhard Rohn
Die sieben Leben des Anton Busch
Roman
Pressestimmen
Das Ergebnis ist ein lebensnahes, gefühlvolles Buch, das nicht nur die großen Ereignisse beschreibt.
Stefan Keim, WDR 4, Bücher
Reinhard Rohn lässt das alte Pommern und das neue Norddeutschland auf einfühlsame Weise wieder lebendig werden.
Christian von Zittwitz, BuchMarkt
Ein wunderbares, gefühlvolles, lebensnahes Buch.
Gabriele Rojek, Der Evangelische Buchberater
Ein wunderbarer Roman, die perfekte Lektüre für lange Stunden im Haus.
Gabriele Haefs, Publik Forum
Anrührend und fesselnd, atmosphärisch dicht und authentisch - ein Roman, der in vielen Bibliotheken gut eingesetzt werden kann.
ekz.bibliotheksservice GmbH
Eckdaten
Reinhard Rohn: Die sieben Leben des Anton Busch: Roman. - München: dtv, 2019. - Originalausgabe. - 448 Seiten. - ISBN 978-3-423-28202-4
Quelle : dtv
Jens Mühling
Schwere See
Eine Reise um das Schwarze Meer
Die Lektüre von „Schwere See“ ist eine der literarischen Reisen, die im #staycation-Sommer 2020 nicht den realen Ortswechsel ersetzen, aber dennoch eindringlich, lohnend und befreiend sein können.
Aus großer Nähe, relevant, poetisch, humorvoll und eindringlich erzählt Jens Mühling von einem Meer zwischen den Trennlinien Europas, von seinen Ufer- und Wasserbewohnern, seinen Strömungen und Migrationswegen, seiner Vergangenheit und Zukunft – und führt uns vor Augen, dass alle Grenzen letztlich fließende sind.
«Ich habe das Schwarze Meer von allen Seiten gesehen, und von keiner Seite war es schwes schwarz. Es war silbrig, als ich im Frühling die noch menschenleeren Strände der russischen Kaukasusküste entlangfuhr. Es wurde blau, als ich im Mai Georgien erreichte. In der Türkei schien es dem Grün der Teeplantagen und Haselnussfelder an seinen Ufern ähnlicher zu werden, und grün blieb es, bis ich im Spätsommer den Bosporus erreichte. Die ersten Herbststürme färbten es braun, als über der Küste Bulgariens die Vögel südwärts und die Touristen heimwärts zogen. Im rumänischen Donaudelta schien der Himmel so tief über dem Meer zu hängen, dass sein bleierner Ton auf das Wasser abfärbte. Als ich die Ukraine erreichte, schoben die Wellen schmutzgraue Eisschollen über die Strände. Erst auf der Krim hellte die Wintersonne das Meer wieder auf, und hier nahm es den Ton an, den es in meiner Erinnerung immer haben wird: ein trübes, milchiges Grün, wie ein Sud aus Algen und Sonnencreme. »
(Rowohlt Verlag)
«Sechs Länder grenzen ans Schwarze Meer. Karadeniz nennen es die Türken. Marea Neagră sagen die Rumänen, Schawi Sghwa die Georgier. Bei den Bulgaren heißt es Tscherno More, bei den Russen Tschornoje Morje, bei den Ukrainern Tschorne More. Sechseinhalb Länder sind es, wenn man Abchasien mitzählt, eine abtrünnige Provinz Georgiens. Sieben, wenn man Moldawien mitzählt, wo es einst eine Küste gab, bevor das Land landeinwärts wanderte. Siebeneinhalb, wenn man Transnistrien mitzählt, eine abtrünnige Provinz Moldawiens. Siebeneinhalb, wenn die Krim zu Russland gehört, siebeneinhalb, wenn sie zur Ukraine gehört, acht, wenn man die Krim lieber für sich nimmt. Achteinhalb, wenn man das Ruinenreich der alten Griechen mitzählt».
«Schwere See» porträtiert das Schwarze Meer als Lebensraum. Geschrieben in Form einer Reisereportage, die den Leser im Kreis um das eurasische Binnengewässer führt, schlägt das Buch gleichzeitig Haken in die Historie, thematisiert Konflikte unter den Anrainern, setzt sich mit der Umwelt- und Wirtschaftssituation des Gewässers auseinander und trägt Sagen, Legenden und literarische Annäherungen zusammen. Christlich-orthodoxe Russen, Ukrainer, Georgier und Bulgaren treffen im Schwarzmeerraum auf muslimische Türken und Krimtataren, rumänische Katholiken, chassidische Juden und russische Altgläubige. Wirtschaftliche Interessen verbinden und trennen die Schwarzmeeranrainer, politische Differenzen, unterschiedliche Geschichtsbilder und abweichende Zukunftsvisionen prägen ihren Blick auf das Gewässer, an dessen Ufern sie sich begegnen.
(Klappentext)
Pressestimmen
Eine poetische Reisereportage.
Recklinghäuser Zeitung
Mit Jens Mühling zu reisen ist einfach großartig. Der Leser hat oft das Gefühl dabei zu sein, bei dieser acht Monate währenden Tour per Taxi, Anhalter, Bus oder Schiff rund um das Schwarze Meer.
Regine Förster, MDR KULTUR
Mühlings intensive Beobachtungen, sein scharfer Sinn für gute Geschichten machen dieses Reisebuch zu einem großen Gewinn. Denn solche Erlebnisse sind es, die den wahren Reisenden vom Urlauber unterscheiden.
Süddeutsche Zeitung
Mühling hat ein Faible für poetische Pointen, die so treffsicher sind, dass man ihm sogar verzeiht, wenn die eine oder andere ein bisschen zu blumig ausfällt. Letztendlich weben sich alle Einzelgeschichten in ein poetisches Gesamtbild. Das Ergebnis ist ein sehr diverses Porträt der Schwarzmeerbewohner und ihrer verworrenen Geschichten.
Sarah Murrenhoff, dlf kultur
Eckdaten
Jens Mühling: Schwere See – Eine Reise um das Schwarze Meer. – Hamburg: Rowohlt Verlag, 2020.- 314 Seiten. – ISBN 978-3-498-04545-6
Quelle : rowohlt Verlag
Filip Springer
Kupferberg
Der verschwundene Ort
"Wie kann ein Dorf einfach verschwinden?" - mit archäologischer Präzision ergründet Filip Springer die Geheimnisse der ehemaligen Bergbau-Stadt Kupferberg in Niederschlesien.
1311 wird der Ort in Polen erstmals erwähnt. Heute existiert Kupferberg nicht mehr. Nur eine Flasche Bier und ein Porzellanverschluss sind übrig, als sich Filip Springer mit archäologischer Präzision daranmacht, die Geheimisse der verschwundenen Stadt zu ergründen. Der Bergbau lässt das Dorf in idyllischer Lage wachsen. Keiner der vielen Kriege bis zum Zweiten Weltkrieg kann ihm etwas anhaben. Danach wird aus Kupferberg Miedzianka, eine Stadt, die wiederaufgebaut und zu einem Zentrum des Abbaus von Uran wird. Bis der Untergrund durchlöchert ist und man dort nicht mehr leben kann … Filip Springer zeichnet die Geschichte eines langsamen Untergangs nach. Eine Chronik spannend wie ein Roman.
Pressestimmen
Filip Springer hat Kupferberg/Miedzianka mit den Mitteln der Reportage ausgegraben. Er lässt das im 13. Jahrhundert gegründete Städtchen in grosser Intensität wieder erstehen. Entstanden ist so die genaue, lakonische Geschichte eines Verschwindens.
Cord Aschenbrenner, Neue Zürcher Zeitung, 06.02.20
Filip Springer schildert das Leben in Kupferberg mit großer erzählerischer Präzision und einem feinen Gespür für Symbolik. Ohne Pathos gelingt es ihm, Heimat als einen universellen Wert darzustellen. Fesselnd wie in einem Roman.
Moses Fendel, WDR3, 06.12.19
Kupferberg führt einem wieder vor Augen, was die Reportage als Gattung vermag, verstanden nicht als pseudo-emotionales "Storytelling", sondern als geduldige, informierte Langzeitbeobachtung. (…) Aus Dokumenten und Gesprächen gewinnt Springer eine fesselnde Darstellung der politischen, menschlichen und ökologischen Umstände dieses zweiten Raubbaus.
Christoph Bartmann, Süddeutsche Zeitung, 22.11.19
Kunstvoll montiert Springer aus einer Anekdotenansammlung unterschiedliche Einblicke in das Seelenleben des Ortes. Damit wird sein Buch ganz beiläufig zu einem Brennglas, unter dem die massiven Umbrüche europäischer Geschichte deutlich zu Tage treten: wechselnde Besatzungen, Konfessionen, gerissene Lebenslinien.
Patrick Wellinski, Deutschlandfunk, 24.09.19
Eckdaten
Springer, Filip: Kupferberg: der verschwundene Ort / aus dem Polnischen übersetzt von Lisa Palmers. - Wien : Paul Zsolnay Verlag, 2019. -
ISBN 978-3-552-05908-5
Quelle : Hanser Literaturverlage
Martin Pollack
Die Frau ohne Grab
Bericht über meine Tante
Nach"Der Tote im Bunker" folgt Martin Pollack den Spuren seiner Tante, die am Ende des Zweiten Weltkriegs zu Tode kommt und deren Grab nie gefunden wird.
Sommer 1945: Die siebzigjährige Pauline Drolc, geborene Bast, wird von jugoslawischen Partisanen in ihrem Heimatort Tüffer, slowenisch Lasko, verhaftet und in das provisorische Internierungslager Schloss Hrastovec gebracht. Wenige Wochen später ist sie tot. Ihr Grab wird nie gefunden. Pauline ist die Großtante von Martin Pollack, dessen Buch über den eigenen Vater, SS-Sturmbannführer Gerhard Bast, zu den Meilensteinen der Erinnerungsliteratur zählt. Und sie ist die Einzige in der stramm deutschnationalen Familie, die am Ende des Zweiten Weltkriegs zu Tode kommt. In seinem detektivisch recherchierten Bericht erzählt Martin Pollack über das Schicksal eines Menschen, das beispielhaft ist für die historischen Verstrickungen an einem kleinen Ort zwischen den Grenzen.
Pressestimmen
Mit seinen beherzten familiären Erkundungsgängen hat Pollack das Gedächtnis des Landes nachhaltig bereichert.
Oliver vom Hove, Presse spectrum
Ein großes, genaues, erschütterndes Buch.
Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung
Martin Pollack ist ein Meister im Erschließen historischer Quellen. Je spärlicher sie fließen, desto mehr scheinen sie ihn zu interessieren. Auf der Grundlage von Fotos, Briefen und Gesprächen mit Zeitzeugen sowie dank detaillierter Kenntnis des historischen Kontextes ist es ihm gelungen, über seine Grosstante ein spannendes und gehaltvolles Buch zu schreiben – der schier hoffnungslosen Ausgangslage zum Trotz.
Manfred Papst, NZZ am Sonntag
Eine bemerkenswerte Studie über einen multikulturellen Mikrokosmos, der zum Spielball der ‚großen Geschichte‘ wird und in dem nationalistisch-völkische Ideologien das Zusammenleben immer wieder nicht nur stören, sondern zerstören.
Andreas Wirthensohn, Wiener Zeitung
Wer sich hierzulande mit der Zeit des Nationalsozialismus beschäftigt, kommt an Pollack nicht vorbei. Pollack reist, recherchiert und reflektiert die große Geschichte anhand individueller Schicksale. Sein Schreiben ist schnörkellos und frei von Oberlehrerhaftigkeit, so präzise wie fundiert.
Wolfgang Paterno, profil
Martin Pollack ist ein Meister der dokumentarischen Prosa. Er hat ein untrügliches Gespür dafür, wie man mittels kleiner Geschichten von großer Geschichte erzählt.
Franziska Hirsbrunner, srf 52 Beste Bücher
Wieder ist Martin Pollack, diesem Experten für literarische Formen zwischen Geschichtsschreibung und Erzählprosa, ein Meisterwerk gelungen, das fesselt und sehr nachdenklich macht.
Christian Schacherreiter, Oberöstereichische Nachrichten
Ein spannendes Zeitdokument.
Katja Gasser, ORF
Mit seinem dokumentarischen Erzählen hat er so vieles vor dem Vergessenwerden bewahrt wie kaum ein Zweiter. Oft vereitelte Pollack, was die Mörder wollten – egal, ob Nazis oder Kommunisten: Sie wollten ihre Opfer zum Verschwinden bringen. Wenn möglich, hat er den Toten Namen und Geschichte zurückgegeben.
Peter Pisa, Kurier
Die beeindruckende Erzählung vom Schicksal einer Frau, die gänzlich ohne ihr Zutun zwischen die Fronten der Geschichte geraten ist, eine ebenso intime wie politische Spurensuche, Zeit- und Milieuschilderung. Vor allem aber große Literatur.
Gerhard Zeillinger, Der Standard
Eckdaten
Pollack, Martin: Die Frau ohne Grab: Bericht über meine Tante. - Wien: Zsolnay Verlag, 2019.
ISBN 9783552059511
Quelle : Hanser Literaturverlage
Gusel Jachina
Wolgakinder
Roman
In der Weite der Steppe am Unterlauf der Wolga siedeln seit dem achtzehnten Jahrhundert Deutsche. 1916 führt Jakob Bach in dem kleinen Dorf Gnadental ein einfaches Leben als Schulmeister, das geprägt ist von den Rhythmen der Natur. Sein Leben ändert sich schlagartig, als er sich in Klara verliebt, eine Bauerntochter vom anderen Ufer der Wolga. Doch ihre Liebe kann sich den Ereignissen nicht entziehen, die die Revolution und die Gründung der Deutschen Republik an der Wolga mit sich bringen.
(Klappentext)
Pressestimmen
Gusel Jachina fesselt ihre Leser von der ersten bis zur letzten Seite
Neue Zürcher Zeitung
Ihre Sprache ist extrem bildreich und gibt Orten, Klängen und Gerüchen eine geradeu sinnliche Qualität. Eindringlich vermittelt sich die Gewalt, der wachsende Horror, den die Menschen über den Zeitraum von zwei Jahrzehnten erleben. Beeindruckend ist zudem die kenntnisreiche, sehr versierte Behandlung der Geschichte der Russlanddeutschen.
Ein ausführlicher Apparat mit Anmerkungen reichert die stark individualisierte Geschichte mit historischem Hintergrundmaterial an.
Gewidmet hat Gusel Jachina ihren Roman dem Großvater, der als Deutschlehrer einer Dorfschule gearbeitet hatte.
Olga Hochweis, Deutschlandfunk Kultur
Gusel Jachina erzählt mit epischer Kraft die Geschichte der deutschen Siedler an der Wolga
Märkische LebensArt
Die russische Autorin Gusel Jachina erzählt in ihrem Roman "Wolgakinder" eine Geschichte, die in Russland wie in Deutschland verdrängt wird. Ein Roman, der nicht nur die Literatur verändern könnte
Märkische Oderzeitung
Und mehr noch, als bei ihrem vielbeachteten Erstling "Suleika öffnet die Augen", in dem sie die Jahre ihrer tatarischen Großmutter in der Verbannung beschreibt, schafft sie auch dieses Mal wieder ein erzählerisches Meisterwerk.
SFR, Schweizer Radio und Fernsehen
Gusel Jachina verwandelt diesen Stoff in eine großartige Geschichte - so, dass alles unsere Seele erreicht
Dresdner Neueste Nachrichten
Gusel Jachinas Fabulierkunst macht aus den dramatischen historischen Ereignissen ein episches, mit magischen Elementen ausgesponnenes Märchen
taz, Die Tageszeitung
Gusel Jachina erzählt eine märchenhaft-kafkaeske Geschichte über deutsche Siedler an der russischen Wolga in einer Zeitspanne zwischen 1916 und 1945
WDR, Westdeutscher Rundfunk
Es ist beeindruckend, mit wie viel Kraft und Raffinesse Gusel Jachina die Fäden der Vergangenheit zu einer festen Verbindung knüpft
Leipziger Volkszeitung
Eckdaten
Gusel Jachina : Wolgakinder: Roman. - Aus dem Russischen von Helmut Ettinger. - Berlin: Aufbau Verlag, 2019. - 591 Seiten
ISBN 978-3-351-03759-8
Quelle : Aufbau Verlag
Eleonora Hummel
Die Wandelbaren
Roman
Traktorist will er werden und die schöne Tochter des Sowchose-Vorsitzenden heiraten. Doch es kommt anders. Feine Leute aus der Stadt engagieren Arnold Bungert, 16, quasi vom Feld der kasachischen Steppe weg, bei den besten Dozenten soll er die Schauspielkunst erlernen. In Moskau! Der Haken: Bühnensprache ist Deutsch, und Arnold Bungert kann kein Wort, trotz seines Namens. Mit ihm wird eine Handvoll Jugendlicher für das Deutsche Theater Temirtau ausgebildet, zur Förderung, so der Plan der Sowjetregierung, der deutschen Minderheit.
In der Metallurgenstadt Temirtau leben allerdings kaum Deutsche, das Publikum ist rar gesät. Dennoch schaffen sich die jungen Schauspieler eine kleine Insel der Freiheit im totalitären Sowjetregime. Sie schmieden politische Pläne, lieben, wetteifern, spielen um ihr Leben. 25 Jahre nach Auflösung des Theaters treffen sie sich wieder. Was ist von ihren Träumen geblieben?
Mit "Die Wandelbaren" legt Eleonora Hummel einen großen Roman vor: In der Tradition bester russischer Erzählkunst erweckt sie ein weithin unbekanntes Stück Wende-Geschichte zum prallen Leben und liefert obendrein eine Liebeserklärung an alle, die die Kindheit heimlich in die Tasche gesteckt und sich damit auf und davon gemacht haben …
(Klappentext)
Pressestimmen
Eine vielstimmige Collage, ein großes Zeitbild voller Komik und Tragik. Die russischen Spezialisten für absurde Literatur haben eine kluge Nachfolgerin
Karin Großmann, Sächsische Zeitung
In diesen nüchternen, oft ein wenig sperrigen Sätzen kommen Lebensgeschichten daher, die einem an die Nieren gehen.
Thomas Gärtner, Dresdener Neueste Nachrichten
Eleonora Hummel blättert ein interessantes Kapitel deutscher Identität auf - beginnend in den 70ernJahren bis zur jüngsten Vergangenheit. Die Träume nach Ruhm und Anerkennung, das Sehnen nach Identität und Verbundenheit, das Hoffen auf einen Platz im sowjetischen Gefüge, um dort heimisch zu werden - dies alles wird unter dem Mühlstein der politischen Willkür zermahlt.
Andreas Kück, Leselust
Eckdaten
Eleonora Hummel: Die Wandelbaren: Roman. - Salzburg, Wien: Müry Salzmann, 2019. - 464 Seiten
ISBN: 978-3-99014-196-0
Quelle : Verlag
Undiné Radzevičiūtė
Das Blut ist blau
Roman
Die Geschichte einer Familie, deren Machtgier Europa prägte: die deutschen Borgia
Das deutsche Adelsgeschlecht von der Borch war nicht minder einflussreich und machtgierig als ihre italienischen Verwandten, die berühmten Borgia. An der Schwelle zwischen Mittelalter und früher Neuzeit kämpft Bernhard von der Borch, Landmeister des Deutschritterordens, in Livland um den Erhalt seiner Macht, er will einen neuen Kreuzzug gegen die Ostkirche ins Leben rufen – doch die Zeiten der Ritterlichkeit sind vorbei. Eine raffinierte Heiratspolitik soll ihn mit dem Zaren verbinden. Als er scheitert, kann nur mehr eine Reise nach Rom zu den berühmten Verwandten helfen.
Undiné Radzevičiūtė, in deren Adern das blaue Blut der Borchs fließt, folgt ihrer eigenen Familiengeschichte und erzählt fesselnd und gewitzt vom Kampf der letzten Ordensritter um ihre Vormachtstellung. Wird es Bernhard von der Borch gelingen, sich mit Putsch und Intrige in einer Welt zu behaupten, die bereits in Auflösung ist?
Pressestimmen
Mit ihrem eigenwilligen Erzählstil befreit Undiné Radzevičiūtė das Genre des historischen Romans vom Staub der Jahrhunderte.
Gudrun Braunsperger, DIE PRESSE
Undinė Radzevičiūtė kennt sich bestens in der Epoche aus; sie skizziert das Lebensgefühl des spätmittelalterlichen Rittertums; sie erkundet auch, was diese Ritter trieb: ob es plumpe Kriegslust oder Beutegier war oder aber das Ideal eines fairen Kampfes nach festen Regeln – oder doch noch der Vorsatz, das Evangelium zu verbreiten. (…) All dies hat Undinė Radzevičiūtė in eine detailreiche Romanhandlung verwandelt (…).
Michael Kuhlmann SWR LESENSWERT
Das Buch ist ein beeindruckendes Werk über eine der gefährlichsten Familien im Norden Europas an der Schwelle zwischen Mittelalter und Frühzeit. (…) Undiné Radzevičiūté berichtet vom Kampf der letzten Ordensritter um ihre Vormachtstellung. Entworfen wird eine graue Welt mit viel Schmutz, Machtmissbrauch und Gottgläubigkeit.
Imogena Doderer, ORF BESTENLISTE
Der Höhepunkt des Buches ist es Eintauchen zu können in eine Welt, die manche vielleicht einfach finsteres Mittelalter nennen würden. Solche Abqualifizierungen, verhindern aber auch manchmal näher hinzusehen. Undiné Radzevičiūtė schafft hier einen neuen Zugang – sicher nicht nur für litauische, sondern vor allem für europäisch orientierte Leserinnen und Leser. Wenn sie nicht schon den europäischen Literaturpreis bekommen hätte, auch dieses Buch liegt ganz auf dieser Linie.
Albert Caspari, Die baltische Stunde
Das epische Sujet mit seinen zahlreichen historischen Details und Akteuren steht dabei in einem eigenartigen Spannungsverhältnis zu dem lakonischen, kurzsilbigen Stil und den schnellen Dialogen, was eine durchaus reizvolle Lektüre bietet.
Dorothea Trottenberg, EKZ
Undiné Radzevičiūtė geht mit ihren Vorfahren hart ins Gericht, witzig und frech, bisweilen sogar mit ätzendem Humor und beißendem Spott. Dabei erspart sie ihren Lesern nichts, kein grausames Detail. (...) Hat man sich aber einmal darauf eingelassen, wird man belohnt.
Gudrun Braunsperger, Ö1 EX LIBRIS
Radzevičiūtė schreibt mit klarer, leicht verständlicher Sprache, die inhaltlich und historisch adaptiert ist.
Uschi Pirker, BIBLIOTHEKS NACHRICHTEN
Eckdaten
Undiné Radzevičiūtė: Das Blut ist blau: Roman. Aus dem Litauischen übersetz von Cornelius Hell. - Salzburg: Residenz Verlag, 2019. ISBN 978 3 7017 17002
Quelle : www.residenzverlag.com
Dana von Suffrin
Otto
Roman
In ihrem Romandebüt erzählt Dana von Suffrin, was es heißt, wenn ein starrköpfiger jüdischer Familienpatriarch zum Pflegefall wird. Und wie schwer es fällt, von einem Menschen Abschied zu nehmen, den man sein ganzes Leben eigentlich loswerden wollte.
Für sein Umfeld war Otto, der pensionierte Ingenieur, schon immer eine Heimsuchung. Aber als er aus dem Krankenhaus zurückkehrt, ist alles noch viel schlimmer. Nach wie vor ist er aufbrausend, manipulativ, distanzlos und von wahnwitzigen Einfällen beseelt – aber jetzt ist er auch noch pflegebedürftig. Seinen erwachsenen Töchtern macht er unmissverständlich klar: Ich verlange, dass ihr für mich da seid. Und zwar immer! Für Timna und Babi beginnt ein Jahr voller unerwarteter Herausforderungen, aber auch der Begegnung mit der eigenen Vergangenheit und Familiengeschichte, die so schräg ist, dass Außenstehende nur den Kopf schütteln können. Klug, liebevoll und mit sehr viel schwarzem Humor erzählt Dana von Suffrin, wie Timna versucht, ihre dysfunktionale Familie zusammenzuhalten, ohne selbst vor die Hunde zu gehen. »Otto« ist Hommage und zugleich eine Abrechnung mit einem Mann, in dessen jüdischer Biografie sämtliche Abgründe des 20. Jahrhunderts aufscheinen.
Pressestimmen
Ein Mosaik der Erinnerungskultur. Ein Monument der Liebe.
Florian Leclerc, Frankfurter Rundschau
Man muss lachen, weil die Autorin mit so viel leisem Sarkasmus schreibt. Stiller, schwarzer Humor, der fast unbemerkt daherkommt, und wenn man ihn bemerkt, ist er schon um die Ecke verschwunden, um sich erneut an zu schleichen.
Christine Westermann, WDR Frau TV
Selten begegnet man in Romanen liebenswerteren, gemeineren, tragischeren und lustigeren Figuren als dem Helden in Dana von Suffrins brillanten Debüt.
Christoph Farkas, stern
Die Sprache, die Satzmelodie, [...] klingen, als entstammten sie direkt der jiddischen Literatur des 19. und frühen 20. Jahrhunderts, [...] nur jünger, weiblicher und aus dem Jahr 2019.
Felix Stephan, Süddeutsche Zeitung
Ein Leben im 21. Jahrhundert, mit den Narben und Albträumen des Vorherigen versehen.
Elmar Schenkel, FAZ
Ganz in der Tradition des jüdischen Humors [...] Ein Buch, das unter die Haut geht, zum Lachen und zum Weinen.
WDR 2
Dana von Suffrins Romandebüt beginnt auf der Intensivstation, und es endet auch dort. Und doch gehört dieses Buch mit seinem wunderbaren Humor und seiner erzählerischen Souveränität zu den erfreulichsten Neuerscheinungen in diesem Herbst.
Beate Berger, Vogue
Otto [...] knüpft an jiddische Erzähltraditionen an, modernisiert sie, holt sie in die Gegenwart, und ist außerdem wahnsinnig lustig. Ein kleines Wunder.
Süddeutsche Zeitung
fabelhaft, lustig, traurig, melodiös
Alexander Solloch, NDRkultur
Eckdaten
Dana von Suffrin: Otto : Roman.
Köln, Kiepenheuer & Witsch, 2019.- 228 S. ISBN 9783462052572
Quelle : Kiepenheuer & Witsch
Draco Jančar
Wenn die Liebe ruht
Roman
Slowenien, Zweiter Weltkrieg: Die junge Medizinstudentin Sonja erkennt in dem SS-Offizier, den sie auf der Straße in Maribor trifft, Ludek wieder, der sie als Kind einmal beim Skifahren aus dem Schnee gezogen hat. Ludek heißt jetzt Ludwig und ist ein überzeugter Nazi. Sonja bittet ihn um Hilfe für ihren inhaftierten Freund Valentin. Für Ludwigs Hilfe zahlt Sonja einen hohen Preis. Doch Valentin, der bei den Partisanen kämpft und später im Kommunismus Karriere macht, dankt Sonja ihren Einsatz nicht. Stilistisch brillant lotet Jancar in seinem preisgekrönten Roman aus, wie weit wir bereit sind zu gehen, wie der Krieg Beziehungen neu formt und die Liebe, auch wenn das Leben weitergeht, in die Knie zwingt.
Pressestimmen
Ein Meisterwerk. Drago Jancar hat einen großen Roman über die blutigen Verwerfungen des Zwanzigsten Jahrhunderts geschrieben, über die korrumpierende Macht der Gewalt und die irreparablen Verstümmelungen, die Krieg und Völkermord in den Seelen der Menschen angerichtet haben.
Günter Kaindlstorfer, WDR5
Der allwissende Erzähler kommentiert nicht und enthält sich auch jeder sentimentalen Anwandlung. Gerade das verleiht dem mit nüchterner Eleganz erzählte Werk seine Glaubwürdigkeit, die Figuren machen mit ihren so plausiblen wie tragischen Handlungen die Widersprüche ihrer Zeit nachvollziehbar.
Johannes Bruggaier, Südkurier
Ein schillerndes Vexierspiel über Liebe und Tod, über Gut und Böse, Treue und Verrat, über Widerstand und Kollaboration.
Erich Klein, Ö1 ex libris
'Wenn die Liebe ruht' ist ganz großes Kino, das ist Weltliteratur. Ein formales Glanzstück.
Katja Gasser, ORF
Auf furiose Weise zeigt Jancar, welche Funken ein Autor aus dem Material der Geschichte zu schlagen vermag, wenn er der Schwerkraft der Chronologie einen souveränen Umgang mit den Zeitebenen entgegensetzt und gängige Mythen an der Komplexität seiner Figuren und ihrer Biografien zerschellen lässt.
Cornelius Hell, Die Presse
Unnachahmlich direkt verwebt Jancar darin persönliche Schicksale mit einer ganzen Epoche von Leid, Vertreibung und Verrat.
Ute Büsing, rbb Quergelesen
Kunstvoll entwirft Drago Jancar diesen Roman, verschachtelt Gegenwart und Vergangenheit, schaut auch schon mal in die weite Zukunft der Figuren, malt mit der Hingabe eines Genremalers die Szenen aus, windet die Handlung entschieden in die eine oder andere, oft überraschende, Richtung – doch er stößt immer auf die Härte des Daseins, die Ungerechtigkeit des Lebens wie des Todes.
Carsten Hueck, Deutschlandfunk
Drago Jancar ist ein großer Erzähler, und viele Szenen hallen lange nach.
Norbert Mappes-Niediek, Frankfurter Rundschau
Jančar hat einen historischen Roman geschrieben, der die Situation der Slowenen unter Herrschaft der Nazis genauso wie später unter den siegreichen Partisanen Titos plastisch darstellt. Und dabei erzählt, was es heißt, leben zu müssen, wenn die Liebe ruht.
Carsten Hueck, Deutschlandfunk
Eckdaten
Drago Jančar: Wenn die Liebe ruht : Roman. Aus dem Slowenischen von Daniela Kocmut.
Paul Zsolnay Verlag, Wien 2019. 394 Seiten ISBN 9783552059658
Quelle : Hansa Literaturverlage
Alexander Osang
Die Leben der Elena Silber
Roman
Russland, Anfang des 20. Jahrhunderts. In einer kleinen Provinzstadt östlich von Moskau wird der Revolutionär Viktor Krasnow hingerichtet. Wie eine gewaltige Welle erfasst die Zeit in diesem Moment Viktors Tochter Lena. Sie heiratet den deutschen Textilingenieur Robert Silber und flieht mit diesem 1936 nach Berlin, als die politische Lage in der Sowjetunion gefährlich wird. In Schlesien überleben sie den Zweiten Weltkrieg, aber dann verschwindet Robert in den Wirren der Nachkriegszeit, und Elena muss ihre vier Töchter alleine durchbringen. Sie sollen den Weg weitergehen, den Elena begonnen hat zu gehen – hinaus aus einem zu engen Leben, weg vom Unglück. Doch stimmt diese Geschichte, wie Elena sie ihrer Familie immer wieder erzählt hat?
2017, mehr als zwanzig Jahre nach Elenas Tod, macht sich ihr Enkel, der Filmemacher Konstantin Stein, auf den Weg nach Russland. Er will die Geschichte des Jahrhunderts und seiner Familie verstehen, um sich selbst zu verstehen.
Pressestimmen
Osang ist ein großartiger Erzähler, sein Epos spannt mit Leichtigkeit einen Bogen über 100 Jahre Geschichte, die sich im einzelnen Schicksal widerspiegelt.
Meike Schnitzler, Brigitte
Alexander Osangs bislang persönlichster und größter Roman [...] aber er läge wohl auch bei einem Wettbewerb um den spektakulärsten ersten Satz ziemlich weit vorne.
Martin Halter, Frankfurter Allgemein Zeitung
Jetzt holt er, angelehnt an das Schicksal seiner Großmutter, zu einem zutiefst anrührenden Familienroman des zwanzigsten Jahrhunderst aus.
Rundfunk Berlin Brandenburg
Lektüre für alle, die sich ohne falsche Sentimentalität für die Dramen des 20. Jahrhunderts interessieren, aber auch für das Drama der Familie und des Älterwerdens.
Sabine Frank, MDR Mitteldeutscher Rundfunk
Alexander Osang macht einen großen Wurf [...]. Ein Autor, der etwas riskiert
Rainer Moritz, Norddeutscher Rundfunk
ein überaus ambitionierter Roman, der nicht nur ein Panorama des 20. Jahrhunderts aufzieht, sondern auch vom Erzählen und Erinnern selbst handelt
Maik Brüggemeyer, Deutschlandfunk
Eckdaten
Osang, Alexander: Die Leben der Elena Silber. Roman. -Frankfurt am Main: S. Fischer, 2019. ISBN-13 9783103974232
Quelle : S. Fischer Verlag
Żanna Słoniowska
Das Licht der Frauen
Roman
Die wichtigsten Revolutionen werden nicht auf der Straße ausgefochten, sondern in unseren Herzen.
Im Herzen von Lemberg – ein Haus mit einer ganz besonderen Glasmalerei. Hier leben vier Frauen, die einander ebenso lieben, wie sie sich hassen. Sie eint ihr Freiheitsdrang, ihre Aufsässigkeit – und ihre unglücklichen Lieben. Bis zu dem Tag, der alles verändert: Marianna wird auf offener Straße erschossen. Vom Fenster aus beobachtet ihre Tochter, wie sich der Trauerzug zu einer Demonstration auswächst. Marianna war nicht nur eine gefeierte Sängerin an der Lemberger Oper, sondern auch Aktivistin im Kampf für eine unabhängige Ukraine. Unter demselben Fenster steht Jahre später ein Mann, der Mariannas Tochter ihre Heimatstadt näherbringt – und die viel zu früh verstorbene Mutter.
Vor dem Hintergrund der bewegten Geschichte der Stadt Lemberg, die jahrhundertelang unter dem Einfluss unterschiedlicher politischer Mächte stand, erzählt Żanna Słoniowska von vier starken Frauen aus vier Generationen, von Müttern und Töchtern, von privaten und gesellschaftlichen Revolten, dem unbedingten Glauben an Freiheit, Emanzipation und an die Liebe.
Pressestimmen
"Das Licht der Frauen" verbindet die Lebenswege von vier Frauen aus vier Generationen einer Familie mit der multi-nationalen Geschichte der Stadt Lemberg, heute Lwiw.
… man sollte bei diesem preisgekrönten Debütroman auf keiner eindeutigen Interpretation bestehen, da dessen Stärke gerade in der Vieldeutigkeit der Erzählweise liegt. Woraus sich wiederum auch eine kleine Schwäche ergibt. (…)
Alles in allem ist es aber ein eindrucksvoller Roman, der auf subtile Weise den Einfluss der Geschichte auf das Leben des Einzelnen zeigt: Egal, wie lange man daran glaubt, sich der eigenen Herkunft entziehen zu können – irgendwann holt sie einen doch ein.
Marta Kijowska, Deutschlandfunk
Nur wenige Romane bewegen so sehr gleichermaßen Herz und Verstand.
Financial Times, London
Mein Polnisch ist durchmischt mit ukrainischen Volksliedern und russischer Literatur. Ich bin die erste Ausländerin, die auf Polnisch ein Buch geschrieben hat. Das war neu für die Polen.
Żanna Słoniowska
Eine fantastische Erzählerin, eine erstaunliche literarische Entdeckung.
Polityka, Warschau
Eckdaten
Żanna Słoniowska: Das Licht der Frauen, Kampa Verlag, Zürich, 2018
ISBN 9783311100034
Quelle : Kampa Verlag
Illinca Florian
Als wir das Lügen lernten
Roman
Bukarest, Ende der achtziger Jahre. Der unbeschwerte Sommer, den die Familie am Schwarzen Meer verbracht hat, ist vorbei. Mit dem Herbst und der Rückkehr in die Großstadt ziehen auch die Sorgen des sozialistischen Alltags wieder ein. Die junge Erzählerin berichtet von der Welt der Erwachsenen, den feinen Rissen, die sie durchziehen, und der Frage, die über allem schwebt: Gehen oder bleiben? Sollen wir die Heimat verlassen und in eine Fremde reisen, die ein freies und unbeschwertes Leben verspricht? Die Mutter droht am nahenden Exil zu zerbrechen, und keiner ahnt, warum. Allein das Mädchen, die eigene Tochter, sieht mehr, bemerkt die kurzen, aber ungehaltenen Berührungen einerseits und warmen Blicke andererseits, es wird zum stillen Zeugen einer Liebschaft zwischen ihrer Mutter und einem anderen Mann. In direkter, unmittelbarer Sprache erzählt Ilinca Florian von einer Gesellschaft im Umbruch. Eine Geschichte voller heiterer Momente, dank einer kindlichen Erzählerin, die genau hinschaut, wo erwachsene Augen sich abwenden.
Pressestimmen
So zärtlich und dabei so bedrohlich ist noch nicht geschrieben worden über das Ende einer Kindheit. Unter jedem Satz lodert eine Lüge, während im Hintergrund Ceaușescus Rumänien zerfällt. Ilinca Florians Debüt ist ein stiller Orkan.
Lucy Fricke, Schriftstellerin
Wer Ilinca Florian liest, weiß: gegen Familie hilft nur Prosa, und gegen den Aberwitz der Zeitgeschichte helfen starke, leise Bilder.
Dana Grigorcea, Schriftstellerin
Ilinca Florian ist ein wunderbares Buch gelungen.
rbb kultur
Einfühlsam, mit leiser Poesie.
der Freitag
Ein Roman, der ein Stück europäische Gesellschaftsgeschichte beeindruckend öffnet.
BÜCHER-Magazin
Diese Autorin denkt sehr filmisch und setzt ihre Mittel hochbewusst ein. Die zugespitzte Sprache birgt in sich eine Mehrdeutigkeit, eine diffuse Stimmung mit vielen changierenden Grautönen, und das bleibt bis zum Schluss so, als die rumänische Familie in Stuttgart ankommt. (…) Ob das ein gutes Ende findet? Das Ende dieses Romans jedenfalls geht ganz konsequent aus dem Erzählen hervor.
Helmut Böttiger, Süddeutsche Zeitung
Das Schönste an diesem Roman ist seine Hauptfigur, die wach, fantasievoll und widerspenstig sehr viel sieht. Vielleicht mehr als Erwachsenenaugen je sehen könnten.
bücher.de
Eckdaten
Ilinca Florian: Als wir das Lügen lernten, Düsseldorf, Karl Rauch Verlag, 2018, ISBN-13 978-3-7920-0252-0
Quelle: https://karl-rauch-verlag.de
Michal Hvorecky
Troll
Roman
Osteuropa in naher Zukunft. Ein Heer aus Trollen beherrscht das Internet, kommentiert und hetzt. Zwei Freunde entwickeln immer stärkere Zweifel und beschließen, das System von innen heraus zu stören. Dabei geraten sie selbst in die Unkontrollierbarkeit der Netzwelt – und an die Grenzen ihres gegenseitigen Vertrauens. Die europäische Gemeinschaft ist zerfallen und wurde durch die Festung Europa ersetzt. Ihr gegenüber steht das diktatorisch geführte Reich, in dessen Protektoraten ein ganzes Heer von Internettrollen die öffentliche Meinung lenkt. Einer von ihnen ist der namenlose Held dieser in einer allzu naheliegenden Zukunft angesiedelten Geschichte. Gemeinsam mit seiner Verbündeten Johanna versucht er, das staatliche System der Fehlinformationen von innen heraus zu stören – und wird dabei selbst Opfer eines Shitstorms. Mit seiner rasanten, literarisch verdichteten Erzählung beweist Michal Hvorecky erneut, warum er der erfolgreichste Autor der Slowakei ist.
Pressestimmen
Ein wütender, frecher Text in einer rasanten, wendigen, niemals langweilig werdenden Sprache. Ich habe uns wiedererkannt, mich gegruselt und amüsiert
Terézia Mora, Süddeutsche Zeitung, 28.12.2018
Man sollte diese Dystopie lesen, wenn man die realen Möglichkeiten und die Auswirkungen des Phänomens Trolle kennen lernen will: Es ist ein Horror.
Otfried Käppeler, Südwest Presse
Schmerzlich führt uns der Roman vor, wie eine Gesellschaft aussieht, in der es keine Wahrheit, also auch keine Wissenschaft und keine unabhängigen Journalismus mehr gibt. Es geht nur noch darum, über die größte und mächtigste Trollarmee zu befehlen.
Niklas Prenzel, Falter
Michal Hvorecky hat ein aufklärerisches und kämpferisches Buch geschrieben.
Terry Albrecht, Deutschlandfunk: Büchermarkt
Dieses Buch erzählt vom Albtraum der Aufklärung. Von einer Welt, in der Wahrheit und Lüge gleich viel wert sind. Es spielt in einer nahen Zukunft, die sich aber wie eine unabwendbare Gegenwart anfühlt. Ein umnachtetes Europa, dem der Kompass abhanden gekommen ist, in der Hand derer, denen nichts mehr heilig ist. Ein mutiges Buch. Ein wichtiges Buch. Besser als Michal Hvorecky kann man die Wahrheit nicht erfinden.
David Schalko
In "Troll" steckt mehr als ein Körnchen aktueller Wirklichkeit. Immer wieder lässt der Autor eine bitterböse Satire auf heutige Zustände [...] aufblitzen
Aachner Zeitung
Rasend schnell wie ein populärer Hass-Hashtag stürzt der neue Roman von Michal Hvorecky auf seine Leser ein. Und ebenso fasziniert und abgestoßen wie von menschenverachtenden Beiträgen in der Timeline verschlingt man die 213 Seiten von "Troll"
Hamburger Abendblatt
[...] der Kern dieses Buches, die böse Farce um die Zersetzung einer Gesellschaft und des Wahrheitsbegriffs durch Internettrolle, die kommt einem doch schaurig vor.
Alex Rühle, Süddeutsche Zeitung
Nach dieser Lektüre wird man das Internet anders betrachten.
Iris Tscharf, Der Blog der Schurken
Eckdaten
Hvorecky, Michal: Troll – Roman.- Stuttgart, Tropen 2019, ISBN 978-3-608-50411-8
Quelle : www.klett-cotta.de
Jewgeni Wodolaskin
Luftgänger
Roman
Petersburg 1999: Als Innonkenti Platonow in einem Krankenhaus erwacht, kann er sich an nichts erinnern. Er leidet an einer totalen Amnesie.
Sein Arzt verrät ihm nur seinen Namen: Innokenti Platonow. Die erste Erinnerung hat Innokenti an seine Großmutter, die dem Kleinen „Robinson Crusoe“ vorliest. Ein Glücksgefühl, doch die Lektüre stimmt auch ein Motiv an, das den Verlauf des Romans wie eine traurige Melodie durchzieht: Einsamkeit und Verlorenheit. Eine weitere Insel, so rekonstruiert der Patient, hat sein Leben entscheidend beeinflusst, Erinnerungen an ein Lager, Erfahrungen von Verrat, Gewalt und Folter tauchen auf. Und Verluste: Sein Vater wurde von Matrosen erschlagen, der Vater seiner großen Liebe von der Polizei erschossen. Und Anastassija selbst, was ist aus ihr geworden?
Langsam formt sich das Bild eines bewegten Lebens: Eine behütete Kindheit im Russland der Zarenzeit, der Sturm der Revolution, roter Terror und der Verlust einer ersten großen Liebe. Bald treibt ihn vor allem eine Frage um: Wie kann er sich an den Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts erinnern, wenn die Tabletten auf seinem Nachttisch aus dem Jahr 1999 stammen?
In der Tradition großer russischer Autoren wie Michail Bulgakow und Fjodor Dostojewski entfaltet Jewgeni Wodolaskin am Schicksal eines Einzelnen ein faszinierendes Panorama Russlands.
Der Schriftsteller und Literaturwissenschaftler Jewgeni Wodolaskin, 1964 geboren, gilt schon seit Längerem als einer der interessantesten russischen Autoren. Seit mehr als dreißig Jahren arbeitet er in Petersburg am Puschkinhaus, dem Institut für Russische Literatur. Historische Fachbücher und drei Romane hat er veröffentlicht. Für sein Gesamtwerk erhält er nun den Solschenizyn-Preis, der von Alexander Solschenizyn ins Leben gerufen wurde und seit 1997 verliehen wird.
Pressestimmen
Eine faszinierende Jahrhundertchronik Russlands.
BBC
Zauberhaft melancholisch und dennoch mitreißend schildert der russische Bestsellerautor Wodolaskin die Geschehnisse und entführt in eine fremde Welt.
Westfalenpost
Ein unvergessliches und bis zum letzten Satz spennendes und mit atmosphärischem Gespür verfasstes Buch.
SAX- Das Dresdener Stadtmagazin
Es ist die berühmte russische Seele, die hier beharrlich beschworen wird.
Der SPIEGEL
Ein Highlight dieses Bücherfrühlings.
Dresdner Kulturmagazin
Bis zur letzten Seite bleibt dieses mit großer Meisterschaft und Gespür für Atmosphäre geschriebene Buch spannend. Wirklich unvergesslich.
Sächsische Zeitung
Wodolaskin lässt das russische 20. Jahrhundert Revue passieren und stellt aus ungewöhnlicher Perspektive die Frage nach Schuld und Unschuld. Eine große Erzählung und eine vielfältige Bereicherung.
Die Presse
„Luftgänger“ ist eines der schönsten Bücher, die dieser Frühling hervorgebracht hat.
Magazin
Stell dir vor Eisblüten wären konservierbar, hier ist ein Strauß der schönsten Blüten.
radioeins Literaturagenten
"Luftgänger" ist ein raffiniertes, intellektuelles und doch unterhaltsames Kaleidoskop der Geschichte, das am Ende sogar ein kriminologisches Geheimnis verbirgt.
Neue Zürcher Zeitung am Sonntag
Eines ist sicher: Mit Wodolsakin „Luftgänger“ wurde die russische Literatur tatsächlich wiedergeboren!
Österreich
In der Literatur lassen sich Raum und Zeit aufheben - das zeigt uns dieser Roman auf grandiose Weise.
Dresdner Neueste Nachrichten
Diesen Roman zu vergessen, ist schier unmöglich.
Nordkurier
Der Roman ist ein gelehrtes poetisches, moralisches Wortkunstwerk über einen gefährlichen Weg auf fragilem Gefährt.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Der bewegende neue Roman des „russischen Umberto Eco
Financial Times
Eckdaten
Jewgeni Wodolaskin : Luftgänger, Roman - Aus dem Russischen von Ganna-Maria Braungardt. -Berlin: Aufbau Verlag , 2019. 429 Seiten. ISBN 978-3-351-03704-8
Quelle : Aufbau Verlag
Slobodan Šnajder
Die Reparatur der Welt
Roman
Die Gesandten Maria Theresias kommen in die Hungergebiete des Schwabenlandes und locken Urvater Kempf nach "Transsilvanien". Schnell werden die Siedler, die auf einem Floß donauaufwärts reisen, in Slawonien heimisch.
Mehr als 150 Jahre später kommen erneut Gesandte, die die sogenannten Volksdeutschen heim ins Reich holen und für die Waffen-SS rekrutieren sollen. Der Dichter Georg Kempf wird an die Ostfront geschickt, desertiert und kehrt nach Kriegsende nach Jugoslawien zurück, weil ihm die Russen schriftlich attestieren, "für die richtige Sache" gekämpft zu haben. Georg freundet sich mit der Partisanin Vera an, sie heiraten. Doch die Geschichte und die unterschiedlichen ideologischen Welten, aus denen sie stammen, machen es ihnen schwer, einen gemeinsamen Weg zu gehen. In Die Reparatur der Welt zeichnet Slobodan Šnajder sprachmächtig und handlungsstark das Schicksal einer Familie in den Extremen des 20. Jahrhunderts nach. Das Buch ist einer der imposantesten Romane der europäischen Gegenwartsliteratur.
Pressestimmen
Aus ungewöhnlichen Blickwinkeln, in beeindruckender stilistischer Vielfalt, manchmal obszön, niemals pathetisch und allemal spannend schildert dieser Roman ein europäisches Schicksal im 20. Jahrhundert.
Martin Sander, SRW2 lesenswert
Šnajder gelingen beklemmende, tief empfundene Szenen, die lange hängen bleiben.
Norbert Mappes-Niediek, Frankfurter Rundschau
Šnajders eindrucksvoller, humaner Roman verkündet keine Botschaft, er richtet ein durchdringendes Auge auf eine irreparabel erscheinende Welt.
Gisela Trahm, Tagesspiegel
Ein großes Buch über das Europa der Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft.
Erich Klein, Falter
'Die Reparatur der Welt' ist eine dieser seltenen Preziosen und dazu noch ein europäischer Epochenroman, der seinesgleichen sucht.
Cornelius Hell, Ö1 ex libris
Mit faszinierender Intensität entwirft Šnajder ein an Kontrasten reiches Geschichten- und Geschichtspanorama. … Er erspart seiner Leserschaft nichts. Aber enorm weit ist sein Horizont, imposant seine Kunst, dem halbwegs intakten Kleinen das oft klägliche große Ganze gegenüberzustellen. Er entlarvt, er enthüllt, er demaskiert.
Werner Krause, Kleine Zeitung
Eckdaten
Šnajder, Slobodan: Die Reparatur der Welt, Roman. Aus dem Kroatischen von Mirjana und Klaus Wittmann. Wien: Zsolnay, 2019. ISBN-978-3-552-05924-5
Quelle : Zsolnay-Verlag
Sergej Lebedew
Kronos Kinder
Roman
Kirill ist noch ein kleiner Junge, als er am Verhalten der Erwachsenen merkt, dass das Verhältnis zwischen Russen und Deutschen ein besonderes sein muss. Seine Großmutter Karolina, die letzte Überlebende des deutschen Familienzweigs, erzählt ihm so manche Geschichte, bis Kirill erwachsen ist und selbst auf die Suche nach seinen Wurzeln geht. Auf dem deutschen Friedhof in Moskau findet er den Anfang seiner Geschichte, das Grab von Balthasar Schwerdt. Der deutsche Arzt und Homöopath wurde einst an den Hof des Zaren geholt, fiel aber wenige Jahre später in Ungnade und praktizierte fortan in Moskau.
In den Archiven von Leipzig, Halle, Münster und Wittenberg findet Kirill quer durch zwei Jahrhunderte deutsch-russische Familiengeschichte. Irgendeiner war immer involviert in die Russische Revolution, den Ersten oder Zweiten Weltkrieg und die Stalinzeit.
Nicht unmöglich, dass sich in der Schlacht von Stalingrad zwei Verwandte als Feinde gegenüberstanden.
Dank „Kronos‘ Kinder“ versteht man einmal mehr, was seit Katharina der Großen Deutsche und Russen verbindet und spaltet.
Für »Kronos‘ Kinder« hat Sergej Lebedew in den Archiven von Halle und Berlin seine deutschen Wurzeln recherchiert. Lebedew arbeitete nach dem Studium der Geologie als Journalist. Gegenstand seiner Romane sind für den 1981 Geborenen die russische Vergangenheit, insbesondere die Stalin-Zeit mit ihren Folgen für das moderne Russland. Lebedew lebt in Berlin.
Pressestimmen
Kronos’ Kinder“ ist ein wilder Mix aus Recherche und Erfindung, Mythologie und Poesie. Lebedews Alter Ego Kirill, inzwischen zum ausgebildeten Historiker gereift, macht sich auf die Reise, um in deutschen Archiven die letzten 200 Jahre seiner Familiengeschichte zusammenzustückeln. Er fährt auch nach Stalingrad, wo sich spätere Vorfahren gegenseitig in die Zielfernrohre genommen hatten, und nach Leningrad, wo einige von ihnen verhungert waren. Und er reist in die Phantasie. (…)Dichtung sei die ideale Recherchemethode dort, wo Datenketten abreißen. Findet Kirill eine fehlende Figur seines Puzzles nicht im Archiv, wo die „Ersatzmänner der Geschichte“ hausen, die „Personen zweiten Ranges“, dann erscheint sie ihm wie aus dem Jenseits. Ein Buch wie eine Séance.
Harald Jähner, Frankfurter Rundschau
[Es gelingt] Sergej Lebedew die Geschichte der Russlanddeutschen im Zarenreich und der Sowjetunion mit dem passionierten Blick eines Nachgeborenen eindrucksvoll in Erinnerung zu rufen.
Eberhard Falcke, Deutschlandfunk
Lebedews Stärke liegt in der Gestaltung einzelner Szenen. Hier zeichnet er detailreich die Atmosphäre einer Epoche nach. Die desolate Wirtschaftssituation in den neunziger Jahren, ein wiederkehrendes Thema bei ihm, stellt er ebenso packend dar wie den russisch-japanischen Krieg, die Leningrader Blockade, die Enteignungen der Deutschen während der beiden Weltkriege oder das zunehmende Misstrauen der Menschen untereinander. Einwanderung charakterisiert er letztlich als Geschäft, bei dem es auf allen Seiten um Märkte und billige Arbeitskräfte geht. Wie es in der ereignisdichten ersten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts gärt, wie jeder seine Schäflein ins Trockene bringen will, stellt er an Einzelbeispielen plastisch dar. Angst und Gier - das sind die Triebfedern menschlichen Tuns. (…)Und die Moral von der Geschichte? Was auch immer Russen und Deutsche verbindet - eines lässt sich über den Menschen festhalten: Er ist dem anderen ein Wolf.
Christiane Pöhlmann, FAZ
Der Reiz von Lebedews Roman liegt darin, dass er nicht einfach Begebenheiten einer Familiengeschichte in chronologischer Ordnung aufreiht. Das Aufarbeiten der Geschichte ist ebenso spannend wie die Geschichte selbst. Überdies gelingt es Lebedew, in seinem grossen Überblick historische Grundkonstanten herauszuarbeiten.
Er vergleicht die Hexenjagd auf die deutschsprachigen Bürger Russlands während des Ersten Weltkriegs mit den gegenseitigen Verdächtigungen in der Stalinzeit und der Verfolgung Andersdenkender im heutigen Russland.
Ulrich M. Schmid, Neue Züricher Zeitung
Die Qualität und - zumindest für deutsche Leser - die Provokation des Romans besteht darin, dass Lebedew in der sich steigernden Verfolgung einer Minderheit nicht nur eine Folge, sondern geradezu eine Bedingung des Totalitarismus sieht - und diese Minderheit sind die Deutschen.
(…)Aus der Perspektive eines Russen hat diese Reihung aber nichts Relativierendes, Weinerliches, sie zeigt, im Gegenteil, den Mechanismus in seiner ganzen Schäbigkeit. Der deutsche Überfall auf die Sowjetunion schien alle Vorurteile zu bestätigen, die Deutschen in Russland wurden deportiert, enteignet waren sie längst. Täter oder Opfer - das ist hier, wie so oft, vor allem eine Frage der Gelegenheit.
Sonja Zekri, Süddeutsche Zeitung
Eckdaten
Sergej Lebedew: Kronos' Kinder - Roman. Aus dem Russischen von Franziska Zwerg.- Frankfurt am Main: S. Fischer Verlag, 2018.-
ISBN 783103973730
Quelle : S. Fischer Verlag
Nawrat, Matthias
Der traurige Gast
Roman
„Die Zeit, so dachte ich in diesem Augenblick, ist zirkulär, faltet sich, wenn ich will, über sich selbst, sodass mein jetziges Leben in Berührung kommt mit dem schon vergangenen und gleichzeitig die Unendlichkeit in Berührung kommt mit ihrer eigenen Unmöglichkeit, während wir auf diesem Planeten, in dieser Stadt, in diesem Weltjetzt durchs Weltall fliegen.“
Der Gast ohne Namen ist ein höflicher Mann. Er sitzt im Souterrain, bei Dariusz, mit dem er an der Shell-Tankstelle arbeitet, sitzt mit Karsten, dem früheren Studienkollegen, in einer Bar nahe der Charité, wo der als Molekularbiologe beschäftigt ist. Oder bei der alten polnischen Architektin Dorota, die ihm – zu gummiartigem Gebäck von überwältigend neutralem Geschmack – ihre Lebensgeschichte serviert, ihn ungefragt mitnimmt in die Stadtgeschichte Berlins, in die Philosophie und Geschichte jüdischen Lebens durch die Jahrhunderte. Der namenlose Gast hört zu. Über Gespräche und Begegnungen sucht er Antworten auf die Frage nach dem Wesen des Menschen, dem Leben, dem Tod. Umso tiefer trifft es ihn, dass er am Tag nach seinem Geburtstag in einer leergeräumten Wohnung steht. Frau Dorota, sagt der Vermieter, hat sich in ihrem Schlafzimmer erhängt.
„Der traurige Gast“ ist eine Selbst- und Weltbefragung von bestrickender erzählerischer Intensität. Ein philosophischer und zutiefst menschlicher Roman, der weiß, was Verlieren, Verdrängen, Neuankommen bedeutet. Ein Buch vom Überleben in aller Schönheit, trotz allem Schrecken.
Pressestimmen
'Der traurige Gast' ist eine Sinnsuche, ein Versuch, in einer Welt ohne Gott und Jenseitshoffnung doch irgendwelche Gründe oder auch nur Verhaltensmodi gegen die Verzweiflung zu finden ... ein großes Buch.
Welt am Sonntag
Matthias Nawrat hat mit „Der traurige Gast“ ein literarisches Kunstwerk geschrieben. Der Roman steckt voller existentieller Not, voller Erkenntnisse, gerade auch niederschmetternder angesichts dieser ewigen Gleichgültigkeit der Natur und der Zeit.
Die universelle Verlorenheit des Menschen, und das macht nicht zuletzt die Größe dieses Romans aus, die hat Nawrat in einer tragfähigen und schönen Form festgehalten, jenseits aller literarischen Moden.
Gerrit Bartels, SWR2
Subtil führt Nawrat Begriffe wie Lebensplanung oder Kontinuität ad absurdum; unaufdringlich, aber stets vor dem Hintergrund historischer Erfahrungen und Verletzungen.
„Der traurige Gast“ ist ein leiser, aber dringlicher Roman; geschrieben in einer assoziationsreichen Sprache, die auch Raum lässt für einen tröstlichen Funken Resthoffnung.
Christoph Schröder, Deutschlandfunk
Der herrliche Erzähler Matthias Nawrat hat uns eingewickelt, im besten dichterischen Sinn.
Feridun Zaimoglu
Ein namenloser, schemenhaft bleibender Erzähler streift durch die Stadt, landet bei einer polnischen Architektin und kommt mit ihr ins Gespräch. Matthias Nawrats in klarer Sprache verfasster Roman ist von einem weltumfassenden Schmerz getragen.
Gabriele von Arnim, Deutschlandfunk, Buchkritik
(…) Kernmotiv des Romans: migrantische Entwurzelung und Verlorenheit. Die Geschichte der traurigen Gäste, von denen er erzählt, führt tief ins 20. Jahrhundert. Aber sie ist kein abgelegtes Kapitel. Sie steht im Dialog mit der Geschichte der traurigen Gäste des 21. Jahrhunderts, den Flüchtlingen von heute. (…) Ohne historische Simulation und Kulissengeschiebe, ohne sentimentale Schicksalseinfühlung und Reduzierung der Historie auf einen Plot bildet er Vergangenheit ab. Sein Ausgangspunkt ist immer die Gegenwart, sein Instrument eine genaue, im Ton gelassene Sprache.
Kein anderes Thema hat die Literaturkritik in den vergangenen Monaten so umgetrieben wie das Verhältnis von Fiktion und historischer Wahrheit. Da erscheint „Der traurige Gast“ von Matthias Nawrat genau im richtigen Moment. Denn dieser Roman zeigt, wie das Verhältnis im besten Fall beschaffen sein kann.
Ursula März, Die Zeit
Eckdaten
Matthias Nawrat: Der traurige Gast. Roman.- Reinbeck bei Hamburg: Rowohlt, 2019.- ISBN 978 3 498 047047
Quelle : Rowohlt Verlag
Jaroslav Rudiš
Winterbergs letzte Reise
Roman
Jan Kraus arbeitet als Altenpfleger in Berlin. Geboren ist er in Vimperk, dem früheren Winterberg, im Böhmerwald, seit 1986 lebt er in Deutschland. Unter welchen Umständen er die Tschechoslowakei verlassen hat, das bleibt sein Geheimnis. Und sein Trauma. Kraus begleitet Schwerkranke in den letzten Tagen ihres Lebens. Die Tage, Wochen, Monate, die er mit seinen Patienten verbringt, nennt er „Überfahrt“. Einer von denen, die er auf der Überfahrt begleiten soll, ist Wenzel Winterberg, geboren 1918 in Liberec, Reichenberg. Als Sudetendeutscher wurde er nach dem Krieg aus der Tschechoslowakei vertrieben. Als Kraus ihn kennenlernt, liegt er gelähmt und abwesend im Bett. Es sind Kraus' Erzählungen aus seiner Heimat Vimperk, die Winterberg aufwecken und ins Leben zurückholen. Doch Winterberg will mehr von Kraus, er will mit ihm eine letzte Reise antreten, auf der Suche nach seiner verlorenen Liebe – eine Reise, die die beiden durch die Geschichte Mitteleuropas führt. Von Berlin nach Sarajevo über Reichenberg, Prag, Wien und Budapest. Denn nicht nur Kraus, auch Winterberg verbirgt ein Geheimnis.
Pressestimmen
Rudiš ist gegenwärtig einer der interessantesten Autoren seiner Breiten, weil er die Entwicklungen mitlebt, ein Ohr für die Historie hat.
Dirk Schürmer, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Eine mitreißende, melancholische und hochkomische Roadnovel, deren Held seinen illustren Ahnen von Charlie Chaplins The Tramp bis zu Sal Paradise in Jack Kerouacs Unterwegs alle Ehre macht.
Nicole Henneberg , Der Tagesspiegel
Winterbergs letzte Reise rattert dahin wie auf Schienen. Das Buch bezeichnet ein Vorstellungsgespinst, eine imaginäre Heimat, die uns Nachgeborene in Böhmen und in Österreich mit Schuld belädt. Sie versieht uns aber auch mit allen Annehmlichkeiten einer miteinander geteilten Identität. Vor allem aber dürften Winterberg und Kraus, zwei faszinierende Exponenten des alten Europas, Don Quijote und Sancho Pansa auf gemeinsamer Todesfahrt, über leistungsfähige Bahnermäßigungskarten verfügen. Die Preiswürdigkeit dieses famosen Romans ist evident.
Ronald Pohl, Der Standart
Jaroslav Rudiš hantiert mit dem Wort wie ein Jongleur mit zwei Dutzend Bällen, Tellern und Ringen. Nichts fällt runter. Es wirkt alles sehr unangestrengt.
Karin Grossmann, Sächsische Zeitung
Es treibt ihn, Geschichten und Geschichte kund zu tun - egal wie. Hauptsache, sie berühren die Seele.
Katrin Schumacher, MDR artour
Mit großer Erzählfreude häuft Rudiš einen Geschichten-Berg aus Vergangenheit und Gegenwart an - und schafft es, dass man Winterbergs letzte Reise einfach nicht abbrechen will.
Birgit Zimmermann, dpa
Winterbergs letzte Reise ist ein großer europäischer Roman über das Zuhören, aber auch über kulturelle Verunsicherungen und über geschichtliche Zusammenhänge.
Manja Reinhardt, Freie Presse
In diesem Buch stehen die Geschichten im Überfluss - lesen wir sie, verstehen wir vielleicht besser, was heute nicht mehr in Ordnung ist.
Felix Bayer, Literatur SPIEGEL
Eckdaten
Jaroslav Rudiš: Winterbergs letzte Reise, Roman. München: Luchterhand Literaturverlag, 2019, ISBN 978-3-630-87595-8
Quelle : Luchterhand Literaturverlag
Monika Sznajderman
Die Pfefferfälscher
Geschichte einer Familie
Aus dem Polnischen und mit einem Nachwort von Martin Pollack
Jahrzehntelang lebte Monika Sznajderman im Schatten des Schweigens. Ihr Vater hatte über seine Odyssee durch die Konzentrations- und Vernichtungslager, seine Flucht und die Rückkehr nach Warschau nie sprechen wollen. Bis die Fotos aus Übersee kamen: Absender waren Verwandte, von deren Existenz sie nichts gewusst hatte. Sie beginnt zu recherchieren. Wenige Dokumente im Stadtarchiv von Radom und der Bericht des einzigen Überlebenden, des Großonkels Eliasz Sznajderman, im Holocaust Museum in Washington – mehr Spuren hat die große Familie in Polen nicht hinterlassen.
Im Gegensatz zu ihnen, »gewöhnlichen Menschen ohne Geschichte«, sind die polnischen Vorfahren der Mutter Angehörige der Oberschicht, national und antisemitisch eingestellte Gutsbesitzer und Unternehmer, die nach den Regeln und Gesetzen ihrer Klasse leben. Monika Sznajderman ist in ihren Recherchen weit fortgeschritten, als sie entdecken muss, dass etwa zur selben Zeit, als ein bekannter Künstler ihre elegante polnische Großmutter auf einem Gemälde verewigte, zweihundertfünfzig Kilometer weiter östlich ihre jüdische Großmutter von Ukrainern erschlagen wurde.
Die Geschichte, die Monika Sznajderman aus Interviews, Briefen, Fotos und veröffentlichten Quellen rekonstruiert, spricht mit seltener Eindringlichkeit von der Tragik des jahrhundertelangen polnisch-jüdischen Zusammenlebens, die nicht nur ihre Familie, sondern die ganze Gesellschaft bis heute nicht loslässt.
Pressestimmen
Es ist eine sehr persönliche, so spannende wie traurige Geschichte.
Hans-Peter Kunisch, Süddeutsche Zeitung
Es besteht kein Zweifel, dass die Autorin ... mit den einen mitleidet und sich für die anderen mitschuldig fühlt. Doch sie vergisst gleichzeitig nicht, dass zusammen mit der Welt ihrer jüdischen Vorfahren auch die ihrer polnischen Familie zerstört wurde ... Sie sei also ›Zeugin eines doppelten Weltendes‹ ... Auf eindringlichere Weise kann man die Tragik der polnisch-jüdischen Geschichte kaum zusammenfassen.
Marta Kijowska, Frankfurter Allgemeine Zeitung
[Monika Sznajdermans] aufklärerischer Arbeit, die weit über Familiengeschichtliches hinausgeht, gebührt größter Respekt – und dem Übersetzer Martin Pollack aufrichtiger Dank.
Ilma Rakusa, Neue Zürcher Zeitung
Die Fragen, die Sznajderman an ihre Angehörigen richtet, dürften ein Echo in vielen Familien finden, wenn die Nachkriegsgeneration Rechenschaft fordert
dpa, Frankfurter Neue Presse
Monika Sznajderman irrte durch ein Labyrinth winziger Familien-Eckdaten und holte eine nicht mehr zurückzuholende Vergangenheit erinnernd für ihre Leserinnen und Leser in ihr bemerkenswertes Buch zurück.t
Nea Weissberg, AVIVA-Berlin
Das Buch ist eine sehr persönliche, aber weit darüber hinaus interessante, ebenso spannende, wie traurige Geschichte.
Hans-Peter Kunisch, WDR
Die Pfefferfälscher‹ ... ist ein persönliches, zartes, mitunter fast intimes und trauriges Buch, gleichzeitig aber auch ein kraftvolles Plädoyer gegen die Geschichtsfälscher von heute.
Max Bloch, Zeitschrift für Geschichtswissenschaft 10/2018
Ein inhaltlich und stilistisch anspruchsvolles, eindringliches Zeitdokument.
Monika Graf, Borromäusverein Bonn, Buchprofile/Medienprofile Jg. 63/2018 Heft 3
Eckdaten
Monika Sznajderman: Die Pfefferfälscher Geschichte einer Familie, Aus dem Polnischen von Martin Pollack, Berlin: Suhrkamp, 2018
ISBN: 978-3-633-54290-1
Quelle : www.suhrkamp.de
Christian Lorenz Müller
Ziegelbrennen
Roman
„Warum eigentlich Raimund?“, fragt sich Rosmarinka mit beinahe neunzig Jahren. Die gebürtige Kroatin hätte wohl ihr ganzes Leben in ihrem Heimatdorf verbracht, wäre sie als junges Mädchen nicht ausgerechnet an den Donauschwaben Raimund Quendler geraten. Gegen Ende des Zweiten Weltkriegs bedrängen Titos Partisanen den Hof der Quendlers, und so flieht die Familie nach Österreich, wo ein Neuanfang nur unter großen Entbehrungen gelingt. Rosmarinkas Sohn Anton soll es einmal besser haben und Priester werden, aber er bricht das Studium ab, ohne Gründe dafür zu nennen. Erst Jahrzehnte später, als der Historiker Arthur, der mit Rosmarinkas Enkelin Valentina liiert ist, nachfragt, beginnt die alte Frau zu erzählen. Bild fügt sich an Bild und ein Zusammenhang nach dem anderen erschließt sich. „Ziegelbrennen“ ist eine weit ausgreifende Familiengeschichte, ein Chor aus vielen Stimmen, die scheinbar sprunghaft wechseln: Zwischen der Zeit der faschistischen Ustascha-Diktatur in Kroatien während des Zweiten Weltkriegs, den Ereignissen der 1990er Jahre auf dem Balkan und der unmittelbaren Gegenwart: Denn im Herbst 2015 zogen zehntausende von Syrern, Irakern, Afghanen durch den Osten Kroatiens. Dort, in jener Gegend, in der Rosmarinka aufgewachsen ist, beginnt und endet dieser große Roman, der siebzig Jahre mitteleuropäischer Geschichte umspannt.
Pressestimmen
Christian Lorenz Müller hat einen großartigen Familienroman geschrieben, in den Welt- und Regionalgeschichte unprätentiös und leicht hineinfließen.
Clementine Skorpil, Die Presse am Sonntag
Mit Ziegelbrennen ist Müller ein vorzüglicher Roman gelungen: In seiner Sprache leuchten viele aparte Wörter und ausdrucksvolle Bilder hervor. Er verknüpft Familienschicksal und Politik und macht das lange Nachschwelen von Gewalt deutlich.
Hedwig Kainberger, Salzburger Nachrichten
Christian Lorenz Müller erzählt so eindrücklich, so lebendig, er hält so raffiniert, teils witzig, teils erschreckend, jedenfalls aber eigentümliche Ereignisse fest, und er beschreibt seie Protagonisten so prägnant und einfühlsam, dass man mühelos zwischen Kroatien und Österreich wie zwischen Heute und den Vergangenheiten vor 50 oder 30 Jahren hin und her liest. Die Bauweise des Romans erinnert an die darin erwähnte Sonntagsfrisur donauschwäbischer Frauen in Sveti Ivan, die ihren Zopf schneckig aufstecken: Die Erzählstränge werden nach und nach verflochten und zu einem Panorama aufgebaut, wobei sich manches, zuerst scheinbarzufällig Erwähnte zueinanderfügt.
Salzburger Nachrichten
In vielen Klangfarben überzeugt dieser Roman der Vielstimmigkeit in realistischer Erzählweise mit Fantsieeinschüben, im Konkreten wie im Übertragenen.
Klaus Zeyringer, Der Standard
Eckdaten
Christian Lorenz Müller: Ziegelbrennen Roman, Salzburg-Wien, Otto Müller Verlag, 2018, 502 Seiten
ISBN 9783701312627
Quelle : http://www.omvs.at
Mark Mazower
Was du nicht erzählt hast
Meine Familie im 20. Jahrhundert
Aus dem Englischen von Ulrike Bischoff
Als sein Vater stirbt und er herausfinden soll, wie seine Großeltern bestattet wurden, tut Mark Mazower, was ein Historiker am besten kann: Er macht sich an die Archivarbeit. Schnell wird ihm klar, wie wenig er über seine Familie weiß. Und so beginnt Mazower, die bewegten Biografien seiner Vorfahren zu erforschen. Etwa die seines Großvaters Max, der als Mitglied des Allgemeinen Jüdischen Arbeiterbundes in Vilnius revolutionäre Schriften verbreitete, bevor er vor den Wirren des russischen Bürgerkriegs nach Großbritannien floh – der vier Sprachen beherrschte und später doch kein Wort über seine Vergangenheit verlor. Oder die von Max’ unehelichem Sohn, André, dem schwarzen Schaf der Familie, der mehrmals seine Nationalität wechselte, sich zeitweise im faschistischen Spanien niederließ und eine verschwörungstheoretische Abhandlung über die angeblichen Machenschaften eines jüdischen Geheimbundes verfasste.
Mit großer Einfühlsamkeit zeichnet Mazower die Lebenswege seiner Angehörigen nach, die kreuz und quer über die historische Landkarte unseres Kontinents verlaufen: von der Sowjetunion während des Großen Terrors über das besetzte Paris bis in die neue Heimat im Norden Londons. Mit Was du nicht erzählt hast gelingt ihm etwas Außergewöhnliches: ein berührendes Familienmemoir, das zugleich die wechselhafte Geschichte eines ganzen Jahrhunderts erzählt.
Pressestimmen
Das Familienmemoir eines großen Historikers.
Orhan Pamuk
Was Vater Bill nicht erzählt hat, erzählt der 60-jährige Mazower in großer Dichte, souverän über Stoff, Sprachen und Epoche gebietend.
Elisabeth von Thadden, DIE ZEIT
Mark Mazower gelingt es detailreich, eine verschattete Traditionslinie der jüdischen Arbeiterbewegung in Osteuropa lebendig zu machen.
Judith Leister, Neue Zürcher Zeitung
Faszinierend und gelehrt zugleich.
The Guardian
Mark Marzower richtet nicht. Es ist die größte Form des Respekts, die er den Menschen, über die er schreibt, entgegenbringen kann.
Geschichte der Gegenwart
Mazower berichtet vom Streben nach Zufriedenheit in der Fremde, von Widerstandskraft und Individualität, von beständigen familiären Werten auch angesichts politischer Erdbeben und gesellschaftlicher Umwälzungen. Darin, legt er überzeugend dar, sei Heimat zu finden, und nicht bloß in der Geographie.
Carsten Hueck, Deutschlandfunk Kultur
Von Stalingrad über Paris bis ins Londonder Exil zeichnet Mazower ein Sittenbild des 20. Jahrhunderts, geprägt von tiefem Humanismus.
NZZ Geschichte Mai 2018
Was du nicht erzählt hast ist ein Buch, das nur einer der besten Historiker schreiben konnte. Es macht Geschichte zu etwas Vertrautem, es macht sie zu etwas Persönlichem.
Michael Greenberg
Eckdaten
Mazower, Mark: Was du nicht erzählt hast - Meine Familie im 20. Jahrhundert
Aus dem Englischen von Ulrike Bischoff
Berlin: Suhrkamp, 2018, 371 S. ISBN: 978-3-518-42811-5
Quelle : www.suhrkamp.de
Sofia Andruchowytsch
Der Papierjunge
Roman
Aus dem Ukrainischen übersetzt von Maria Weissenböck
Ein Buch wie eine Wunderkammer: "Der Papierjunge" erweckt eine vergangene Epoche zum Leben und erzählt von Verstrickung, Hingabe und Verrat.
Stanislau um 1900: eine galizische Kleinstadt am Rande der Monarchie. Adelja und Stefa, „miteinander verflochten wie die Stämme zweier Bäume“, einander stützend, einander die Luft zum Atmen nehmend, wachsen gemeinsam auf. Als Adelja den Steinmetz Petro heiratet, wird aus der engen Verstrickung ein Dreieck, aus dem Stefa sich vergeblich zu befreien trachtet. Und als der Magier Torn mit seinem Zirkus die Stadt besucht, taucht plötzlich der engelsgleiche Junge Felix in Petros Werkstatt auf – ein kleiner Schlangenmensch, sprachlos, biegsam und brüchig wie Papier. „Der Papierjunge“ bietet mehr als ein dichtes, mit sinnlichen Eindrücken und Details gesättigtes Bild einer Epoche, es ist eine drängend erzählte Geschichte von Liebe und Verrat.
Pressestimmen
Mit ihrer ausdrucksstarken Sprache zeichnet sie ein lebendiges Bild einer vergangenen Zeit voller gesellschaftlicher Zwänge, in der die Träume an der Realität scheitern. Ein Schicksalsroman, der nahegeht und berührt.
Michaela Grames, FRISCH GEWAGT
Mit ihrem historischen Galizien-Roman „Der Papierjunge“ hat Sofia Andruchowytsch ein kleines Meisterwerk vorgelegt.
Florian Baranyi, FALTER
Dass man Sofias Andruchowytschs Vorstellung gerne folgt, liegt an der Spannung und den bildstarken Szenen ihres Romans. Die Kulisse ist historisch, die Gefühle sind modern und die Spielfiguren wollen aus dem engen Korsett ihrer Rollen ausbrechen.
Natascha Freundel, NDR KULTUR
Die junge Ukrainerin Sofia Andruchowytsch spielt in ihrem historischen Galizien-Roman „Der Papierjunge“ meisterhaft mit Illusion und Wirklichkeit.
Karin Liebl, WELT DER FRAU
…eine, mit zarten mystischen Elementen bereicherte, sonderbare Liebesgeschichte. (…) Andruchowytsch lässt, indem sie ihre Personen in das Stanislau (heute IwanoFrankiwsk) des Jahres 1900 setzt, eindrucksvoll ein poetisches wie unsentimentales und, trotz des im Zusammenhang mit Galizien regelmäßig beschworenen Schlammes, farbenreiches Bild vom äußersten Rand des vergleichsweise fröhlichen kakanischen Völkerkerkers entstehen.
Bernadette Lietzow, TIROLER NACHRICHTEN
Magisch ist die Sprache, mit der Andruchowytsch Bilder evoziert, die Gemälden von Gustave Moreau oder Michail Alexandrowitsch Wrubel gleichen.
Susanne Rikl, KOMMBUCH
Die exzellente Übersetzung von Maria Weissenböck zeigt, dass dieser Roman über eine Sprache für die Atmosphäre einer vergangenen Welt ebenso verfügt wie für nüchterne Reflexionen oder religiöse Fantasien. Das derzeitige politisch bedingte Interesse an der Ukraine trägt sicher auch entscheidend dazu bei, dass der Roman von Sofia Andruchowytsch gerade in mehrere Sprachen übersetzt wird. „Der Papierjunge“ rechtfertigt das aber auch durch seine literarische Qualität und überzeugt durch die bewegende Verschränkung der Darstellung eines Individuums und einer Epoche und durch die Kongruenz von Stoff und Sprache.
Cornelius Hell, Ö1, EX LIBRIS
Ein Roman voller Impressionen, Gerüche und Magie, der einen so vollkommen in den Bann zieht, dass man Gefahr läuft, der trügerischen Illusion seiner Bilder zu verfallen.
Susanne Rikl, GUTE-BUECHER-LESEN.DE
Ein lesenswerter, viel beachteter, sozialgeschichtlich interessanter Roman.
Helmer Passon, BUCHPROFILE/MEDIENPROFILE
Dieses tiefgehende wunderbare Buch, dessen unaufgeregte, klare und anmutige Sprache beunruhigt und berührt, dessen feinsinniger Blick für Details und Wesentliches auffällt, ist besonders - ist zart und gewaltig.
Ines Hickmann, DREHPUNKT KULTUR
Überaus sinnlich und poetisch erzählt Sofia Andruchowytsch…
WDR, Mosaik
Eindringlich und detailreich erweckt Sofia Andruchowytsch eine vergangene Epoche zum Leben mit ihren Farben und Formen, Geräuschen und Gerüchen bis hin zu kulinarischen Details.
Moses Fendel, WDR 3
Die historische Kulisse der Kaiserzeit wird lebendig genau wie die Protagonisten, die versuchen, aus dem engen Korsett ihrer Rollen auszubrechen.
Kerstin Kempermann, EVANGELISCHE ZEITUNG
Mit „Der Papierjunge“ betritt eine bisher nur in ihrer Heimat bekannte Autorin die internationale Bühne, auf die alle sehnsüchtig gewartet haben, die wahre narrative Kunst schätzen.
Lilian-Astrid Geese, NEUES DEUTSCHLAND
Ein wunderbares Panorama aus einer versunkenen Epoche
Quelle: SALVE
Mit ihrem Roman „Der Papierjunge“ ist Sofia Andruchowytsch eine literarische Sensation gelungen.
Gerhard Zeillinger, DER STANDARD
Eckdaten
Andruchowytsch, Sofia: Der Papierjunge, Salzburg, Residenz, 2016, ISBN 9783701745227
Quelle : https://www.residenzverlag.com
Susanne Fritz
Wie kommt der Krieg ins Kind
Ein sehr persönliches Buch über das Schicksal der Mutter und der eigenen Familie. Spurensuche, deutsch-polnische Geschichtsschreibung und Erzählung in einem. Vierzehn Jahre alt ist die Mutter, als sie 1945 verhaftet und für Jahre ins polnische Arbeitslager Potulice gebracht wird. Der Grund: Sie hatte mit neun ein Formular unterschrieben, das sie in einem von Hitler überfallenen Gebiet als Deutsche auswies. Susanne Fritz erzählt ergreifend und ohne jede vorschnelle Schuldzuweisung von dem Schicksal ihrer Mutter und der ganzen Familie über mehrere Generationen. Sie fragt nach Menschlichkeit und Verrat, nach Identität und Sprache und zieht immer wieder historische Dokumente zu Rate. So leuchtet sie nicht nur die eigene Familiengeschichte aus, sondern das deutsch-polnische Verhältnis über zwei Weltkriege hinweg mit all den historischen Umwälzungen und ihren Auswirkungen auf jeden Einzelnen. Susanne Fritz führt ein tief lotendes Gespräch mit der Vergangenheit, sie tut es, weil sie die verborgenen Auswirkungen auf ihr eigenes Dasein verstehen will.
(Klappentext)
Nominiert für den Deutschen Buchpreis 2018
Pressestimmen
Schwer vorstellbar, wie ein literarisches Werk dieser Tage tiefer in das Herz der Gegenwartsdebatten vordringen sollte als dieses.
Felix Stephan, Süddeutsche Zeitung
Ein beeindruckendes Buch
Anja Kümmel, ZEIT Online
ein sehr persönliches Buch, gleichwohl ein ungemein lehrreiches und politisch brisantes
Melanie Weidemüller, Deutschlandfunk Büchermarkt
klug und atmosphärisch dicht
Shelly Kupferberg, Deutschlandfunk Kultur Lesart
eine literarisch hoch interessante, sehr persönliche Auseinandersetzung mit Zeit- und Familiengeschichte
Tilla Fuchs, Saarländischer Rundfunk
sorgfältig, einfühlsam und – mit Schuldgefühlen
Eva Pfister, Lesart, 1/18
großartig, klug, schlicht ergreifend und unbedingt lesenswert!
Oliver Fründt, buechergilde-frankfurt.de
berührende Erkenntnisse
Sigrun Rehm, Badische Zeitung
Eckdaten
Susanne Fritz : Wie kommt der Krieg ins Kind. Göttingen, Wallstein, 2018.- ISBN: 978-3-8353-3244-7
Quelle: www.wallstein-verlag.de
Miljenko Jergović
Vater
Erinnerungen
Aus dem Kroatischen von Brigitte Döbert
"Wir standen uns nicht nah, obwohl es immer hieß, ich sei ganz der Vater."
Das letzte Telefonat zwischen Vater und Sohn löst eine Flut von Erinnerungen aus: In seinem neuen Buch taucht Miljenko Jergović in die Abgründe seiner eigenen Familie ein und beleuchtet die tragischen Verwicklungen seiner Heimat. Er beschreibt den Lebensweg seines Vaters, eines angesehenen Arztes und Experten für Leukämie, dessen Einsatz für die ländliche Bevölkerung und politische Haltung. Zugleich bezieht er kritisch Stellung zur kroatischen Geschichte und dem Umgang mit der faschistischen Vergangenheit.
Ohne Pathos, mit Witz und einer Portion Sarkasmus schildert Miljenko Jergović die jugoslawische Lebenswirklichkeit, die das Schicksal seines Vaters bestimmte und damit auch den Sohn prägte. Vater ist das literarische Dokument seiner Familie: Leidenschaftlich und pointiert erzählt er anhand ihrer Lebensstationen von den historischen Auseinandersetzungen auf dem Balkan und deren Auswirkungen bis heute.
Pressestimmen
Der groß angelegte Versuch, das familiäre und das nationale Schweigen zur Sprache zu bringen.
Jörg Magenau, Der Tagesspiegel
Kompromisslos, differenziert, in alle Richtungen. Ausgestattet mit Witz und Lakonie. (...) Ganz nebenbei ist es süffige Weltliteratur.
Katja Gasser, 3sat kulturzeit
Wer dumm und dumpf bleiben will, mache einen Bogen um dieses exorzistische Meisterwerk.
Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung
Mit scharfem Witz und kühler analytischer Präzision verdeutlicht Jergović, wie sehr die Geschichte seiner Familie mit der wechselvollen politischen Geschichte Jugoslawiens verschränkt ist
Sabine Doering, FAZ
Besticht gerade deshalb, weil durch die Brüchigkeit des Vaterbildes auch dem Begriff des Vaterlandes der Boden entzogen wird.
Christoph Vormweg, WDR3, Gutenbergs Welt
Ein (...) Buch, das in seiner Aussagekraft wie in seiner literarischen Meisterschaft weit bedeutender ist, als es sein Umfang vermuten lässt.
Cornelius Hell, Die Presse
Eckdaten
Jergović, Miljenko : Vater.
Frankfurt am Main: Schöffling & Co, 2015. – 200 S.
ISBN: 987-3-8961-395-1
Quelle : www.schoeffling.de
Frank Vorpahl
Der Welterkunder
Auf der Suche nach Georg Forster
Georg Forster ist eine der faszinierendsten Figuren der deutschen Geistesgeschichte. Er war Weltumsegler, Revolutionär, Freidenker, Naturkundler und Philosoph. Sein Leben ist so dramatisch wie reich, schon als junger Mann war er als Mitreisender bei James Cooks zweiter Weltumseglung dabei, als Revolutionär rief er die Mainzer Republik mit aus und organisierte – per Haftbefehl gesucht und von der vernichtenden Reichsacht bedroht – vom revolutionären Paris aus den Schutz der belagerten Stadt. Kein Wunder, dass er vor diesem Erfahrungshintergrund die Welt in vielem anders sah als seine Zeitgenossen. Seinen frühen Tod fand er in Paris, er starb ausgezehrt an einer Krankheit, um ihn herum tobte gerade der Terror der Guillotinen.
Frank Vorpahl war schon seit seiner frühen Kindheit von Georg Forster fasziniert – seit 20 Jahren intensiv. Seitdem besuchte er Archive in aller Welt und reiste systematisch an Orte, an denen Forster sich aufhielt. Er traf Reiseforscher wie Thor Heyerdahl, Geschichts- und Politkenner wie Klaus Harpprecht, Biologen, Ökologen, Sprachwissenschaftler, aber auch Fischer auf der Osterinsel, Bio-Drogen-Dealer auf Tonga und die angeblich letzten Kannibalen auf Tanna.
Mit einer von seinem Vorbild inspirierten Neugier suchte Vorpahl dort nach Spuren Forsters – und fand im Laufe der Jahre Erstaunliches: unbekanntes Archivmaterial, Reste der Cook’schen Expedition, Stellen, an denen Forster stand und mit deren Hilfe man Zeichnungen geographisch verorten kann; vergessene Texte, unbekannte Zeichnungen. Detailgenau registriert er, wie verschiedene Weltgegenden sich seit Forsters Zeiten änderten. Zudem bildet er sich sein ganz eigenes Bild des Autors.
In seinem Buch liefert Vorpahl uns nun den Bericht einer von Passion getragenen jahrzehntelangen Spurensuche rund um die Welt, bei der Georg Forster neu Gestalt annimmt.
Pressestimmen
Frank Vorpahl hat sich jahrzehntelang mit Forsters Reisen beschäftigt, folgte ihnen auf Papier und in der Wirklichkeit, (...) setzte sich auf Schiffe und stapfte durch Urwälder, um zu sehen, was sein Vorbild sah. Dabei machte er Entdeckungen, von denen er selbst nicht träumen konnte, führte das Erlebte und Recherchierte in einem Band zusammen, der derzeit überall auf Begeisterung stößt.
Cornelia Geißler, Berliner Zeitung
Ein Glücksfall ist, dass in Frank Vorpahls Buch journalistischer Reisebericht, historischer Rückblick und Forschungsarbeit kreativ zusammentreffen. (...) Eine lange Reise voller Entdeckungen (...), spannend und vergnüglich zu lesen.
Torsten Harmsen, Berliner Zeitung
Ein opulentes illustriertes Buch, in dem sich historische und ethnologische Forschung mit sehr persönlichen Reiseerlebnissen verbinden. (...) Vorpahls Kompass ist die Radikalität Forsters, dessen vorurteilsfreier Blick. Forster legt mit seinen Beobachtungen und Reflexionen den Grundstein für das, was das Wesen des Menschen ist. Bis dahin kannte man vor allem dessen europäische Variante.
Reinhold Jaretzky, 3sat kulturzeit
Ein Reisebuch fast um die Welt, eine Hommage an den großen Entdecker und Bruder im Geiste Georg Forster und gut lesbar gerade in diesen Zeiten, in denen es um Konflikte zwischen Kulturen geht, die sich fremd gegenüber stehen. Ein Buch voll Wärme und Klugheit.
Paul Stänner, Deutschlandfunk Kultur
Es ist eine Biografie, in der sich alle Umbrüche und Aufbrüche des 18. Jahrhunderts spiegeln. (...) Das reich bebilderte Buch ist ein Doppelbeleg für Neugier, Leidenschaft, Sachkenntnis und für die Aufgeschlossenheit gegenüber allem, was zunächst fremd erscheinen mag.
Karin Großmann, Sächsische Zeitung
Eckdaten
Vorpahl, Frank : Der Welterkunder. Auf der Suche nach Georg Forster.
Berlin: Galiani, 2018. – 544 S.
ISBN: 978-3-86971-149-2
Quelle : Kiwi-Verlag
Valentina Freimanel
Adieu, Atlantis
Erinnerungen
Aus dem Lettischen von Matthias Knoll
Die Lebensgeschichte Valentina Freimanes ist unauflöslich mit der Geschichte Lettlands und Europas verknüpft und eröffnet einen vielschichtigen Blick auf ein ganzes Jahrhundert.
Was für ein Leben! Die Kindheit der 1922 geborenen Autorin war eine ganz und gar kosmopolitische. Die eine Großmutter sprach Deutsch, die andere Russisch, und ständig pendelte die lettisch-jüdische Familie zwischen Riga, Paris und Berlin, wo man nahe dem Ku`damm in einer Pension wohnte, in der Schauspieler, Regisseure, Schriftsteller aus ganz Europa sich die Klinke in die Hand gaben und Neuigkeiten tauschten. Valentīna Freimane erzählt über diese Zeit aus der unbeschwerten Perspektive des heranwachsenden Mädchens und lässt ein grandioses Zeitgemälde entstehen, aber zugleich weiß die Autorin natürlich, dass sich wenige Jahre später alle Lebensumstände komplett änderten.
Die Familie muss nach Riga zurück und erlebt die Okkupation des Baltikums durch die Sowjetunion, 1941 den Einmarsch der Deutschen, dann gegen Kriegsende wieder die Rückkehr der Sowjets. Freimane erzählt mit Präzision und außerordentlich berührend über dieses dreifach zermalmende Rad des Schicksals, durch das sie beide Eltern, den Ehemann und fast alle weiteren Verwandten verlor. Sie selbst wurde gerettet durch Menschen, die sie unter höchstem Risiko versteckten - lettische, russische, deutsche, polnische Menschen, denen sie Dank abstattet. Ein tief berührendes Buch.
Pressestimmen
Wie geht das? Wie kann jemand seine dunkle Lebensgeschichte so hell erzählen - ohne jede Bitterkeit und voller Zuversicht?
Luzia Braun, ZDF aspekte
Valentina ist schön, klug, mutig und kämpferisch. Ich habe mich in sie verliebt. Was für ein dramatisches Leben, meinen großen Respekt.
Rosa von Praunheim, Filmregisseur
Valentina, die Schöne: Sie ist die kluge Königin, ungeheuer weiblich mit bestrickendem Charme, kosmopolitisch durch Herkunft, Erfahrung und Willen, dazu noch neugierig wie eine Ziege und scharfsichtig wie ein Adler. Es ist ein Geschenk, sie erleben zu dürfen.
Anita Kugler, Schriftstellerin
Es ist eine versunkene Welt, die dieser Bericht aus Atlantis beschreibt. Und ein Buch des Gedenkens.
Florian Balke, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Ein faszinierend anrührender Bericht über die versunkene Lebenswelt der deutsch-jüdischen Kultur im Baltikum.
Heidrun Helwig, Gießener Anzeiger
In ihrer Autobiographie widerspiegelt Frau Freimane die unvergleichliche Tragödie der modernen Weltgeschichte, die sich auf dem Territorium Europa abspielte, aus einem ganz persönlichen Winkel.
I. E. Elita Kuzma, Botschafterin der Republik Lettland in der Bundesrepublik Deutschland
Eckdaten
Valentina Freimane: Adieu, Atlantis Erinnerungen.
Aus dem Lettischen von Matthias Knoll. Göttingen: Wallstein Verlag, 2015
ISBN: 978-3-8353-1603-4
Quelle : Wallstein Verlag
Catalin Mihuleac
Oxenberg & Bernstein
Roman
Eine beeindruckende neue Stimme aus Rumänien: Catalin Mihuleac hat einen großen Familienroman geschrieben.
Die vermögende Dora Bernstein und ihr fünfzigjähriger Sohn Ben aus Amerika besuchen Iasi, die Wiege der rumänischen Kultur. Eine junge Frau, Suzy, zeigt ihnen die Sehenswürdigkeiten der Stadt. Wenig später macht Ben ihr einen Antrag. Sie heiraten, und Suzy fängt an, sich für die Geschichte ihrer neuen Familie und die ihrer alten Heimat genauer zu interessieren. Sie stößt auf ein Mädchen, das 1947 mit 17 Jahren nach Wien gekommen ist. Als Einzige einer angesehenen Familie ist es ihr gelungen, das Pogrom in Iasi und den Holocaust zu überleben. Im Wiener Rothschild-Spital findet sie Zuflucht und erweist sich als begabte Schneiderin. Dort trifft sie einen GI, der ihr den Hof macht. Mit diesem beeindruckenden Familienroman ist ein großartiger Erzähler zu entdecken.
Pressestimmen
Ein mitreißender Roman, schöpfend aus einem ungeheuren Sprachreichtum, in einzigartig schillernden, ebenso kraftvollen wie poetischen, vielfach auch sarkastischen Bildern, die staunen machen.
Friedemann Kluge, neues deutschland, 26.04.18
Ironie und Frivolität, beißende Kritik an den USA wie an Rumänien amalgamiert der Autor zu einem gerade für Deutsche tief bewegenden Versuch über den Holocaust.
Katrin Hillgruber, Der Tagesspiegel, 14.03.18
Oxenberg & Bernstein' bewährt sich als bewegtes Drama, anrührende Tragödie, unterkühltes Melodram, ironische Märchengeschichte.
Alfred Pfoser, Falter, 14.0318
Das alles liest sich unverschämt deftig und politisch unkorrekt, mitunter zotig. Doch Mihuleacs stilistische Gratwanderung, in der raumwandlerisch sicheren und gewandten Übersetzung Ernest Wichners, erscheint so kühn wie letztlich überzeugend: Gerade der scheinbar leichtfertige burleske Erzählton bringt das grauenvolle Geschehen umso beklemmender zum Vorschein.
Sigrid Löffler, Deutschlandradio,12.03.18
Mihuleac, der in der bestechenden Übersetzung von Ernest Wichner erstmals von einem deutschsprachigen Publikum entdeckt werden kann, schätzt die Zuspitzung, den manchmal frivolen, zuweilen derben Ton. Das Forcierte dieser Prosa ist jedoch kein Selbstzweck. Mihuleac taucht tief ein in die Atmosphäre einer Zeit, die bald von einer mörderischen Hetze beherrscht wird.
Holger Heimann, SWR2 Lesenswert, 11.03.18
Ein Überraschungserfolg: auch weil da ein Erzähler sein Handwerk beherrscht, trickreich mit doppelten Böden hantiert und Erheiterndes aus der Gegenwart (im Ausland „liebt man die Rumänen wie Salz in den Augen“) mit Erschütterndem aus der Vergangenheit verwebt.
Walter Mayr, Der Spiegel, 10.03.18
Eckdaten
Mihuleac, Catalin: Oxenberg & Bernstein Roman.
Übersetzt von Ernest Wichner. Wien: Zsolnay, 2018
ISBN 9783552058934
Quelle : Hanser Literaturverlage
Philippe Sands
Rückkehr nach Lemberg
Über die Ursprünge von Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit
Übersetzt von Reinhild Böhnke
Als der bekannte Anwalt für Menschenrechte Philippe Sands eine Einladung nach Lemberg erhält, ahnt er noch nicht, dass dies der Anfang einer erstaunlichen Reise ist, die ihn um die halbe Welt führen wird. Er kommt einem bewegenden Familiengeheimnis auf die Spur, und stößt auf die Geschichte zweier Männer, die angesichts der ungeheuren NS-Verbrechen alles daran setzten, diese juristisch zu fassen. Sie prägten die zentralen Begriffe, mit denen seitdem der Schrecken benannt und geahndet werden kann: 'Verbrechen gegen die Menschlichkeit' und 'Genozid'. Meisterhaft verwebt Philippe Sands die Geschichte von Tätern und Anklägern, von Strafe und Völkerrecht zu einer kraftvollen Erzählung darüber, wie Verbrechen und Schuld über Generationen fortwirken.
Rückkehr nach Lemberg wurde ausgezeichnet mit dem renommierten Baillie Gifford Prize und dem Wingate Literaturpreis 2016 und war Buch des Jahres bei den British Book Awards 2017.
Pressestimmen
Eines der spannendsten, lesbarsten, klügsten, bewegendsten - schlicht besten 'Sachbücher' [...] Mit anderen Worten: große Literatur.
Peter Rutkowski, Frankfurter Rundschau
Wie Sands in seinem Buch familien- und rechtshistorische Linien verwebt, [...] macht aus dem Kernstoff - der Familienrecherche - ein Dokument grosser emotionaler und politischer Kraft.
Thomas Wadmann, Basler Zeitung
Mit den Biografien dieser Menschen verwebt Philippe Sands die Geschichte eines Jahrhunderts. Er erzählt, wie Geschichte entsteht.
Elisabeth von Thadden, DIE ZEIT
Ein faszinierendes Buch, das auf ganz beiläufige Weise die Grundfragen unserer Existenz aufwirft.
Joachim Gaertner, Arte/Metropolis
Die meisterhaft verwobene Erzählung von Familiengeschichte und Rechtsgeschichte erstreckt sich über mehr als 100 Jahre. [...] Sands' persönlicher, ja intimer Ansatz berührt.
Katharina Stegelmann, Der SPIEGEL
Klug und sehr berührend.
Focus
Eckdaten
Sands, Philippe: Rückkehr nach Lemberg .
Über die Ursprünge von Genozid und Verbrechen gegen die Menschlichkeit / Böhnke, Reinhild (Übersetzt)
Verlag S. Fischer, 2018, ISBN-13 9783103973020
Quelle : Verlag S. Fischer
Jörg Armbruster
Willkommen im gelobten Land?
Deutschstämmige Juden in Israel
Jörg Armbruster ist durch Israel gereist, um mit möglichst vielen dieser heute um die neunzig Jahre alten Zeitzeugen zu reden. Hier ist er auf bewegende Lebensgeschichten gestoßen, die Überlebensgeschichten sind - bestimmt von dem Willen, sich gegen alle Widerstände zu behaupten. Und er erzählt davon, wie Herkunft und Erfahrungen der aus Deutschland vertriebenen Menschen deren Nachfahren in der zweiten und dritten Generation bis heute prägen. Ein Buch über die "immerwährende Gegenwart der Vergangenheit in Israel", ohne die ein Verständnis für das Geschehen im Nahen Osten unvollständig bleibt.
Pressestimmen
Es ist ein ungemein dicht erzähltes Buch geworden
Claudia Irle-Utsch, Siegener Zeitung
Ein interessanter Aspekt, den Armbruster in seinem Buch aufgreift: Viele deutschstämmige Einwanderer sprachen sich damals für eine binationalen jüdisch-arabischen Staat aus - ein Ziel, das heutzutage in immer weitere Ferne rückt.
Ina Frank, Schwarzwälder Bote
Eine wichtige Erkenntnis, die Armbruster aus den Gesprächen gewann, lautete, dass auch die Kinder der Holocaustüberlebenden Traumata davongetragen haben.
Dierk Hartleb, Westfälische Nachrichten
Auf der anderen Seite beginne die israelische Selbstgewisseheit zu bröckeln, einen moralisch und politisch besseren Staat gegründet zu haben. Auch das steht in Armbrusters wichtigem Buch.
Insa Wilke, Zeit Online
Eckdaten
Jörg Armbruster: Willkommen im Gelobten Land? ISBN:978-3-455-50417-0.
Hoffmann & Campe, 2016.- 288 S.
Quelle : Hoffmann und Campe
Irina Scherbakowa
Die Hände meines Vaters
Eine russische Familiengeschichte
Aus dem Russischen von Susanne Scholl
Die Hände meines Vaters ist eine epische russische Familiengeschichte vor dem Panorama der Oktoberrevolution, der Weltkriege wie des ganzen 20. Jahrhunderts.
Irina Scherbakowas jüdische Grossmutter hat die Pogrome, die Oktoberrevolution und den Bürgerkrieg von 1917/18 überlebt. Ihr Vater kämpfte als Offizier im Zweiten Weltkrieg vor Stalingrad. Und sie selbst wuchs zur Stalinzeit in Moskau auf: Irina Scherbakowa stammt aus einer Familie, die alle Schrecknisse des 20. Jahrhunderts miterlebt hat. Und doch empfindet die renommierte russische Publizistin ihre Familiengeschichte als eine glückliche - sind ihre Vorfahren und sie doch immer wider alle Wahrscheinlichkeit davongekommen. Und so wird Irina Scherbakowas Buch zu einem beeindruckenden Porträt nicht nur einer Familie, der es stets mit viel Glück gelang, düstere Zeiten zu überstehen, sondern auch und vor allem die mitreissende Geschichte eines bewegten Jahrhunderts.
Pressestimmen
Unzählige Leben in wenigen Zeilen
Die Wochenzeitung
[...]eine persönliche und detaillierte Antwort auf die Frage, wie der russische Staat im 20. Jahrhundert seine Bürger missbraucht hat und wie er das weiterhin tut, solange die alten Verbrechen nicht aufgearbeitet sind.
Süddeutsche Zeitung
Die Chronologie ist nicht stringent, Irina Scherbakowa erzählt mit zahlreichen Vor- und Rückgriffen. Aber sie schildert stets plastisch den sowjetischen Alltag, seine Tristesse und die allgegenwärtige Angst vor der Willkür des kommunistischen Regimes.
Sabine Adler, Deutschlandfunk
Eckdaten
Irina Scherbakowa: Die Hände meines Vaters - Eine russische Familiengeschichte.
Aus dem Russischen von Susanne Scholl, München: Droemer und Knaur, 2017, ISBN 9783426277102
Quelle : Droemer und Knaur
Philipp Ther
Die Außenseiter
Flucht, Flüchtlinge und Integration im modernen Europa
Flucht und Integration gehören zu den beherrschenden Themen der Gegenwart. Sie sind ein maßgeblicher Grund für den Aufstieg rechtspopulistischer Parteien und drohen, die EU zu spalten. Ein Blick in die Tiefen der Geschichte relativiert allerdings die 'Flüchtlingskrise' des Jahres 2015. Seit 1492 die sephardischen Juden von der iberischen Halbinsel vertrieben wurden, ist Europa immer ein Kontinent der Flüchtlinge gewesen.
Historisch betrachtet, waren Flüchtlinge fast immer eine Bereicherung.
Pressestimmen
Ein Buch, das zeigt, wie wichtig der geschichtliche Blick ist, um das Heute gelassener zu analysieren. Eines der besten Sachbücher des Jahres.
Eva Thöne, SPIEGEL ONLINE
[Dieses Buch bringt] einen umfassenden Überblick über die Vielzahl selbst wenig bekannter Fluchtbewegungen sowie über die Härten und Risiken, denen Menschen auf der Flucht, aber auch noch danach ausgesetzt waren. [...] Ein Panorama also des Gestaltungsspielraums in der Flüchtlingsfrage, aber auch die Mahnung nicht immer wieder die gleichen Fehler zu machen.
Johanna Herzig, Deutschlandfunk
Der Text dieser Abhandlung ist gut lesbar und bietet auch dem interessierten Laien einen vielschichtigen und umfangreichen Zugang zur historischen Betrachtung jener Phänomene der Flucht und Migration, von denen viele heute denken, dass es sich um ganz neue Phänomene handelt. Wer dieses Buch gelesen hat, weiß es besser!
kulturbuchtipps.de
[...] ein europäisches Menschheits-Panorama. Klarer lässt sich eine Studie kaum bauen, angesichts der Abermillionen, die durch die Jahrhunderte wandern.
Elisabeth von Thadden, DIE ZEIT
Die Außenseiter ist eine ebenso informierte wie kluge Erkundung der Geschichte von Flucht und Integration in Europa seit dem Ende des 15. Jahrhunderts geworden.
Jens-Christian Rabe, Säddeutsche Zeitung
Eckdaten
Philipp Ther: Die Außenseiter - Flucht, Flüchtlinge und Integration im modernen Europa.
Berlin: Suhrkamp, 2017, ISBN 9783518427767
Quelle : Suhrkamp Verlag
Olga Martynova
Der Engelherd
Roman
Caspar Waidegger ist ein bekannter Schriftsteller, kühl und unnahbar und scheinbar arrogant. Er hat eine behinderte Tochter, die er regelmäßig im Pflegeheim besucht, und er hat eine junge Geliebte, die Literaturwisenschaftlerin Laura Schmitz, die über ihn ihre Doktorarbeit schreibt. Olga Martynovas neuer Roman erzählt vom Eigensinn und der Lebendigkeit dieser drei Menschen und von der schwierigen Liebe eines ungleichen Paars.
Parallel springt der Roman immer wieder in die Vergangenheit: Bei einem Treffen in Waideggers Haus entsteht die Idee, reihum eine Art Unterhaltungsroman mit dem Titel 'Zwischenfall am See' zu erzählen. Waidegger verfolgt die Idee alleine weiter, und was dabei entsteht, ist die Geschichte einer Schauspielerin, die im Nationalsozialismus Karriere macht und deren ebenfalls behinderte Tochter von Euthanasie-Ärzten ermordet wird. Doch die Geschichte hat mehr mit Waideggers Leben zu tun, als er denkt.
Und dann sind da immer wieder Engel, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft verbinden. Ein 'Engelsüchtiger' versucht, die Gespräche dieser Engel zu verstehen und zu übersetzen. Sie tummeln sich in einem Buch von Waideggers Tochter, und sie sind mitten unter uns. Todesengel manchmal. Vor allem aber Schutzengel, die ratlos und entsetzt auf unser Tun schauen - und uns nicht vor uns selbst beschützen können.
Es geht um die Liebe in Olga Martynovas neuem Roman. Es geht um die Frage, wie frei oder gefangen wir sind. Um Familie und Verantwortung also und die Frage, was normal ist und was verrückt. Und es geht um Engel, die entsetzt auf unsere Grausamkeit starren, die rätseln über unser Tun und uns nicht beschützen können. Es geht also um alles in Olga Martynovas neuem federleicht geschriebenen Roman. Und weil alles verloren wäre ohne die Literatur, geht es auch darum: das Wunder des Erzählens.
Pressestimmen
Kompliziert und aus schwerem Stoff, aber doch im Ergebnis von der Federleichtigkeit, die nur die Literatur so scheinbar ohne weiteres aufbauen kann [...] ein enormer Roman.
Judith von Sternburg, Frankfurter Rundschau
Märchenhaft.[...] Es geht um Liebe, um Verantwortung, Schuld, um alles, vor allem aber geht es um Martynovas Dichtung und originellen Gedanken.
Peter Pisa, Kurier
Ein hochambitioniertes Projekt [...] Der literarische Aufwand, den Olga Martynova betreibt, ist beträchtlich.
Meike Fessmann, Der Tagesspiegel
[...]so leichtfüßig verspielt, so vielschichtig bildstark, so überirdisch irdisch [...]
Karin Waldner Petutschnig, Kleine Zeitung
Ein filigraner, dicht gewebter und raffiniert komponierter Roman, der Sensibilität und sprachliche Eleganz mit Sinnlichkeit und Ironie verbindet. [...] ungewöhnlich, originell und sehr poetisch.
Wolfgang Seibel, Österreichischer Rundfunk/Ö1/Ex libris
Eckdaten
Olga Martynova: Der Engelherd. Roman.
Frankfurt am Main: Fischer, 2016, ISBN: 978-3-10-002432-9
Quelle : Fischer Verlag
Ivan Ivanji
Schlussstrich
Roman
Rudolf von Radványi, ein ungarischer Jude, lebt im Belgrad des Jahres 1941 ein nicht ungefährliches Doppelleben: Zum einen ist er Dolmetscher der deutschen Intendantur, gedeckt von Oberst Martin Hellmer, mit dem ihn eine gemeinsame Vergangenheit verbindet, und zum anderen arbeitet er als Kommunist im Verborgenen gegen das nationalsozialistische Regime. Wie konnte es dazu kommen?
Meisterhaft komponiert Ivan Ivanji eine Familiensaga, die rund hundertfünfzig Jahre überspannt: Beginnend bei den Rotbarts in Betschkerek im Banat der 1880er Jahre, als der junge Leopold seinen Nachnamen in Radványi ändert und dann Tierarzt wird, über seinen Sohn Ferenc, genannt Ferko, den Arzt, und dessen Sohn Rudolf, die beide - ohne es voneinander zu ahnen - als Partisanen gegen die deutschen Truppen kämpfen, bis hin zu Goran, dem Nachkriegskind, der den Zerfall Jugoslawiens miterlebt und seine Zukunft jenseits der Heimat sieht.
Pressestimmen
Ivanji ist ein beachtliches Werk gelungen: Er verknüpft meisterhaft Schicksale, lässt Beziehungen glücken und scheitern, große und kleine Tragödien geschehen ... Er begleitet diese liebenswerten Menschen durch die sich verändernde Gesellschaft, von den Schrecken der Naziherrschaft bis hin zum Zerfall Jugoslawiens. Er malt das warmherzige Bild einer gleichsam selbstverständlich multikulturellen Welt.
Die Presse
... eine Art jüdischer Buddenbrooks
Illustrierte Neue Welt
Ein glänzendes Sitten- und Sippengemälde der Zeit vom 19. Jahrhundert bis zum Zerfall Jugoslawiens (...) Ein bemerkenswertes Buch!
bn.bibliotheksnachrichten
Eckdaten
Olga Martynova: Der Engelherd. Roman.
Frankfurt am Main: Fischer, 2016, ISBN: 978-3-10-002432-9
Quelle : Fischer Verlag
Sasha Marianna Salzmann
Ausser sich
Roman
Die sind zu zweit, von Anfang an, die Zwillinge Alissa und Anton. In der kleinen Zweizimmerwohnung im Moskau der postsowjetischen Jahre verkrallen sie sich in die Locken des anderen, wenn die Eltern aufeinander losgehen. Später, in der westdeutschen Provinz, streunen sie durch die Flure des Asylheims, stehlen Zigaretten aus den Zimmern fremder Familien und riechen an deren Parfumflaschen. Und noch später, als Alissa schon ihr Mathematikstudium in Berlin geschmissen hat, weil es sie vom Boxtraining abhält, verschwindet Anton spurlos. Irgendwann kommt eine Postkarte aus Istanbul - ohne Text, ohne Absender. In der flirrenden, zerrissenen Stadt am Bosporus und in der eigenen Familiengeschichte macht sich Alissa auf die Suche - nach dem verschollenen Bruder, aber vor allem nach einem Gefühl von Zugehörigkeit jenseits von Vaterland, Muttersprache oder Geschlecht.
Wer sagt dir, wer du bist? Davon und von der unstillbaren Sehnsucht nach dem Leben selbst und seiner herausfordernden Grenzenlosigkeit erzählt Sasha Marianna Salzmann in ihrem Debütroman Ausser sich. Intensiv, kompromisslos und im besten Sinn politisch.
Pressestimmen
Hier schreibt jemand, der etwas zu erzählen hat.
DIE WELT
Die Erwartungen an das Romandebüt von Sasha Marianna Salzmann sind hoch, und sie werden nun mit Ausser sich mehr als erfüllt.
Ulrich Seidler, Frankfurter Rundschau
... es sind vor allem die Verdichtung, die lebendige Sprache und der liebevolle Blick auf die Generationen und die Geschichte selbst, die Ausser sich zu einem packenden Roman machen.
Nadine Lange, Der Tagesspiegel
Sasha Marianna Salzmann hat eine überbordene Form gefunden, über das zu sprechen, was nicht zu sagen, nur literarisch zu zeigen ist. ... In diesem Sinne ist Ausser sich ein junges Buch und eine einzigartige Markierung gegenwärtigen Erzählens.
Hubert Winkels, Süddeutsche Zeitung
... ein kunstvoll komponierter Entwicklungsroman.
Lukas Latz , Der Freitag
Eckdaten
Sasha Marianna Salzmann: Ausser sich. Roman.
Berlin: Suhrkamp, 2017.
ISBN: 978-3-518-42762-0
Quelle : Suhrkamp Verlag
Debora Vogel
Die Geometrie des Verzichts
Gedichte, Montagen, Essays, Briefe
Aus dem Jiddischen und Polnischen übersetzt und hrsg. von Anna Maja Misiak
»Debora Vogel, eine faszinierende europäische Schriftstellerin der Avantgarde und emanzipierte Intellektuelle, dass sie heute fast unbekannt ist, ist eigentlich nur dadurch zu erklären, dass sie ausgerechnet Jiddisch zur Literatursprache wählte, sich unter Männern zu behaupten hatte, in der galizischen Provinz schrieb, und dass ihr gewaltsamer Tod 1942 ihrem Schaffen ein Ende setzte. Nur der innigen Freundschaft mit dem heute weltberühmten Bruno Schulz (1892-1942) ist es zu verdanken, dass ihr Name nicht gänzlich in Vergessenheit geriet.
Ihre beiden Gedichtsammlungen Tagfiguren (1930) und Schneiderpuppen (1934) sind hier auf Jiddisch - in Umschrift - und in der Übersetzung zu lesen. Vogels Lyrik spiegelt ihre Faszination für geometrische Figuren wider, drückt Liebesverluste oder ihr wachsendes Unbehagen mit dem Kapitalismus aus. Ihre Großstadtgedichte fangen urbane Bilder aus Paris und Berlin ein. Ihrem Lebensmittelpunkt Lwow (Lemberg) und ihren familiären Wurzeln spürte sie 1937 in einem Essay nach.
Ihre experimentellen Montagetexte "Akazien Blühen" (1935) waren den meisten Zeitgenossen zu entindividualisiert, handlungsarm und scheinbar intentionslos. Vogels Essays zeigen die Modernität und Breite auch ihres theoretischen Schaffens. Darin beschäftigte sie sich neben soziologischen Themen - so dem Judenhass - intensiv mit Kunst (Chagall, Witkacy, Malevic, Henryk Streng, B. Schulz), Film und Literatur, so u. a. mit D. H. Lawrence, Thomas Mann, Brecht, B. Traven, E. Lasker-Schüler, Celine, Rudolf Brunnngraber. Vogels Poetik und die Hürden des Literaturbetriebs teilen sich in ihren Briefen mit, u. a. an Bruno Schulz oder die Vertreter der jiddischen Moderne in New York. Mit dieser Ausgabe ist Debora Vogel erstmals angemessen auf Deutsch zu entdecken. «
Pressestimmen
Ich bin mir fast sicher, dass dieses Buch einen der drei Hotlistpreise der unabhängigen Verlage bekommen wird, (...) Vielleicht sogar einen Preis für philosophische Ästhetik, und nicht nur, weil es auch kühne theoretische Texte enthält und zeitgenössische Auseinandersetzungen, die sich kaum heutiger lesen können.
Jan Kuhlbrod, Signaturen
Auf jeder Seite dieses inspirierenden Lesebuchs sieht man sich mit Formen und Farben konfrontiert, für Debora Vogel die "Seele und Sprache der Dinge".
Katrin Hillgruber, Der Tagesspiegel, Kultur
Diese Texte faszinieren, aber sie irritieren auch durch Wiederholungen, Wortschatzverknappung und die immer wieder auftauchenden vermenschlichten Farben, Objekte und Dinge. Gerade über diese gesteigerte und forcierte Monotonie ihrer Texte vermag Debora Vogel jedoch ausserordentlich früh die Folgen unserer selbstoptimierenden Moderne treffsicher zu beschreiben.
Annette Werberger, Neue Zürcher Zeitung
Ein großartiges Werk europäischer Literatur.
Sophie Weilandt, ORF TV
Eckdaten
Debora Vogel: Die Geometrie des Verzichts - Gedichte, Montagen, Essays, Briefe.
Aus dem Jiddischen und Polnischen übersetzt und hrsg. von Anna Maja Misiak.
Wuppertal: Arco, 2016, ISBN 978-3-938375-61-7
Quelle : Arco Verlag
Miljenko Jergović
Die unerhörte Geschichte meiner Familie
Roman
Aus dem Kroatischen von Brigitte Döbert
»Weil in jeder Familiengeschichte alles Wichtige der Weltgeschichte steckt«, hat Miljenko Jergović sich auf die Spuren seiner Familie begeben. Als seine Mutter, zu der er kein einfaches Verhältnis hat, im Sterben liegt, reist er nach Sarajevo und bringt sie zum Erzählen über die Vorfahren. Dort, wo jede Straße ihn in die Vergangenheit seiner traumatisierten Heimat führt, setzt er sich in einem schmerzlichen Prozess mit ihrem Erbe auseinander: Kinder des einstigen Habsburgerreichs, waren sie als Eisenbahner Zugereiste, und jeder Krieg stellte ihre Identitäten und Loyalitäten neu auf die Probe.
Das Gefühl von Fremdheit ist dem großen europäischen Erzähler Miljenko Jergović geblieben, auch wenn er sich an den Konflikten der Gegenwart auf seine Weise reibt. Fakten mit Fiktion vermischend und in konzentrischen Kreisen erzählend, zeigt er in diesem großen Weltentwurf, was das Leben in einem Vielvölkerstaat für den Einzelnen bedeutet, vor allem wenn er nicht zur Mehrheit gehört, sondern zu den »Anderen«.
(Klappentext)
Pressestimmen
Ein aus Fakten und Fiktion gewobenes Panorama südosteuropäischer Geschichte. (...) Große, kluge Literatur, die souverän das kulturelle Erbe der Balkan-Region zitiert, travestiert, in Frage stellt.
Hendrik Werner, Weser Kurier
Das ist ein großes Buch, und so viele große Bücher liest man nicht, aber wenn man eines erwischt, dann weiß man das sofort. (…) Das ist auf jeder Seite ein Buch über diesen permanenten Identitätsstress, der uns heute, damals und immer umtreibt und klein und groß macht und umbringt und rettet. (…) ein Buch über die immerzitternde Vorläufigkeit jeder Heimat.
Saša Stanišić, Die Zeit
Weltliteratur. (...) Gut, dass es den endlos talentierten, mutigen und witzigen Miljenko Jergović gibt.
Andreas Breitenstein, NZZ
Ein großartiges Werk europäischer Literatur.
Sophie Weilandt, ORF TV
… rigoros, packend, moralisch und furios.
Erich Klein, ORF Ex libris
Eine intime Historiografie von Sarajevo (...). Die Schichten (...) sind so raffiniert wie Blätterteigschnecken des bosnischen Bureks und so tiefgründig wie die Muster aus dem Mokkasatz.
Anne-Katrin Godec, WDR 3
Durch seine Erzählperspektiven platziert er eine Kamera mitten im Geschehen und wandert (...) in die Köpfe seiner Figuren, (...) und stellt dadurch eine sehr direkte Nähe her.
Cornelia Zetzsche, BR Diwan
Eckdaten
Miljenko Jergović: Die unerhörte Geschichte meiner Familie.
Roman Aus dem Kroatischen von Brigitte Döbert Schöffling, 2017, 1144 S.,
ISBN: 978-3-89561-396-8
Quelle : Schöffling
Liliana Corobca
Der erste Horizont meines Lebens
Roman
Die zwölfjährige Cristina kümmert sich um alles: Sie kocht, putzt, füttert die Hühner, die Schweine und die Hunde und wenn es sein muss, dann prügelt sie sie sich auch mit den Jungs, um Dan und Marcel, ihre Brüder, zu verteidigen.
Ein Mädchen das versucht Elternersatz für ihre jüngeren Brüder zu sein. Die Geschwister leben in einem Dorf in Moldawien, während die Mutter in Italien fremde Kinder hüten muss und der Vater in Sibirien arbeitet. Dabei ist Cristina eigentlich in Cousin Lucian verliebt, träumt vom ersten Kuss und einer besseren Zukunft. "Das Warten ist wie ein kleines Tier, weder ein Haustier noch ein wildes Tier, mal brav und schläfrig, mal böse und entfesselt“.
In einprägsamen, farbigen Bildern und ohne zu beschönigen schildert Liliana Corobca Christinas harte Realität. Sie verleiht den Kindern an den Rändern Europas, die alleine oder bei Verwandten zurückbleiben eine würdige Stimme.
(Klappentext)
Pressestimmen
Erschütternd schön. Es ist ein berührendes Zeugnis der Selbstbehauptung. Cristina ist eine moldawische Pippi Langstrumpf. In ihrer Welt allerdings macht das Alleinsein keinen Spaß.
Carsten Hueck, Deutschlandradio Kultur
Corobcas Roman berichtet nicht nur mit Zärtlichkeit und Witz vom Schmerz und von der Geduld verlassener Kinder, er zeichnet mit hellwachem Realismus auch den wirtschaftlichen, sozialen und moralischen Zerfall des bäuerlichen Milieus nach.
Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung
Liliana Corobca hat nicht nur eine beeindruckende Heldin erschaffen, sondern auch ein ebenso bewegendes wie anrührendes Zeitdokument. Ein Zeitdokument über das Leben von Kindern im heutigen Europa, das im Herzen des Lesers Unruhe stiftet und viele Fragen aufwirft.
Mirko Schwanitz, Kulturradio RBB
Mit zärtlicher Neugier wählt Liliana Corobca die Worte; die Zärtlichkeit schützt sie vor dem Zynismus, die Neugier vor der Gutwilligkeit.
Michael Köhlmeier
Liliana Corobca gelingt es mit ihrem beharrlichen Blick aufs Detail, der fast schon an die emotionale Schmerzgrenze reicht, die kosmische Einsamkeit dieser Kinder in Worte zu fassen.
Dirk Schümer, Die Welt
Der Ton der Erzählerin, halb naiv und halb altklug, halb erschüttert und halb ungerührt hart, ist genau der, den man einer zu früh reifen Zwölfjährigen zutraut. … Dazu passt der alltäglich-trockene Realismus Corobcas, dessen Höhepunkt die anschaulichen Bilder sind.
Hans-Peter Kunisch, Zeit Online
In emotionaler und kunstvoller Sprache erzählt Corobca ergreifend vom Kinderalltag in einer kaputten Erwachsenenwelt, von Empörung, Sehnsucht, Zärtlichkeit und Wut.
Carsten Hueck, WDR
Ein unsentimentales, aber zärtliches, wunderbares Buch aus unserer europäischen Nachbarschaft.
Cornelia Zetzsche, BR Diwan
Eckdaten
Liliana Corobca: Der erste Horizont meines Lebens – Roman
Übersetzt aus dem Rumänischen von Ernest Wichner Wien: Zsolnay, 1915. – 192 S.,
ISBN 978-3-552-05732-6
Quelle : Hanser Literaturverlage
Lutz C. Kleveman
Lemberg
Die vergessene Mitte Europas
Die Biographie einer Stadt
Einst Teil des Habsburger Reichs, galt Lemberg als »Jerusalem Europas«, wo Polen, Juden, Ukrainer und Deutsche zusammenlebten. Namhafte Künstler und Wissenschaftler prägten eine Moderne, die der in Berlin und Wien in nichts nachstand. Dann verlor Lemberg wie so viele mitteleuropäische Städte durch Krieg, Holocaust und Vertreibung fast alle Einwohner – und damit sein Gedächtnis. Siebzig Jahre später, inmitten der Ukraine-Krise, sucht Lutz C. Kleveman die verschüttete Vergangenheit der Stadt freizulegen. Was er dabei entdeckt und brillant erzählt, ist nicht weniger als die Geschichte Europas bis heute.
(Klappentext)
Pressestimmen
Lutz C. Kleveman erschließt lebendig und sehr persönlich die Geschichte dieser faszinierenden Stadt, die so viele Vergangenheiten hatte, Bühne so vieler Kulturen, Träume und Tragödien war. Ein immenses Lesevergnügen.
Philipp Blom, Der taumelnde Kontinent
Ein ebenso sorgfältiges wie umfassendes Geschichtsbuch über eine faszinierende Stadt, hinter deren bezaubernder Fassade sich Ungeheuerlichkeiten entluden.
Sabine Adler, Deutschlandfunk
Eine bemerkenswerte Neuerscheinung [...] in angelsächsischer Tradition erzählt.
RBB Inforadio, Quergelesen
Was die vorliegende Studie auszeichnet, sind die Neugier, mit der sich der Autor der Stadt nähert, und die steigende Leidenschaft, mit der er der Vergangenheit auf die Spuren kommen will [...] Klevemann ist ein mitreißender Bericht über seine Reise ins alte Lemberg gelungen.
Deutsche Vereinigung für politische Bildung
Den ›Mantel des Schweigens‹ [...] hat Kleveman mit seinem Buch weggezogen. Dafür gebührt ihm der allergrößte Respekt.
Badische Zeitung
(...) so informationsdicht und spannend geschrieben, dass man darin mehr über die Stadtgeschichte erfährt als bei jeder Bildungsreise.
NZZ am Sonntag
Eckdaten
Lutz C. Kleveman: Lemberg, Aufbau Verlag, 2017,
ISBN 978-3-351-03668-3
Quelle : Aufbau Verlag
Daniel Schreiber
Zuhause
Die Suche nach dem Ort, an dem wir leben wollen
Roman
Unsere Beziehung zu dem, was wir als Zuhause bezeichnen, ist kompliziert geworden. Immer weniger Menschen auf der Welt fühlen sich heute noch sinnstiftend mit dem Ort verbunden, an dem sie geboren wurden. Menschen ziehen um, Menschen werden verdrängt. Die Gegenwart ist geprägt von der unbekannten Atmosphäre einer grundlegenden Unsicherheit – umso stärker wünschen wir uns einen Ort, an dem wir uns mit unseren jeweils eigenen Geschichten aufgehoben fühlen.
In seinem persönlichen Essay beschreibt Daniel Schreiber den Umschwung einer kollektiven Empfindung. Zuhause ist nichts Gegebenes mehr, sondern ein Ort, zu dem wir suchend aufbrechen.
Schreiber blickt auf Philosophie, Soziologie und Psychoanalyse, zugleich erzählt er seine eigene Geschichte von Vorfahren, die ihr Leben auf der Flucht verbrachten. Von der Kindheit eines schwulen Jungen in einem mecklenburgischen Dorf. Und von der Suche nach einem Zuhause in London, New York und Berlin.
(Klappentext)
Pressestimmen
Es ist möglich, intelligent und spannend über Heimat und Heimatlosigkeit zu sprechen, ohne in rechten Gewässern zu fischen. Der Essayist Daniel Schreiber tut das in seinem eben erschienenen Buch 'Zuhause'.
Margarete Stokowski, Spiegel Online, 04.04.17
Daniel Schreiber hat das Talent, einen mit seinen Essays in den Bann zu ziehen.
Jörg Magenau, RBB Kulturradio, 30.03.17
In sehr schön geschriebenen Erinnerungen und stringent daraus entwickelten kulturkritischen und philosophischen Reflexionen nimmt uns Schreiber mit auf seine ganz persönliche Suche nach einem Zuhause und einer Antwort auf die Frage, warum diese Suche für ihn so schmerzhaft war. ... Es sind Schreibers unverwechselbarer Stil, der schonungslose Ehrlichkeit mit einer großen Diskretion verbindet, und der in jedem Absatz spürbare innere Drang, den eigenen Schmerz zu verstehen, die bewirken, dass man das Buch mit klopfendem Herzen liest und gar nicht mehr weglegen möchte. ... Schreiber beherrscht die Kunst, große Fragen zu stellen, ohne jemals explizit werden zu müssen. ... Nicht nur deshalb lohnt es sich, das Buch zu lesen. Es ist ein weiterer Beweis dafür, dass einem schöne Sprache und gute Literatur auch ein Zuhause sein kann.
Christine Regus, taz, 14.03.17
Schreiber gelingt es, schonungslos autobiografisch zu erzählen, ohne eine selbstmitleidige Nabelschau zu betreiben. ... Verklärende Heimat-Sehnsucht lässt Daniel Schreiber nicht zu, er versucht den Zuhause-Begriff zu fassen. ... Essayistisch, intellektuell-nüchtern und doch persönlich.
Anke Jahns, NDR1 Radio MV, 14.03.17
Ein Essay, den man nach der Lektüre nicht sofort ins Bücherregal stellen mag, weil die Gedanken, die er zum Schwingen gebracht hat, nach der letzten Seite noch lange in Bewegung sind. ... Man merkt erst nach der Lektüre, wie dicht diese 140 Seiten sind, und wird belohnt damit, wie schonungslos uneitel der Autor seine Biografie reflektiert, wie nah man als Leser sein darf, wenn er sich Halt suchend durch seine Krise hangelt. ... Seine Geschichte mag speziell sein, doch die Erkenntnisse bei der Frage, wie und wo man sich ein Zuhause aufbauen kann, sind universell und machen den Essay lohnenswert.
Fritz Habekuss, Die Zeit, 09.03.17
Zuhause' ist eine elegant geschriebene, anregende Meditation über einen schwierigen Begriff in einer für viele Menschen immer unheimlicher werdenden Welt. Und zugleich die Rekonstruktion von Schreibers eigener Suche nach einem Ort, dre für ihn so etwas wie Stabilität und Bindung bedeuten könnte.
Oliver Pfohlmann, Neue Zürcher Zeitung, 08.03.17
Der ganze Text ist im Kern eine fortwährende Suchbewegung. Kein Zufall, dass man Schreiber immer wieder auf langen Spaziergängen durch London oder später durch Berlin begleitet. Diese Spaziergänge gleichen seinen Exkursen oder seiner Art zu denken, sie haben ein fernes Ziel, steuern aber über lehrreiche, überraschende Umwege darauf zu. ... Es ist sehr lohnend und seitenweise sogar beglückend, diesem Autor auf seinem mäandernden Weg nach Hause zu folgen.
Alex Rühle, Süddeutsche Zeitung, 18.02.17
Eckdaten
Doma, Akos: Der Weg der Wünsche Roman.,
Rowohlt, Berlin , 2016, 336 S.
ISBN-13: 978-3-87134-839-6
Quelle : Rowohlt Verlag
Akoz Doma
Der Weg der Wünsche
Roman
Es beginnt mit einem Kindergeburtstag im Kreis der Familie, doch nicht nur die Kirschbäume werfen ihren Schatten: Für die Eltern Teréz und Károly ist das Leben im sozialistischen Ungarn unerträglich geworden. Niemand darf von ihren Fluchtplänen erfahren – schon gar nicht die Kinder Misi und Borbála, die einem Urlaub am Plattensee entgegenfiebern und sich bald wundern müssen, als der geliebte See am Fenster vorbeifliegt. Mit viel Wagemut schaffen es die vier über die Grenze nach Italien – dort stellt sie der sich endlos dehnende Sommer im desolaten Auffanglager auf eine Probe, die keinen von ihnen unberührt lässt: Károly und Teréz werden sich fremd; der achtjährige Misi erfährt die volle Härte der Erwachsenenwelt; Borbála verliebt sich zum ersten Mal. Auch längst Vergangenes bricht auf: Teréz musste als junges Mädchen vor der heranrückenden Ostfront fliehen, Károly wurde mit seiner Mutter zwangsausgesiedelt. Die Familie droht zu zerbrechen, noch bevor sie ihr Ziel – Deutschland – erreicht ...
Akos Doma, der selbst als Jugendlicher mit seiner Familie Ungarn verließ, erzählt die Geschichte einer dramatischen Flucht. Hellsichtig und mit großer sprachlicher Kraft zeigt sein Roman, was Heimatlosigkeit und Ungewissheit im Menschen anrichten können – und wie sie ihn verändern.
(Klappentext)
Pressestimmen
Menschlichkeit und Moral ... Doma entstaubt diese Vorstellungen auf unangestrengte Weise. Dass er dafür eine klassische, besonnene, einfühlsame Erzählweise gewählt hat, ist nur konsequent.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Er sollte Pflichtlektüre sein, der neue Roman von Akos Doma ... Das einfühlsame, vielschichtige Porträt einer Flucht.
Die Presse
Ein geradlinig erzählter, ungemein spannender und äußerst erhellender Roman.
Tagesspiegel
Eckdaten
Doma, Akos: Der Weg der Wünsche Roman.,
Rowohlt, Berlin , 2016, 336 S.
ISBN-13: 978-3-87134-839-6
Quelle : Rowohlt Verlag
Emilia Smechowski
Wir Strebermigranten
Ergänzender Titel
Emilia Smechowski über die Geschichte ihrer Familie, die in den 1980ern aus Polen nach Deutschland kam. "Wir Strebermigranten" – ein beeindruckendes Debüt
Emilia war noch Emilka, als ihre Eltern mit ihr losfuhren – raus aus dem grauen Polen, nach Westberlin! Das war 1988. Nur ein Jahr später hatte sie einen neuen Namen, ein neues Land, eine neue Sprache: Sie war jetzt Deutsche, alles Polnische war unerwünscht. Wenn die neuen Kollegen der Eltern zum Essen kamen, gab es nicht etwa Piroggen, sondern Mozzarella und Tomate. Und als Emilia ein Deutschdiktat mit zwei Fehlern nach Hause brachte, war ihre Mutter entsetzt: Was war schiefgelaufen? Ergreifend erzählt Emilia Smechowski die persönliche Geschichte einer kollektiven Erfahrung: eine Geschichte von Scham und verbissenem Aufstiegswillen, von Befreiung und Selbstbehauptung.
Pressestimmen
'Wir Strebermigranten' ist vieles in einem: Die Autobiographie einer noch jungen Frau, ein Essay, eine Familien- und eine Emanzipationsgeschichte, ein Beitrag zur aktuellen Flüchtlingsdebatte und das psychologische Porträt einer ganz bestimmten Einwanderungsgeneration... Dem jahrelangen Versteckspiel ihrer Familie setzt Schmechowski nun die geradezu schmerzliche Offenheit ihres Buches entgegen.
Peter Körte, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Emilia Smechowskis zwischen Essay und Roman changierendes Buch besticht durch seinen schnörkellosen Stil. Oft sind es ihre beiläufig-lakonischen Beobachtungen, die ein stimmiges Gesamtbild einer deutschen Migrationskultur ergeben.
Harry Nutt, Frankfurter Rundschau
Ein Buch, das dazu beitragen wird, mehr polnische Geschichte in Deutschland zu erfragen und erfahren.
Joachim Dicks, NDR Kultur
Es ist die Geschichte einer Befreiung - und zugleich eine Reflexion über Migranten, Integration und Heimat.
Isabel Fannrich-Lautenschläger, Deutschlandfunk
Wirklich ein tolles, ein fesselndes, ein sehr offenes Buch.
Katty Salié, ZDF aspekte
Emilia Smechowski ist die mutigste Autorin ihrer Generation.
Maxim Biller
Eckdaten
Emilia Smechowski: Wir Strebermigranten. -Berlin: Hanser, 2017. - 224 S. - ISBN 978-3-446-25683-5
Quelle : Verlag
Jan Koneffke
Ein Sonntagskind
Roman
Winter 1944/45: Um seinen unreifen Sohn Konrad vor den Werbern der SS zu retten, drängt dessen Nazi-skeptischer Vater ihn, sich freiwillig Reserveoffizier bei der Wehrmacht zu werden; kurz darauf rät er ihm sogar zur Fahnenflucht – Hitlerjunge Konrad graut es zwar vor Kampfeinsätzen, zugleich ist er aber über den mangelnden Patriotismus des Vaters entsetzt und überlegt ernsthaft, ihn anzuzeigen.
Der Krieg macht durch Zufälle aus dem Feigling einen Helden, er bekommt sogar das Eiserne Kreuz Erster Klasse. Prahlend berichtet er darüber in Briefen an ferne Kameraden. Nach dem Kriegsende jedoch sieht die Welt anders aus. Der vorher verachtete Vater wird zum Leitstern. Konrad schämt sich zutiefst für seine Kriegstaten und verschweigt sie hartnäckig – erst recht, als er (gefordert von einem ehemaligen Widerständler) Philosophiedozent wird, Schwerpunkt Ethik.
Konrad gerät in Frankfurt, inzwischen Professor, ins linke Milieu – und mitten in die Wirren der Studentenbewegung. Als die Staatssicherheit der DDR über einen ehemaligen Kriegskameraden an kompromittierende Informationen über ihn gelangt, wird es brenzlig, aber es gelingt dem Sonntagskind Konrad, den Kopf aus der Schlinge zu ziehen. Kein Wunder, dass er – Jahre später – die Nachricht vom Fall der Mauer nicht nur mit Freude hört. Erst sein Sohn wird die prahlenden Jugendbriefe seines Vaters finden – und darin einen Menschen, den er nicht kennt und dessen wahre Identität er rekonstruieren will.
(Klappentext)
Pressestimmen
Eine kritische Überprüfung der condition humaine. (…) Man könnte [das Buch] als Parabel auf die bundesrepublikanische Geschichte lesen, aber das würde die Komplexität des Romans verfehlen, in denen auch auf die Verstörungen der Allerjüngstzeit eingegangen wird.
Der Tagesspiegel
Jan Koneffke hat mit grossem epischem Atem und immenser Fabulierlust die aufwühlende Lebensgeschichte des Konrad Kannmacher und seiner Familie akribisch aufgezeichnet.
NZZ
Koneffke ermöglicht ein Verstehen (was nicht mit Verständnis gleichzusetzen ist), was in dieser Generation passiert ist.
Lothar Struck, Glanz & Elend
Der dritte ist der spannendste und persönlichste Band der Trilogie um die Familie Kannmacher/Koneffke. […] Man muss das Buch [aber] auch als gelungene Recherche zu den Motiven des jahrzehntelangen Schweigens der Generation Grass lesen.
Nicole Henneberg, FAZ
Eine wichtiger Roman, nicht zuletzt auch als Beitrag zur Debatte um Schuld und Versäumnis.
ORF
Ein gelungener Roman nicht nur über eine zerrissene Vaterfigur, sondern auch über eine Generation, die sich entschlossen in die Zukunft stürzte, weil ihre Jugend und Erinnerungen gänzlich entwertet waren.
Süddeutsche Zeitung
Die Anschaulichkeit und die erzählerische Wucht des Romans reißen den Leser mit. (…) Koneffke erweist sich als ein erfahrener, warmherziger und sprachgewaltiger Erzähler.
Deutschlandfunk
Das Buch ist ein Meilenstein meiner Lektüreerfahrung schon jetzt.
Lioba Happel
Historisch klug und literarisch virtuos: Wer immer noch nichts von Jan Koneffke gelesen hat, muss dies nun dringend nachholen.
Falter
Eckdaten
Jan Koneffke : Ein Sonntagskind – Roman,
Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2015, ISBN 9783869711072
Quelle : http://www.kiwi-verlag.de
Über den Autor
Jan Koneffke, geboren 1960 in Darmstadt, studierte und arbeitete ab 1981 in Berlin. Nach seinem Villa-Massimo-Stipendium 1995 lebte er für weitere sieben Jahre in Rom und pendelt heute zwischen Wien, Bukarest und dem Karpatenort M?neciu. Jan Koneffke schreibt Romane, Lyrik, Kinderbücher, Essays und übersetzt aus dem Italienischen und Rumänischen. Er wurde mit zahlreichen Preisen und Stipendien ausgezeichnet, zuletzt dem Usedomer Literaturpreis 2013 und dem Uwe-Johnson-Preis 2016.
Jens Mühling
Schwarze Erde
Eine Reise durch die Ukraine
Das Porträt eines Landes in der Zerreißprobe.
«Wird jemand für das vergossene Blut zahlen? Nein. Niemand.» Michail Bulgakow schrieb das in Kiew, in den Wirren des russischen Bürgerkriegs, als sich in der Ukraine im Wochentakt die Grenzen verschoben.
Den Deutschen gehörte damals ein Stück des Landes, den Polen schon nicht mehr, obwohl ihnen früher ein sehr großes gehört hatte. Ein kleineres den Österreichern, den Litauern lange fast alles, den Russen später der Rest, den Sowjets am Ende das Ganze. Allein den Ukrainern gehörte nichts. Ein Jahrtausend lang lebten sie zwischen Grenzen, die sich unter ihren Füßen stetig verschoben.
Und die nun wieder in Bewegung geraten sind.
Als Staat existiert die Ukraine erst seit 1991; was sie vorher war, ist unter ihren Bewohnern so umstritten wie unter ihren europäischen Nachbarn. Jens Mühling erzählt von Begegnungen mit Nationalisten und Altkommunisten, Krimtataren, Volksdeutschen, Kosaken, Schmugglern, Archäologen und Soldaten, deren Standpunkte kaum unterschiedlicher sein könnten. Sein Buch schildert ihren Blick auf ein Land, über das wir kaum etwas wissen – obwohl es mitten in Europa liegt. Aus persönlicher Perspektive macht Jens Mühling das Land für den Leser geographisch wie geschichtlich erfahrbar.
Mühling zeigt die Hintergründe des Konflikts auf, besucht Orte und begegnet Menschen, deren Schicksal prägnant für die historische und bis heute anhaltende Identitätssuche des Landes ist – und lässt so Geschichte lebendig werden.
(Klappentext)
Pressestimmen
Ein Kaleidoskop eines Landes, das mit sich selbst im Unreinen zu sein scheint.
Deutschlandradio Kultur
Die eine Erzählung von der Ukraine gibt es in diesem Buch nicht, sondern Geschichten, von denen jede einen Teil des Landes zeigt und die alle für sich stehen können.
Süddeutsche Zeitung
Skurriles und Ernstes, Absurdes und Absolutes verbinden sich in Jens Mühlings Buch zu einem kaleidoskopartigen Bild eines Landes, das geradezu nach Erlösung dürstet.
NZZ
Während der Kampf um das ukrainische Selbstverständnis zwischen international renommierten, Europa zuneigenden Autoren und vom Kreml gern instrumentalisierten Euroskeptikern ausgefochten wird, bleiben die menschlichen Realitäten des Landes unterbelichtet. Diese Lücke zu schließen gelingt Jens Mühling.
Frankfurter Allgemeine Zeitung
Spektakuläres Reportagebuch.
Stern
Ein stimmiges Bild von einem Land, in dem vieles nicht stimmt. Das leisten nur wenige Reiseberichte
Süddeutsche Zeitung
Glänzend geschrieben.
Deutschlandfunk
Um die Seele dieses Landes zu verstehen, musste man bislang Gogol lesen. Jetzt sollte man Mühling lesen.
The Times
Lebhaft und bewegend.
Times Literary Supplement
Eckdaten
Jens Mühling: Schwarze Erde – Eine Reise durch die Ukraine
Reinbeck bei Hamburg,Rowohlt, 2016. ISBN 9783498045340
Quelle: http://www.rowohlt.de/hardcover/jens-muehling-schwarze-erde.html
Jakuba Katalpa
Die Deutschen
Geographie eines Verlustes
aus dem Tschechischen von Doris Kouba
Als die in alle Welt zerstreuten Kinder Konrad Mahlers um das Jahr 2000 zur Beerdigung ihres Vaters in ihre tschechische Heimat nach Prag zurückkehren, stellt sich plötzlich die Frage nach „den Deutschen“. Da hatte es doch diese deutsche „Großmutter“ gegeben, die immer Päckchen schickte. Die leibliche Mutter des Verstorbenen. Seine Tochter begibt sich nun auf die Suche nach dem verborgenen Teil ihrer Familiengeschichte und versucht, die damit verbundenen Traumata zu begreifen. Warum hat diese Klara Rissmann damals nach Kriegsende ihr Kind in Prag zurückgelassen? Die Lebensgeschichte der jungen Klara, die sich als Lehrerin während des Zweiten Weltkrieges in die annektierten Sudetengebiete versetzen lässt, ist verwoben mit den menschlichen Schicksalen dieser gewalttätigen Epoche. Es ist eine Geschichte des Verlusts für alle Beteiligten – unabhängig davon, auf welcher Seite sie stehen. Einigen wird ihr Leben genommen, andere geben es gar freiwillig, um nicht den Verlust der Heimat erleiden zu müssen. Wer überlebt, steht vor der Aufgabe, sich trotz der erlittenen Wunden ein neues Leben aufzubauen. Klara erweist sich darin als außergewöhnlich starke Persönlichkeit. Doch die Fragen ihrer Enkelin lassen sich letztlich nicht alle beantworten. Der "Tschechische Roman des Jahres 2013" (Cena Česká kniha) der jungen tschechischen Autorin Jakuba Katalpa nun auch in deutscher Sprache. Der mehrfach ausgezeichnete Titel, ursprünglich erschienen im Brünner HOST-Verlag, wurde bereits ins Slowenische, Bulgarische und Mazedonische übersetzt. Dabei dürfte er für das deutsche Publikum besonders interessant sein, geht es doch um eine deutsch-tschechische Familiensaga.
(Klappentext)
Pressestimmen
... Der Romanstil zeigt manche Merkmale heutiger Exilliteratur, die zugleich als Merkmale des postmodernen Schreibstils gelten - eine lakonische, nüchterne Sprache, fragmentarische Sätze, ein Sinn für Ironie und das Groteske, das fast paradoxe Nebeneinander von Banalem und Tragischem und eine Derbheit bei der Beschreibung von Sex und Tod. Die Lektüre führt auf eine spannende 'Achterbahn' mit Höhen und Tiefen, abrupten Wendungen, erweckten Hoffnungen und ernüchternden Enttäuschungen...
Der Ackermann, März 2016
... Der Vater ist tot und wird gerade eingeäschert. Er war Tscheche. Seine Mutter war eine Tschechin. Die ist auch tot. Vaters Mutter war aber eine Deutsche. Die lebt noch. Lebt die noch?
Mit diesem Verwirrspiel beginnt die junge tschechische Autorin Jakuba Katalpa (Pseudonym für: Tereza Jandová) ihren Roman 'Die Deutschen'...
Südwestpresse, Februar 2016
... Denn Katalpa, geboren 1979 in Pilsen, macht genau diesen Blick auf die Dinge zum Gegenstand ihres Romans. Sie beschäftigt sich mit den deutsch-tschechischen Beziehungen im und nach dem Zweiten Weltkrieg. Aber statt wie viele vor ihr zu fragen, was passiert ist, wer schuldig war und wer Opfer, beschäftigt sie sich mit der Unmöglichkeit, diese Fragen zu beantworten...
...Stattdessen bleibt der Erzählerin und ihrer Stieftante nur die Erkenntnis, dass jede ihre eigenen Erinnerungen hat - und ein Satz, von dem man sich wünscht, dass ihn sich viele zu Herzen nehmen: 'Das, was jetzt von Belang ist, liegt nicht in der Vergangenheit.'...
Prager Zeitung, Dezember 2015
Stimmen zur tschechischen Originalausgabe
… Selten wurde dieser oft bearbeitete Stoff der Beziehungen zwischen Tschechen und Deutschen, inmitten von Krieg und Diktatur im Europa des letzten Jahrhunderts mit einem solchen Gespür für die persönliche Geschichte präsentiert, die hier nicht nur als Abriss erscheint, um die Historie zu beschreiben, sondern als glaubwürdige und große Chronik...
Klára Kubičková, MF Dnes
... Die miteinander verwobenen Schicksale, die vortrefflich gezeichnete Charakteristik aller Figuren, die glänzend aufgebaute Handlung, die geschliffene Sprache – das sind die Hauptmerkmale, die den Roman „Die Deutschen“ zum Juwel der tschechischen Literatur des vergangenen Jahres machen...
PhDr Jana Semelková, kultura21.cz
Eckdaten
Jakuba Katalpa : Die Deutschen Geographie eines Verlustes. Aus dem Tschechischen von Doris Kouba.
Landsberg am Lech : BALAENA, 2015.- ISBN 978-3-9812661-7-7
Quelle: http://www.balaena.de/BALpages/02-06_buch_diedeutschen.htm
Interview mit der Autorin : http://faustkultur.de/1072-0-Interview-mit-Jakuba-Katalpa.html#.WFETb7-qKbs
György Dragomán
Der Scheiterhaufen
Roman
Aus dem Ungarischen von Lacy Kornitzer
Rumänien nach dem Sturz des Diktators. Emma, eine dreizehnjährige Vollwaise, wächst im Internat auf. Ihre Eltern sollen bei einem Autounfall ums Leben gekommen sein. Eines Tages erscheint eine Unbekannte, die sich als ihre Großmutter ausgibt. Widerstrebend folgt Emma ihr in eine fremde Stadt.
In der Schule wird Emma nicht nur gehänselt, sondern auch bedroht, denn ihre Großmutter gilt als Spitzel und Geisteskranke – das blutige Ende des alten Regimes liegt noch nicht lange zurück. Während Emma sich in der Schule zu behaupten lernt, eine leidenschaftliche Mädchenfreundschaft schließt und sich schüchtern verliebt, kämpft die alte Frau um ihr Vertrauen. In Monologen, die strudelnd in den Abgrund ziehen, gibt sie sich selbst preis – und die Geschichte eines Verbrechens, das sich vor Jahrzehnten draußen im Garten abgespielt hat, im Holzschuppen, unter dem Nussbaum.
Als Emma sich über das Verbot, den Holzschuppen im Garten zu betreten, hinwegsetzt, macht sie eine verstörende Entdeckung.
Die Geschichte, die nun beginnt, zieht Emma den Boden unter den Füßen weg: Stückweise kommt die Wahrheit über ihre Familie ans Licht – und über eine Gesellschaft, in der das gewaltsame Ende vieler ihrer Bürger nie verfolgt wurde.
„Die schmerzvollsten Geschichten“, heißt es einmal, „könne man nur so erzählen, dass der, der zuhört, das Gefühl hat, dass sie ihm selbst widerfahren, dass es seine eigenen Geschichten sind. Skrupulös, mit einer minimalistischen Erzähltechnik, die den Übertritt ins Magische, Phantastische erlaubt, schildert Dragomán das Fortwirken eines Traumas: schuldlos schuldig geworden zu sein.
Die mutige Heldin dieses Entwicklungsromans handelt so radikal wie der Protagonist des Weißen Königs. Bei György Dragomán sind es die Kinder, die mit ihrem unbestechlichen Sinn für Gerechtigkeit das Netz aus Lüge, Gemeinheit und Brutalität zerreißen. Eine knappe, einfache Sprache steht in spannungsvollem Kontrast zur doppelbödigen Realität und zur Mehrdeutigkeit des Wahrgenommenen. Das Unheimliche, Phantastische ist das Element, in dem Emma nach Klarheit sucht.
(Klappentext)
Pressestimmen
György Dragománs bitter-zarter Schauerroman leistet furios historische Aufklärung.
Andreas Breitenstein, Neue Zürcher Zeitung
Der rumänische Sozialismus: ein Albtraum, aber Quelle großer Poesie. Nach dem Weißen König versucht Dragomán noch einmal die Kinderperspektive – abermals genialisch.
Jens Jessen, DIE ZEIT
Der Scheiterhaufen ist ein Ereignis
Lothar Müller, Süddeutsche Zeitung
Sache dieses Autors sind nicht große erzählerische Bögen, sondern prägnante und atmosphärische Bilder ... Der Roman ist reich an Momenten phantasmagorischer Intensität.
Wolfgang Schneider, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Ein wuchtiger und großer Roman
Paul Jandl, Die Literarische Welt
Der Scheiterhaufen ist ein grossartiges und verstörendes Panorama der Liebe und der Grausamkeit.
Paul Jandl, Tages-Anzeiger
Der Scheiterhaufen ... birgt jede Menge Unerklärliches. Dabei verliert sich der Autor keineswegs in postmodernistischen Formspielen, er zollt vielmehr der erzählten Realität Tribut, insbesondere auf der Handlungsebene, und zwar auf zarte, feinfühlige, mitunter auch harte, schreckliche, in Dragománs lakonischer Sprache immer fesselnde Weise.
Tobias Schwartz, Der Tagesspiegel
Ein wuchtiger, grandioser Roman.
Profil 44/2015
Das Buch von György Dragomán wird nie märchenhaft. Es steht – mit all den Einzelheiten, die die Magie plausibel machen – in der düsteren Tradition von E. T. A Hoffmann oder in der des magischen Realismus von García Márquez.
Gundula Sell, Sächsische Zeitung
Eckdaten
György Dragomán: Der Scheiterhaufen – Roman. Aus dem Ungarischen von Lacy Kornitzer
Suhrkamp, 2015. ISBN: 978-3-518-42498-8
Quelle : http://www.suhrkamp.de