Hannah Arendt...
...Ihr politisches Denken und die aktuellen Krisenerscheinungen der Demokratie in Europa
Hannah Arendt ist in vieler Munde, wird gerne zitiert. Auf dem Podium im HdH BW tauschten Prof. Dr. Winfried Thaa und Dr. Martin Baesler, moderiert von Silke Arning, Gedanken darüber aus, woran das liegen und was Arendts Denken zur Betrachtung aktueller politischer Phänomene beitragen kann.
Als konservativ bewerteten akademische Kreise im Deutschland der 1970er-Jahre die Denkerin, als bürgerlich geprägt, nicht an der Lösung sozialer Fragen interessiert. In den 1980ern kamen ökologische Themen auf die öffentliche Agenda, mit der Krise des Staatssozialismus geriet die Linke ins Straucheln. Damit setzte die Entdeckung Hannah Arendts als „exzellente Zeitdiagnostikerin“ ein, als Analystin, die abseits ideologischer Blickwinkel gesellschaftliche Entwicklungen der Moderne kritisch beleuchtet. Ihre Begriffe funktionieren noch heute bei der Beschreibung als problematisch empfundener Tendenzen: Als „Weltverlust“ bezeichnet sie den Zerfall sozialer Zusammenhänge, der zur Atomisierung von Gesellschaften führt. So geraten Institutionen in die Krise, in der aktuell diskutierten „Publikumsdemokratie“ spielen die Parteien als Vorführende auf einer Bühne („Die da oben“), ohne Verankerung bei der Wählerschaft.
Was sind „Tatsachenwahrheiten“ (Arendt: Sie müssen bezeugt werden), warum leiden Gesellschaften an der „Selbstbezüglichkeit“ ihrer Mitglieder, was bedeutet es, „politisches Urteil“ als unabdingbares Grundvermögen aller vorauszusetzen, auch einzufordern – viele zentrale Begriffe Hannah Arendts wurden von Thaa und Baesler an dem Abend angesprochen und jeweils in aktuelle Bezüge gesetzt. Pluralität und freier Meinungsaustausch bilden den Kern ihrer Ideen, ihres „Denkens ohne Geländer“, das nur auf Basis einer gemeinsam vereinbarten Welt möglich ist.
Veranstaltungs-Info
Mit ihrer Kritik totaler Herrschaft und ihren weder «links» noch «rechts» einzuordnenden politischen Analysen war Hannah Arendt (1906–1975), aufgewachsen in Königsberg, jahrzehntelang hoch umstritten. Heute dagegen wird sie gern und häufig zitiert, sobald es in politischen Reden erbaulich werden soll. Demgegenüber geht die Veranstaltung davon aus, dass Arendts politisches Denken weiterhin geeignet ist, unbequeme Wahrheiten zu Tage zu fördern und einige der wichtigsten Elemente der sich heute in ganz Europa zuspitzenden Krise der Demokratie zu erhellen.
Die SWR-Redakteurin Silke Arning moderiert ein Gespräch zwischen Prof. Dr. Winfried Thaa (Uni Trier) und PD Dr. Martin Baesler (Uni Freiburg). Im Mittelpunkt stehen dabei Phänomene wie der scheinbar unaufhaltsame Aufstieg des Rechtspopulismus, der Wandel der politischen Öffentlichkeit, die zunehmende Polarisierung der Gesellschaft sowie die wachsende Entfremdung der Menschen gegenüber den politischen Institutionen.
Der Eintritt ist frei.
Der Veranstaltungssaal ist nicht barrierefrei. Einlass bis zum Erreichen der höchstzulässigen Besucherzahl.
Im Rahmen von "30 Tage im November - Vom Wert der Menschenrechte"