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Grit Straßenberger
Die Denkerin
Hannah Arendt und ihr Jahrhundert
Hannah Arendt ist die Denkerin des 20. Jahrhunderts. In ihren Schriften wie in ihrem Leben spiegeln sich die tiefgreifenden Erschütterungen dieser Zeit: Aufstieg und Fall totalitärer Regimes, Flucht- und Fremdheitserfahrungen, aber auch hoffnungsvolle Neuanfänge prägten ihr gesamtes Denken. Doch Arendt wollte nicht nur berichten und bezeugen, sondern begreifen. Wie keiner zweiten gelang es ihr, die radikalen Brüche, existenziellen Verlusterfahrungen und unverhofften Chancen des dramatischen 20. Jahrhunderts zu verstehen – und zu leben.
Grit Straßenberger präsentiert ein neues, lebendiges Bild der außergewöhnlichen Denkerin: Durch einen starken Fokus auf die Erinnerungen und Geschichten, die von Freunden, Kollegen und Schülern über Arendt erzählt wurden, lernen wir die Person hinter der einzigartigen Philosophin kennen. Obwohl ihr die Rolle der Intellektuellen zutiefst suspekt war, wurde sie zu einer Intellektuellen von Weltrang. Ihr Denken war irritierend und eigensinnig, sie eckte überall an, war aber alles andere als eine Einzelgängerin: Die Liste von Arendts Bekanntenkreis liest sich wie das «Who is Who» der westlichen Geistesgeschichte des 20. Jahrhunderts. Arendt führte ihr Jahrhundertleben als eine «Virtuosin der Freundschaft», für deren Denken zwischenmenschliche Verbindungen unverzichtbar waren – und die auch heute noch unsere Freundin im Geiste sein kann.
Pressestimmen
Eine persönliche Annäherung an die große Denkerin, die auch deren Ambivalenzen und Widersprüchlichkeiten nicht verschweigt.
Sachbuch-Bestenliste von ZEIT, ZDF und Deutschlandfunk im November 2025
Das neue Standardwerk.
Platz 3 der Sachbuch-Bestenliste von WELT, NZZ, RBB Kultur und Radio Österreich 1 im November 2025
Ihre Darstellung ist immer sachlich, exzellent informiert, ... durchweg ausgewogen, solide ... Straßenbergers Darstellung meistert die Aufgabe, Arendts Ambivalenz nüchtern herauszuarbeiten.
Wolfgang Matz, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Eckdaten
Grit Straßenberger: Die Denkerin : Hannah Arendt und ihr Jahrhundert. - München : C.H.Beck, [2025]. - 528 Seiten. - ISBN: 978-3-406-83006-8
Quelle: Verlag
Robert Lackner
Wie ein junger Anwalt Tausende Juden rettete
Die abenteuerliche Geschichte des Willy Perl
Sie kennen Oskar Schindler, aber wissen Sie auch, wer Willy Perl war? Selbst Jude, rettete er mit beispielloser Chuzpe tausende Juden aus Zentral- und Osteuropa vor den Nazis.
Der 1906 in Prag geborene Wiener Anwalt Willy Perl setzte am Vorabend des Zweiten Weltkriegs ein Unternehmen in Gang, das tausende Juden aus Zentral- und Osteuropa vor dem Holocaust rettete. Trotz zwischenzeitlicher Verhaftung durch Gestapo und SS organisierte er mithilfe griechischer Schmuggler heimliche Flüchtlingstransporte über die „umgedrehte“ Balkanroute ins damals britische Mandatsgebiet Palästina.
Robert Lackner zeichnet diese dramatischen Jahre in Perls Leben eindrücklich nach und beleuchtet damit ein wichtiges Stück Zeitgeschichte.
Pressestimmen
… eine locker geschriebene Darstellung, die sich wie eine unglaubliche Abenteuergeschichte liest.
Otto Langels, Deutschlandfunk Andruck
Sachlich und distanziert, sodass das packende Buch, das sich wie ein Krimi liest, mit einem umfangreichen Personenverzeichnis und Cliffhangern zwischen den Kapiteln sowohl wissenschaftlichen als auch literarischen Ansprüchen gerecht wird.
Kleine Zeitung
Ähnlich wie die Geschichte von Oskar Schindler taugt der Stoff, den Lackner über den Spross eines Textilgroßhändlers gekonnt verdichtet hat, auch für die Kinoleinwand.
Ingo Hasewend, Salzburger Nachrichten
Eckdaten
Robert Lackner: Wie ein junger Anwalt Tausende Juden rettete : Das abenteuerliche Leben des Willy Perl. - Wien: Kremayr & Scheriau, 2024. - 299 Seiten. - ISBN 978-3-218-01432-8
Quelle: Verlag
Štěpán Kučera
Gablonz / Jablonec
Im Buch findet sich ein Mosaik von unterschiedlichsten Texten, von Naturbeschreibungen, Zeitzeugenberichten, Zeitungsartikeln, Gedichten, Romanauszügen und persönlichen Reflexionen von Menschen, die das ehemalige Gablonz und das heutige Jablonec über Jahrzehnte hinweg geprägt haben.
Dass dabei auch Peru, Südafrika und Jamaika, Taschkent, Rockville (Maryland) und Bombay eine Rolle spielen, ist vielsagend: Die Weltgeschichte hat in der vermeintlich abgelegenen Stadt zwischen hohen Bergen durchaus Spuren hinterlassen. Aber auch Gablonz/Jablonec und die Isergebirgsgegend haben überraschend vielfältig und nachhaltig in die Welt hinaus gewirkt. Dass wir dies nun detailliert und auf sehr unterhaltsame Weise entdecken können, ist Štěpán Kučeras großes Verdienst.
Eckdaten
Štěpán Kučera : Gablonz Jablonec / aus dem Tschechischen von Mirko Kraetsch. - BALAENA Verlag, 2025. - 271 Seiten. - ISBN: 978-3-911491-02-0
Quelle: Verlag
Gerhard J. Rekel
Lina Morgenstern
Die Geschichte einer Rebellin
Für Frauen hat das 19. Jahrhundert Heim, Herd und Gott vorgesehen. Doch Lina Morgenstern stellt sich schon früh gegen diesen Lebensentwurf. Zu ihrem 18. Geburtstag gründet die 1830 in Breslau geborene Lina einen Wohltätigkeitsverein und überredet auf ihrer Feier die Geschäftspartner ihres Vaters mit einer spontanen Rede zu großzügigen Spenden.
Mit 24 heiratet sie gegen den Willen ihrer Eltern Theodor. Als dessen Modegeschäft insolvent wird und die Familie mit fünf Kindern brotlos dasteht, schreibt sie in wenigen Wochen einen Bestseller, während er sich um Haus und Kinder kümmert. Im Preußisch-Österreichischen Krieg gründet Lina mehrere Volksküchen, im Deutsch-Französischen sogar Lazarette – und rettet so tausende Menschenleben.
An Zensur und Patriarchat vorbei initiiert sie die erste Zeitung ausschließlich von Frauen für Frauen und den ersten „Internationalen Frauenkongress“ auf deutschem Boden, der politische Wellen schlägt. In zahlreichen Archiven entdeckte Gerhard J. Rekel neue Details und lässt das außergewöhnliche Lebenswerk einer mutigen Unternehmerin und feministischen Wegbereiterin lebendig werden.
Eckdaten
Gerhard J. Rekel: Lina Morgenstern : die Geschichte einer Rebellin. - Wien: Kremayr & Scheriau, 2025. - 259 Seiten. - ISBN 9-789-3-218-01466-3
Quelle: Verlag
Jochen Buchsteiner
Wir Ostpreußen
Eine ganz gewöhnliche deutsche Familiengeschichte
Der detaillierte Fluchtbericht seiner Großmutter ist Ausgangspunkt für Jochen Buchsteiners Buch über Ostpreußen. Persönlich aber unsentimental verfolgt er den Weg der Gutsbesitzerfamilie in den Westen und spürt dabei dem Verlust nach, der nicht nur den Betroffenen entstanden ist. Es entsteht ein Portrait der fast vergessenen deutschen Provinz, die in ihrer Tragik, aber auch in ihrer historischen und kulturellen Einzigartigkeit sichtbar wird – als verdrängter Teil unserer nationalen Identität.
Zwei Generationen nach Marion Gräfin Dönhoff liefert Jochen Buchsteiner eine Familienerzählung, die einen aktuellen Blick auf die deutsche Vergangenheit wagt.
Eckdaten
Jochen Buchsteiner: Wir Ostpreußen : eine ganz gewöhnliche deutsche Familiengeschichte. - München: dtv Verlagsgesellschaft, 2025. - 285 Seiten. - ISBN 978-3-423-28470-7
Quelle : dtv
Peter Theiner
Carl Goerdeler
Ein Deutscher Bürger gegen Hitler. Biografie
1884 als Kind einer preußischen Beamtenfamilie in Schneidmühl, Provinz Posen, geboren, ging er den vorgezeichneten Weg vom Jurastudium in die Kommunalpolitik. Aber bereits als Oberbürgermeister von Leipzig versuchte er, das NS-Regime kritisch zu beeinflussen, lehnte konsequent den Eintritt in die NSDAP ab und trat 1936 nach einem antisemitischen Vorfall in Leipzig zurück. Um ihn bildete sich ein Netzwerk des Widerstands, dem sich auch Sozialdemokraten, Gewerkschafter und christliche Demokraten anschlossen. Noch vor dem 20. Juli 1944 wurde er zur Fahndung ausgeschrieben, auf der Flucht denunziert und nach einem Schauprozess hingerichtet.
Stimmen zum Buch
Ein sehr gründliches, quellenbasiertes Buch
Stefan Nölke, mdr Kultur
Fast achtzig Jahre nach der Hinrichtung am 2. Februar 1945 kann man sich durch Theiners biographische Studie auf den neuesten Stand der Forschung über Goerdeler und die Leute des 20. Juli bringen lassen.
Wolfgang Stenke, Deutschlandfunk
Peter Theiners quellengesättigte, überfällige Biografie Goerdelers besticht durch ihre klare Sprache. Der Autor vermeidet sowohl die Heroisierung des Widerstands als auch schlaue Besserwisserei Spätgeborener.
Rudolf Walther, Süddeutsche Zeitung
Eckdaten
Peter Theiner: Carl Goerdeler: Ein deutsche Bürger gegen Hitler. - München: C.H. Beck, 2024. - 496 Seiten. - ISBN: 978-3-406-82146-2
Quelle: Verlag
Margarete Zander
Christoph Eschenbach
Lebensatem Musik
Flucht und Vertreibung aus Breslau machten den begabten Jungen mit fünf Jahren zum Vollwaisen. Im Flüchtlingslager verstummt das Kind - und findet seine Sprache zurück durch die Musik. Sie sollte sein Leben werden.
Als Pianist, Kammermusiker und Dirigent eröffnete er den Menschen emotional und intellektuell fantastische Räume; mit Persönlichkeiten wie Herbert von Karajan, Dietrich Fischer-Dieskau und John Neumeier entwickelt er ein ganz eigenes Bild vom Leben mit der Musik. Bedeutende Solisten lieben die Zusammenarbeit mit ihm ebenso wie die Orchestermusiker. Er leitet als Chefdirigent die großen Orchester in Houston, Hamburg, Paris, Philadelphia und Berlin. Wie kaum ein Zweiter entdeckt und fördert er junge Talente. Und immer wieder werden seine Konzerte zu musikalischen Sternstunden. Wie er das macht? Diesem Geheimnis ist das Buch in zahlreichen Geschichten und Begegnungen auf der Spur.
Stimmen zum Buch
Manche Lebensgeschichten wirken wie für ein Drehbuch erfunden. Die des Dirigenten Christoph Eschenbach ist fast Hollywood-reif.
Rita Argauer / BR Klassik
Das Buch ist gründlich gearbeitet und genau, außerdem ist es plastisch in seiner Darstellung – und im besten Sinne unterhaltsam, denn es legt immer wieder auch den Blick frei: auf den Menschen Christoph Eschenbach.
Christoph Vratz / SWR Kultur
Eckdaten
Margarete Zander: Christoph Eschenbach: Lebensatem Musik. - Berlin: Jaron Verlag, 2025. - 264 Seiten. - ISBN: 978-3-89773-180-6
Felix Bohr und Solveig Grothe (Hrsg.)
Verlorene Heimat
Das Schicksal der Vertriebenen des Zweiten Weltkriegs
Das Thema Flucht beschäftigt die Deutschen nicht erst seit der Aufnahme zahlreicher Menschen aus Syrien und der Ukraine in den letzten Jahren. Denn nie musste Deutschland so viele Flüchtlinge aufnehmen wie unmittelbar nach dem Zweiten Weltkrieg.
Die Vertreibung über 14 Millionen Deutscher aus den einstigen Ostgebieten im Zuge des Zweiten Weltkriegs war die größte gewaltsame Bevölkerungsverschiebung in der europäischen Geschichte. Ein Viertel der bundesdeutschen Bevölkerung hat ein solches Fluchtschicksal in der eigenen Familiengeschichte, auch wenn dazu in vielen Familien lange geschwiegen wurde.
Um diese Erfahrungen und ihre Nachwirkungen sichtbar zu machen, haben die Autoren in der eigenen Familiengeschichte recherchiert, Zeitzeugen gesucht und mit Experten, Historikerinnen und Forschenden gesprochen. Vergessene Erinnerungen an diese Fluchterfahrungen werden freigelegt, doch auch der Blick auf unsere europäischen Nachbarn ausgeweitet und verdeutlicht, dass es diese Vertreibungen ohne die Verbrechen der Nationalsozialisten nicht gegeben hätte.
Pressestimmen
Ein wertvolles Kompendium, das vergessene Erinnerungen wieder freilegt.
Westdeutsche Zeitung
Als Einführung in die Thematik sehr gut, auch angesichts des Einflusses der Kriegstraumata auf die Gegenwart.
P.M. History
Eckdaten
Verlorene Heimat: Das Schicksal der Vertriebenen des Zweiten Weltkriegs / herausgegeben von Felix Bohr und Solveig Grote. - München: DVA/Spiegel Buchverlag, 2024. - 240 Seiten. - ISBN: 978-3-421-07040-1
Ira Peter
Deutsch genug?
Warum wir endlich über Russlanddeutsche sprechen müssen
Ira Peter, die mit ihrer Familie als Neunjährige von Kasachstan nach Deutschland umsiedelte, beschreibt anhand ihrer eigenen bewegten Biografie die Erfahrungen und Konflikte der Russlanddeutschen – von der Scham über die sowjetische Herkunft über die fatalen Folgen kurzsichtiger Integrationspolitik bis hin zur »Anfälligkeit« für russische Einflussnahme wirft sie einen kritischen und zugleich feinfühligen Blick auf die von der Mehrheitsgesellschaft oft als fremd empfundenen Deutschen. Sie erklärt, wie die doppelte Diktaturerfahrung unter Stalin und Hitler Russlanddeutsche bis heute prägt und manche anfällig für völkisches Denken macht. Gleichzeitig zeigt Ira Peter, wie heterogen die Gruppe ist und warum »Deutschsein« für sie heute kein Kriterium mehr ist, um deutsch zu sein.
"Deutsch genug?" eröffnet neue Perspektiven auf eine oft missverstandene Gruppe und lädt zum Nachdenken über Geschichte, Identität und Integration ein.
Pressestimmen
Peter schreibt ohne viel Pathos über Verletzungen und Traumata, Eigenheiten und Traditionen, Erfolg und Mut der Russlanddeutschen.
Deutschlandfunk Andruck - Das Magazin für politische Literatur, 24.03.2025
Faktenreich, sehr offen, mit sanfter Ironie und manchmal leichter Bitterkeit. Deutsch genug? Ira Peters Antwort ist vielfältig und lesenswert.
Süddeutsche Zeitung, 22.03.2025
Ein Buch, dessen Lektüre zum Nachdenken über das Miteinander anregt.
Burghauser Anzeiger, 20.03.2025
Eckdaten
Ira Peter: Deutsch genug? Warum wir endlich über Russlanddeutsche sprechen müssen . - Goldmann Verlag, 2025. - 256 Seiten. - ISBN: 978-3-442-31777-6
Quelle: Verlag
Julia Burkhardt; Christina Lutter
Ich, Helene Kottanerin
Die Kammerfrau, die Ungarns Krone stahl
Nach dem plötzlichen Tod des Habsburgers Albrecht II. im Jahr 1439 wird Helene Kottannerin, Kammerfrau Elisabeths von Luxemburg, von ihrer hochschwangeren Königin beauftragt, die ungarische Krone zu entwenden, um dem ungeborenen Kind des Königspaars die Thronfolge zu sichern. In ihrem autobiografischen Bericht »Ich, Helene Kottannerin« erzählt Helene Kottannerin die packende Geschichte des »Raubs« der Heiligen Krone im Jahr 1440, die Geburt des kleinen Königssohns Ladislaus, die Krönung des zwölf Wochen alten Säuglings und die Flucht mit der Krone im Gepäck.
Um 1450 niedergeschrieben, handelt es sich um die ältesten Memoiren einer Frau in deutscher Sprache. Mit der Übertragung in heutiges Deutsch machen Julia Burkhardt und Christina Lutter nicht nur die Geschichte des »Kronenraubs« einem breiten Publikum zugänglich. Sie geben auch einen außergewöhnlichen Einblick in die Lebens- und Glaubenswelt einer Kammerfrau aus dem 15. Jahrhundert und beleuchten die historischen Hintergründe sowie den Zeitkontext dieses einmaligen Dokuments.
(Klappentext)
„Es ist ein außergewöhnliches Dokument, das uns sehr intime Einblicke in die familiären Strukturen bei Hof gewährt. Und es ist ein unglaublich temporeicher Text, der eine irre Mischung aus großer Politik und kleinen Alltags-Begebenheiten ergibt und eine unglaubliche Dynamik entfaltet.“
Julia Burkhardt im Podcast RADIOWISSEN vom 12.12.2023
Der Podcast RADIOWISSEN des Bayerischen Rundfunks hat der Geschichte der Helene Kottanerin eine Folge gewidmet, die hier abrufbar ist.
Ebenfalls mit diesem „Diebstahl, der die Geschichte Europas verändert“ beschäftigt sich der WDR Zeitzeichen Podcast vom 22.2.2025. Nachzuhören hier.
Eckdaten
Julia Burkhardt; Christina Lutter: Ich, Helene Kottanerin: Die Kammerfrau, die Ungarns Krone stahl. - Darmstadt: wgb Theiss, 2023. - 189 Seiten. - ISBN: 978-3-8062-4567-7
Quelle: Verlag
Alex Lissitsa
Meine wilde Nation
Die Ukraine auf dem Weg in die Freiheit
Kiew, 23. Februar 2022: Alex Lissitsa steht vor dem Präsidentenpalast und erhält einen Anruf. Ein Freund vom Geheimdienst ist dran: die Russen, morgen geht es los. Von diesem Moment an ist nichts mehr, wie es war. Es beginnt eine mehr als zweijährige Odyssee durch ein aufgewühltes Land, die mitten hinein führt in den Kriegsalltag der ukrainischen Gesellschaft. Ein Buch voller skurriler Geschichten und berührender Begegnungen, schonungslos offen, aber nicht anklagend, umgeben von Leid und Hass und doch voller Selbstironie und Humor. Ein ukrainischer Weg durch den Krieg, der Sympathie weckt und Hoffnung macht, der aber auch zeigt, was auf dem Spiel steht.
Alex Lissitsa ist der CEO eines der größten Agrarunternehmen und ein intimer Kenner von Gesellschaft und Politik der Ukraine. In diesem Buch erzählt er seinen Weg durch den Krieg. Die Flucht aus Kiew, die Unsicherheit der ersten Wochen. Der Schock, als er in die befreiten Regionen im Norden und Osten des Landes kommt und die Geschichten der Überlebenden hört. Der Kampf um die Rettung seines Unternehmens und der Kampf der Ukraine um Selbstbehauptung und gegen Korruption und alte Strukturen. Gleichzeitig blickt Lissitsa immer wieder zurück und erzählt Geschichte und Gegenwart seiner «wilden Nation». So ist dieses Buch auch ein Porträt der Ukraine und mehr noch der Ukrainer. Es zeigt eine Gesellschaft auf dem Weg nach Westen, nah am Abgrund, aber mit viel Hoffnung – einer Hoffnung, gespeist vom Willen und dem Einfallsreichtum einer Bevölkerung, die sich ihre Chance auf Freiheit und Demokratie nicht nehmen lassen will.
(Klappentext)
Pressestimmen
Die Ukraine aus einer anderen Perspektive. Der Agrarproduzent Alex Lissitsa erklärt sein Land und wirbt um Verständnis für die Geschichte, die Leute und die Verteidigung gegen Russlands Angriffskrieg.
Viola Schenz, Süddeutsche Zeitung
Kann mit dem Blick des Insiders berichten, der weiß, was hinter verschlossenen Türen gesprochen wird.
Jochen Rack, SWR Kultur
Sein Buch räumt mit Mythen auf … Er wolle keine Helden zeigen, sondern die Wirklichkeit normaler Leute ... Lissitsa beschreibt, wie der Krieg sein Leben verändert hat – trotz allem mit Hoffnung und Selbstironie.
Valeriia Semeniuk, Tagesspiegel
Sehr persönliches Kriegstagesbuch setzt nahtlos fort, was Lissitisa seit Russlands Überfall am 24. Februar 2022 tagtäglich tut: die Ukraine zu erklären und für sie zu werben.
Andreas Mihm, Frankfurter Allgemeine Zeitung
Eckdaten
Alex Lissitsa: Meine wilde Nation: Die Ukraine auf dem Weg in die Freiheit. - München: C.H. Beck, 2024. – 285 Seiten. - ISBN 978-3-406-81409-9
Quelle: C.H. Beck Verlag
Frauke Geyken
Gerhard und Sabine Leibholz
Auch eine Geschichte der Familie Bonhoeffer
Ausgrenzung und Vertreibung, Exil und Remigration führten zu einem irreversiblen Bruch im Leben des Ehepaars Leibholz – auch in der eigenen Familie Bonhoeffer.
Gerhard Leibholz (1901–1982) war als einflussreicher Jurist und langjähriger Richter am Bundesverfassungsgericht weithin bekannt. Seine Frau Sabine (1906–1999) stand vor allem als Zwillingsschwester von Dietrich Bonhoeffer in der Öffentlichkeit.
Aus einer jüdischen Familie stammend musste Leibholz ab 1933 Ausgrenzung und Zurückweisung erleben, die 1935 in seiner frühzeitigen Emeritierung gipfelte. Begleitet war dies von Demütigungen und Anfeindungen der Familie, auch durch Nachbarn und Freunde.
Die Emigration nach England 1938 bewahrte sie vor weiteren Verfolgungen, der Preis war ein beruflicher und sozialer Abstieg. Erst nachdem die Familie 1947 nach Göttingen zurückgekehrt war, konnten sie zumindest nach außen hin wieder an ihr vorheriges Leben anknüpfen.
Die Historikerin, Frauke Geyken erzählt nun aber weniger die offizielle Erfolgsgeschichte als vielmehr die Geschichte eines Traumas, das das Leben der »Remigranten« bis in die folgende Generation durchzog.
Mithilfe des erstmals zugänglichen umfangreichen privaten Nachlasses kann Frauke Geyken beeindruckend sichtbar machen, was die politischen Verwerfungen der NS-Gewaltherrschaft auch denen angetan haben, die sich retten konnten. Zudem gelingt es der Autorin, einen neuen, vertiefenden und unverklärten Blick auf die gesamte Familie Bonhoeffer und ihre Familienbeziehungen zu werfen.
(Klappentext)
Eckdaten
Frauke Geyken: Gerhard und Sabine Leibolz: Auch eine Geschichte der Familie Bonhoeffer. - Göttingen: Wallstein Verlag, 2024. - 326 Seiten. - ISBN 978-3-8353-5711-2
Quelle: Wallstein Verlag
Daniel Kehlmann
Daniel Kehlmann über Leo Perutz
Voller Verehrung, Begeisterung und mit tiefer Kenntnis stellt uns Kehlmann die Bücher jenes Mannes vor, der 1882 in Prag zur Welt kam, in Wien studierte, in Kaffeehäusern schrieb und in derselben Versicherungsanstalt wie Franz Kafka sein Brot verdiente. Leo Perutz war ein bedeutender Vertreter sowohl der großen osteuropäisch-jüdischen Erzähltradition als auch der Wiener Moderne. Sein Meisterwerk ist der Roman »Nachts unter der steinernen Brücke«.
Kehlmann beschreibt eindrücklich, welch tiefe Spuren Perutz in seinem eigenen Werk hinterlassen hat. Und teilt mit uns seine Verblüffung darüber, dass dieser Mann heute nicht zu den berühmtesten Romanciers seiner Sprache gehört. Mit diesem Buch könnte sich das ändern.
(Klappentext)
Pressestimmen
Kehlmanns Nacherzählung entwirrt die Fäden, ohne dem Ganzen etwas vom literarischen Zauber zu nehmen.
Erhard Schütz, Tagesspiegel Online
[Kehlmanns] Begeisterung für Perutz ist ansteckend. Perutz lesen!
Terry Albrecht, WDR Lesefrüchte
Eckdaten
Daniel Kehlmann über Leo Perutz / Herausgegeben von Volker Weidermann. - Köln: Verlag Kiepenheuer & Witsch, 2024. - 105 Seiten. - ISBN 978-3-462-00406-9
Quelle: Verlag
Silke Pasewalk (Hg.)
Shared Heritage - Gemeinsames Erbe
Kulturelle Interferenzräume im östlichen Europa als Sujet der Gegenwartsliteratur
Zahlreiche Autorinnen und Autoren der Gegenwart begeben sich in ihren Texten auf literarische Spurensuche in Räumen ihrer Herkunft, Sehnsucht oder Imagination. Dabei setzen sie sich – wie etwa Olga Tokarczuk, Maja Haderlap, Katja Petrowskaja, Ulrike Draesner, Jaroslav Rudiš oder Karolina Kuszyk – mit geerbten Erinnerungen auseinander und beschäftigen sich mit der Historie von Regionen plurikultureller Prägung im östlichen Europa wie Niederschlesien, Böhmen, Podolien, Siebenbürgen oder dem Wolgagebiet. Vor allem die Enkelgeneration thematisiert Kriege, Zerstörungen, Vernichtungen und Zwangsmigrationen, aber auch Neuanfang und Integration auf neue Art und Weise.
Der vorliegende Band unternimmt den Versuch, den von der Kunstgeschichte/Denkmalpflege geprägten Begriff des ‚Shared Heritage‘ auf literarische Texte zu beziehen. Das gemeinsame bzw. geteilte kulturelle Erbe, das mitunter ein schwieriges Erbe ist, kann neue Perspektiven und Räume erschließen.
(Klappentext)
Mit Beiträgen von:
Katarzyna Śliwińska, Hans-Christian Trepte, Sabine Kyora, Joanna Jabłkowska, Gudrun Heidemann, Alina Molisak, Silke Pasewalck, Eszter Propszt, Sabine Egger, Anne Hultsch, Jan V. König, Aleksandra Burdziej, Erik Schilling, Michaela Nowotnick, Csongor Lőrincz und Jacqueline Gutjahr.
Zitate aus dem Inhalt:
Die in diesem Band behandelten Texte kreisen um Fragen, die sich denjenigen stellen, die heute in diesen Regionen Leben, und jenen, deren Vorfahren in und nach dem Zweiten Weltkrieg unterschiedliche Gewaltenerfahrungen gemacht haben – nicht selten fällt beides in persona zusammen. […] Zu beobachten ist dieser Trend seit gut zwanzig Jahren in Texten der polnischen, tschechischen, deutschen, russischen und ungarischen Sprache – um nur die Literaturen zu nennen, die in diesem Band berücksichtigt werden.
Silke Pasewalck: Einleitung
Es mussten mehrere Jahrzehnte vergehen […] Diese lange Zeitspanne zeugt von der Komplexität des Prozesses der Auseinandersetzung mit dem Krieg, der deutschen Schuld, aber gleichzeitig auch mit den eigenen Leiden und Traumata. Sie veranschaulicht, wie tief der Riss in deutschen Erinnerungen war, dass er kaum zu überwinden sei
Aleksandra Burdziej: Von gebrochenen Erinnerungen zum gemeinsamen Erbe
Die Menschen, mit denen man eine Raum teilt (auch in anderen Zeiten), werden zu mehr als nur Vorgängern – sie sind Nachbarn in der Zeit. Es bildet sich eine Art Gemeinschaft heraus, manchmal sogar eine unerwünschte, die man jedoch weder verleugnen noch einfach für nichtig erklären kann. Die Niederschlesier mit ihren alten deutschsprachigen Friedhöfen, mit den feuchten Mietshäusern […] sind sich mehr oder weniger dessen bewusst, dass sie auf den Überresten einer Welt leben, die nach dem Zweiten Weltkrieg zwar unwiederbringlich vergangen ist, die aber auf irgendeine Weise noch immer besteht, und deren Geschichte weit über die Kette der einander folgerichtig ablösenden Ereignisse […] hinausgeht.
OlgaTokarczuk
Wir haben wohl tatsächlich Vorfahren adoptiert, die von hier stammen, und ab einem bestimmten Punkt die alten deutschen Sachen wie Familienandenken behandelt. Manchmal vergessen wir, dass wir an einem Ort leben, an dem die Generationenfolge unterbrochen wurde.
Malgorzata und Ryszard Matecki: „In den Häusern der anderen“ Karolina Kuszyk
Eckdaten
Shared Heritage – Gemeinsames Erbe: Kulturelle Interferenzräume im östlichen Europa als Sujet der Gegenwartslitertur / Herausgegeben von Silke Pasewalck. - Oldenbourg: De Gruyter, 2023. - 312 Seiten. - ISBN 9783111135809
Quelle: Verlag
Hans-Peter Kunisch
Schach dem König
Friedrich der Große und Albert von Hoditz. Eine ungewöhnliche Freundschaft
Freigeist und Philosoph, Kriegstreiber und Friedensgraf, Preuße und Österreicher – eine außergewöhnliche Freundschaft vor dem Hintergrund des Siebenjährigen Krieges.
Albert von Hoditz war ein Genießer und Lebensreformer, der sein Schloss an der umkämpften Grenze zwischen Österreich und Preußen zu einem „Arkadien in Mähren“ machen wollte. Seine Untertanen sollten Künstler werden. Auch Friedrich der Große wurde auf Hoditz aufmerksam. Für Friedrich bedeutete dessen freie Existenz in Rosswald, das er zweimal besuchte, die Erinnerung an ein verpasstes eigenes Leben. Legendär ist ein Freiluftschachspiel der beiden mit „lebenden Figuren“. Friedrichs Beziehung zum „exzentrischen Epikureer“ Hoditz, auf den er zwei Gedichte schrieb, stellt den strengen, pflichtbewussten König in ein neues Licht.
Die Radikalität und die Widersprüchlichkeit der Aufklärung wird erlebbar in der privaten Annäherung und im Austausch des Königs und des Grafen.
Pressestimmen
Mitten im Siebenjährigen Krieg ritt Friedrich der Große nach Rosswald, um incognito den „Zauberwald“ des Grafen Hoditz zu inspizieren. Hier fand er ein Künstlerdorf und einen Mann ganz nach seinem Geschmack.
Tilman Krause, Welt
Kunisch gelingt es, die kulturelle und historische Bedeutung dieser Beziehung lebendig darzustellen. Er verbindet historische Fakten mit lebhaften Erzählungen und bietet dem Leser einen neuen Blickwinkel auf Friedrich den Großen.
Lesering
Eckdaten
Hans-Peter Kunisch: Schach dem König : Friedrich der Große und Albert von Hoditz. Eine ungewöhnliche Freundschaft. – München: dtv, 2024. - 281 Seiten
Quelle: dtv
Gunnar Decker
Rilke
Der ferne Magier. Eine Biographie
Rainer Maria Rilke ist auch nach über einhundert Jahren ein Welteröffner. Er verführt seine Leser zur existenziellen Selbstbefragung und fordert Entschlüsse: »Du musst dein Leben ändern.« Seine Dichtung, das stellt Gunnar Decker auf faszinierende Weise heraus, war immer auch eine Reaktion auf die Krisen der Gegenwart, der Versuch, sich eine Gegenwelt zu erschreiben, die für ihn lebenswerter war als jene, die er in Prag, München, Worpswede, Moskau, Berlin, Rom, Duino, Venedig oder Paris vorfand. So scheinen Rilkes ruheloses Leben und sein metaphysische Fragen umkreisendes Werk auf einzigartige Weise verwoben. In seiner wunderbar erzählten Biographie widmet sich Decker auch erstmals Rilkes schwierigem Verhältnis zu seiner Mutter Phia, dem Nicht-Verhältnis zu seiner lebenslangen Ehefrau Clara und zur Tochter Ruth. Er beschreibt seinen Kampf gegen den körperlichen Verfall, der einen Schlüssel zum Verständnis des Werkes bietet, und deutet seinen Entschluss nach dem Ersten Weltkrieg, kein deutscher Dichter mehr sein zu wollen. Ein neuer, überraschender Blick auf eine der schillerndsten Dichterfiguren unserer frühen Moderne.
Pressestimmen
Deckers Biografie ist vorzüglich lesbar und kenntnisreich, sie weiß die Materialfülle klug zu bändigen und besticht vor allem durch ihre distanzierte Empathie.
Andreas Wirthensohn, WDR3 Lesestoff
Ebenso kritisch wie unterhaltsam.
Richard Kämmerlings, Welt am Sonntag
Eine differenzierte, detailreiche Biographie, die den fernen Magier Rilke entzaubert und zutiefst menschlich zeigt.
ORF Matinee am Sonntag
Wir entdecken mit der Biografie fast hundert Jahre nach dessen Tod Rilke nicht neu, aber vielleicht auf eine noch nicht dagewesene Weise.
Sachbuch-Couch.de
Eckdaten
Gunnar Decker: Rilke: der ferne Magier. Eine Biografie. - München: Siedler Verlag, 2023. – 607 Seiten. - ISBN 978-3-8275-0103-5
Quelle : Siedler Verlag
Menachem Kaiser
Kajzer
Mein Familienerbe und das Abenteuer der Erinnerung
Die Geschichte seiner eigenen Familie hatte den in Toronto geborenen Menachem Kaiser nicht sonderlich interessiert, ehe er nach Polen aufbrach, ins ehemalige schlesische Industriegebiet. Dort besaßen seine Vorfahren einst ein Mietshaus, das von den Nazis enteignet wurde; Versuche einer Restitution waren bisher gescheitert.
Und plötzlich befindet man sich inmitten einer abenteuerlichen Ermittlung, begleitet den Erzähler zu skurrilen Schatzsuchern, durchforscht mit ihm Keller und Tunnel, läutet an fremden Türen, beauftragt eine mysteriöse Anwältin …
Vergangenheit und Gegenwart kommen einander in diesem ganz und gar außergewöhnlichen Erinnerungsbuch nahe. Was bedeutet es, ein Erbe anzunehmen, und gibt es überhaupt so etwas wie historische Gerechtigkeit?
Pressestimmen
Kurzweilig, pointiert und mit viel Sinn für Humor erzählt … eine große, lesenswerte und erhellende Reportage.
Michael Schleicher, Münchner Merkur
Das Echo einer großen Geschichte. Spannend, lebendig und sehr persönlich erzählt.
The New York Times
Was 'Kajzer' von anderen ähnlichen Berichten unterscheidet, ist sein hinterfragender, satirischer Ton, der einige der moralischen Gewissheiten des Genres ins Wanken bringt und dessen Klischees auf den Kopf stellt.
London Review of Books
Dieses Buch ist hervorragend geschrieben und liest sich wie ein packender Abenteuerroman.
Publishers Weekly
Eckdaten
Menachem Kaiser: Kajzer: Mein Familienerbe und das Abenteuer der Erinnerung / aus dem Englischen von Brigitte Hilzensauer. - Wien: Zsolnay, 2023. – 332 Seiten. - ISBN 978-3-552-07339-5
Quelle : Hanser Literaturverlage
Rebecca Clifford
"Ich gehörte nirgendwohin"
Kinderleben nach dem Holocaust
Schätzungen zufolge überlebten etwa 180.000 zwischen 1935 und 1944 geborene jüdische Kinder den Holocaust. Einige waren versteckt oder mit Kindertransporten in Sicherheit gebracht worden, andere wurden von alliierten Truppen aus Konzentrationslagern befreit. Nach 1945 ging man davon aus, sie würden das Erlebte rasch überwinden oder schlicht vergessen, schließlich hätten sie ja »Glück« gehabt. Ihre Erinnerungen galten als weniger authentisch; in der Forschung spielten sie lange nur eine marginale Rolle. Erst in den letzten Jahren haben sie Anerkennung als Überlebende und Zeuginnen gefunden.
In ihrer beeindruckenden Studie folgt Rebecca Clifford diesen sehr jungen Überlebenden auf ihren Wegen aus den Trümmern des Krieges ins Erwachsenenalter. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage: Wie können Menschen ihrem Leben einen Sinn abgewinnen, wenn sie nicht wissen, woher sie kommen? Wenn sie die Angehörigen verloren haben, die ihnen dabei helfen könnten, ihre fragmentierten Kindheitserinnerungen einzuordnen? Clifford wertet Archivmaterial und Oral-History-Interviews aus und bringt unerwartete und schockierende Geschichten ans Licht. Ihre Befunde zwingen uns, unsere Annahmen über die Folgen von Traumata und die Natur des Gedächtnisses zu revidieren.
Pressestimmen
Clifford verwebt die Geschichten der Überlebenden geschickt mit einer präzisen Analyse der sie umgebenden sozialen Mechanismen. Ihr Buch ist bemerkenswert gut geschrieben und überzeugend argumentiert
Michael O’Loughlin, The Irish Times
... anschaulich, erkenntnisreich und berührend.
Frank Seeger, ekz.bibliotheksservice
Anhand vieler einzelner biografischer Skizzen gelingt es der Autorin anschaulich, die ... weitgehend unbekannte Geschichte der jüdischen Hilfsorganisationen und der sie prägenden Fürsorgerinnen, Sozialarbeiterinnen, Kinderpsychologinnen und Ärzte zu erzählen
Annette Eberle, Süddeutsche Zeitung
Eckdaten
Rebecca Clifford: »Ich gehörte nirgendwohin.«: Kinderleben nach dem Holocaust / aus dem Englischen von Stephan Gebauer. - Berlin: Suhrkamp, 2022. – 448 Seiten. - ISBN 9783518430514
Quelle : Suhrkamp Verlag
Frank Trentmann
Aufbruch des Gewissens
Eine Geschichte der Deutschen von 1942 bis heute
»Herausragend – Frank Trentmanns große Geschichte der sich wandelnden Mentalitäten der Deutschen und der moralischen Herausforderungen seit der NS-Zeit ist ein Meisterwerk«, so Ian Kershaw.
Frank Trentmann gelingt eine neue, einzigartige Perspektive auf die deutsche Geschichte der letzten 80 Jahre – wie kam es dazu, dass die Deutschen nach Shoah und Vernichtungskrieg im Jahr der »Willkommenskultur« 2015 als moralisch geläutert galten? Wie gelang der Weg vom Volk der Täter zum anerkannten Partner in der Welt?
Auf Basis von zahlreichen individuellen Stimmen aus der Bevölkerung zeigt Frank Trentmann, wie dieser Weg quasi »von unten« gesehen und beschritten wurde, beginnend mit der Schlacht von Stalingrad 1941/42. Der Blick der Deutschen auf den Krieg veränderte sich, Fragen von Schuld und Verantwortung kamen auf, Ausgangspunkt für einen Aufbruch des Gewissens. Von der »Entnazifizierung« über Wirtschaftswunder und 68er bis zur Umweltbewegung, von der Erinnerungspolitik bis zu Migration und Asyl, von der Friedensbewegung bis zum Krieg in der Ukraine führt Frank Trentmann die Vielfalt der Haltungen vor Augen.
Dabei geht es um die Bundesrepublik genauso wie um die DDR und das wiedervereinte Deutschland. Wie »lernten« die Deutschen im Westen Demokratie? Wie gingen sie in der DDR mit dem Widerspruch zwischen dem Versprechen einer neuen Gesellschaft und der Realität der Diktatur um? Wie wurde in beiden Staaten und nach der Wende über Krieg und Frieden debattiert, über Arbeit und Kindererziehung, über Pflichterfüllung, Nation oder Heimat?
Immer wieder erzählt Frank Trentmann von den Menschen selbst, von ihren Einstellungen, Ängsten und Wünschen, von Liebe und Hass, Ehrgeiz und Mitgefühl. Zu Wort kommen deutsche Soldaten und jüdische Überlebende, Vertriebene, die um Anerkennung kämpfen, Jugendliche, die sich in der Kriegsgräberfürsorge engagierten, Studentinnen und Studenten der 68er-Bewegung, Migrantinnen und Geflüchtete, Umweltaktivistinnen und Bergleute, Konservative und Liberale.
So entsteht ein lebendiges, unterhaltsam zu lesendes Porträt der deutschen Gesellschaft in ihrer ganzen Bandbreite, in dem sich viele Leserinnen und Leser wiedererkennen werden, und das zahlreiche überraschende Details und Erkenntnisse bietet. Mit 42 teils farbigen Abbildungen und farbigen Karten im Einband das ideale Geschenk für alle, die sich für die deutsche Geschichte interessieren.
Platz 1 der Sachbuch-Bestenliste von Die ZEIT, Deutschlandfunk Kultur und ZDF im Dezember 2023 und im Januar 2024
Pressestimmen
Das ist originell, erleuchtend und unterhaltsam. Wir erkennen uns wieder und staunen!
Gustav Seibt, Süddeutsche Zeitung
Ein lebendiges Porträt deutscher Mentalitätsgeschichte.
Handelsblatt
Wie Frank Trentmann Geschichte schreibt, wie er das Kleine mit dem Großen und die Analyse mit der Erzählung verbindet, ist großartig.
Bernhard Schlink
Eckdaten
Frank Trentmann: Aufbruch des Gewissens : Eine Geschichte der Deutschen von 1942 bis heute. - Frankfurt am Main: S.Fischer, 2023. - 1036 Seiten. - ISBN: 978-3-10-397316-7
Quelle : S.Fischer Verlag
Jaroslav Rudiš
Zug um Zug durch Europa
Von Nachtzügen, Speisewagen und den schönsten Bahnhöfen
Sein Großvater war Weichensteller, sein Onkel Fahrdienstleiter und sein Cousin Lokführer. Auch Jaroslav Rudiš liebt Züge. In seinem großformatigen Buch begibt er sich im Takt der Schienen durch Europa und zeigt mit über 160 Fotos, wie ein Eisenbahnmensch lebt und reist: von Berlin bis zum Gotthardtunnel und von Sizilien bis nach Lappland; im Nachtzug durch Polen und die Ukraine sowie im Speisewagen von Hamburg nach Prag. Dabei sammelt er Geschichten: im Speisewagen, Schlafwagen und Großraumwagen; in den Bahnhofskneipen in Böhmen und in den Cafébars italienischer Stationen. Jaroslav Rudiš weiß: Es sind die Bahnstrecken, die Europa zusammenhalten.
Jaroslav Rudiš, geboren 1972 in der Tschechoslowakei, lebt heute in Lomnice nad Popelkou und Berlin und ist Schriftsteller, Drehbuchautor, Dramatiker und Musiker. Rudiš‘ Werke wurden in zahlreiche Sprachen übersetzt und verfilmt. 2021 wurde er zudem als „einer der engagiertesten Brückenbauer zwischen Deutschland und Tschechien“ mit dem Verdienstorden der Bundesrepublik Deutschland geehrt.
Pressestimmen
Ein Glück eigentlich, dass Jaroslav Rudiš wegen seiner Sehschwäche nicht Zugführer wurde. So wurde er Geschichtenerzähler und der leidenschaftlichste Zugreisende, den das Schienennetz je sah. Hier ist er beides. und sofort will man mitfahren.
Frankfurter Allgemeine Zeitung Online
Rudiš erzählt mit großer Fabulierlust von seiner tschechischen Eisenbahnerfamilie, den besten Speisewagen und den schönsten Nachtzügen – ein Vergnügen erster Klasse.
Süddeutsche Zeitung
In feiner Sprache schickt uns Rudiš durch Europa (…) Nie war Bahnfahren schöner!
kulturexpresso.de
Eckdaten
Jaroslav Rudiš: Zug um Zug durch Europa : Von Nachtzügen, Speisewagen und den schönsten Bahnhöfen. - München: Piper, 2023. - 255 Seiten. - ISBN 978 3 89029 585 5
Quelle : Piper Verlag
Anti Selart, Mati Laur
Dorpat/Tartu
Geschichte einer Europäischen Kulturhauptstadt
Als Bischofssitz gegründet, durch den Hansehandel mit Russland reich geworden, dank der Landesuniversität als „Embach-Athen“ gerühmt, sowjetisches Sperrgebiet: Dieses Buch führt seine Leserinnen und Leser durch die spannende und wechselhafte Geschichte der in Estland gelegenen Europäischen Kulturhauptstadt 2024.
Weit im Nordosten, nahe der russischen Grenze, scheint Dorpat/Tartu in Estland eine abgeschiedene Provinzstadt am Rande Europas zu sein. Dabei ist die Stadt am Embach/Emajōgi seit ihrer Gründung auf viele Weisen europäisch vernetzt: Zunächst als Bischofssitz im mittelalterlichen Livland (heute: Estland und Lettland) in die Strukturen der römischen Kirche. Als Hansestadt kontrollierte sie mit Riga und Reval/Tallinn den Handel zwischen Russland und dem übrigen Europa. Und seit der Neugründung der Universität 1802 waren ihre Absolventen weit über die Grenzen des russländischen Kaiserreichs gefragte Experten. Doch blieb Dorpat nicht allein Ausbildungsort der deutschbaltischen Eliten, sondern wurde zu einem Kristallisationspunkt der estnischen Nationalbewegung. Die wechselhafte Geschichte des „wohl besten Wohnorts in der Welt“ (Mati Laur), von Aufbau, Zerstörung und Wiederaufbau, schildern die Autoren mit wissenschaftlicher Expertise und estnischem Humor.
Eckdaten
Anti Selart und Mati Laur: Dorpat/Tartu – Geschichte einer Europäischen Kulturhauptstadt. - Wien: Böhlau Verlag, 2023. - 224 Seiten. - ISBN: 978-3-205-21826-5
Quelle : Böhlau Verlag
Mirjam Zadoff
Gewalt und Gedächtnis
Globale Erinnerung im 21. Jahrhundert
In heutigen Gesellschaften leben Menschen zusammen, deren Biografien durch unterschiedliche Erfahrungen von Krieg oder Diskriminierung geprägt sind – manchmal über Generationen hinweg. Können sie sich auf eine gemeinsame Erzählung verständigen? Mirjam Zadoff versteht Geschichte als Fähigkeit, Fragen der Gegenwart aus der Vergangenheit zu beantworten. Sie versammelt Beispiele aus aller Welt, wie in vielerlei Spielarten die Erinnerung an die Geschichte der Gewalt wachgehalten – oder vergessen – wird: in Italien an die Deportation der Juden, in Japan an die Zwangsprostituierten, in Johannesburg an die Opfer des Holocaust und des Kolonialismus. So knüpft sich eine globale Erinnerungskultur, die alle Menschen einschließt, in deren Leben die Geschichte eine Spur der Gewalt hinterlassen hat.
Gewalt darf nie vergessen werden: Mirjam Zadoff, Leiterin des Münchner NS-Dokumentationszentrums, versammelt Ideen für eine globale Erinnerungskultur.
Pressestimmen
Ein klug recherchiertes und immer wieder den persönlichen Eindrücken Raum gebendes Buch. Man liest es mit Gewinn, aber auch mit Sorge: Wurde und wird doch Geschichte immer wieder verfälscht…
Wolfgang Seibel, ORF Kontext
Kein leichter Stoff, gewiss. Allerdings gelingt es Zadoff, Jahrgang 1974, durch ihren Reportage-Stil ihr Anliegen eindrücklich zu vermitteln: Das Wissen um die Historie hilft uns beim Gestalten der Gegenwart.
Michael Schleicher, Münchner Merkur
…Die Geschichte von "Anne Frank Superstar" und ihren schillernden Off-Label-Nutzungen, die Mirjam Zadoff in ihrem Buch "Gewalt und Gedächtnis" erzählt, zeigt gut, was die Autorin in den 13 Essays beschäftigt, die sie hier versammelt: Zadoff schreibt darüber, wie an unterschiedlichsten Orten der Welt der Kriege, Massaker und Unterdrückungssysteme gedacht wird, welche nationalen Debatten die Gedenkstätten geformt haben, und wie diese Institutionen wiederum den Diskurs prägen.
Jörg Häntzschel, Süddeutsche Zeitung
Zadoffs Buch ist ein sehr persönliches Patchwork aus Beobachtungen, Erinnerungen und Reflexionen, das über 240 Seiten hinweg um eine einzige zentrale Frage kreist: Wie lässt sich demokratisches Erinnern organisieren. Darum geht es.
Günter Kaindlstorfer, Deutschlandfunk
Eckdaten
Mirjam Zadoff: Gewalt und Gedächtnis: Globale Erinnerung im 21. Jahrhundert. - München: Hanser, 2023. – 240 Seiten. - ISBN 9783446278073
Quelle : Hanser Verlag