Dein F.

Drei Sprecherinnen, drei Frauen: Im HdH BW dreimal ein Blick auf die Persönlichkeit Franz Kafka – nicht über sein Werk, sondern über seine Beziehungen zu drei Frauen, die sein Leben prägten.
Felice Bauer lernte Kafka 1912 bei seinen Freunden, der Familie Brod kennen, und war fasziniert von der selbstbewussten, mit beiden Beinen im Leben stehenden Frau. Er begann einen Briefwechsel, insgesamt sollte dieser auf über 600 Schreiben anwachsen. Pauline Ferber las im HdH BW, wie lästig ihm die Berufsarbeit fiel: „Meine Lebensweise ist nur auf das Schreiben ausgerichtet.“ Und wie er Felices Bedenken vor einem Zusammenleben, die sie nicht äußert, selbst formulierte, ihre denkbare Kritik an ihm vorwegnahm, das Scheitern der Beziehung herbeischrieb. „Ein Unglück ist es vielleicht, dass ich nicht streiten kann“. Zweimal verlobten sich die beiden, zweimal trennten sie sich.
Milena Jesenská hatte eine „Liebesbeziehung“ zu Kafka, die aus wenigen Begegnungen und einem umfangreichen, einzigartigen Briefwechsel bestand. Rahel Ehret las, wie Jesenská Kafka sah: „Seine Krankheit verlieh ihm eine unglaubliche Zartheit.“ „Er war zu hellsichtig, um leben zu können.“ Beide schrieben sich Kreuz-und-Quer-Briefe, intensiv, exzessiv, Kafka: „Es ist ja ein Verkehr mit Gespenstern.“ – „Briefe schreiben heißt, sich vor den Gespenstern entblößen.“ Er zweifelt, wieder, und beendet die „Beziehung“, den Briefwechsel.
Dora Diamant lebte in Berlin mit Franz Kafka zusammen. Samira Muwanya las vom gemeinsamen Alltag mit dem Schriftsteller, wie er in der Biografie von Max Brod übermittelt wird. Geldsorgen, Mietprobleme, Arztrechnungen, zugleich: „Wir scherzen oft wie kleine Kinder.“ Mit Dora Diamant erlebte Kafka sein „Berliner Abenteuer“. Sie zog in die Nachbarschaft des Sanatoriums, in dem Kafka mit 40 Jahren starb, und pflegte ihn bis zu seinem Tod.
Die Textauswahl von Annegret Müller, Professorin an der HMDK, zeigte unterschiedliche Facetten von Franz Kafkas Persönlichkeit auf. Faszinierend, tiefgründig, vielseitig, so auch Caroline Fischbecks Pizzicati, Melodien und Dissonanzen auf der Violine.
Veranstaltungs-Info

Franz Kafka - Briefe und Betrachtungen
Briefe sind persönlichste Dokumente. Das literarisch-musikalische Programm «Dein F. » offenbart mit der Lesung von ausgewählten Briefen des Schriftstellers Franz Kafka seine Beziehungen zu drei wichtigen Frauen seines Lebens.
Die Korrespondenz gibt Einblicke in Kafkas Gedankenwelt, sie schildert den Tagesablauf des Schriftstellers, seine Schreibblockaden, die Sorge um den Lebensunterhalt und den Umgang mit der stetig voranschreitenden Krankheit. Die Briefe aus den Jahren 1912 bis 1924 lassen teilhaben am Leben des Franz Kafka, an seiner Zuwendung und seinen Gefühlen zu Felice Bauer, Milena Jesenská und Dora Diamant.
Rezitation: Rahel Ehret, Pauline Ferber, Samira Muwanya
Musik: Caroline Fischbeck, Violine
Konzept und Regie: Prof. Annegret Müller
Studio für Sprechkunst der HMDK Stuttgart
Der Eintritt ist frei.
Der Veranstaltungssaal ist nicht barrierefrei. Einlass bis zum Erreichen der höchstzulässigen Besucherzahl.