Vom Lager zur neuen Siedlung ...

...... Planung und Architektur in Stuttgart-Rot nach 1945
Im ehemaligen Zwangsarbeiterlager auf der Schlotwiese in Stuttgart-Zuffenhausen kamen gegen Ende des Zweiten Weltkriegs 1.200 aus Jugoslawien geflüchtete Donauschwaben an. Am 17. November 1948 gründeten 79 der Lagerbewohner die Gemeinnützige Bau- und Siedlungsgenossenschaft „Neues Heim“. Ihr erklärtes Ziel: die Schaffung „menschenwürdiger Wohnungen“.
In seinem Vortrag im Begleitprogramm der Ausstellung "Migration und Wohnungsbau. Lebensgeschichten aus Stuttgart-Rot" beleuchtete Kurator Mathias Beer zunächst die Anfänge des Stuttgarter Stadtteils. Er wurde den meisten „Schlotwiesern“ zur Heimat: Am 3. Dezember 1949 wurde der erste Wohnblock der Genossenschaft eingeweiht, tausende Wohnungen folgten. Die Bevölkerungszahl in Rot stieg rasant. Stuttgart-Rot war die größte von mehreren Neubau-Siedlungen – in Stuttgart war nach dem Zweiten Weltkrieg rund ein Drittel des Wohnungsbestandes beschädigt oder zerstört. Millionen von Menschen, Evakuierte, Ausgebombte, Displaced Persons, Flüchtlinge und Vertriebene suchten eine neue Bleibe. Gestützt auf den Generalbebauungsplan der Stadt von 1945 wurden Gebiete erschlossen, und es entstanden Rot, Bergheim/Giebel, Mönchfeld und Dürrlewang. Der Genossenschaftsgedanke, gemeinsam und in Eigenverantwortung Wohnraum zu schaffen, trug dazu bei, die Lage auf dem Wohnungsmarkt zu entspannen. Der Blick auf die Weiterentwicklung des Stadtteils bestätigt: Rot kann als bedeutendes bevölkerungspolitisches Experiment angesehen werden.
Veranstaltungs-Info

Planung und Architektur in Stuttgart-Rot nach 1945
Vortrag von Dr. habil. Mathias Beer
Wo im Norden Stuttgarts nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs noch Obstbaumwiesen standen, lebten 1961 rund 17.000 Menschen. Die neue Siedlung Stuttgart-Rot wurde buchstäblich aus dem Boden gestampft. Das lässt sich bis heute an der Bevölkerungsstruktur und der Architektur ablesen.
Der Vortrag geht im Kontext der deutschen Nachkriegsgeschichte in Worten, Zahlen und Bildern auf wesentliche Etappen der Entstehung der Siedlung ein und verfolgt ihre Entwicklung bis in die Gegenwart. So wird deutlich: Rot ist ein bevölkerungspolitisches und architektonisches Experiment sondergleichen, dessen Stellenwert weit über Stuttgart und den deutschen Südwesten hinausreicht.

Dr. habil. Mathias Beer ist Zeithistoriker und geschäftsführender Direktor des Instituts für donauschwäbische Geschichte und Landeskunde in Tübingen. Für seine Forschungen auf dem Gebiet der europäischen Migrationsgeschichte ist er mit dem Ludwig-Uhland-Preis ausgezeichnet worden.
Begleitprogramm der Ausstellung Migration und Wohnungsbau. Lebensgeschichten aus Stuttgart-Rot
Im Rahmen des IBA‘27-Festival #1
Der Eintritt ist frei.
Der Veranstaltungssaal ist nicht barrierefrei. Einlass bis zum Erreichen der höchstzulässigen Besucherzahl.