Das Stuttgarter Kaufhaus Schocken
Architektur gewordene Barockmusik – abgerissen.
Vor 60 Jahren, am 2.5.1960, ließ die Stadt Stuttgart das Kaufhaus Schocken abreißen. Es war ein weiterer Schritt des bereits früher eingeschlagenen Wegs hin zur autogerechten Stadt. Katharina Stolz von der Universität Stuttgart erläuterte in ihrem reich bebilderten Vortrag die Hintergründe.
„Warm eingekesselt und von unbeschreiblichem Künstlerklatsch erfüllt“ – Katharina Stolz las aus einem Brief vom 16.6.1926, wie der Architekt Erich Mendelsohn die Metropole, in der der Hölzel-Kreis mit Oskar Schlemmer, Ida Kerkovius u.a. wirkte, empfand. Das Klima sprach den in Ostpreußen geborenen Mendelsohn an. Schließlich verstand er seine Arbeit als einen künstlerischen Prozess, sah nicht nur Vernunft und Intellekt als deren schöpferische Basis. Seine wichtigste Inspirationsquelle war die Musik von Johann Sebastian Bach. Der Vortrag illustrierte, wie Mendelsohn musikalische Prinzipien, etwa die kontrapunktische Führung, in Baukörper umsetzte. Das Kaufhaus Schocken, am 4.10.1928 in Stuttgart eröffnet und bald als schönstes Kaufhaus Deutschlands gefeiert, war ein Paradebeispiel dieses Prinzips. Mit ihm wurde ein Kunstwerk zerstört.
Katharina Stolz verfolgte in ihrem Vortrag die Entwicklung des Hauses. 1938 wurde es seinem jüdischen Besitzer Salman Schocken enteignet und zur Kaufstätte Merkur umgewandelt, 1944 brannte es bei einer Bombardierung aus. 1949 ging es an Salman Schocken zurück, der es später an Helmut Horten verkaufte, an den folgenden Renovierungen beteiligten sich weitere Architekten, auch Egon Eiermann. Als 1958/59 die Pläne der Stadtverwaltung, den Bau abzureißen, bekannt wurden, regte sich breiter Widerstand: Die Witwe Erich Mendelsohns suchte das Gespräch mit Arnulf Klett, die Architekturstudierenden der TH Stuttgart protestierten und alarmierten die internationale Architektenschaft, entwickelten städtebauliche Lösungsvorschläge. Als aber der Denkmalrat entschied, das Gebäude nicht unter Schutz zu stellen, war sein Schicksal besiegelt. Auch heute wird wieder heiß diskutiert, inwieweit die Stadt dieser Linie im Umgang mit ihrem städtebaulichen Erbe treu geblieben ist.
Veranstaltungs-Info
Vortrag von Katharina Stolz
Am Ende halfen alle Proteste nichts. Dem Wunsch der Stadt Stuttgart, die Eberhardstraße autogerecht zu verbreitern, stand das Kaufhaus im Weg. Vor 60 Jahren wurde das Kaufhaus Schocken, das als eines der schönsten Warenhäuser Deutschlands galt, abgerissen.
1928 eröffneten die Kaufmannsbrüder Salman und Simon Schocken das Warenhaus in Stuttgart. Der im ostpreußischen Allenstein/Olsztyn geborene Architekt Erich Mendelsohn hatte den Entwurf für ein ausgeklügeltes Spiel aus Glas und Beton, für einen leichten und lichtdurchfluteten Baukörper geliefert. Eine Ikone der Vorkriegsarchitektur, ein magischer Anziehungspunkt für Kunden. Im gleichen Jahr entstanden die Weißenhofsiedlung und schräg gegenüber des Kaufhauses Schocken der Tagblattturm.
Was machte dieses Kaufhaus so besonders? Wie und warum wurde entschieden, es abzureißen?
Katharina Stolz M.A., wissenschaftliche Mitarbeiterin am Institut für Architekturgeschichte der Universität Stuttgart, geht in ihrem Vortrag unter anderem diesen Fragen nach.
Der Eintritt ist frei.
Saalöffnung um 17.30 Uhr
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