Sándor Márai: Die Glut
41 Jahre und 43 Tage …
hat der General gewartet seit jenem fatalen Tag im Jahr 1899. Er ist sich sicher: Damals wäre er um ein Haar ums Leben gekommen, ermordet von seinem besten Freund Konrád. Jetzt kündigt dieser sich beim ihm an. Die Nacht der Abrechnung?
Nein. Sándor Márais Die Glut erzählt keine Rache- oder Eifersuchtsgeschichte. Es ist ein Roman über zwei durch den „Zaubermantel einer Freundschaft“ verbundene Männer, der eine pflichtbewusster General und Ehemann, der andere einsamer Künstler und Liebhaber – beide lieben sie die gleiche Frau. Bei einer Jagd hätte es zum Eifersuchtsdrama kommen können, aber Konrád flieht an das andere Ende der Welt. Nach jenen 41 Jahren kehrt er zurück.
Rudolf Guckelsberger las im HdH BW den großen Monolog des Generals, in dem dieser vor dem früheren Freund rekapituliert, was nach seiner Interpretation damals passiert und nicht passiert sei. Seit jenem Beinahe-Mordversuch habe er nicht mehr mit seiner Frau gesprochen, inzwischen ist sie tot. Zwei Fragen hätte er gerne geklärt, in denen es ihm nicht um die faktische „Wirklichkeit“, sondern um die dahinterliegende „Wahrheit“ ginge. Konrád beantwortet keine der Fragen, auch das Tagebuch von Krisztina mit den Informationen zur „Wirklichkeit“ wird nicht gelesen, sondern verbrannt. Aber am Ende wissen beide: Die Liebe zu Krisztina war die „Glut“, die sie am Leben hielt, jeden auf seine Weise, und tatsächlich ganz unabhängig vom Objekt der Begierde. Sándor Márai schreibt nicht von lodernden Gefühlen, sondern von Reflexion und Aufarbeitung, elegant und fein, entsprechend Guckelsbergers überzeugende Lesung. Sara Schlumberger-Ruiz auf der Violine und Ulrich Schlumberger mit dem Akkordeon setzten wunderschön mit Bartók, Kurtág, auch John Cage musikalische Akzente, die die Lesung gliederten.
Veranstaltungs-Info
Henrik, ein ehrenvoll ergrauter k.u.k.-General, erwartet in seinem verfallenden Schloss seinen engsten Jugendfreund. Seit Konrad vor 41 Jahren, nach einem denkwürdigen Jagdausflug, überstürzt ans andere Ende der Welt abreiste, haben sich die beiden nicht mehr gesehen – jetzt endlich kann das Geheimnis ihrer ‚missglückten’ Freundschaft gelüftet werden. Dabei spielt Krisztina, Henriks Frau, eine entscheidende Rolle: Obwohl längst tot, steht sie immer noch zwischen ihnen...
Sándor Márai hat mit Die Glut weit mehr als eine banale Dreiecksgeschichte geschrieben. Es geht ihm um Treue und Stolz, Wahrheit und Lüge. Eine einzige Nacht dauert das Treffen der beiden Männer. Ihr Gespräch ist ein schonungsloser und dennoch ehrfurchtsvoller letzter Rückblick. Das Buch, seine verhaltene Eleganz, die Präzision von Stil und Sprache, fanden nach dem Erscheinen 1942 begeisterte Leser.
Rudolf Guckelsberger liest, am Akkordeon spielt Ulrich Schlumberger.
Fortsetzung der Reihe Neugelesen – Literarische Fundstücke
Mehr als 70.000 Neuerscheinungen fluten jährlich den deutschen Buchmarkt. Da verschwinden ältere Werke schnell in versteckten Regalreihen. Ein Fehler. Es kann sich lohnen, sie wieder, neu oder endlich! zu lesen. Das HdH BW lädt ein zum Ausgraben und Entdecken, zur neuen Sicht, zum Wiederfinden verloren gegangener moderner Klassiker.
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