"Dies Kind soll leben"
Die Aufzeichnungen der Helene Holzman 1941–1944
In kargen Worten zeichnete die Lehrerin, Buchhändlerin und Malerin Erschütterndes auf: Sie protokollierte Angst und Verzweiflung, Terror und Mord nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht in Litauen. Luise Wunderlich las, wie Holzmans jüdischer Ehemann verhaftet wurde und „nicht mehr nach Hause“ kam, wie kurze Zeit später auch die ältere Tochter verhaftet und wegen ihrer pazifistischen Überzeugungen ermordet wurde. Und wie Helene Holzman Teil eines Netzwerkes, eines „kleinen Verschwörerwerks“ wurde, das Bedrohte, vor allem Kinder, aus dem Getto Kaunas rettete. Diese Kinder „sollten leben“, wie auch ihre jüngere Tochter.
Edwin Geist, ein befreundeter Komponist, gehörte zu denen, die zunächst aus dem Getto entkommen konnten. Er wurde von der Gestapo erneut inhaftiert und erschossen. Xinxin Li spielte auf der Klarinette eines seiner Lieder, Luise Wunderlich las den Text. Die Musik verlieh dem Abend die Emotionalität, die Holzmans Aufzeichnungen aussparten: Valentin Löbens sang Lieder aus dem Getto, von den jüdischen Partisanen, Xinxin Li interpretierte Atonales von Luciano Berio und Donald Martino.
Veranstaltungs-Info
Die Aufzeichnungen der Helene Holzman 1941–1944
Helene Holzman (1891-1968) war Malerin, Buchhändlerin, Deutschlehrerin. Unmittelbar nach Kriegsende schrieb sie auf, was sie in den Jahren zuvor im litauischen Kaunas erlebt hatte: Ihr jüdischer Mann verschwindet kurz nach dem Einmarsch der deutschen Wehrmacht für immer, ihre ältere Tochter Marie wird von den Nazis verhaftet und später erschossen, weil sie mit verwundeten deutschen Soldaten über den Frieden diskutiert hat.
Helene Holzman will für ihre jüngere Tochter überleben. Doch das genügt ihr nicht. Selbst immer in Lebensgefahr, tritt sie in ein Netzwerk von Helferinnen und Helfern ein, versucht, so viele Bedrohte wie möglich vor den Nazis in Sicherheit zu bringen, vor allem Kinder aus dem Getto in Kaunas. In den eindrucksvollen Aufzeichnungen erfahren die Leserinnen und Leser immer wieder auch vom Scheitern dieser Anstrengungen, vom Verrat der Kollaborateure.
Luise Wunderlich hat zentrale Passagen aus dem Buch ausgewählt, Studierende der Musikhochschule Karlsruhe tragen Lieder aus dem Getto von Wilna und Stücke für Klarinette solo vor.
Konzept und Lesung: Luise Wunderlich
Gesang: Valentin Löbens
Klarinette: Xinxin Li
Der Eintritt ist frei. Der Veranstaltungssaal ist nicht barrierefrei. Einlass bis zum Erreichen der höchstzulässigen Besucherzahl.
Im Rahmen der Jüdischen Kulturwochen 2022 und der Initiative 30 Tage im November - Vom Wert der Menschenrechte