„Die wahre Geschichte vom geschändeten und wiederhergestellten Kreuz“

1938, Österreich wird dem nationalsozialistischen Deutschland „angeschlossen“. Im Burgenland solidarisiert sich der katholische Priester Ottokar Felix mit der jüdischen Bevölkerung. Damit verstößt er gegen die Weisungen seiner Kirche, die vorgibt: „Jede Obrigkeit ist von Gott gewollt.“ An der Grenze zu Ungarn, wohin die vertriebenen Juden transportiert werden, opfert sich der jüdische Rabbi Aladar Fürst für seine Gemeinde. Seine Tat bewegt die ungarischen Grenzbeamten, die Familien einreisen zu lassen – gegen das ausdrückliche Verbot ihrer Regierung.
Franz Werfels kleine Erzählung (1939 geschrieben, 1942 publiziert, geplant als Teil eines nie vollendeten Romanprojekts) ist ein großer Appell an die Menschlichkeit. Dominik Eisele las den in seiner Nüchternheit ergreifenden Text hochkonzentriert, Lea Dewi Schober an der Violine und Gina Poli am Flügel bewegten das Publikum mit spätromantischen Klängen von Erich Wolfgang Korngold.
Worin bestand die Tat, mit der sich der Rabbiner letztlich opferte? Er befreite ein geschändetes Grabkreuz von den Brettern, mit denen die Nazis es zum Hakenkreuz entstellt hatten, und wurde sofort erschossen. Ein Symbol, eine Handlung, eine zutiefst christliche Botschaft des jüdischen Schriftstellers Franz Werfel im Kriegsjahr 1942: „Und Gott allein weiß, ob eine ganze Welt wird tun dürfen, was der kleine Jude Aladar Fürst getan hat mit seinen schwachen Händen.“
Veranstaltungs-Info

Eine Novelle über das Ende des burgenländischen Judentums
Unmittelbar nach dem sogenannten „Anschluss" Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland im März 1938 terrorisierten Gestapo und NS-Parteigänger die jüdische Bevölkerung des österreichischen Burgenlandes. Noch vor der Pogromnacht vom 9. November wurden die Kultusgemeinden aufgelöst. Ein kleiner Teil der Juden konnte sich nach Palästina, Shanghai oder in die USA retten, die meisten wurden deportiert und ermordet.
Unter dem Eindruck dieser Ereignisse begann 1939 der Schriftsteller Franz Werfel (1890–1945) auf der Grundlage authentischer Zeugnisse den Naziterror gegen die jüdische Bevölkerung Österreichs literarisch aufzuarbeiten. Doch „Die wahre Geschichte vom geschändeten und wiederhergestellten Kreuz“, 1942 als Privatdruck in Los Angeles veröffentlicht, blieb der einzige fertig gestellte Teil seines Romanfragments „Cella oder Die Überwinder“. Sie erzählt die Geschichte der Juden von Parndorf und ihres Rabbis Aladar Fürst, die von lokalen NS-Führern über die Grenze nach Ungarn abgeschoben, von den dortigen Grenzbehörden aber wieder nach Österreich zurückgeschickt werden.
Franz Werfel, 1890 in Prag geboren, war ein österreichischer Schriftsteller jüdisch-deutschböhmischer Herkunft. In den 1920er- und 1930er-Jahren waren seine Bücher Bestseller. 1938, nach dem „Anschluss" Österreichs, ließ er sich zunächst in Sanary-sur-Mer in Südfrankreich nieder, 1940 fand er Zuflucht in Lourdes. Zu Fuß überquerte er mit seiner Frau Alma sowie Heinrich, Nelly und Golo Mann die Pyrenäen, erreichte von Spanien aus Portugal und emigrierte schließlich 1940 in die USA. 1945 starb Werfel, inzwischen US-amerikanischer Staatsbürger, in Beverly Hills.
Im Rahmen der Jüdischen Kulturwochen Stuttgart
Der Eintritt ist frei.
Der Veranstaltungssaal ist nicht barrierefrei. Einlass bis zum Erreichen der höchstzulässigen Besucherzahl.

Dominik Eisele studierte an der HMDK Stuttgart und war Lehrbeauftragter für angewandte Rhetorik an der pädagogischen Hochschule Freiburg. Er arbeitet als Rhetorik- und Kommunikationstrainer sowie als Moderator und Nachrichtensprecher beim SWR.

Gina Poli wurde in Paris geboren. Sie studierte Klavier in Paris und an der Royal Academy of Music in London. Sie ergänzte ihre Ausbildung mit dem Abschluss Konzertexamen bei Péter Nagy an der HMDK Stuttgart. Als Solistin und Kammermusikerin konzertiert sie europaweit.

Lea Dewi Schober studiert Violine und Lehramt für Musik an der HMDK in Stuttgart. Sie spielt im Städtischen Kammerorchester Gerlingen, in der Jugendphilharmonie Ludwigsburg sowie mit den Bosch Streichersolisten.