donauabwärts, donauaufwärts

Eine Donaureise, die nicht schlicht von der Quelle bis zur Mündung führte: Klaus Hemmerle und die Musikerinnen der Gruppe Rózsák zogen in den Bann eines Stroms der Mythen und Legenden.
In ihren Wassern leben 1000-jährige Welse. Auf ihrem Grund liegt mit der früheren Insel Ada Kaleh ein versunkenes „Stück Orient“ (Egon Erwin Kisch), ein ehemals „vorgeschobener Posten des Balkans“, den sie (vergeblich) mit Wassermassen auf einer Breite von 900 Metern zu schützen suchte. Die Donau verschwindet und versteckt sich im Hegau, sie gibt sich geheimnisvoll, sie wechselt beim Durchfließen der Staaten ihr Geschlecht. Péter Esterházy bezeichnet die Stadt Ulm als „Donaufriedhof“, „hier ist die Donau oft gestorben“, Eva Demski schreibt von „Mama Donau“. Eduard Mörike dichtet, wie sie sich ihr „Donaugold“ holt und ein Liebespaar tötet.

Zsuzsanna Gahse denkt über die „Haltung“ der Donau nach, wenn bei Passau der Inn „sich in ihre Flanken drückt“. Kein Wunder, dass sie zurecht rücken möchte: „Flüsse sind keine Menschen“. Die fulminante Lesung von Klaus Hemmerle zeigte, wie häufig und vielfältig sie personifiziert worden ist. Der Strom inspiriert Dichter, prägt Landschaften und Stimmungen, wird, weit mehr als nur Naturgewalt, für die an seinen Ufern lebenden Bevölkerungen lebendig: als Anreiz für Mutproben und Herausforderung für Größenwahn, als Bedrohung, als Mysterium.
In Belgrad sieht Peter Handke in der Donau eine ganze „Binnenwasserwelt“. Die Musik von Rózsák brachte diese am Abend im vollbesetzten Veranstaltungssaal des HdH BW noch einmal näher, oft sehnsuchtsvoll, mit Temperament.
Veranstaltungs-Info

Eine literarisch-musikalische Reise
Die Donau durchquert oder berührt von ihrer Quelle im Schwarzwald bis zur Mündung in das Schwarze Meer von West nach Ost zehn Länder. Zahllose Mythen und Geschichten ranken sich um sie. Péter Esterházy spricht von ihr als der „Schlagader des Kontinents“, als „Geschichtsfluss, Zeitfluss, Kulturfluss, Liebesfluss, einer Fessel, die Völker verbindet. Freiheitsfessel“.
Die Reise folgt dem 2800 Kilometer langen Lauf der Donau literarisch, mit Texten von Adalbert Stifter, Elias Canetti, Heimito von Doderer, Claudio Magris, Pavao Pavličić, Ingeborg Bachmann, Zsuzsanna Gahse, Herta Müller, Eva Demski und vielen anderen.
Die Musikerinnen der Gruppe Rózsák spüren Tönen und Rhythmen aus Ungarn, Serbien, Bulgarien, Rumänien und weiter übers Schwarze Meer nach.

Mit Klaus Hemmerle (Sprecher), Gruppe Rózsák (Musik und Gesang): Katharina Wibmer (Geige), Sigrun Kilger (Gitarre), Monika Nuber (Kontrabass) und Petra Jänsch (Akkordeon)
Idee und Konzeption: Irene Ferchl
Der Eintritt ist frei. Die Veranstaltungsräume sind nicht barrierefrei.